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Eugen Kogon (1903-1987) drückte als Publizist und Politikwissenschaftler der jungen Bundesrepublik seinen unverwechselbaren Stempel auf. Er schrieb das erste Buch über die deutschen Konzentrationslager und damit einen Bestseller internationalen Rangs. Schon früh beteiligte er sich an der Gründung der deutschen Politikwissenschaften und prägte als Lehrstuhlinhaber ganze Generationen von Studierenden. Die Deutschen nannten ihn den "Fernsehprofessor" und staunten über die Verve, mit der er als Moderator des TV-Magazins Panorama einen kritischen Journalismus vertrat. Kogon zählte zu den…mehr

Produktbeschreibung
Eugen Kogon (1903-1987) drückte als Publizist und Politikwissenschaftler der jungen Bundesrepublik seinen unverwechselbaren Stempel auf. Er schrieb das erste Buch über die deutschen Konzentrationslager und damit einen Bestseller internationalen Rangs. Schon früh beteiligte er sich an der Gründung der deutschen Politikwissenschaften und prägte als Lehrstuhlinhaber ganze Generationen von Studierenden. Die Deutschen nannten ihn den "Fernsehprofessor" und staunten über die Verve, mit der er als Moderator des TV-Magazins Panorama einen kritischen Journalismus vertrat. Kogon zählte zu den einflussreichsten Intellektuellen des 20. Jahrhunderts.
Dennis Beismann beschreibt in seiner biografischen Studie den Weg Kogons zur moralischen Autorität in der Bundesrepublik. Im Fokus stehen dabei das Denken und Handeln in den spannungsgeladenen Jahren von 1949 bis 1969. Auf der Grundlage umfassender Quellen beleuchtet der Autor ein bisher kaum erschlossenes Ideengebäude, das sich nicht in das ideologische Lagerdenken der Nachkriegszeit einreiht und somit neue Zugänge zur bundesdeutschen Intellektuellengeschichte eröffnet.

Autorenporträt
Dennis Beismann, Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Rene Schlott lernt mit Dennis Beismanns Dissertationsschrift den vielseitigen Politikwissenschaftler Eugen Kogon kennen. Inwiefern Kogon eine symbiotische Beziehung zwischen Wissenschaft und Medien verkörperte kann der Autor ihm ebenso vermitteln wie Kogons intellektuellen Weg, sein Denken und akademisches Wirken in der frühen BRD. Archivmaterial und Zeitzeugeninterviews ergänzen laut Schlott die Nachlassrecherchen des Autors. Entstanden ist für Schlott das Bild eines kämpferischen, widersprüchlichen Denkers im besten Sinne.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.04.2021

Der Kämpfer
Eine "kritische Biographie" über den Hochschullehrer und Publizisten Eugen Kogon

In seinem am 30. Dezember 1987 in der F.A.Z. erschienenen Nachruf auf den wenige Tage zuvor verstorbenen Eugen Kogon erinnerte sich Peter Glotz an den "streitbaren Linkskatholiken" als einen "großen, imposanten und temperamentvollen Münchner", der ein "Bündel von Aktivität" gewesen sei. In der Tat vereinte der 1903 geborene Kogon viele Rollen auf sich: Überlebender der Konzentrationslager, Professor für Politikwissenschaften, Präsident der Europa-Union und der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft, Gründer der "Frankfurter Hefte", Redakteur der ARD-Sendung "Panorama", um nur einige zu nennen.

Die Kasseler Dissertationsschrift des Berliner Historikers Dennis Beismann widmet sich dem "öffentlichen Intellektuellen" Kogon in den ersten beiden Jahrzehnten der Bundesrepublik. Beismann fokussiert dabei insbesondere auf den Publizisten und Hochschullehrer Kogon, der an der Technischen Hochschule Darmstadt fast zwei Jahrzehnte lang als Professor für Politikwissenschaften lehrte, jedoch weniger forschte. Fachpublikationen hat er in dieser Zeit nicht verfasst, sondern sich vielmehr in journalistischen Formaten wie Artikeln und Essays geäußert. Mit den "Frankfurter Heften" stand ihm dafür quasi ein eigenes Publikationsorgan zur Verfügung, das er als Herausgeber verantwortete.

Der eingangs vom Autor formulierte Anspruch ist es, eine "kritische Monographie" vorzulegen, um Kogons Denken und Wirken zu analysieren. Überzeugend legt Beismann den Wandel Kogons vom Kritiker der Moderne zum "Planungseuphoriker" offen, vom Antiliberalen zum Anhänger des Meinungspluralismus, vom Antikommunisten zum Mitgründer der "Gesellschaft zur Förderung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion". Doch auf Basis der systematischen Lektüre aller publizierten Schriften Kogons, unter Hinzuziehung seines im Bonner "Archiv der sozialen Demokratie" lagernden Nachlasses und auf Grundlage von gut einem Dutzend Zeitzeugeninterviews versucht sich Beismann auch an einer "Charakterstudie" und attestiert dem "Workaholic" Kogon an einer Stelle "Geltungssucht" und an mehreren Punkten eine "autoritäre Ader". Die Darstellung der Familie Kogon beginnt ausgerechnet mit einem banalen, aus dem Nachlass rekonstruierten Nachbarschaftsstreit, der einigermaßen redundant in einem Buch zum Denken Kogons wirkt.

Doch der biographische Zugriff von Beismann legt eine Grundtatsache des menschlichen Daseins offen: Niemand lebt ein widerspruchsfreies Leben. Von 1927 bis 1932 bediente Kogon als Redakteur der Wiener Wochenzeitschrift "Schönere Zukunft" antisemitische Stereotype, hatte aber selbst eine Mutter jüdischen Glaubens. Kogon, der in der Zwischenkriegszeit eine Zusammenarbeit des politischen Katholizismus mit dem Nationalsozialismus andachte, war später für sechs Jahre im Konzentrationslager Buchenwald als "Politischer" inhaftiert. Aus dieser Erfahrung entstand eines der ersten Werke zur nationalsozialistischen Gewaltherrschaft: "Der SS-Staat". Kogons bekanntestes Buch, 1946 erstmals erschienen, wurde in neun Sprachen übersetzt und erreichte eine Auflage von mehr als 500 000 Exemplaren - ein Longseller.

Wissenschaft und Öffentlichkeit standen bei Kogon stets in einem "symbiotischen Verhältnis", wie Beismann überzeugend darlegt. Eine funktionierende Demokratie war für ihn ohne "problem- und kritikoffene" Medien nicht denkbar. Diese Symbiose reichte sogar so weit, dass der Hochschullehrer Kogon die Chefredaktion und für kurze Zeit auch die Moderation des investigativen Fernsehformats "Panorama" übernahm. Sich aus Furcht vor Nachteilen oder persönlichen Anfeindungen nicht in tagespolitische Debatten einzumischen wäre Kogon nicht in den Sinn gekommen. Ob es um die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, den Ost-West-Konflikt (wobei Beismann die vom Duden zwar empfohlene Schreibweise "Westberlin" verwendet, allerdings ohne sich deren DDR-Provenienz zu vergegenwärtigen), die europäische Einigung, die Wiederbewaffnung oder Überlegungen zur atomaren Bewaffnung ging, er scheute keine der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen in der frühen Bundesrepublik. In der kürzlich erschienenen Geschichte der bundesrepublikanischen Medienintellektuellen von Axel Schildt taucht Kogons Name auf nahezu einhundert der insgesamt 800 Textseiten auf.

In den 1950er Jahren propagierte Kogon die Etablierung einer Akademie zur Ausbildung einer künftigen Politiker-Elite, einer Art bundesdeutscher "ENA", weil die Ausübung eines derart wichtigen Berufs nicht allein vom persönlichen Charisma abhängen dürfe. Selbst das aktive Wahlrecht wollte er von der politischen Bildung der Wählerinnen und Wähler abhängig machen. Gegen die Notstandsgesetzgebung polemisierte Kogon, weil er einen Rückfall in die von ihm als restaurativ empfundenen 1950er Jahre fürchtete, in deutlichen Worten, die nichts von ihrer Brisanz verloren haben: "Die zahlreichen kleinen de Gaulles, sie werden die Gelegenheiten, die ihnen die Notstandsgesetzgebung bietet gewiss wahrnehmen, um die Freiheiten, von denen man gegen sie Gebrauch machen könnte, nach und nach zu ersticken. Nur wenige Jahre, wenn überhaupt so lange, wird es dauern, und man wird den vollen Wohlstandsmund zu keiner Kritik mehr auftun dürfen, die einen autoritären Missstand von Bedeutung träfe. In der Presse, im Fernsehen, im Hörfunk, vor Gericht, in Versammlungen, in den Parteien, selbst in der Schule wird vieles sehr viel schwieriger werden. Viele werden es im ,Spannungszustand' - und normal unter den neuen anormalen Leistungsgesetzen - von vornherein schon auf nichts ankommen lassen." Im eingangs zitierten Nachruf von Peter Glotz hieß es, Kogon sei "eine umstrittene, kämpferische, politische Figur" gewesen und als solche präsentiert diese solide Dissertation ihren Protagonisten.

RENÉ SCHLOTT.

Dennis Beismann: Eugen Kogon in der frühen Bundesrepublik. Ein öffentlicher Intellektueller zwischen Lehrstuhl und Fernsehstudio 1949-1969.

De Gruyter Oldenbourg Verlag, Berlin 2020. 249 S., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Wer etwas über Eugen Kogon und sein Denken nach dem Zweiten Weltkrieg erfahren möchte, kommt an Dennis Beismanns Buch nicht vorbei. Es ist eine kenntnisreiche und lesenswerte biographische Teilstudie, die auf einer soliden Quellenbasis die wesentlichen Aspekte des Kogon'schen Denkens in der frühen Bundesrepublik darzustellen versteht."
Gabriel Rolfes, in: H-Soz-Kult, 12.05.2021

"Im [...] Nachruf von Peter Glotz hieß es, Kogon sei 'eine umstrittene, kämpferische, politische Figur' gewesen und als solche präsentiert diese solide Dissertation ihren Protagonisten."
René Schlott, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.05.2021