Marktplatzangebote
2 Angebote ab € 2,95 €
  • Broschiertes Buch

Produktdetails
  • Verlag: Wochenschau-Verlag
  • Seitenzahl: 208
  • Erscheinungstermin: Januar 2000
  • Deutsch
  • Abmessung: 209mm x 144mm x 14mm
  • Gewicht: 312g
  • ISBN-13: 9783879200580
  • ISBN-10: 3879200580
  • Artikelnr.: 25116218
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.09.1995

Der Computer als elektronischer Butler
Total digital - Ein Entwurf für die Kommunikation der Zukunft

Nicholas Negroponte: Total digital. Die Welt zwischen 0 und 1 oder die Zukunft der Kommunikation. C. Bertelsmann Verlag, München 1995, 288 Seiten 42,80 DM.

"Total digital" - schon der Titel des Buches von Nicholas Negroponte über die Zukunft der Kommunikation ist eine Provokation. Werden die Kulturpessimisten doch recht behalten? Die reißerische Aufmachung, die der Bertelsmann Verlag gewählt hat, wird vom Original sogar noch übertroffen. "Being digital" hat der Verlag Alfred A. Knopf auf den Deckel der amerikanischen Ausgabe geschrieben. Nicholas Negroponte ist Gründer und Leiter des "Media Lab" des Massachusetts Institute of Technology (MIT). Das Institut will zukünftige Formen menschlicher Kommunikation erforschen. An Propheten des neuen digitalen Zeitalters herrscht indes kein Mangel, und nur mit provokanten Thesen läßt sich beim Publikum noch Gehör finden. Negroponte weiß das, er selbst beschreibt sich an einer Stelle im Buch als "Extremisten, wenn es um die Vorhersage und den Beginn von Veränderungen geht".

Seine Kernthese ist einfach: Der Übergang vom Industriezeitalter zum nachindustriellen oder Informationszeitalter sei so lange und ausgiebig diskutiert worden, daß der Beginn des "Postinformationszeitalters" völlig unbemerkt geblieben sei. Die Voraussetzungen für dieses Postinformationszeitalter sind längst geschaffen. Mit dem Vormarsch der Computertechnik lassen sich schon heute alle Formen der Information - Schrift, Wort, Bild, Ton - in digitaler Form speichern, weiterverbreiten und über Datenleitungen verschicken. Im Postinformationszeitalter Negropontes gibt es keine Massenkommunikation mehr. Fernsehen und Computer sind verschmolzen, auf dem Bildschirm stellen sich die Menschen ihr individuelles Informationsmenü zusammen. Mit dem Ende der Massenkommunikation verschwinden auch die herkömmlichen Massenmedien. Das, was man heute Medienwirtschaft nennt, wird zum "Bit-Ausstrahlungsgeschäft". Das Medium sei nicht länger die Botschaft, meint der Autor.

Aber auch Negroponte weiß: Die Informationsflut, die Computer künftig in jedes Wohnzimmer transportieren werden, schafft neue Schwierigkeiten. Wer hilft im Computer-Datendschungel? Man ahnt die Antwort: der Computer. Er soll zu einer Art "elektronischem Butler" mutieren, der Informationen je nach individuellem Bedürfnis filtert. Individualisierung faßt Negroponte also viel weiter als andere Adepten des digitalen Zeitalters, die Angebote lediglich nach soziodemographischen Merkmalen maßschneidern wollen. Negropontes Einpersonenpublikum soll dagegen wirklich individuell bedient werden. "Intelligente" Softwareprogramme sollen die Bedürfnisse ihrer Herrn lernen. Am Ende hofft Negroponte auf den perfekten Assistenten. Der Videorecorder könnte seinen Herrn dann so empfangen: "Nicholas, während du unterwegs warst, habe ich fünftausend Fernsehstunden durchgeschaut und davon sechs Programmsegmente für dich aufgenommen . . ."

Der Mensch am Tropf eines maschinellen Informationsfilters? Nein, meint Negroponte. An einem verregneten Samstagmorgen werde man eben allein auf Entdeckungsreisen in die Datennetze gehen. Das ist typisch für den angelsächsischen Pragmatismus, mit dem Negroponte in seiner totalen Digital-Welt umherstreift. Negroponte ist aber ein unbedingter Fortschrittsoptimist. Er lobt die Kreativitätsentfaltung, die der Computer ermögliche, glaubt an raschen technischen Fortschritt, der es schon bald ermöglichen soll, mit dem Computer zu sprechen, statt ihn mit einer Maus oder Tastatur zu bedienen. Kühlschränke werden Zeichen an das Automobil senden, das dann seinen Fahrer darauf hinweist, daß die Milch ausgegangen ist. Kulturpessimisten mag es trösten, daß Negroponte für die Übermittlung seiner Botschaft auf ein jahrhundertealtes Medium setzt - das gedruckte Wort. Die Begründung für den traditionellen Übertragungsweg läßt erahnen, daß den Propheten mehr Zweifel beim Weg in das Postinformationszeitalter plagen, als er auf den 288 Seiten zugeben will: "Interaktive Medien lassen der Phantasie kaum noch Spielraum." WOLGANG GLABUS

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr