24,95 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
  • Gebundenes Buch

Die erste Biographie der Ruth Landshoff-YorckSie spielte Krocket mit Thomas Mann, wurde von Oskar Kokoschka porträtiert, verhalf Marlene Dietrich zu ihrer Rolle im Blauen Engel, verkehrte mit Andy Warhol, Patricia Highsmith und Salvador Dalí ... Ruth Landshoff-Yorck war Glitzergirl und androgyne Stil-Ikone, vor allem aber eine vielseitige Literatin, die die Presse der Weimarer Republik mit flotten Feuilletons versorgte und mehrere Romane publizierte. Ihre Kurzgeschichten und Gedichte wurden weltweit veröffentlicht.Das Leben der Ruth Landshoff schlägt eine Brücke von der Bohème der Weimarer…mehr

Produktbeschreibung
Die erste Biographie der Ruth Landshoff-YorckSie spielte Krocket mit Thomas Mann, wurde von Oskar Kokoschka porträtiert, verhalf Marlene Dietrich zu ihrer Rolle im Blauen Engel, verkehrte mit Andy Warhol, Patricia Highsmith und Salvador Dalí ... Ruth Landshoff-Yorck war Glitzergirl und androgyne Stil-Ikone, vor allem aber eine vielseitige Literatin, die die Presse der Weimarer Republik mit flotten Feuilletons versorgte und mehrere Romane publizierte. Ihre Kurzgeschichten und Gedichte wurden weltweit veröffentlicht.Das Leben der Ruth Landshoff schlägt eine Brücke von der Bohème der Weimarer Republik zur amerikanischen New Bohemia der 60er Jahre, vom expressionistischen Stummfilm zur Entstehung des experimentellen Off-Off-Broadways und nicht zuletzt von der schwulen Subkultur der "goldenen" Zwanziger zur alternativen Szene New Yorks.In jahrelanger Arbeit hat Thomas Blubacher unbekannte Dokumente aufgespürt und Zeitzeugen befragt. Erstmals liegt nun eine Biographie der verkannten Avantgarde-Literatin und engagierten Antifaschistin vor, deren viele Leben in Berlin, Paris und Venedig, London und New York die Zeitläufte eines halben Jahrhunderts spiegeln.
Autorenporträt
Thomas Blubacher, 1967 in Basel geboren und promovierter Theaterwissenschaftler, ist als freischaffender Autor und als Regisseur für Bühnen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA tätig. Er publizierte mehrere Bücher, u.a. eine Biographie über Gustaf Gründgens, schrieb für verschiedene Zeitungen und verfaßte mehrere Radiofeatures.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.12.2015

Sie kannte alle
Ruth Landshoff-Yorck war das Society-Girl im Berlin der Roaring Twenties – Thomas Blubacher erzählt von ihren vielen Leben
Sie spielte Krocket mir Thomas Mann, tanzte mit Josephine Baker, verkehrte mit Andy Warhol, Gerhart Hauptmann, Hugo von Hofmannsthal, den Mendelssohn-Kindern und sehr vielen Größen ihrer Zeit; sie war das, was man viele Jahrzehnte später ein It-Girl nannte. Eine junge Frau, deren wesentliches Verdienst darin bestand, Teil des glamourösen öffentlichen Lebens zu werden und dabei den Eindruck zu erwecken, als sei es umgekehrt, als gebe die junge Frau den besseren Kreisen erst den nötigen Glanz. Schon in den 1920er-Jahren, als Ruth Landshoff-Yorck alias Countess Ruth Yorck alias Ruth L. Yorck alias Gräfin Ruth Yorck von Wartenburg noch Ruth Levy hieß, spielte die Presse dabei eine Hauptrolle. Fotos der jungen Schauspielschülerin mit dem knabenhaften Sex-Appeal gelangten auf Magazin-Seiten, und wer als Frau den kribbelig anrüchigen Nimbus des Großstadt-Bohemien spüren wollte, der kopierte begeistert ihren Kurzhaarschnitt, den Bubikopf.
  Das wilde Leben in Berlin war damals keine hohle Werbephrase, man feierte bis Tagesanbruch, trank, tanzte, konsumierte Drogen, zog sich aus, tanzte auf Tischen und machte ein unschuldiges Gesicht dazu. Und dann konnte es auch mal passieren, dass junge Frauen willenlos in fremde Betten fielen. Ruth Levy passierte das, als ihr der Verehrer Tommy Salomon nach Wien folgt und sie schließlich überredet, mit nach Kitzbühel zu kommen. Ruth ist kaum 18 Jahre alt, sie ging früh von der Schule, ergatterte einen Platz in einer Schauspielschule, war nur mäßig talentiert. Der Verlegeronkel Samuel Fischer organisierte eine kleine Rolle in der späten Uraufführung von Gerhart Hauptmanns „Peter Brauer“.
  Zunächst in Berlin, dann in Wien. Mutter Else bittet den Schauspieler Jakob Tiedke, auf die 17-Jährige aufzupassen. „Was er auf seine Weise tat, sobald der Zug anfuhr“, berichtet Ruth Landshoff später. Plötzlich stand Tommy Salomon in der Abteiltür, der ihr so auf die Nerven gegangen war mit seinen ständigen Avancen. Jetzt ist er – erst einmal – ihr Retter. In Kitzbühel wird er über sie herfallen, danach in Berlin eine Abtreibung arrangieren. Die Freiheit, die sich die junge Generation herausnahm, um ihren eigenen Lebensstil zu verfolgen, hatte auch ihre harten Seiten. Aber Ruth, die nun keine Kinder mehr bekommen konnte, stürzte sich erst recht ins Berliner Nachtleben, empfand die Stadt für sich als „strapaziöse Liebesaffäre“. Und die wollte gelebt werden, ganz konkret. Hauptsponsor war der Liebhaber Karl Vollmoeller, reich und intelligent, als Dramaturg und Schriftsteller tätig, am Pariser Platz einen 10-Zimmer-Salon führend. Aber es gab auch allerlei erfolgreiche Nebenbuhler, darunter auch ein kleiner dicker Bankier, dessen Dankesgabe, ein Brillantarmband, später Ruths Eltern zur Flucht aus Hitlerdeutschland verhelfen sollte; wäre es nicht in den Händen der überbringenden Freundin unterwegs verloren gegangen.
  Es war ja nicht nur so, dass mit dem Fall der Monarchie und der jungen, unsicheren Demokratie alte Autoritäten verschwunden waren. Auch die Befehlsgewalt der Eltern verlor im wirtschaftlich angeschlagenen Mittelstand zunehmend an Kraft. Der Deal „Gehorsam gegen Zukunftssicherung“ funktionierte nicht mehr. Viele Mittelständler konnten ihren Kindern keine vernünftige Ausbildung mehr bezahlen, geschweige denn einen aussichtsreichen Einstieg ins Berufsleben verschaffen. Der materielle Verführungsdruck entfiel, darüberhinaus war auch die Lebenserfahrung der Eltern nichts mehr wert, wenn sie, wie allenthalben sichtbar, in die Armut führte. Also kamen auch bei den Levys die Kinder an die Macht. Nicht mehr die Eltern pflegten das gesellschaftliche Leben, sondern die Kinder führten nun ein offenes Haus in der Lützowstraße, wo sich die Kinder echter Berühmtheiten einfanden, die selber auf dem besten Wege waren, als Künstler und Akademiker zu reüssieren.
  Ein paar Häuser weiter wohnten die Mendelssohns, mit dessen homosexuellem Erben Francesco die bisexuelle Ruth gerne Crossdressing-Verwechslungskomödie spielte, um penetrante Werber loszuwerden. Mithin sollen sich die getäuschten jungen Männer dann aber in die neue Situation gefügt haben, sodass sie und Francesco auf ihre Kosten kamen. Klar, dass in diesen Kreisen auch Klaus und Erika Mann verkehrten, Gustaf Gründgens, auch exotische Gäste wie Josephine Baker oder Serge Lifar, der neben Ruth in einer musikdramatisch aufbereiteten Revue des Kamasutra mitwirken sollte. Harry Graf Kessler hatte das Libretto verfasst, Richard Strauss sollte die Musik dazu schreiben, Max Reinhardt war begeistert und war für die Regie vorgesehen. Aber es blieb beim nächtlichen Nackttanz im Salon von Vollmoeller. Ruth Landshoff im Smoking, Josephine Baker mit einem rosa Mullschurz, „fast ganz unerotisch“, wie ein „schönes Raubtier“, schreibt Kessler in sein Tagebuch, dazu „die kleine Landshoff, die wirklich wie ein bildschöner Junge aussieht“.
  Es fällt kein Name, der nicht mittel- oder unmittelbar zur A-Prominenz gehört. Vladimir Horowitz und Rudolf Serkin kreuzen den Weg der Landshoff; mithilfe von Vollmoeller verhilft sie der noch unbekannten Marlene Dietrich zur Erfolgsrolle in „Der Blaue Engel“, und als einzige bekommt sie Kontakt zum scheuen Berlinbesucher Charlie Chaplin, und kann darüber exklusiv für Berliner Zeitungen und Magazine berichten. Dieser Stellungsvorteil wird die Grundlage ihrer journalistischen Tätigkeit als Gesellschaftsreporterin, die sich zunehmend auf junge, gutaussehende, reiche Frauen spezialisiert; ihre Feuilletons aus den Zwanzigerjahren sind unter dem Titel „Das Mädchen mit wenig PS“ im Aviva Verlag erschienen (Berlin 2015. 224 Seiten, 18,90 Euro).
  Die Konkurrenz ist blass vor Neid, berichtet nun selber über „Ruth Landshoff-Levy“, „diese vielseitig amoureske Frau“. Chaplin diniert derweil mit dem Berliner Polizeipräsidenten, besichtigt ein Gefängnis, am Abend eine Vorstellung der 17-jährigen Pirouetten-Weltmeisterin Marika Rökk und will unbedingt Hans Albers kennenlernen.
  Dann gibt es noch die Ebene der unbekannteren Geldgeber und Helfer. Zum Beispiel den Bruder von Architekturstudent Heinz Jacobson – beide verkehren in der Lützowstraße –, der später mit seiner Wunderspritze aus Speed, Vitaminen, Steroiden, Enzymen, Hormonen, Knochenmark, tierischen Organzellen und einer aufgelösten Plazenta zum Society-Arzt wird. Zu seinen Klienten werden Marlene Dietrich, Elvis Presley, Edgar Hoover, Harry Truman, John F. Kennedy und Richard Nixon gehören. Und Ruth Landshoff. Da reüssierte sie bereits als Schriftstellerin und schrieb in ihren Romanen weiter, was das Leben der Berliner Vergangenheit versprochen und gehalten hat. Was ihr dennoch auf eigentümliche Weise misslang, war der Versuch, ihr eigenes Leben als eine Art fiktionale Dokumentation aufzubereiten. Es blieb beim Versuch, beim Fragment.
  Aber passt das nicht genau zum Leben dieser erstaunlichen Frau, die dann doch sehr viel mehr war, als es heutige Glamour-Girls vermögen? Und dies in einer Zeit, als es Frauen gerade mal in zwei deutschen Ländern gestattet war zu studieren: In Baden und in Bayern.
  Ruth Landshoff, die androgyne Stilikone, engagierte Antifaschistin, Avantgarde-Literatin und Feuilletonistin, verstand ihr Leben als Kunstwerk, und sie wollte es ebenso kunstvoll dokumentieren. Was nicht geht, wenn man sich ausschließlich auf die Wahrheit verlässt. Liest es sich nicht viel anrührender, wenn man für eine Nebenrolle in Friedrich Wilhelm Murnaus „Nosferatu“ auf dem Schulweg entdeckt wird, und zwar gleich vom berühmten Regisseur persönlich?
  Und warum „Nebenrolle“ schreiben, wenn die doch eigentlich eine „zweite Hauptrolle“ hätte sein können? So ungefähr muss man auch ihr Leben sehen und ihre Wirkung. Man muss dem Biografen Thomas Blubacher danken, einem schweizer Theaterwissenschaftler, der schon mit der Geschichte der Mendelssohn-Kinder auf sich aufmerksam machte. Blubacher hat sich die eigentlich undankbare, aber überaus ertragreiche Mühe gemacht, die Fakten neu zu ordnen, zu prüfen, und erstmals anhand des bisher unbekannten Restnachlasses aus New Yorker Privatbesitz dieses groß gelebte Leben der Ruth Levy so detailgenau nachzuzeichnen, dass am Ende nicht nur eine längst überfällige Biografie über Ruth Landshoff entstand, sondern eine wunderbar schillernde und intensive Sitten- und Lebensgeschichte der Weimarer Republik.
HELMUT MAURÓ
Thomas Blubacher: Die vielen Leben der Ruth Landshoff-Yorck. Insel Verlag, Berlin 2015. 367 Seiten, 24,95 Euro.
Sie war androgyne Stilikone,
Feuilletonistin, Antifaschistin und
Avantgarde-Literatin
Ruth-Landshoff-Yorck, 1904 in Berlin geboren, emigrierte 1937 in die USA, wo sie 1966 starb.
Foto:  ullstein bild, Frieda Riess
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Helmut Mauró dankt Thomas Blubacher für die Leistung, Fakten und Fiktion zu trennen in der Biografie von Ruth Landshoff-Yorck. Auf Basis des Restnachlasses des It-Girls der Weimarer Republik hat der Autor laut Mauró ihre überfällige Lebensgeschichte aufgeschrieben, inklusive des Glams und der "harten Seiten", wie er schreibt. Für den Rezensenten entsteht dabei nicht zuletzt eine intensive Sitten- und Lebensgeschichte der Weimarer Republik.

© Perlentaucher Medien GmbH
» ... nicht nur eine längst überfällige Biografie über Ruth Landshoff-Yorck, sondern eine wunderbar schillernde und intensive Sitten- und Lebensgeschichte der Weimarer Republik.« Helmut Mauró Süddeutsche Zeitung 20151229