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Ein zerrissenes, leidenschaftliches und erschütterndes Leben brillant erzählt: die große Joseph-Roth-Biographie! Welch ein Leben: Vom jüdischen Außenseiter aus Ostgalizien zum Wiener Studenten und Weltkriegssoldaten, vom Starjournalisten der Weimarer Republik und Reisereporter zum österreichischen Literaten mit Weltruhm, der als verlorener Trinker im Pariser Exil stirbt. 70 Jahre nach Roths Tod wird sein Leben nun in dieser Biographie packend und kenntnisreich erzählt. Joseph Roth - bekennender Ostjude mit Neigung zum Katholizismus, Pazifist und Einjährig-Freiwilliger im Ersten Weltkrieg,…mehr

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Produktbeschreibung
Ein zerrissenes, leidenschaftliches und erschütterndes Leben brillant erzählt: die große Joseph-Roth-Biographie! Welch ein Leben: Vom jüdischen Außenseiter aus Ostgalizien zum Wiener Studenten und Weltkriegssoldaten, vom Starjournalisten der Weimarer Republik und Reisereporter zum österreichischen Literaten mit Weltruhm, der als verlorener Trinker im Pariser Exil stirbt. 70 Jahre nach Roths Tod wird sein Leben nun in dieser Biographie packend und kenntnisreich erzählt. Joseph Roth - bekennender Ostjude mit Neigung zum Katholizismus, Pazifist und Einjährig-Freiwilliger im Ersten Weltkrieg, zeitweise engagierter Sozialist und bald Propagandist einer erneuerten Habsburgmonarchie, analytischer Journalist und Legendenerzähler des eigenen Lebens, weitherziger Moralist und begnadeter Polemiker: Kaum ein Schriftsteller des 20. Jahrhunderts war so widersprüchlich, kaum einer war so geschickt und souverän darin, seine Biographie und seine Haltung zur Welt ständig neu zu erfinden. Der renommierte Publizist und Buchautor Wilhelm von Sternburg bringt Licht in das von Mythen durchwirkte Selbstbild Roths. Er legt die Wurzeln im Ostjudentum und die Motive für Roths Habsburgsehnsucht frei, er spürt der melancholischen Ironie und dem heiteren Pessimismus des stets neu enttäuschten Humanisten nach. Anschaulich erzählt er von Roths Aufstieg, den bitteren Jahren der Emigration, Roths unbeirrtem publizistischen Kampf gegen die Nazi-Barbarei, vom Wahnsinn der Ehefrau und von Roths körperlichem Verfall. Erhellend sind die Bezüge zu Kleist, Hölderlin, Heine oder Kafka und die Deutungen zu Roths Romanen, seiner Heimatlosigkeit und der lebenslangen Fluchtbewegung. Diese große Roth-Biographie ist eine faktenreiche und fesselnd erzählte Lebensbeschreibung und zugleich ein tiefenscharfes Zeitbild. Sprachlich brillant und mit großem psychologischem und historischem Wissen verknüpft Wilhelm von Sternburg das Lebensbild Joseph Roths mit der Werk- und Zeitgeschichte. Ein Buch, das Lust macht, wieder Joseph Roth zu lesen - und zwar alles von Roth!

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, CY, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, IRL, I, L, M, NL, P, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Autorenporträt
Wilhelm von Sternburg, Jahrgang 1939, war über dreißig Jahre lang Journalist für verschiedene Zeitungen sowie für Rundfunk und Fernsehen, u.a. Chefredakteur Fernsehen des Hessischen Rundfunks. Seit 1993 arbeitet er als freier Schriftsteller und Publizist. Sternburg hat u. a. Biographien über Konrad Adenauer, Lion Feuchtwanger, Carl von Ossietzky, Arnold Zweig und Erich Maria Remarque veröffentlicht sowie weitere Titel zu historischen und kulturellen Themen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.05.2009

Helden des Scheiterns

Vor siebzig Jahren starb Joseph Roth. Wilhelm von Sternburg legt nun eine Biographie vor, die die Entstehungsbedingungen seines Werks nachzeichnet.

Die Beerdigung im Mai 1939 soll nicht ohne Spannungen verlaufen sein: Katholische Christen, jüdische Emigranten, Sozialdemokraten, Kommunisten, Liberale und österreichische Legitimisten beanspruchten den Toten für ihre jeweilige Partei und schreckten dabei wohl auch vor Rangeleien nicht zurück. Doch der im Alter von vierundvierzig Jahren im Pariser Armenspital Verstorbene stellte sie alle vor die Herausforderung, sich nie eindeutig und nachhaltig zu ihren jeweiligen Weltbildern bekannt zu haben: Joseph Roth zeichnete sich dadurch aus, dass er zu vielen Strömungen und Glaubensgerüsten erfahrungsgesättigte Mitteilungen hinterlassen hat, dass er aus ihnen aber kaum einmal längerfristige Maximen für das eigene Handeln ableitete.

So hat Roth zwar zeit seines Lebens nie ein Gefühl von Zugehörigkeit entwickelt, ist dadurch aber paradoxerweise zu einem der erhellendsten Zeitgenossen der zwanziger und dreißiger Jahre geworden. Die Rolle des partizipierenden Außenseiters gehört zu den konstitutiven Elementen seiner unsteten, vom Exil geprägten Vita und seines literarischen Werks. Die Biographie, die Wilhelm von Sternburg zu seinem siebzigsten Todestag vorgelegt hat, macht das noch einmal deutlich: Heimat erwies sich für den Sohn einer jüdischen Familie aus Galizien als eine unerreichbare Idee. Identität wurde zu einer bürokratischen Überlebensfrage. Der österreichische Pass, den er als junger Mann erhält, beweist ihm nur, dass er "irgendein Ich", ein "Staatsbürger" sei. Er bleibt, wie er es in seinem großen Essay von 1927 zu einer Art Schicksal erhob, einer der vielen "Juden auf Wanderschaft".

Aus nächster Anschauung erlebte Roth den Streit der Nationalitäten im Vielvölkerstaat einerseits und die Spannungen zwischen den Strömungen innerhalb des Judentums andererseits. Hinzu kam der sich verschärfende Antisemitismus, dem er spätestens als Student auf den Straßen Lembergs und Wiens begegnete. "Ich gehe in die Bibliothek. Dort prügelt man sich noch nicht" - in solchen Sätzen spiegelt sich das Selbstbild des jungen Roth wider, der zunächst den Kämpfen seiner Zeit hinter den Mauern der Wissenschaft zu entgehen versuchte.

Das erwies sich als ebenso illusionär wie manche Strategie der Assimilation. Der Versuch, sich als Student der Germanistik im intellektuellen Wien einen Platz zu verschaffen, scheitert, obwohl Roth sich vorübergehend sogar auf deutschnationale Töne einlässt. Das immer wieder durchexerzierte Wechselspiel von Anpassung und Distanz steigerte sich gegen Ende seines Lebens zu einer Mischung aus Aggression und Fatalismus, verstärkt durch den tödlichen Alkoholismus. Als "böse, besoffen, aber gescheit" bezeichnet er sich in einer späten Porträtskizze. Dass er sich 1938 beim österreichischen Kanzler (erfolglos) anmelden ließ, um ihn davon zu überzeugen, zum Wohle des Volkes die Regierung an Otto von Habsburg abgeben zu müssen, illustriert seine zunehmende, von den Legitimisten ausgenutzte Orientierungslosigkeit. Als Epizentrum der - literarisch überaus fruchtbaren - Verunsicherungen erweist sich im biographischen Überblick der Tod des Kaisers Franz Joseph 1916: "Weil der Tod des Kaisers meiner Kindheit genauso wie dem Vaterland ein Ende gemacht hatte, betrauerte ich den Kaiser und das Vaterland wie meine Kindheit", notiert Roth. Der habsburgische Mythos wird zur nostalgischen Utopie.

Die epochale Erschütterung und den Verlust der Einheit kompensiert Roth mit dichterischen Monumenten: "Radetzkymarsch" und "Kapuzinergruft" sind die beiden Romane, die den empfundenen Niedergang am eindrücklichsten analysieren und versinnbildlichen. Dabei fällt auf, wie das literarische Werk des Moderne-Skeptikers ganz bewusst noch Einheit und Ordnung beansprucht. Anders als die Vertreter der Avantgarde, die zeitgleich mit Formexperimenten und Manifesten auftraten, findet bei Roth der bürgerliche Kanon des neunzehnten Jahrhunderts seinen Nachhall.

Das sicherte ihm in der Nachkriegszeit eine anhaltend starke Rezeption: Heinrich Böll lobte Roth als "schöpferischen Bewahrer" der deutschen Prosa, und Reinhard Baumgart schwärmte, dass der Leser hier "noch treu an der Hand genommen" werde. Wie modern Roth zugleich war, zeigen Romane wie "Hotel Savoy" oder "Hiob", die geradezu existentialistische Bilder für die Situation der Zwischenkriegszeit vermitteln. Es ist seine Radikalkritik an der Gegenwart, die ihn als Romancier der Moderne auszeichnet, wenn er beispielsweise zwischen kulturellem und moralischem Fortschritt fein unterscheidet: "Man kann das Radio erfunden haben, das Kino - und dennoch ein Schuft sein."

Seine gleichzeitige Begabung zu Spott und Mitgefühl bestimmt den Erfolg als Feuilletonist. Zunächst in Wien, dann in Berlin gehörte Roth zu den bis heute lesenswerten Journalisten der zwanziger Jahre. Der Biograph Wilhelm von Sternburg richtet auf diese Jahre sein Hauptaugenmerk: In den Briefwechseln mit Kollegen und Förderern und in seinen zahlreichen Reiseberichten wird das liberale und kosmopolitische Profil Roths ebenso deutlich wie sein soziologischer Blick auf den Alltag hinter den Fassaden.

Wer sich bisher umfassend über die biographischen Rahmenbedingungen des OEuvres von Joseph Roth informieren wollte, der war vor allem auf die Erinnerungen von Roths galizischem Freund und Weggenossen Soma Morgenstern angewiesen sowie David Bronsons Darstellung aus den siebziger Jahren. Wilhelm von Sternburg, der unter anderem bereits Biographien zu Remarque, Arnold Zweig, Feuchtwanger und Ossietzky vorgelegt hat, hat nun mit einer nicht unproblematischen Routine noch einmal eine Fülle von Zitaten und Daten gesammelt und sie in einen großen historischen Zusammenhang gestellt, die dem Leser die Bedingtheit von Literatur bis ins Geographische hinein aufschlussreich vor Augen führt.

Die Einzigartigkeit des Stilisten Roth, die Sogkraft seiner Romane und die intellektuelle Lebendigkeit seiner Essays gehen in diesem Netzwerk von Informationen und zwischen den oft allzu wohlfeilen Hilfestellungen allerdings leicht unter. Der Hinweis, dass auch Heinrich von Kleist materielle Nöte kannte, ist da ebenso überflüssig wie die allgemeinen Erläuterungen zur narzisstischen Struktur von Zeitungsredaktionen. Wichtiger ist seine Empfehlung, den ganzen Roth wiederzuentdecken: Er hat ein Universum von Helden des Scheiterns hinterlassen.

ROMAN LUCKSCHEITER

Wilhelm von Sternburg: "Joseph Roth". Eine Biographie. Verlag Kiepenheuer und Witsch, Köln 2009. 560 S., geb., 22,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.06.2009

Heimkehr ins Hotel
Die souverän erzählte Geschichte eines Lebens auf der Flucht: Wilhelm von Sternburgs Biographie über Joseph Roth
Zum 70. Todesjahr Joseph Roths, der am 27. Mai 1939 im Exil in Paris starb, hat Wilhelm von Sternburg eine Biographie vorgelegt, von der man vermuten darf, dass sie sich für lange Zeit als die gültige Lebensbeschreibung dieses österreichischen Schriftstellers behaupten wird. Dafür spricht nicht nur deren schierer Umfang, sondern auch die Gründlichkeit, mit der Sternburg die unterdessen wohl weitgehend vollständig vorliegenden Lebenszeugnisse dieses bisweilen polemischen Romantikers ausgewertet hat.
Dafür spricht vor allem aber auch die große Empathie, die der Biograph seinem Protagonisten entgegenbringt. Darin vor allem dürfte die Voraussetzung zu vermuten sein, dass es Sternburg so souverän gelungen ist, seine Darstellung des zerrissenen Lebens, das Joseph Roth geführt hat, zu einer in sich schlüssigen und dramaturgisch klug strukturierten Erzählung zu formen. Zu rühmen ist daran vor allem, dass der Verfasser der sich jedem Biographen stellenden Versuchung widerstanden hat, in sinnstiftender Absicht zu glätten, zu harmonisieren. Sternburg riskiert vielmehr das gestalterische Wagnis, die vielen Bruchlinien dieses Lebens, das Craquelé einer gehetzten Existenz wie auch die zahlreichen charakterlichen Unebenheiten der Person Joseph Roth mit einfühlender Genauigkeit nachzuzeichnen.
Wie man einen Vater erfindet
Dazu bedient er sich vor allem des in verhältnismäßig wenigen Schaffensjahren entstandenen großen literarischen Œuvres Joseph Roths, in das dessen Träume und Ängste, Hoffnungen und Enttäuschungen vielfältig eingespiegelt sind. Eine weitere, reich sprudelnde Quelle, sind die Selbstzeugnisse Roths, seine wunderbaren Briefe, die Hermann Kesten 1970 veröffentlichte und zu denen seither zwei weitere Bände mit Schreiben an seine Verleger aus den letzten Schaffensjahren hinzukamen. Die Herkunft Joseph Roths hat nicht nur sein Schicksal bestimmt, sondern lieferte ihm auch das Hauptthema seines Lebens, das er in seinem erzählerischen Werk immer wieder umkreiste. Als einziges Kind einer jüdisch-chassidischen Familie wurde er am 2. September 1894 in Brody, einer Kleinstadt in Galizien am östlichen Rand des Österreichisch-Ungarischen Reichs, geboren. Von dort waren die Wege nach überallhin sehr weit. Das galt vor allem für Joseph Roth, der seinen Vater, den Holz- und Getreidehändler Nachum Roth, nie gesehen hat, denn der fiel vor seiner Geburt in Wahnsinn und wurde, da Geisteskrankheit den frommen Juden als ein Fluch Gottes galt, bei einem Wunderrabi in einem kleinen Ort in Westgalizien interniert. Dass er als Kind mit der Mutter als einziger Bezugsperson aufwuchs, hat auch der Erwachsene nie verwunden, weshalb Joseph Roth später sich immer einen Wunschvater erfand, von dem er zuweilen behauptete, er sei ein hoher österreichischer Staatsbeamter, ein polnischer Graf oder ein Wiener Rüstungsfabrikant gewesen.
Ein anderer, das Kind kaum weniger bedrückender Aspekt seines Aufwachsens als vermeintlich Halbwaiser – über den abwesenden Vater ging das Gerücht um, er habe sich erhängt – war das peinigende Empfinden, von der Unterstützung durch Verwandte abhängig zu sein. Alle diese Erlebnisse, die sich auf das noch nicht gefestigte Selbstwertgefühl des Kindes verheerend auswirken mussten, haben Joseph Roth ein Leben lang zu schaffen gemacht, wovon zahlreiche Andeutungen in seinen Werken und Briefen zeugen. Diese Belege hat Wilhelm von Sternburg mit großer Behutsamkeit geborgen und in seine mit kulturhistorischen Exkursen, die das später so gründlich vernichtete jüdische Leben in Brody evozieren, gesättigte Erzählung eingewoben. Derart gelingt ihm ein sehr anschauliches und für das Verständnis von Joseph Roths Leben und Werk unverzichtbares Tableau einer untergegangenen Welt, das aber auch deutlich die mannigfachen kulturellen Prägungen aufzeigt, die ausschlaggebend werden sollten für die große journalistische Karriere seines Protagonisten, die sich unschwer als dessen Emanzipation von den als bedrückend erlebten Umständen seines Herkommens deuten lässt.
Nach kurzem Besuch der Universitäten Lemberg und Wien, der mit der 1916 begonnenen Militärdienstzeit endete, die Roth nach der Grundausbildung in der galizischen Frontetappe absolvierte, begann er unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs in Wien als Journalist für verschiedene linksliberale Zeitungen zu arbeiten. Auch diesen durch manche von Roth selbst später ausgestreute Legenden überwucherten Zeitabschnitt bis zu seiner Übersiedelung nach Berlin 1920, wo er sich rasch als Journalist einen Namen machte, leuchtet von Sternburg detailgenau und überzeugend aus. Damals gelangte Roth nicht nur zur Erkenntnis seines Talents als eines begnadeten Schreibers, sondern er verfiel auch der Alkoholsucht, der er nicht mehr entrinnen sollte und die seinem tragischen Leben ein frühes Ende setzte.
In Berlin beginnt der mittlerweile 26-jährige Joseph Roth sein zweites, sein letztes Leben, das Ende Mai 1939 in einem Pariser Krankenhaus, dem Hôpital Necker, einem Armenspital, enden wird. Es ist das Leben eines ausgeprägt bindungsunfähigen journalistischen wie schriftstellerischen Vaganten, der sein gesellschaftliches Außenseitertum als „heiliger Trinker” pointiert, der weder Heim noch Heimat hat und dessen von rasendem Reisefieber getriebenes Leben in Hotels oder Kneipen zu immer nur vorläufiger Ruhe kommt.
Diesen Genuss der Heimat in der Heimatlosigkeit hat Roth selbst einmal in einem Artikel anschaulich geschildert: „Wie andere Männer zu Heim und Herd, zu Weib und Kind heimkehren, so komme ich zurück zu Licht und Halle, Zimmermädchen und Portier – und es gelingt mir immer, die Zeremonie der Heimkehr so vollendet abrollen zu lassen, dass die einer förmlichen Einkehr ins Hotel gar nicht beginnen kann. Der Blick, mit dem mich der Portier begrüßt, ist mehr als eine väterliche Umarmung.”
Das dauernde Unterwegssein, die permanente Flucht wurden von nun an für Joseph Roth zu einem geradezu existentiellen Ritual. Der große journalistische Ruf, den er sich rasch erwarb, lieferte dafür sowohl die materielle Voraussetzung wie die berufliche Rechtfertigung. Vor allem im Auftrag der damals führenden Frankfurter Zeitung, aber auch anderer Blätter, für die er für kürzere oder längere Zeit tätig war, reiste Roth kreuz und quer durch Europa, schrieb er Reportagen aus der Sowjetunion oder Albanien, aus dem Saarland und immer wieder aus Frankreich, dem Land, dem seine ganz besondere Liebe galt und dessen Hauptstadt er sich nach 1933, nach der Machtergreifung der Nazis in Deutschland, zum Exilort seiner Wahl machte.
Die hektische Unstetheit des von andauernden Geldsorgen geplagten, von bald immer deutlicher werdendem gesundheitlichem Verfall und nagenden Ängsten geprägten Lebens, das Joseph Roth von 1920 an bis zu seinem Tod führte, bekommt eine immer romanhafter, geradezu legendäre Anmutung, von der vor allem Roths Briefe aus diesen Jahren reichlich Zeugnis geben. Aber auch der Versuchung, sich von diesem Sound betören zu lassen, ihm sich gewissermaßen einfach nacherzählend und blindlings anzuvertrauen, hat Wilhelm von Sternburg virtuos widerstanden. Auch wenn die Schilderung dieser letzten 19 Jahre von Joseph Roths Leben mit dem Funkeln vieler anekdotischer Facetten prunkt, so besticht sie erneut vor allem durch dramaturgische Könnerschaft. Wie es Sternburg gelingt, die infernalische Synchronität zwischen der unaufhaltbar fortschreitenden Hinfälligkeit des Protagonisten und seiner geradezu übermenschlichen, nie erlahmenden und stets luziden Schaffenskraft dem Leser überzeugend und ohne den wohlfeilen Ton falschen Mitleids zu vermitteln, ist für diesen wie für den Protagonisten der biographischen Erzählung von nichts weniger als mustergültigem Takt.
Die verwischten Spuren
Diese wunderbare Biographie sollte gelesen haben, wer die jetzt im Pariser „Musée d’art et d’histoire du Judaisme” Leben und Werk von Joseph Roth gewidmete Ausstellung besucht. Erst diese Lektüre verschafft den hier gezeigten Dokumenten, Fotografien, Briefen, Zeitungsartikeln und Originalausgaben der Bücher Roths Melos und Relief von Zeugnissen eines gelebten Lebens, ohne die sie trotz des Radetzky-Marschs von Johann Strauss (Vater), mit dem die abgedunkelten Ausstellungsräume unablässig beschallt werden, allzu leicht als belanglose „Flachware” anmuten könnten.
Unweigerlich enttäuscht wird aber der sein, der im Stadtbild von Paris die zwei Stätten aufsuchen will, die emblematisch sind für das Exil von Joseph Roth. Das Hotel Foyot in der Rue de Tournon, in dem er oft abstieg, wurde bereits Ende der 1930er Jahre abgerissen, während das gegenüberliegende altehrwürdige Café Le Tournon vor rund zwei Jahren zu einem Bistro in jenem Design fluchwürdiger Moderne umgewandelt wurde, das geschmacklich empfindlichen Mitmenschen ein wahrer Gräuel ist. JOHANNES WILLMS
WILHELM VON STERNBURG: Joseph Roth. Eine Biographie. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009. 559 Seiten, 22,95 Euro.
Die Ausstellung „Joseph Roth. L'exil à Paris 1933 - 1939” ist täglich außer Samstag bis zum 4. Oktober 2009 im Musée d'art et d'histoire du Judaisme in Paris, 71 rue du Temple, zu besichtigen.
„Der Blick, mit dem mich der Portier begrüßt, ist mehr als eine väterliche Umarmung”: Joseph Roth, im Café Le Tournon, Paris, 1938, ein Jahr vor seinem Tod Foto: Sammlung Senta Lughofer, Linz
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In seiner Besprechung von Wilhelm von Sternburgs Biografie des vor siebzig Jahren verstorbenen Joseph Roth wirbt Roman Luckscheiter für eine Lektüre des großen Schriftstellers und wünscht sich dessen Wiederentdeckung. Über Sternburgs Buch äußert er sich dagegen verhalten. Zwar attestiert er dem Autor, eine Unmenge von Zitaten und Daten versammelt und in einen großen historischen Zusammenhang gestellt zu haben. Die Entstehungsbedingungen von Roths Werk werden für ihn dabei recht deutlich. Aber Sternbergs routinierte und detaillierte Darstellung scheint ihm auch mit einem Nachteil verbunden. "Die Einzigartigkeit des Stilisten Roth, die Sogkraft seiner Romane und die intellektuelle Lebendigkeit seiner Essays?, sah der Rezensent mitunter in einer Flut von Informationen untergehen.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Eine schöne, klare, wo nötig ausführliche Roth-Biographie.« Frankfurter Rundschau