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Italien war fraglos das beliebteste Reiseland des 19. Jahrhunderts. Es ist das Land, in dem Zitronen blühen, die Antike in die abendländische Geschichte unübersehbar hineinragt und die Renaissance unübersehbar die Gegenwart prägt. Betuchtere Reisende brachten nicht selten aufwendige Alben mit Originalfotografien mit heim, die in wunderbaren Ansichten die wichtigsten Etappen ihrer Tour versammelten. Das Album, das hier als Faksimile in Buchform erscheint, zeigt Aufnahmen aus Venedig, Florenz und Neapel in einem für die Zeit ungewöhnlichen Kabinett-Format. Ihre Autoren sind drei der bekanntesten damals in Italien tätigen Fotografen, die hier gleichsam ihre Stadt portraitieren: Carlo Naya (Venedig), Fratelli Alinari (Florenz) und Giorgio Sommer (Neapel mit Umgebung). Die Bilder des Albums werden kommentiert, ergänzt durch Dokumente und Texte aus der Ausgabe von 1876/77 desjenigen Reiseführers, der seinerzeit die Reiserouten bestimmte: dem Baedeker. So kann man in Bildern durch das Italien des 19. Jahrhunderts reisen.
Ein Weg in eine ferne Zeit und in eine fremd-vertraute Welt. Der Band "Venedig - Florenz - Neapel" ist der Nachdruck eines fotografischen Reisealbums aus dem Jahr 1877. Er enthält typische Fotos von Bildungsreisenden auf ihrer Grand Tour durchs südliche Europa, hier: Italien. Diese frühen Touristen fotografierten nicht selbst, sondern brachten Aufnahmen führender Fotografen ihrer Zeit, die man jeweils vor Ort erwerben konnte, zu Erinnerungs- und Repräsentationszwecken mit nach Hause. Im vorliegenden Fall handelt es sich um Aufnahmen von Carlo Naya (Venedig), den Brüdern Fratelli (Florenz) und von Giorgio Sommer (Neapel). Das Verblichene des Originalalbums zeigt sich auch im Nachdruck und erhöht den Reiz. Das Interesse galt damals hauptsächlich Kulturdenkmälern aus Antike und Renaissance, doch auch städtische und ländliche Szenen sind in diesem Band enthalten. Gemeinsam ist fast allen Bildern, dass sie menschenleer sind, als würde "wirkliches" Leben den imposanten Eindruck der Monumente nur stören. Auffällig ist auch der Stilwille der verschiedenen Fotografen, die sich stark am Vorbild der Veduten orientieren. Dadurch wird das Graphische stark betont. Es geht um bleibende Strukturen und nicht um den Augenblick, die Anekdote. Das gilt selbst dann, wenn der Fotograf sich ausnahmsweise dem Alltag zuwendet, wie bei den "Makkaroni-Essern" in Neapel: auch hier wird die Szene in einem Stillleben sistiert, und zum Teil erinnert sie an die lebenden Bilder, wie sie in der Goethe-Zeit Mode waren. Zum Begriff des Albums gehört, dass sich darin "Vergangenheit und Gegenwart im Augenblick der Erinnerung" begegnen, schreibt Bernd Stiegler in seinem umfangreichen Begleit-Essay zu dieser frühen Reisefotografie. Sie steht in deutlicher Opposition zur heutigen Praxis, im Sekundentakt Instant-Reisebilder zum Zweck augenblickshafter Selbstverortung in alle Welt zu verschicken. Für jeden, der sich fürs "Innehalten" und für (Fotografie-)Geschichte interessiert, ist dieser Band eine Entdeckung.
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"Venedig-Florenz-Neapel - ein fotografisches Reisealbum aus dem Jahr 1877" herausgegeben von Felix Thürlemann, mit einem Essay von Bernd Stiegler. Verlag weissbooks, Frankfurt 2017. 170 Seiten, 96 Abbildungen. Gebunden, 34 Euro.
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