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Wenn es stimmt, dass neunzig Prozent der Bewohner Wiens ihre Stadt nur zu circa fünf Prozent benutzen, dann entgeht den meisten Wienerinnen und Wienern so einiges. Insbesondere die Seltsamkeiten ihrer Stadt bleiben ihnen verborgen. Zum Glück gibt es Tex Rubinowitz`neues Wien-Buch, in dem über das, was so versäumt wird, nachgelesen werden kann: Immer auf der Suche nach dem "gut Kaputten", porträtiert der Autor die kleinen urbanen Absonderlichkeiten abseits des Glatten, allzu Schönen und führt damit die Leser quer durch die Stadt: Zum Bild mit der Fliege im Unteren Belvedere, zum einsamsten…mehr

Produktbeschreibung
Wenn es stimmt, dass neunzig Prozent der Bewohner Wiens ihre Stadt nur zu circa fünf Prozent benutzen, dann entgeht den meisten Wienerinnen und Wienern so einiges. Insbesondere die Seltsamkeiten ihrer Stadt bleiben ihnen verborgen. Zum Glück gibt es Tex Rubinowitz`neues Wien-Buch, in dem über das, was so versäumt wird, nachgelesen werden kann: Immer auf der Suche nach dem "gut Kaputten", porträtiert der Autor die kleinen urbanen Absonderlichkeiten abseits des Glatten, allzu Schönen und führt damit die Leser quer durch die Stadt: Zum Bild mit der Fliege im Unteren Belvedere, zum einsamsten Museum Wiens - den "Neidhart-Fresken" in den Tuchlauben, zur "Falko-Stiege" am Naschmarkt, zu den (teils rätselhaften) Geschäften und Institutionen der Lerchenfelder Straße, zur Albert-Schultz-Eishalle im 22. Bezirk, zum geheimnisvoll verschlossenen Gullygitter im 1. Bezirk, zur Nadel von Klein-Minsk an der U-Bahn-Station Schwedenplatz oder zum "staubigen Tier" im Röhrensystem der unterirdischen
Passage zwischen Oper und Karlsplatz.
Autorenporträt
Tex Rubinowitz, geboren 1961 in Hannover, lebt seit 1984 in Wien, zeichnet für verschiedene deutschsprachige Zeitungen Witze und lernt gerade Posaune.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.10.2007

Der gestohlene Daumen

Wie benutzt man eine Stadt? Kommt drauf an. In New York muss man Tausende von Blocks ablaufen, in Rom dagegen nur eine Treppe, London erfährt man am besten im Bus - und Wien? Das genießt man vom Ohrensessel aus, mit dem Wienbuch des Wahlwiener Zeichners Tex Rubinowitz. Denn er weiß nur zu gut, wie nachlässig die Wiener ihre Stadt benutzen: "Neunzig Prozent der Bewohner Wiens benutzen ihre Stadt nur zu ca. fünf Prozent." Die restlichen fünfundneunzig hat Rubinowitz besucht; er ließ den Stephansdom, "diesen großen, grauen Menhir", links liegen und machte sich auf, Hintereingänge, Bushaltestellen, Abwasserkanäle, Schrottplätze und Muffcafés zu suchen, ja überhaupt das Ephemere, Abgelegene, das Vergessene und Übersehene. Er hat es gefunden. "In den versteckten Details kann man die Stadt viel eher wiedererkennen, an der abgebröckelten Nase irgendeines Heiligen oder im fehlenden Daumen der dicken Springbrunnenfrau im Schloßgarten Schönbrunn", erklärt er und fügt an: "Ich weiß übrigens, wer den Daumen abgebrochen hat." Verraten tut er es leider nicht, dafür erfahren wir von der "Falco-Stiege" hinter dem Naschmarkt, mit der der große Sänger, wie Rubinowitz spitz anmerkt, "posthum ein drittes Mal gedemütigt wurde" (das erste Mal, als man seinen noch nicht vorhandenen Grabstein auf dem Ehrenhain des Zentralfriedhofs mit einem Besenstiel markierte, an den ein Zettel mit seinen biographischen Daten mittels Kaugummi angeklebt war). Und von vielem anderen mehr. Dabei erzählt der Stadtführer angenehm unaufgeregt von sich und seinen Umtrieben, wie er mal einen "Kerbtierverein" gründete oder Elfriede Jelinek malte, "nackt, in einem Champagnerglas sitzend". Nicht nur dafür müssen wir Rubinowitz dankbar sein. Er hat im Blick, was anderen entgeht, sogar das Tagwerk der Tauben in der Köstlergasse: "In der Köstlergasse gibt es aber auch einen bemerkenswert vollgeschissenen Briefkasten." In seiner schön bebilderten Textsammlung lernen wir ein Wien kennen, das vor Rubinowitz keiner kannte und nach ihm vielleicht keiner mehr findet. Aber vielleicht findet ja jemand wenigstens den Daumen.

oms

"Das staubige Tier - Über Wien und unter Wien" von Tex Rubinowitz. Falter Verlag, Wien 2006.

189 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Broschiert, 14,50 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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