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1 Kundenbewertung

»Wir werden geboren, ohne eine Wahl zu haben. Müssen wir deswegen auf gleiche Art sterben?« »Null Grad Kelvin« ist DeLillos klügster, humorvollster und bewegendster Roman seit Jahren, eine große Vater-Sohn-Geschichte, eine Meditation über den Tod und die Ewigkeit und eine Liebeserklärung an das Leben. Ross Lockhart ist ein Milliardär in den Sechzigern mit einer viel jüngeren Frau, Artis Martineau, die schwer krank ist. Er ist Großinvestor eines geheimen, im Verborgenen agierenden Unternehmens, das den Tod ausschalten will. Das Businessmodell: Menschliche Körper werden so lange konserviert, bis…mehr

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Produktbeschreibung
»Wir werden geboren, ohne eine Wahl zu haben. Müssen wir deswegen auf gleiche Art sterben?« »Null Grad Kelvin« ist DeLillos klügster, humorvollster und bewegendster Roman seit Jahren, eine große Vater-Sohn-Geschichte, eine Meditation über den Tod und die Ewigkeit und eine Liebeserklärung an das Leben. Ross Lockhart ist ein Milliardär in den Sechzigern mit einer viel jüngeren Frau, Artis Martineau, die schwer krank ist. Er ist Großinvestor eines geheimen, im Verborgenen agierenden Unternehmens, das den Tod ausschalten will. Das Businessmodell: Menschliche Körper werden so lange konserviert, bis Medizin und Technik so weit sind, dass der Mensch ein Leben ohne Krankheiten und zeitliche Begrenzungen führen kann. Als Artis plant, ihren Körper aufzugeben, reist Ross' Sohn Jeffrey an, um Abschied von seiner Stiefmutter zu nehmen, auf unbestimmte Zeit. »Wir werden geboren, ohne eine Wahl zu haben. Müssen wir deswegen auf gleiche Art sterben? Macht es den Menschen nicht gerade aus, dass er sich weigern kann, sein Schicksal zu akzeptieren?« Diese Fragen treiben Ross um, der mit aller Macht in eine andere Dimension menschlichen Lebens vorstoßen möchte. Sein Sohn hingegen verteidigt leidenschaftlich die Ansicht, dass es des Menschen Bestimmung ist, im Hier und Jetzt zu leben. »Null Grad Kelvin« ist ein großer Wurf, ein brillanter Roman, der an den Kern unserer Existenz rührt.

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Autorenporträt
Don DeLillo, 1936 geboren in New York, ist der Autor von zahlreichen Romanen und Theaterstücken. Sein umfangreiches Werk wurde mit dem National Book Award, dem PEN/Faulkner Award for Fiction, dem Jerusalem Prize und der William Dean Howells Medal from the American Academy of Arts and Letters ausgezeichnet. 2015 erhielt Don DeLillo den National Book Award Ehrenpreis für sein Lebenswerk. Frank Heibert, geboren 1960, übersetzt vor allem aus dem Englischen und Französischen, u.a. Werke von Don DeLillo, Richard Ford, Mark Twain, Neil LaBute und, zusammen mit Hinrich Schmidt-Henkel, Yasmina Reza. 2006 erschien sein Roman »Kombizangen«. 2012 wurde er mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis ausgezeichnet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Angela Schader kann den neuen Roman von Don DeLillo schon allein aufgrund einiger weniger Sätze empfehlen, Sätze, die sie als gleichzeitig fremd und fordernd empfindet, die ihr die Sprachartistik des Autor eindrucksvoll vor Augen führen und die die Erzählkonstruktion des Buches tragen, wie sie staunend erkennt. Das kryonische Projekt im Buch, mit dem DeLillo einmal mehr die Themen Verlust und Tod umkreist, wie Schader schreibt, erscheint der Rezensentin so vor allem als Futter für den überragenden Intellekt des Autors, Anlass, etwa die Frage nach dem Sinn ewigen Daseins zu stellen und es sprachlich in "stupenden" Bildern real werden zu lassen. Eine allzu realistische Lesart möchte Schader jedenfalls nicht empfehlen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2016

Unter
null.
Über
Leben
Keiner hat die amerikanische Gegenwart
elektrisierender beschrieben als er.
Doch im neuen Roman „Null K“
meditiert Don DeLillo wie ein Eisheiliger
über die Unsterblichkeit
VON JÖRG HÄNTZSCHEL
Der Eingang zur Ewigkeit liegt in Tscheljabinsk, irgendwo in der kasachischen Steppe. In Privatjets treffen hier Tag und Nacht unheilbar kranke Superreiche zum Sterben ein. Das heißt, sie sterben nur für eine Weile und auch nur ein bisschen. Ihre ausgeweideten Körper werden in flüssigem Stickstoff bei minus 273 Grad tiefgefroren, während Nanobots sich über Hirn und Organe hermachen und diese auf Ewigkeitsbetrieb umbauen. Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte werden diese kalten Mumien dort liegen. Bis die Wissenschaft Methoden entwickelt hat, die runderneuerten Menschen in ein Leben ohne Verfall und Tod zurückzuholen – oder wie man diese Existenzform dann nennen wird.
  Don DeLillo hat 15 Bücher geschrieben, und der Tod ist geheime Hauptfigur in allen von ihnen. Doch so direkt wie in seinem neuen Roman „Null K“, in dem es um seine Abschaffung geht, hat DeLillo ihm noch nie ins Auge gesehen.
  Jeffrey Lockhart, der 34-jährige Ich-Erzähler, trifft, aus New York kommend, an diesem Weltende seinen Vater Ross wieder. Der milliardenschwere Finanzjongleur hat – „zusammen mit Geheimdiensten verschiedener Regierungen“ – die „Konvergenz“ finanziert, wie diese VIPNekropolis heißt. Gemeinsam wollen sie Ross’ zweite Frau Artis Martineau in den vorläufigen Tod verabschieden, der kurz vor dem biologischen Ende eingeleitet wird, um die spätere Wiedergeburt zu erleichtern.
  Doch bis „es“ geschieht, vergehen Tage des Wartens, die Zeit kommt fast zum Stillstand. Und das Bewusstsein, in der Welt und im Leben zu sein, verflüchtigt sich. Immerhin erlaubt das eine Öffnung der drei füreinander, die vorher nicht möglich war: Zart deutet DeLillo an, wie sich der Berufszyniker Ross seiner Liebe zu der beeindruckenden, todkranken Artis bewusst wird und alle Lust verliert, ohne sie „zurück“ zu gehen. Und wie Jeffrey über die Verehrung für seine Stiefmutter zum Vater findet.
  Doch die am Rande von allerlei an Artis ausgeführten Vorbereitungsritualen gemurmelten Halbsätze füllen die Zeit nicht aus. Da es dort auch kein Wlan gibt, bleibt Jeffrey nur, benommen durch das Hightech-Zwischenreich zu driften. Es geht vorbei an Türen ins Nirgendwo; an Gemälden, die die Räume zeigen, in denen sie hängen; an lebensgroßen Skulpturen von Menschen mit oder ohne Kopf, gemacht aus diesen Menschen selbst. Sogar der Garten, in dem er Tageslicht sucht, erscheint wie gefriergetrocknet. Über die Steppe pfeift der Wind, doch hier regt sich kein Blatt. Man versinkt in diesen Kapiteln wie in einem schweren, verstörenden Traum.
  Wie einem Kafka-Helden begegnen Jeffrey in den weißen Korridoren obskure Offizielle: ein orakelnder Meister Yoda namens Mönch, die vage skandinavischen Stenmark-Zwillinge, die die Wartenden mit ihrer Keynote begeistern. Und schließlich die Führer, Wachen, Eskorten, die mit der Beflissenheit von Ministranten ihre Tätigkeiten performen – globalisierte Dienst-Menschen, deren Hautfarben und Akzenten keiner Weltregion zuzuordnen sind.
  Handelt es sich hier um eine übermäßig detailreiche Parabel, irgendetwas wie das Schachspiel mit dem Tod aus Bergmanns „Siebentem Siegel“, fragt sich der Leser. Ist das alles als groß angelegte Allegorie zu verstehen? Doch DeLillo lenkt in eine andere Richtung. Die Konvergenz ist bei ihm Bunker für den nahenden Weltuntergang, Techno-Ashram und Kathedrale. Die technischen Details der Kryostase lässt er im Vagen, ihn interessiert deren spirituelle Verbrämung.
  Wie alle Kathedralen erzählt auch diese dem Besucher zwei Geschichten: Die eine handelt von der Mühsal des irdischen Lebens. Terror, Mord, Umweltkatastrophen, kurz: alles, was ein Hieronymus Bosch des 21. Jahrhunderts auf CNN und im Darknet zusammenklauben würde, flackert in Endlosschleife über Videoscreens, um die letzten Zweifel an dem Versagen der alten Welt auszuräumen. Die andere erzählt vom Glück, das die Kunden als „Bürger des Universums“ in der postmortalen Zivilisation erwartet, in der „Welt, wie sie wirklich ist“. Verkauft wird das ewige Leben mit der Aura des Heiligen, doch bezahlt wird nicht mit Demut, sondern mit Dollars: „Das ewige Leben gehört den atemberaubend Reichen“, lässt er einen der Stenmark-Brüder verkünden.  
  Kein amerikanischer Schriftsteller hat Irrsinn und Schönheit der Gegenwart so sinnlich und konkret geschildert wie Don DeLillo. Keiner hat die Welt so gnadenlos seziert und sie dabei mit so viel Freundschaft betrachtet. „White Noise“, „Libra“ und vor allem sein Großwerk „Underworld“ von 1997 waren vor Komplexität strotzende Romane, in denen man beim Umblättern Stromstöße bekam.
  Doch dann kam die Jahrtausendwende, und DeLillo unterwarf sich erzählerischer Askese. Mit den schmalen Bänden „The Body Artist“, „Falling Man“ und „Point Omega“ schrieb er plötzlich Kammermusik statt Symphonien. Auch der Tonänderte sich. DeLillo wurde innerlicher und abstrakter, auch kühler. Aus Analyse wurde Andacht, aus Präzision Überhöhung. Noch der letzte Spüllappen schimmerte wie eine Reliquie. Virtuosen der Weltflucht bevölkerten nun seine Romane. Lauren Hartke, die Protagonistin von „The Body Artist“, betrachtet stundenlang Webcam-Videos einer leeren Straße in Finnland. Keith Elster, der ehemalige Militärberater aus DeLillos letztem Roman „Point Omega“, meditiert über Raum und Zeit in einer Hütte „südlich der Sonora-Wüste oder vielleicht war es die Mojave-Wüste oder eine ganz andere Wüste“. Er sagt Sätze wie: „Wir träumen alle davon, Steine in einem Feld zu werden.“
  Liegt es daran, dass DeLillo mit „Underworld“ eine Breite und Dichte erreicht hat, die nicht mehr zu übertreffen ist? Liegt es an der Dotcom-Krise, 9/11 und dem Ende des unendlichen Spaßes der Neunzigerjahre? Oder ist es das Alter – DeLillo wird im November 80 –, das hinter diesem schriftstellerischen Eremitentum steht?
  Mit „Null K“ kommt diese poetologische Konversion zum Abschluss. Erstaunlich ist nur, dass diese in Andachtslautstärke geflüsterte, bewegende und tiefernste Meditation über Leben und Sterben nicht in einem Pflegeheim in New Jersey oder einer Altbauwohnung an der Upper West Side angesiedelt ist, sondern an dem wohl irrsten Schauplatz, den sich DeLillo je ausgedacht hat: einem Setting, das einen fortwährend an Filme wie „Gattaca“ oder „Ex Machina“ denken lässt. Das hatte man von einem Alterswerk wie diesem zuallerletzt erwartet.
  Vor zwanzig Jahren hätte DeLillo in dieser Kulisse eine Satire über jene Milliardäre aus dem Silicon Valley spielen lassen, die tatsächlich an das Leben nach der Kryostase glauben, Millionen in Projekte wie die Konvergenz investieren und die Verträge für das Einfrieren ihrer eigenen Körper lange unterschrieben haben. Er hätte seine glänzend weiße Unterwelt so detailversessen durchdesignt, um die Übergeschnapptheit der „Vision“ nur umso deutlicher zu machen.
  Doch hier geschieht das Gegenteil. DeLillo bläst so viel heiligen Ernst in das Konvergenz-Projekt – und damit in einen Sci-Fi-Plot, der jedem anderen Autor zu groteskem Trash zerfallen wäre – dass man sich von ihm willig über den Styx führen lässt, dort seinen Charon aber bald aus den Augen verliert. Ja, der erste innere Monolog einer Tiefgefrorenen in der Literaturgeschichte ist berührend. Aber nimmt DeLillo damit die Unsterblichkeitsfantasien der Kryogeniker nicht ein bisschen zu ernst?
  Jeffrey ist der Einzige, der sich seine Skepsis gegenüber der esoterischen Tiefkühlsekte bewahrt hat, doch als Verteidiger konventionellen Lebens und Sterbens hätte DeLillo keine weniger überzeugende Figur erschaffen können als ihn, der als „Human Resources Manager – globale Mobilität“ oder „Forschungsmanager für neue Lösungen – Simulationsmodelle“ Unverbindlichkeit zu seinem Beruf gemacht hat. Der glühenden Jenseitssehnsucht der Sektenmitglieder hat er nichts entgegenzusetzen.
  Als Jeffrey nach Manhattan zwischenzeitlich zurückkehrt, um es doch noch einmal mit dem Leben zu versuchen, scheint er der alten Welt hoffnungslos entfremdet. Und auch DeLillo selbst scheint hier nicht bei der Sache zu sein. Routiniert beklagt er die Anonymität von Flughäfen und die Gefahren von Smartphones. Doch wer wollte jetzt, nach 150 Seiten zwischen Leben und Tod, etwas davon wissen? Bald geht es zurück nach Kasachstan.
  Beim Schreiben, so sagt DeLillo immer wieder, folge er lediglich der Sprache selbst. Doch in einem Roman, der inhaltlich so viel einsetzt wie „Null K“, kommt dieses Prinzip an seine Grenzen. Vielleicht liegt es in der Natur der Sache, dass ein bestürzend ernstes Buch über den Tod und darüber, was er sein könnte, wenn er kein Ende ist, selbst kein Ende finden kann.
Handelt es sich bei dieser
Meditation über das ewige Leben
um eine übergroße Allegorie?
Man verliert ihn bald aus
den Augen, den Erzähl-Charon,
der einen über den Styx führt
          
    
    
    
Don DeLillo: Null K. Roman. Aus dem Englischen von Frank Heibert. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2016. 288 Seiten, 20 Euro. E-Book 17,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.10.2016

Die Grundierung unseres Todes

Was bleibt angesichts der Unvermeidlichkeit des Sterbens? Die Hoffnung auf dessen Überwindung - wann auch immer. Der amerikanische Altmeister Don DeLillo erzählt in "Null K" von letzten Dingen, die zu vorletzten werden sollen.

Von Andreas Platthaus

Am Ende eines jeden Satzes wartet eine Wahrheit, und der Schriftsteller lernt, wie er diese erkennen kann, wenn er endlich dort angekommen ist. Auf einer Ebene liegt diese Wahrheit im Schwung des Satzes, in seinem Rhythmus, in seiner Balance, doch auf einer tieferen Ebene liegt sie in der Integrität des Schriftstellers, wie er mit der Sprache harmoniert. Wenn ein Satz richtig herauskommt, eignet ihm eine moralische Kraft." So hat es Don DeLillo vor genau einem Vierteljahrhundert formuliert, in seinem Roman "Mao II", und auch wenn diese Erkenntnis einem fiktiven Schriftsteller, dem zurückgezogen lebenden Bill Gray, in den Mund gelegt ist, steckt darin eine Selbstauskunft. DeLillo ist in der Tat ein Moralist, der die Rechtfertigung seiner Überzeugungen in der ästhetischen Vollendung seines Schreibens bestätigt sieht.

Das hat ihn, der in einem Monat achtzig Jahre alt wird, nicht nur zu einem Konstruktionskünstler auf den Plot- und Satzbaustellen der eigenen Romane gemacht, sondern auch zur Zentralfigur der amerikanischen Literatur. In seiner Generation ist ihm nur noch Thomas Pynchon vergleichbar, während die Bücher von Philip Roth und John Updike eine sachlichere Schreibweise insofern bieten, als sie die Welt nicht spekulativ beschreiben. DeLillo und Pynchon füllen die Lücken in unserer historischen oder psychologischen Wahrnehmung - wenn's sein muss auch durch Übergriffe ins Phantasmagorische -, bei Roth und Updike werden die Lücken vertieft, gerade auch durchs Höchstpersönliche. Das sind gegensätzliche Strategien bei der Analyse des gleichen Phänomens. Bei allen vier Autoren liegt die amerikanische Gesellschaft auf der Couch.

Der Literaturnobelpreis ging bislang an allen Mitgliedern dieses Analytikerquartetts vorbei, obwohl die ganze Welt ihre Werke seit Jahrzehnten gelesen und bewundert hat - Updike ist bereits gestorben, und bei den anderen drei konnte eine Verleihung nur noch den Charakter einer Entschuldigung fürs Zuspätkommen haben, zumal Roth ja längst seinen Abschied vom Schreiben verkündet hatte. Das werden allerdings weder Pynchon noch DeLillo je tun, denn ihnen ist ihr Beruf zwar viel weniger Selbstanalyse als für Roth, aber sie sehen auch keine wirkliche Aussicht auf Heilung der von ihnen diagnostizierten gesellschaftlichen Verstörung, weshalb deren literarische Linderung eine Dauerherausforderung ist. Die Dichte ihrer Publikationen hat im höheren Alter zugenommen. Die jüngste Publikation von DeLillo ist nun der Roman "Null K".

Darin wendet er sich erstmals der unmittelbaren Gegenwart zu, einem Zeitpunkt, der genau bezeichnet ist durch die Existenz des Kriegs in der Ostukraine und durch permanente klimatische Ausnahmezustände rund um den Erdball. Die Welt liegt im Argen, und dem Individuum bleibt nur die Behauptung des Selbst. Gleich der erste Satz lautet in der Übersetzung von Frank Heibert: "Jeder will das Ende der Welt in der Hand haben." Im amerikanischen Original "Zero K", erst vor wenigen Monaten erschienen, heißt er: "Everybody wants to own the end of the world." Mit dem Übergang vom materialistischen own (als Eigentum besitzen) zum machtpolitisch konnotierten "in der Hand haben" verschiebt sich das politische Moment des Romans.

Gesprochen wird der Satz vom Multimillionär Ross Lockhart, einem aus eigener Kraft zu Reichtum gelangten Amerikaner, der angesichts seiner todkranken Frau Artis nun die eigene Sterblichkeit vor Augen geführt bekommt und sich zumindest sein Ende der Welt aneignen, es dem Schicksal aus der Hand nehmen will. Ein privater Akt, kein aggressiver, ein selbstbestimmter, nicht fremdbestimmender. Und abermals ein eigenfinanzierter, denn Lockhart hat in ein Unternehmen investiert, das selbst am sprichwörtlichen Ende der Welt angesiedelt ist, in den Weiten der zentralasiatischen Steppen. Dort werden Menschen eingefroren - in der Hoffnung, dass die Zukunft Mittel bereitstellen wird, um ihre heute noch tödlichen Gebrechen zu heilen. Dann sollen die Körper wieder aufgetaut und neu belebt werden. Am besten ewig.

Das ist eine seit Jahrzehnten vertraute Idee. Für diese Kryonik benötigt man Temperaturen möglichst nahe am absoluten Nullpunkt: "Zero K" bezeichnet null Grad Kelvin, was minus 273,15 Grad Celsius entspricht. Es ist das Erlöschen allen Lichts und Lebens. Vor dieser Kälte schaudert es Jeffrey, Ross Lockharts Sohn aus erster Ehe, den vierunddreißigjährigen Ich-Erzähler des Romans, der über ein halbes Dutzend geheimnisvolle Umwege von New York nach Usbekistan geflogen wird, um seine Stiefmutter noch einmal zu sehen, ehe sie eingefroren wird, und bei dieser Gelegenheit erfährt, dass auch der Vater ihr bald folgen will, obwohl er noch bei bester Gesundheit ist. Treu bis ins ewige Leben - das ist eine Eheverpflichtung, die Jeffrey bewundert, aber auch irritiert, denn seine bereits gestorbene Mutter Madeline hat nicht davon profitieren können. Und als künftiger Erbe des Großvermögens hat Jeffrey nie dasselbe Ideal eines vollständig selbstbestimmten Lebens entwickelt wie sein Vater. Wie DeLillo hier zwei Figuren aus einem Fleisch, aber mit gegensätzlichem Charakter gestaltet und die ethischen Fragen um sie herum webt, das ist meisterlich.

Das gilt auch für die Kontinuität seines ästhetischen Programms. In DeLillos Büchern hat es immer wieder Schlüsselszenen der medialen und damit unserer kollektiven Wahrnehmung gegeben, die das jeweilige Geschehen befeuern. Du sollst dir ein Bild machen, lautet das erste Gebot des Schriftstellers Don DeLillo, und in seinen Romanen schreibt er die bekannten Bilder fort oder auf sie zu. So im Falle der Ermordung John F. Kennedys in "Libra" (1988), beim Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in "Mao II" (1991) und vor allem in "Falling Man" (2008) beim Einsturz des World Trade Centers, eines Gebäudes, das DeLillo wie kein anderer Autor schon zuvor als Signatur einer Epoche erkannt und beschrieben hatte: in seinem Opus magnum "Unterwelt" von 1997, aber auch bereits in "Spieler" von 1977. Im letzteren Roman durchschaut eine Frau, die bei einem Unternehmen arbeitet, das sich dem Verständnis und der Verarbeitung von Kummer verschrieben hat, den Illusionscharakter des erst 1973 errichteten World Trade Centers: "Für Pammy hatten die Türme nichts Dauerhaftes. Sie blieben bloße Konzepte, trotz ihrer Masse nicht weniger flüchtig als irgendeine herkömmliche Lichtverzerrung."

Auch in "Null K" flimmern nun wieder Bilder. Auf den wandhohen Monitoren des zentralasiatischen Kryonik-Instituts laufen stumme Nachrichtenbilder der Katastrophen, die anderswo die Welt heimsuchen: Wirbelstürme, Überschwemmungen, Großfeuer. Zugleich aber werden diesen unkommentierten Naturexzessen die abstrakten Gemälde entgegengesetzt, mit denen Ross Lockhart sich umgibt, Ruhepunkte in dessen umtriebiger Existenz, Weltverweigerungen durch Rückzug ins gegenstandslos Schöne. Der letzte verständliche Satz, den Jeffrey vor dem Einfrieren von seinem Vater hören wird, lautet "Gesso auf Leinwand", im Original gesso on linen.

"Gesso" bezeichnet eine Kreidegrundierung von Gemälden als notwendige Vorarbeit fürs eigentliche Malen. Mit diesem finalen Rückgriff auf den künstlerischen Prozess wird die Summa von Lockharts Leben gezogen: als Kunstwerk eigenen Rechts, dessen Vollendung aber noch aussteht, zu dem im uns normal erscheinenden Leben gerade einmal die Grundierung geleistet wurde. Das Ausmalen bleibt fürs nächste Leben übrig. Doch die Aussprache des italienischen Fachbegriffs ist weitgehend homonym zur englischen Floskel "just so", und linen ist nicht nur "Leinwand", sondern auch "Laken", und somit mag Jeffrey gar kein in ästhetische Metaphorik gekleidetes Fazit der Existenz seines Vaters vernommen haben, sondern einen fatalistischen Abschied: Da liege ich, auf meinem Sterbebett, just so on linen. Ecce homo.

Solche Doppeldeutigkeiten lässt DeLillo unausgesprochen für sich bestehen, und jede Übersetzung muss an ihnen scheitern. Ansonsten ist Frank Heibert, der seit "Unterwelt" alle Romane des amerikanischen Schriftstellers ins Deutsche gebracht hat, nur zu loben für den lapidaren Ton dieses Romans, den er souverän übertragen hat. Dessen entschlackte Prosa passt ungeachtet seines jungen Alters genau zum Ich-Erzähler, weil Jeffrey keine reflektierte, sondern eine reflektierende Figur ist. In ihm spiegelt sich DeLillos Blick auf den Tod, ein abgeklärtes Sich-Abfinden, auch wenn er einem Mitarbeiter des Kryonik-Instituts den zentralen Satz in den Mund legt: "Irgendwann in der Zukunft nehmen wir den Tod nicht mehr hin."

Aber auch dieser Satz fällt nicht eifernd, er resümiert ganz selbstverständlich ein Grundstreben menschlicher Existenz. Und dadurch, dass DeLillo auch noch den Tod in jungen Jahren (in Gestalt eines aus der Ukraine adoptierten Kindes, das als junger Mann in den dortigen Krieg zieht und stirbt) zum Thema macht, enthält er sich jeder Skandalisierung der übrigen Handlung, die angesichts eines reichen alten Mannes, der sich im rechtlichen Graubereich das ewige Leben erkaufen will, nahegelegen hätte. Der Skandal bleibt der Tod.

Ein Hinweis auf die Haltung des Schriftstellers dazu aber ist in einem Zwischenkapitel zu finden, bei dem nicht Jeffrey der Erzähler ist, sondern die inzwischen eingefrorene Artis spricht - oder das, was von ihr übrig ist. Es handelt sich eine Sequenz von kurzen abgehackten Impressionen, aus der sich kein Erzählfluss formt, auch kein literarischer stream of consciousness, sondern eine endlose elementare Ratlosigkeit. Die Überwindung des Todes schafft auch die Kategorien ab, in denen wir uns zu begreifen gelernt haben. Für einen Romancier ein Albtraum. "Man nähert sich dem Tod mit klarem Geist", hatte De Lillo 1978 in seinem Roman "Bluthunde" als Ideal verkündet. Da war er Anfang vierzig. Jetzt ist er fast doppelt so alt, aber an dieser Ansicht hat sich nichts geändert. Das beweist moralische Kraft. Und intellektuelle, denn mit den Figuren aus "Null K", die sich vom Tod entfernen wollen, lässt er Alternativen aufscheinen, die nicht die seinen sind.

Don DeLillo: "Null K". Roman.

Aus dem amerikanischen Englisch von Frank Heibert. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2016. 280 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Der Schluss dieses Romans gehört zum Besten und Schönsten, was Don DeLillo je geschrieben hat.« Die Welt 20160510