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Artur führt eine unspektakuläre, in geordneten Bahnen verlaufende Ehe mit der Mittelschullehrerin Rita, jobbt, obwohl Akademiker, in einem Kopierzentrum und als Nachhilfelehrer und ist ganz allgemein nicht sonderlich ehrgeizig oder anspruchsvoll. Bis eines Tages eine gewisse Alice den Copyshop betritt und eine Notiz hinterlässt ...Was nun ins Rollen kommt, ist eine Zeit lang ausgesprochen komisch, aber diese Komik nimmt unversehens immer düsterere, schließlich grauenhafte, wie einem Splattermovie entsprungene Formen an, und die bisher so satten und zufriedenen, vielleicht sogar glücklichen…mehr

Produktbeschreibung
Artur führt eine unspektakuläre, in geordneten Bahnen verlaufende Ehe mit der Mittelschullehrerin Rita, jobbt, obwohl Akademiker, in einem Kopierzentrum und als Nachhilfelehrer und ist ganz allgemein nicht sonderlich ehrgeizig oder anspruchsvoll. Bis eines Tages eine gewisse Alice den Copyshop betritt und eine Notiz hinterlässt ...Was nun ins Rollen kommt, ist eine Zeit lang ausgesprochen komisch, aber diese Komik nimmt unversehens immer düsterere, schließlich grauenhafte, wie einem Splattermovie entsprungene Formen an, und die bisher so satten und zufriedenen, vielleicht sogar glücklichen Romanfiguren sehen sich unausweichlich in Handlungen verstrickt, die weder sie sich selbst noch die Leser ihnen jemals zugetraut hätten.'Es geht uns allen viel zu gut. Die Kinder sollen's einmal besser haben'. Der kurze Text 'Die guten Eltern' aus Antonio Fians Gedichtband Fertige Gedichte bringt das Polykrates-Syndrom auf den Punkt: Die Steigerung allzugroßen Glücks ist möglicherweise größtmögliches Unglück. Das sagt zumindest eine tief in uns verwurzelte Angst - und diese Angst und ihre Folgen stehen im Zentrum von Fians zweitem Roman.
Autorenporträt
Antonio Fian, 1956 in Klagenfurt geboren, lebt in Wien; Dramatiker, Erzähler, Lyriker, Essayist, Kritiker.Fian liefert in allen seinen Büchern 'schwarzen Humor vom Feinsten', meinte die FAZ, egal ob in der von ihm neu definierten Gattung des Dramoletts (der erste Sammelband, Was bisher geschah, erschien 1994) oder in seiner Prosa (ein Band mit gesammelten Erzählungen, Bis jetzt, erschien 2004, Im Schlaf. Erzählungen nach Träumen 2009). Von seinem bisher einzigen Roman, Schratt, 1992, schrieb die NZZ, er sei 'mit mehr Seele und Genauigkeit erzählt als die meisten Bücher dieser Tage', in einer Sprache, 'zweckmäßig wie die Einrichtung eines Leichenschauhauses'. (Franz Haas)
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der Held des Romans leidet an dem Polykrates-Syndrom, worunter die Angst zu verstehen ist, dass man nach einem glücklichen Leben grässlich sterben kann. Gerade diese Sorge muss er aber nicht haben, beruhigt der munter und positiv, aber kurz rezensierende Karl-Markus Gauß, denn bei diesem Helden ist ja schon das Leben grässlich. Dafür aber nicht die Lektüre dieses kleinen Romans, der immerhin auf der Longlist des Buchpreises landete und eine Menge düster-komische Wiener Spezialitäten bereithält. Alle in wünschenswerter, aber drastischer Detailseligkeit, betont Gauß.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.05.2014

Sympathischer Schluffi
Antonio Fian schickt den kleinen Mann zur Hölle

In den Klassifikationslisten psychischer Störungen ist es nicht zu finden, das Polykrates-Syndrom, gehört aber unbedingt hinein. Gemeint ist damit nicht der bereits bei Schiller zu findende Konnex von unverdientem Glück und schwerer Sühne - die Sache mit dem Ring -, denn dass die Mächtigen ihre Macht teuer bezahlen müssten, war wohl immer bloß eine idealistische Hoffnung. Und doch gibt es gerade unter den Nichtmächtigen manch armes Würstchen, das so hartnäckig an diese Verbindung glaubt, dass es eben deshalb tatsächlich ins Verderben rennt: quasi eine doppelte Tragik. Und eben das ist das Polykrates-Syndrom, jedenfalls in der Definition des für geschliffene Dramolette und Sketche bekannten österreichischen Autors Antonio Fian.

Dieser flotte, immer schwarzhumoriger werdende Roman, der ursprünglich ein Drehbuch werden sollte, spielt in der Hauptstadt der saftigen Sünde: im Wien der neunziger Jahre, das mit viel Liebe zum schrägen Detail porträtiert wird. Ein sympathischer Schluffi steht im Zentrum. Nicht dass sich der Akademiker und Ich-Erzähler Artur mit Nachhilfestunden über Wasser hält, macht ihn zum Verlierer - das tun die meisten Geisteswissenschaftler -, sondern dass er damit zufrieden ist. Jeder Antrieb zu Höherem ist ihm fremd. Zwar schreibt Artur halbherzig platte Sketche (so viel selbstbezügliche Koketterie des Autors sei erlaubt), aber es ist ihm recht, dass sie von allen Sendeanstalten abgelehnt werden (wie der "Polykrates"-Film). Dasselbe gilt für Arturs Privatleben: Die Ehe mit Rita besteht aus gegenseitigen Vorwürfen, von denen diejenigen Ritas viel schmerzlicher treffen als umgekehrt. Und auch damit ist der Protagonist zufrieden: kein großes Glück, keine Furcht vor strafenden Göttern.

Dann aber fordert er das Schicksal eines Tages heraus, wobei es das Schicksal darauf freilich angelegt zu haben scheint: Eine hübsche junge Frau hinterlässt im Kopierer eine Nachricht für Artur. Ohne dass er wüsste, wie ihm geschieht, ist er bei den Eingeweiden gepackt - und liegt kurz darauf mit jener Alice im Bett, wenn auch im Amourösen alles andere als ein Draufgänger: "eine Parodie auf einen Ehebruch". Herrlich anzusehen ist es, wie aus dem Ausbruchsversuch des integren Langweilers - "Ich selbst hatte in meinem Leben ein einziges Mal gestohlen, als Mittelschüler, Hesses Steppenwolf. Ich war so nervös gewesen, dass ich bis heute sicher bin, der Buchhändler hatte mich durchschaut und ließ mich nur aus Mitleid entkommen, weil er wusste, was für ein Scheißbuch ich zur Strafe würde lesen müssen" - totaler Kontrollverlust wird: "In der kurzen Zeit, in der ich Alice kannte, hatte ich mich völlig verändert. Ich betrog meine Frau, belog meine Mutter, leistete Beihilfe zum Diebstahl, schaffte Leichen weg und hatte keinen anderen Gedanken, als dass Alice bald wieder mit mir schlafen würde."

Anders als in Fians Dramoletten, die gern Alltagsdummheit und Großmannssucht ins Lyrische überhöhen, ist die Sprache hier bewusst nüchtern, was die Lakonik des Textes steigert. Besonders gut ist der Satiriker in den pointiert ineinander geschnittenen Dialogen, die Messerstechereien gleichen. Auch der Aufbau des Romans erweist sich als durchdachter, als die zunächst dahinbummelnde Handlung vermuten ließ. Die Wirkung ist die eines Spiegelkabinetts: Bald sehen wir uns von einer wiederkehrenden Totentanzszene umstellt. Und da hören wir es auch schon rascheln hinter uns.

OLIVER JUNGEN

Antonio Fian: "Das Polykrates-Syndrom". Roman. Droschl Literaturverlag, Graz 2014. 240 S., geb., 19,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.12.2014

Wie man Leichen zersägt
Schwarze Pointen: Antonio Fians Roman „Das Polykrates-Syndrom“
Der 1956 geborene Antonio Fian ist ein österreichischer Großmeister der kleinen Form. Seine Dramolette, in denen er die herrschenden Auffassungen lächerlich macht, indem er die gängigen Phrasen beim Wort nimmt, erscheinen nahezu wöchentlich in Zeitungen und alle paar Jahre gesammelt in Buchform. 1992 hat er „Schratt“ veröffentlicht, seinen ersten, viel gelobten, aber wenig gekauften Roman, dem er heuer, nach immerhin 22 Jahren, seinen zweiten, „Das Polykrates-Syndrom“, folgen ließ; die kalkulierte Mischung aus Horror, Satire und Wiener Lokalkolorit, in der sich der feine Stilist ziemlich drastisch und blutig gibt, hat es im Herbst immerhin auf die Longlist des Deutschen Buchpreises gebracht.
  Geradezu lustvoll bedient sich Fian beim Trash aus Film und Literatur und scheut dabei auch nicht das verstörende Detail: Minutiös schildert er, was in einem Pornofilm zu sehen ist, in dem die Frau buchstäblich auf den Hund, einen schwarzen Labrador, gekommen ist, und als handelte es sich um eine Übung des Anatomischen Instituts, referiert er seitenlang, wie eine Leiche fachkundig zu zersägen ist. Das ist streckenweise so grausig, dass es einen beim Lesen die Zehennägel aufstellt, aber vom Autor nicht ohne stilistische Raffinesse ins Werk gesetzt.
  Die Konstellation ist einfach: Da ist Artur, der erfolglose Verfasser von Sketchen für das Fernsehen, der in dem Copy-Shop, in dem er nachmittags sein Geld verdient, die jüngere, etwas verlotterte Alice kennenlernt, zu der er in verrückter Liebe entbrennt. Was seine Frau Rita, eine bodenständige Lehrerin, die ihre Ehe auf rustikal zupackende Art zu retten versucht, natürlich nicht freut. Das alles führt aus der Idylle ins regelrechte Gemetzel, ist aber gleichwohl pointenreich und wirklich witzig erzählt. Was es mit dem titelgebenden Polykrates auf sich hat, ist in den Schriften von Herodot überliefert: Der Tyrann hatte im Leben so viel Glück, dass er am Ende einen grausamen Tod sterben musste. Die Furcht davor, ein ähnliches Schicksal zu erleiden, ist im Helden des Romans zum pathologischen Syndrom gereift, aber eigentlich grundlos.
  Dass das Ende der Menschen schrecklich sein kann, exemplifiziert Fian zwar nachdrücklich, doch dass ihr Glück vorher unverschämt groß gewesen sei, kann man von seinen Protagonisten wahrlich nicht behaupten.
KARL-MARKUS GAUSS
Antonio Fian: Das Polykrates-Syndrom. Roman. Droschl-Verlag, Graz 2014. 238 Seiten, 19 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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'Mit "Das Polykrates-Syndrom" ist Antonio Fian ein messerscharfer Text mit tiefschwarzem hintergründigem Humor gelungen.' (Claudia Gschweitl, Ö1 Leporello) 'Unvergleichlich gewitzt: Antonio Fian wirft seine Pointenschleuder an und fetzt die Salven auf Papier.' (Harald Klauhs, Die Presse) 'Geradezu genüsslich führt Fian vor, wie ein falscher Schritt alsbald schlimmere Tritte zur Folge hat. Antonio Fian erzählt ebenso flott wie gekonnt' (Klaus Zeyringer, Der Standard) 'Dass das Lustige und das Brutale in diesem Land ohne Weiteres zusammengehen, wissen wir, Fian aber findet dafür in seinem Roman eine moderne und zeitgenössische Verpackung.' (Klaus Kastberger, ex libris Ö1) 'Dem Meister der Dramolette gelingt ein amoralischer und augenzwinkernder Krimi vom Feinsten - ein gelungener Spagat zwischen E und U' (Wolfgang Huber-Lang, APA) 'Eines dieser Bücher, das man nicht mehr aus der Hand legen kann.' (Sebastian Fasthuber, Falter) 'Antonio Fian präsentiert sich in seinem neuen Roman als amerikanischster aller österreichischen Autoren. "Das Polykrates-Syndrom" hat Witz und reichlich Sex and Crime.' (Barbara Mader, Kurier) 'Ich habe mich köstlich amüsiert. Es ist, als hätten sich Helmut Qualtinger und Ephraim Kishon zu einem Romanprojekt zusammengetan.' (Annemarie Stoltenberg, NDR Gemischtes Doppel) 'Grossartig beschrieben werden die Langeweile und der Zermürbungskrieg in einer Ehe, die Larmoyanz und der Grauschleier über der glänzenden Metropole Wien, die Abgründe der Vergangenheit.' (Franz Haas, NZZ)…mehr