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Emmy Ball-Hennings war Schriftstellerin und Dichterin, nebenbei galt sie als Muse der Literaten und Künstler der avantgardistischen Bohème-Szene, die sich Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in Berlin und München entwickelte. Sie schrieb Gedichtbände und Romane, kam aber aufgrund ihrer prekären Lebensumstände häufig mit dem Gesetz in Konflikt. Nach einer mehrmonatigen Gefängnisstrafe emigrierte sie in die Schweiz. Gemeinsam mit Hugo Ball gründete Emmy Hennings im Jahre 1916 mit dem Zürcher "Cabaret Voltaire" die Geburtsstätte der Dada-Bewegung.Die zu Unrecht Vergessene, wenn es um diese Zäsur…mehr

Produktbeschreibung
Emmy Ball-Hennings war Schriftstellerin und Dichterin, nebenbei galt sie als Muse der Literaten und Künstler der avantgardistischen Bohème-Szene, die sich Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in Berlin und München entwickelte. Sie schrieb Gedichtbände und Romane, kam aber aufgrund ihrer prekären Lebensumstände häufig mit dem Gesetz in Konflikt. Nach einer mehrmonatigen Gefängnisstrafe emigrierte sie in die Schweiz. Gemeinsam mit Hugo Ball gründete Emmy Hennings im Jahre 1916 mit dem Zürcher "Cabaret Voltaire" die Geburtsstätte der Dada-Bewegung.Die zu Unrecht Vergessene, wenn es um diese Zäsur in der Kunstgeschichte geht, hielt das "Cabaret Voltaire" wirtschaftlich durch ihre Tätigkeit als Sängerin und ihre anziehende Ausstrahlung am Laufen.Fernando Gonzáles Viñas und José Lázaro erzählen in "Alles ist Dada" die Geschichte eines Lebens, das in seiner Radikalität vollkommen aus der Zeit gefallen zu sein schien.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Gedichte darüber schreiben

Es war sicher nicht leicht, diese Biografie zu schreiben. Die Spuren, die sie in Melderegistern und Gefängnisakten, in den Briefen Erich Mühsams, Hugo Balls und Else Lasker-Schülers hinterlassen hat, widersprechen einander und teils auch ihren eigenen autobiografischen Schriften. Sie war frei, flüchtig, meistens arm. Auf ihre eigene leise Weise radikal. „Meine Zukunft?“ lässt Fernando González Viñas die 16-jährige Emmy am Grab ihres Vaters sagen. „Ich werde Banken ausrauben und Gedichte darüber schreiben.“ Nachdem ihr Versuch eines bürgerlichen Lebens scheitert, zieht sie als Wanderschauspielerin durch die Weimarer Republik, singt in Gaststätten, prostituiert sich bei Gelegenheit, stiehlt ab und an. Durch die Freundschaft mit dem Dichter John Höxter entdeckt sie, dass sie schreiben kann. Sie arbeitet, konversiert und schläft mit Ferdinand Hardekopf, Jakob van Hoddis und Lotte Pritzel, begründet im Cabaret Voltaire mit Hugo Ball, Tristan Tzara und Hans Arp den Dadaismus, schreibt selbst formal erstaunlich konventionelle Gedichte und mehrere Romane, zeichnet Heiligenbilder. Diesen großen, komplexen Charakter und die flirrende, elende, glänzende Welt um ihn herum, auf die drohend schon der Schatten des Faschismus fällt, lässt José Lázaro lebendig werden – nicht ohne immer wieder auf die Kunst der Moderne anzuspielen. Sein Stil ist hier so zart und eindrucksvoll wie die Frau, von der er erzählt.

…mehr© BÜCHERmagazin, Elisabeth Dietz (ed)

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.05.2020

Die Frau vom
„Cabaret Voltaire“
„Alles ist DADA“: Eine Comic-Biografie erzählt das
aufregende Leben der Emmy Ball-Hennings
VON GOTTFRIED KNAPP
Wer in der Graphic Novel „Alles ist DADA“ den Zickzackweg durch die Anfänge der Moderne mit wachsender Spannung verfolgt hat, der kann den beiden spanischen Autoren zu der Geschichte, die sie in Deutschland aufgespürt haben, nur gratulieren. Fernando Gonzáles Viñas und José Lázaro erzählen die Lebensgeschichte von Emmy Ball-Hennings (1885-1948), einer Frau, die in den gängigen deutschen Literatur-, Theater- oder Kunstgeschichtswerken allenfalls als zeitweilige Bekannte, Partnerin oder Geliebte prominenter Persönlichkeiten erwähnt wird. Doch gerade weil sie als Künstlerin mit so vielen Größen der Kulturgeschichte kollegialen, freundschaftlichen oder auch sexuellen Kontakt hatte, lässt sich anhand ihres Lebens mehr über die Epoche erzählen als in aneinandergereihten Einzelbiografien.
Emmy darf die Leser selber an die Hand nehmen. Sie steuert ziemlich selbstkritisch durch die dichte Abfolge widriger Umstände und glücklicher Zufälle, die ihr unstetes Leben anfangs bestimmt haben. Sie erzählt von dem naiv-störrischen Mädchen aus der Provinz, das von zu Hause wegläuft, mit seiner angenehmen Stimme und seinem attraktiven Aussehen als Schauspielerin und Sängerin in Kleintheatern und zwielichtigen Etablissements wechselnden Erfolg hat und dabei immer wieder an Männer gerät, die behaupten, ihr weiterhelfen zu können.
Mit einem dieser Männer gerät sie 1908 nach Berlin, wo sie zwischen Auftritten in verräucherten Lokalen und lähmenden Morphium-Delirien als Maler-Modell und Literaten-Muse in Bohème-Kreisen rasch bekannt wird und Freunde findet. Die Zahl der Künstler, die Nächte mit ihr verbracht haben, ist beträchtlich.
In München, wo sie als Kabarettistin im Künstlerlokal Simplicissimus sehr erfolgreich ist und engen Kontakt mit den Künstlern des Blauen Reiters hat, wiederholen sich die Auf- und Abbewegungen ihres Daseins. Als in den Monaten vor dem Ersten Weltkrieg selbst befreundete Maler in einen nationalistischen Wahn verfallen, sind Emmys Lieder plötzlich zu radikal, zu wenig patriotisch. Sie wird entlassen und flieht mit dem Theatermann Hugo Ball, der sie eigentlich als Schauspielerin an die Kammerspiele holen wollte, nach Zürich.
Das Kapitel, das dort im Kriegsjahr 1916 beginnt, ist weitgehend bekannt. Es trägt den Titel „Cabaret Voltaire“ und beschreibt die theatralischen, literarischen und bildnerischen Erstversuche einer avantgardistischen Bewegung, die in Zürich den Namen DADA bekam, aber bald danach in Berlin, Paris, New York und anderen Zentren der Moderne sich anarchisch-kreativ weiterentwickelt hat.
In den Geschichtswerken tauchen beim Stichwort DADA Zürich stets nur Namen von Männern auf: Hugo Ball, Tristan Tzara, Marcel Janco, Hans Arp und Richard Huelsenbeck. Dabei hat Emmy Ball-Hennings als Darstellerin und als Kontaktperson zur Zürcher Bürgerschaft die internationale Zufallsgemeinschaft zusammengehalten. In ihren Erinnerungen bekommt diese Zeit der künstlerischen Stilbrüche und des revolutionären Improvisierens fernab der grauenhaften Realität des Weltkriegs eine ironische Tönung. Diesen illusionslosen Skeptizismus und den trockenen Witz ihrer Heldin haben die beiden Autoren der Graphic Novel zum künstlerischen Prinzip erhoben. Sie blenden immer wieder drastische Details aus der Realität des Weltkriegs in die Erzählung ein und lassen in pointierten Querverweisen kulturelle Ereignisse der Zeit vorüberziehen.
Dabei gelingen ihnen immer wieder einprägsame Kurzporträts von Personen, die Emmys Lebensweg gekreuzt haben. In den Berliner Jahren bekommt etwa die flüchtige Erscheinung des psychisch gefährdeten Lyrikers Jacob van Hoddis eine berührende Lebendigkeit. In der Münchner Zeit hebt sich der Dramatiker Frank Wedekind auffällig plastisch aus den lokalen Künstlerkreisen heraus. Und in Zürich schiebt sich der in Kneipen dozierende Lenin mächtig in den Vordergrund.
Dass solche beiläufigen Einzelporträts so direkt überzeugen, ist der hohen Kunst des Zeichners zu verdanken. José Lázaro hat die existierenden Fotodokumente zu schlüssigen Porträts verdichtet, die auch kritische Historiker überzeugen dürften. Viel wichtiger ist aber, dass es ihm gelingt, die Hauptfigur Emmy Ball-Hennings, von der kaum brauchbare Fotos existieren, als Charakterfigur zu profilieren und über alle Altersstufen so überzeugend zu begleiten, wie es in den letzten Jahren nur wenigen Comic-Biografien prominenter Personen gelungen ist.
Fernando Gonzáles Viñas (Text), José Lázaro (Zeichnungen): Alles ist DADA. Emmy Ball-Hennings. Avant Verlag 2020. 229 Seiten, 25 Euro.
Ein markantes Porträt, gezeichnet mit weichen Bleistiftstrichen: Emmy Ball-Hennings in „Alles ist DADA“.
Abb.: Avant
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