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Von einem, der auszog, die Fremde kennenzulernen ...
Was kommt heraus, wenn einer der klügsten und komischsten Essayisten Deutschlands eine Greencard gewinnt? - Ein Glücksfall für den Leser. Denn der Autor braucht auf die alte Heimat keine Rücksicht mehr und auf die neue noch keine zu nehmen...
Was passiert, wenn man aus Jux und Tollerei an der Verlosung einer Greencard teilnimmt, nichts mehr davon hört und die Sache irgendwann vergisst - dann aber aus heiterem Himmel einen Anruf bekommt, dass man einen amerikanischen Pass haben könne; freilich nur, wenn man auch wirklich auswandert?Die
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Produktbeschreibung
Von einem, der auszog, die Fremde kennenzulernen ...

Was kommt heraus, wenn einer der klügsten und komischsten Essayisten Deutschlands eine Greencard gewinnt? - Ein Glücksfall für den Leser. Denn der Autor braucht auf die alte Heimat keine Rücksicht mehr und auf die neue noch keine zu nehmen...

Was passiert, wenn man aus Jux und Tollerei an der Verlosung einer Greencard teilnimmt, nichts mehr davon hört und die Sache irgendwann vergisst - dann aber aus heiterem Himmel einen Anruf bekommt, dass man einen amerikanischen Pass haben könne; freilich nur, wenn man auch wirklich auswandert?Die meisten würden ein wenig verdutzt dreinblicken, sich schütteln, freuen, mit der Anekdote schmücken - und zu Hause bleiben. Wer will schon wegen eines Zufalls seinen Job aufgeben, seine Freunde zurücklassen, die Wohnung auflösen und sein gesamtes Leben umkrempeln?Hannes Stein wollte. Vor drei Jahren ereilte ihn - übrigens mitten im Mittagsschlaf - das große Los. Der ohnehin als unerschrockener Schreiber bekannte Autor mutierte flugs zum furchtlosen Auswanderungsanfänger. Mittlerweile hat er eine Wohnung in Manhattan, und alles ist anders. Wirklich anders: Denn nichts von dem stimmte, was Stein über Amerika gelesen oder gehört hatte. Bzw.: Es stimmt nichts und es stimmt alles zugleich.

Mit der unerschütterlichen Vorurteilslosigkeit des Ethnologen arbeitet sich Hannes Stein seither an seine neue Umwelt heran, lernt die Rituale des fremden Alltags (von wegen: modernstes Land der Welt!) kennen, begutachtet Extremformen amerikanischer Politik (den Wahltag Barack Obamas erlebt er ausgerechnet in Sarah Palins Alaska), erkundet als teilnehmender Beobachter Geschichte und Religion (u. a. bei den Mormonenfestspielen). Und macht dabei manch überraschende Entdeckung, auch über das, was er verlassen hat. Denn seine alte Heimat dient ihm immer wieder als Kontrastmittel und sorgt für Überraschungen aller Art.
Autorenporträt
Stein, HannesHannes Stein, geboren 1965 in München, aufgewachsen in Salzburg, lebt jetzt als Korrespondent für die Welt in New York. Er schrieb für die FAZ und den Spiegel. Im Sommer 2007 ist er nach Amerika ausgewandert. Bei Galiani Berlin erschienen von ihm die Romane »Der Komet« (2013), »Nach uns die Pinguine« (2017) und »Der Weltreporter«. Hannes Stein bloggt bei den Salonkolumnisten und ist Mitglied des amerikanischen PEN-Clubs.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.10.2010

Viel besser als der Ruf
Modernste Steinzeit: Hannes Stein porträtiert Amerika
Schon lange bevor Deutschland sich angeblich abschaffte, wanderte Hannes Stein im Sommer 2007 prophylaktisch aus. Und er hatte allen Grund dazu: Als glücklicher Gewinner einer Green Card verlagerte er seinen Wohnsitz von Berlin nach New York – wohin auch sonst als Kulturkorrespondent! Für ihn war es zugleich eine Rückkehr: Zum ersten Mal war er nach dem 11. September 2001 in die Vereinigten Staaten geflogen und hatte sich direkt in sie verliebt. Beim Anblick der Menschen aus aller Herren Länder, die ihm am Times Square in Manhattan entgegenkamen, dachte er: „Das ist sie! Das ist die Menschheit, von der man so viel hört. Bisher war sie mir nur eine Abstraktion, ein utopischer Begriff, aber nun bin ich ihr in Wirklichkeit begegnet. Und sie ist viel besser als ihr Ruf!“
Dieser Ruf ist auch der rote Faden durch Steins Aufzeichnungen eines Ausgewanderten. Werden die USA ihrem Ruf gerecht? Und welchen Ruf haben sie überhaupt? In Deutschland scheinen zig Millionen Experten dafür zuständig zu sein. Fast jeder hat eine Meinung über Amerika oder kennt zumindest jemanden, der eine hat. Dazu zählte auch Stein – vor seiner Einwanderung in die Neue Welt.
Heute scheint er nur noch zu wissen, dass er immer weniger weiß über dieses rätselhafte Land, je länger er dort lebt. Seine mit leichter Feder erzählten Erlebnisse spiegeln die zahllosen Widersprüche des amerikanischen Alltags. Dabei nähert er sich seinem Objekt der Betrachtung nie europäisch herablassend, sondern immer auf eine humorvolle und zugleich liebevolle Art, wie es Menschen gewöhnlich nur bei Familienmitgliedern oder engen Freunden wagen. So gesehen ist Stein längst selbst ein Teil dessen, das er beschreibt.
Fast auf jeder Seite dieses Einwanderungsreports stößt man auf Szenen und Momente, die USA-Reisenden mehr als vertraut erscheinen dürften. Es tut gut, wenn Steins Schilderungen eigene Wahrnehmung immer wieder aufs Neue bestätigen. Das beginnt bereits mit der Infrastruktur für das tägliche Leben: Zwar kann man beinahe an jeder Ecke zu günstigen Konditionen hochmoderne Computer und die neuesten Flachbildschirme kaufen, aber zugleich sind Stromausfälle aufgrund umgeknickter Masten keine Seltenheit. Stein bestätigt einen Verdacht, der sich bei einem Amerika-Besuch schon nach ein paar Tagen einstellt: „Die moderne Technologie ist nur ein hauchdünner Firnis, darunter befindet sich eine charmant verschimmelte Infrastruktur, die noch aus der Steinzeit stammt.“ Und das kommt nicht von ungefähr, wie Steins Recherchen ergeben haben: Die Infrastruktur an der amerikanischen Ostküste lässt sich auf die achtziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts datieren. Die Kanalsysteme, Brücken und Staudämme des Mittleren Westens wurden um die Zeit des Ersten Weltkriegs herum gebaut. Die kalifornischen Freeways stammen aus den Sechzigern – „und sehen mittlerweile auch schon ganz schön vergammelt aus“.
Ähnlich verstörend dürfte auf Menschen aus good old Germany wirken, dass Banküberweisungen oder Einzugsermächtigungen in den USA kaum bekannt sind. Innerhalb der Supermacht zahlt man immer noch per Scheck – und zwar alles, selbst die monatliche Elektrizitäts- und Gasrechnung. Das dürfte bald auch das elektrische „Tanken“ des Wagens an der Steckdose daheim betreffen. In Kalifornien konnte Stein bereits eine Gegenwart erleben, die im ach so umweltbewussten Deutschland immer noch in der Zukunft liegt. In einem Elektrowagen der Firma Tesla Motors kamen ihm die Benzinkutschen um ihn herum „lachhaft altertümlich“ vor. Für ihn – und vermutlich auch für die Manager von Apple – steht bereits fest: Bald wird es ein vollelektrisches iCar geben. Und spätestens dann wird tout le monde so ein Ding haben wollen.
Diese amerikanische Mischung aus Hightech und – aus deutscher Perspektive – altertümlicher Lebensweise findet sich in vielen weiteren Erzählungen Steins, der daraus eine zutiefst sympathische Haltung entwickelt hat: In Deutschland habe er Jahre seines Lebens damit zugebracht, Amerika gegen seine Verächter in Schutz zu nehmen. Doch je länger er dort lebe, desto deutlicher dämmere ihm: „Die amerikafeindlichen Ressentiments beruhen sämtlich auf Tatsachen.“ Kompliziert werde die Sache allerdings dadurch, dass in jedem Fall auch das Gegenteil zutreffe.
Der amerikanischen Öffentlichkeit ist eine Übersetzung dieser klugen Beobachtungen zu wünschen. Nach der Lektüre von Jonathan Franzens „Freiheit“ sollte sie die Möglichkeit haben, in einen zweiten Spiegel zu schauen, den ihr Stein so wohlwollend hinhält. Selten dürften die Amerikaner und ihr Land derart treffend porträtiert worden sein wie von ihrem großen Liebhaber aus Deutschland, für den New York vor allem das alte, das untergegangene und gerettete Europa ist. Wer sich diesseits und jenseits des Atlantiks immer noch Sorgen um die gemeinsame Zukunft von Alter und Neuer Welt macht, der lese dieses Buch. THOMAS SPECKMANN
HANNES STEIN: Tschüß Deutschland! Aufzeichnungen eines Ausgewanderten. Galiani Verlag, Berlin 2010. 221 Seiten, 16,95 Euro.
Mittlerweile sieht in den USA
vieles ganz schön vergammelt aus
Je länger man drüben lebt,
desto rätselhafter wird das Land
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.04.2011

Amerika als Lotteriegewinn

Was ist der amerikanische Traum? Hannes Steins Buch, das diese Frage rhetorisch umkreist, beginnt wie eine Parodie desselben und billige Hollywoodproduktion: In einer Greencard-Lotterie im Internet hat der Publizist die vielbegehrte Aufenthaltserlaubnis für die Vereinigten Staten gewonnen. In dem Tagebuch seiner Auswanderung und persönlichen "pursuit of Happiness" im Land der bürokratisch begrenzten Möglichkeiten schildert er mit einem siebten Sinn fürs Skurrile seine Begegnungen mit dem Amtsschimmel und Aussteigern, mit patriotischen Seelen und den "1001 Variationen auf das große Thema ,Protestantismus'", mit Ufo-Gläubigen und Sonntagsjägern: Ironisch-liebevoll porträtiert er jene "Anhänger des zweiten Verfassungszusatzes", die Waffenträger von South Dakota. In den zuvor als Zeitungsartikeln erschienenen, für das Buch neu bearbeiteten Glossen verschont Hannes Stein weder die "Dumpfklugschwätzer" des Alten Europa noch Borniertheiten der Neuen Welt. Auf eine ausgleichend politisch unkorrekte Weise spielt er mit Klischees und widerlegt virtuos sowohl positive ("Die Demokraten waren im neunzehnten Jahrhundert die Partei des Status quo, der Besitzstandswahrung und des Rassismus") wie negative Vorurteile, indem er aufzeigt, dass immer auch ihr Gegenteil stimmt. So waren die indianischen Ureinwohner laut Autor nie die "Edelmenschen, als die sie auf hohem moralischem Ross" durch die Fantasien ökologiebegeisterter Mittelstandsbürger galoppierten. Einerseits sinniert Stein über "utopische Überschussenergie" als kalifornische Besonderheit. Andererseits macht er ausgerechnet in Castro, dem Homosexuellenviertel von San Francisco, einen "Drang zum Biederen, Gepflegten, Mittelständischen" aus. In der Tat scheint das Land heute eher einem ethnic mosaic als einem Schmelztiegel zu gleichen: "Mein amerikanischer Traum ist nicht dein amerikanischer Traum", schreibt Stein. "Mein reaktionärer Traum", fährt der Gelegenheitsaussteiger mit Blick auf seine Wahlheimat New York fort, "ist ... vor allem das alte, das untergegangene und gerettete Europa."

sg

"Tschüß Deutschland! Aufzeichnungen eines Ausgewanderten" von Hannes Stein. Verlag Galiani Berlin, ein Imprint von Kiepenheuer & Witsch, Köln 2010. 224 Seiten. Gebunden, 16,95 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Alte und Neue Welt? In Hannes Steins Einwandererreportagen aus New York sind sie eins, schwärmt Thomas Speckmann. Überhaupt fällt ihm niemand ein, der die Amerikaner und ihr Land derart treffend zu beschreiben vermag wie Stein, der als Korrespondent den Ruf der USA auf seinen Wahrheitsgehalt abklopft. Wie er das macht, mit Leichtigkeit, Humor und viel Sympathie, nimmt Speckmann für das Buch ein. Dass er auf lauter ihm selbst bekannte Szenen und Ereignisse stößt, macht die Lektüre für ihn zudem zu einem angenehmen Dejavu-Erlebnis. Die Mischung aus Hightech und Steinzeit, die dem Autor allenthalben begegnet, der Rezensent kennt sie nur zu gut.

© Perlentaucher Medien GmbH