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Harvard, Anfang der fünfziger Jahre: Wo die Sprößlinge der Ostküstenelite ihre soziale Stellung einüben, zählen vor allem Stil, Prestige und die Einladungslisten der wichtigen Partys. Herkunft ist alles, doch Henry, ein rothaariger und obendrein schlecht angezogener Schlaks aus jüdischer Familie, hat nur Talent vorzuweisen, anders als seine Zimmergenossen Sam und Archie, die aus reichen Elternhäusern stammen. Der Außenseiter will seine Herkunft abschütteln und sich Zutritt zur mondänen Jeunesse dorée verschaffen, doch der Preis des amerikanischen Traums ist hoch - und die Frau, die er liebt,…mehr

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Produktbeschreibung
Harvard, Anfang der fünfziger Jahre: Wo die Sprößlinge der Ostküstenelite ihre soziale Stellung einüben, zählen vor allem Stil, Prestige und die Einladungslisten der wichtigen Partys. Herkunft ist alles, doch Henry, ein rothaariger und obendrein schlecht angezogener Schlaks aus jüdischer Familie, hat nur Talent vorzuweisen, anders als seine Zimmergenossen Sam und Archie, die aus reichen Elternhäusern stammen. Der Außenseiter will seine Herkunft abschütteln und sich Zutritt zur mondänen Jeunesse dorée verschaffen, doch der Preis des amerikanischen Traums ist hoch - und die Frau, die er liebt, scheint unerreichbar zu bleiben. Neben Lügen in Zeiten des Krieges ist Ehrensachen das persönlichste Buch, das Louis Begley geschrieben hat. Bis in die Gegenwart hinein folgt er dem Schicksal seiner Protagonisten und erzählt eine Geschichte von Selbsterfindung, Liebe und großer Freundschaft.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, D, I ausgeliefert werden.

Autorenporträt
Louis Begley, 1933 in Polen geboren, arbeitete bis 2004 als Anwalt in New York. Als Schriftsteller wurde er mit seinem Roman Lügen in Zeiten des Krieges weltweit bekannt. Seine Bücher wurden in 18 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet.

Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.02.2007

Das Studium der Kofferanhänger
Ein Jude in Harvard: Louis Begleys Aufsteiger- und Aussteiger-Roman „Ehrensachen”
Harvard, zu Beginn der fünfziger Jahre. Die Erstsemester werden einquartiert. Zwei junge Männer sind schon eingetroffen in der Erdgeschosswohnung des Studentenwohnheims, der dritte Mitbewohner ist vorerst nur durch sein Gepäck vertreten. Sein Überseekoffer und der große schweinslederne Kleidersack sind eine Art Visitenkarte: übersät mit den Aufklebern berühmter Hotels und Passagierschiffe wie der „Normandie” oder „Queen Mary”, und mit einem Namensschild versehen, das den Eigentümer als „Archibald P. Palmer III.” ausweist. Unter dem Namen steht eine Feldpost-Adresse, der junge Mann muss ein Army-Sprössling sein. Seine silbernen Becher und sein Martini-Shaker tragen das Monogramm „APP III”.
Ehe die Erstsemester sich darüber verständigen, was sie studieren, beginnen sie das wichtigste Propädeutikum zu absolvieren, das am Beginn der College-Jahre steht: Sie studieren einander. Denn wir sind hier nicht in einem deutschen Bildungsroman, in dem ein Individuum in die Welt hineinwächst und die Welt in seine Seele. Wir sind hier mitten in einer exklusiven Bildungsinstitution, in der die Bildung vor allem eins ist: das Scharnier zwischen Herkunft und Zukunft. Sie sorgt für die Stabilität jener dynastischer Ketten, von denen die römischen Ziffer in „APP III” spricht. Und sie sorgt dafür, dass neue Ketten gebildet werden können. Darum ist im angelsächsischen College-Roman der aufstrebende Außenseiter so unverzichtbare Figur.
An ihm, dem Harvard und die von dort abzweigenden Lebenswege nicht an der Wiege gesungen wurden, hat sich die Bildungsinstitution in besonderer Weise zu bewähren. Und umgekehrt muss sich auch der Außenseiter in besonderer Weise bewähren. Das beschert ihm ein Innenleben, das auch dann prekär sein kann, wenn er auf ein Vollstipendium vertrauen kann. Die Abenteuer, die er in der Institution erlebt, die ihn aufgenommen hat, können so dramatisch sein, dass er eine veritable Theaterleidenschaft nicht unbedingt braucht. Seine Bühne ist, auch wenn er mal ein avantgardistisches Stück inszeniert, das College selbst.
Henry White heißt in „Ehrensachen”, dem neuen Roman des amerikanischen Schriftsteller und ehemaligen Anwalts Louis Begley, der Außenseiter. Er ist Jude, mit einem Stipendium aus East Brooklyn nach Harvard gekommen. Eigentlich heißt er Henryk Weiss, seine Kindheit hat er im von den Deutschen besetzten Polen verbracht. Seinem Vater, der, getrennt von Mutter und Sohn, in einem eigenen Versteck überlebt hat, besitzt eine kleine Fabrik für Polstervorhänge und Stoffe und einige Mietshäuser. Aber dieser relative Wohlstand der Einwanderer aus Polen ist weit entfernt von der Herkunftswelt eines Archibald P. Palmer III. Das registriert nicht nur Henry White selbst, sondern auch Sam Standish. Er ist der Dritte im Bunde der Harvard-Neuankömmlinge und stammt aus den Berkshires, wo die alteingesessenen Familien Neu-Englands wohnen. Er ist in diesem Roman der Ich-Erzähler.
Louis Begley hat selbst in den fünfziger Jahren in Harvard Literaturwissenschaft und Jura studiert. In seinem ersten Roman, „Lügen in Zeiten des Krieges” (1991) war seine Kindheit in Polen, wo er 1933 geboren wurde, der Erzählstoff. Nun sind die autobiographischen Motive auf verschiedene Figuren aufgeteilt. Der Ich-Erzähler Sam Standish wird zu einem erfolgreichen amerikanischen Romancier, der jüdische Außenseiter Henry White Staranwalt einer New Yorker Kanzlei. Die Wege aller Protagonisten führen von Harvard in die mondäne Welt. Archibald P. Palmer III. spielt dabei die Rolle des Memento mori. Er fällt in einem Unfalltod dem Alkoholismus zum Opfer, der von Beginn an seine Herkunft aus dem stramm-militärischen Amerika unterminiert hatte.
Dazugehören, aber wozu?
Es ist aber nicht dieses Schicksal, das ihn literarisch interessant macht. Sondern sein Kofferanhänger. Denn stark ist dieser Roman vor allem dort, wo er seinen Stoff, das Harvard der Fünfziger Jahre, soziologisch nimmt, wo er die kleinen Signale und Zeichen registriert, an denen sich zeigt, ob man dazugehört oder ob nicht, und wenn man dazugehört, wozu eigentlich. Hier kommt dem Ich-Erzähler seine kühle Leidenschaftslosigkeit zupass: im Blick auf erfolgreiche und gescheiterte Aufnahmen in Clubs, auf die Zusammensetzung der Partys, auf die Rituale der Paarbildung zwischen den Jungens in Harvard und den Mädchen vom Radcliff.
Vor allem aber bewährt sich Sam Standish als treuer Chronist der Abenteuer, die sein Freund Henry White bei dem Versuch erlebt, „als Nichtjude durchzugehen”. Denn weil er das nicht macht, um sein Judentum zu verleugnen, sondern um es störrisch als quantité negligeable zu behandeln, entstehen daraus bizarre Konversationen von ebenso großer Peinlichkeit wie Komik. Ironisch spricht Henry White mit einem Wort, das es nicht gibt, von seinem „Judismus” („Jewism”), Mutmaßungen über seine „Jewishness” überlässt er den anderen. Hier, in der Geschichte des brillanten Außenseiters und seiner vom Überleben gezeichneten Eltern, ist der Roman ganz bei sich selbst. Henry White, der Hauptfigur, schadet nicht, dass er von außen gesehen ist, von seinem treuen Freund Sam Standish, zumal Henry selbst sehr eloquent von sich zu erzählen weiß.
Aber es schadet dem Roman, dass sein Ich-Erzähler nur die Linse ist, durch die wir auf Henry White und Harvard blicken, auf APP III und die mondäne jeunesse dorée, die sich in Henrys kapriziöser Lebensliebe Margot („das einzige Mädchen in seinem Jahrgang, das ein Diaphragma besitzt”) verdichtet. Denn dieses Ich bleibt ohne eigenes Relief. Es will ein Schriftsteller sein, aber es scheint seine eigenen Bücher nur vom Hörensagen zu kennen. Es macht jahrelang eine Analyse, aber es ist zugleich ein Adoptivkind, das so ungerührt am Rätsel seiner Herkunft vorbeischreibt wie kaum je ein Ich-Erzähler.
Sam Standish muss so berühmt sein wie, sagen wir, John Updike, einer der Studiengefährten Begleys in Harvard. Denn er darf die Charles Eliot Norton Lectures halten. Aber sein Roman zerfällt ihm unter den Händen, je weiter er sich von Harvard entfernt und das Leben seiner Protagonisten über Jahrzehnte hinweg mit Siebenmeilenstiefeln durcheilt. Es hilft nichts, wenn Henry White, der als Anwalt einer Bank im Paris Mitterands den Verstaatlichungsplänen virtuos ein Schnippchen schlägt, Balzacs Roman „Die verlorenen Illusionen” liest. Seine Finanztransaktionen bleiben prosaisch, und der wichtigste Verbündete des Desillusionsromans ist Begley abhanden gekommen: die spürbar vergehende Zeit. Am Ende versandet der Harvard-Roman in einer hastig erzählten Aussteigergeschichte. LOTHAR MÜLLER
LOUIS BEGLEY: Ehrensachen. Aus dem Amerikanischen von Christa Krüger. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 445 Seiten, 19,80 Euro.
Am Scharnier zwischen Herkunft und Zukunft: Harvard in den fünfziger Jahren. Foto: Dmitri Kessel/Getty Images
Louis Begley Foto: dpa
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.02.2007

Wenn du zur Uni gehst, nimm den Martini-Shaker mit
Eignet sich der Hörsaal als Schauplatz? Morgen erscheint Louis Begleys neuer Roman "Ehrensachen"

So ein Roman könnte hierzulande nicht geschrieben werden. Es fehlt nicht nur der Stoff dazu. Louis Begley schreibt über Harvard, über drei junge Männer und ein Mädchen, die sich am College finden, Freundschaft schließen und es zu etwas bringen wollen. Etwas, von dem sie noch nicht wissen, was es ist. Weswegen sie auch später nie genau wissen, ob sie es dazu gebracht haben. Verhaltensunsicherheit als Lebensform, das umschreibt den Zustand von Jugendlichen. Hier aber, und daraus gewinnt Begley auf hinreißende Weise die Spannung seines Bildungsromans, hier ist es Verhaltensunsicherheit in einer Welt, die als Korridor zur amerikanischen Elite alle Prämien auf das Gegenteil, auf Verhaltenssicherheit setzt. Denn schließlich bestehen Eliten, zum Guten wie zum Schlechten, aus verhaltenssicheren Leuten.

Wir haben in diesem Sinne keine Eliten und kennen also auch nicht diesen leisen Widerspruch im Wort "Eliteuniversität", aus dem Begley, seinerseits ganz Herr seiner Mittel, stilsicher also und mit ungeheurem Raffinement, das Lebensdrama seiner Protagonisten entwickelt.

Entschuldigt fehlen

So ein Buch könnte hierzulande aber nicht bloß darum nicht geschrieben werden, weil wir keine Eliteuniversitäten haben. Es ist noch viel schlimmer. Wir haben auch keine Bildungsromane. Genauer: Wir haben überhaupt nur Bildungsromane, aber gerade in den bedeutendsten davon ist die Bildung für uns nicht nachvollziehbar. Denn das Leben erteilt in ihnen, anders als das wirkliche, nur Einzelunterricht, es werden in ihnen phantasierte Bildungswege durchlaufen, die fast nie durch Universitäten verlaufen, sondern durch untergegangene oder rein imaginierte Räume. Bildung heißt hier Zusichkommen, aber es heißt nicht Sozialisation durch Erziehung, also Schule und Universität.

"Habe nun, ach . . .", die Helden der deutschen Literatur haben immer schon studiert, aber beim Studieren selber trifft man sie so gut wie nie an. Eingeschrieben mögen sie sein, aber anwesend sind sie nicht. Studenten sind sie, aber nicht Studierende. Oder sie "studieren das Leben", aber das kann jeder sagen, und da sie oft auch keine rechten Berufe haben, von Besitz und Kindern ganz zu schweigen, könnte man genauso gut behaupten, sie genössen als junge Rentiers einfach fremdfinanzierte Freizeit. "Fehlt bildungshalber entschuldigt", so steht es in den Akten der deutschen Universität über das literarische Individuum.

Belege? Faust - ein Doktor, der die Wissenschaft hinter sich hat. Die Lehrlinge zu Saïs - sie hören nur an der Fernuniversität Natur. Wilhelm Meister - Wandern als Bildungsgang mit Theaterspielen als Zwischenprüfung. Eichendorffs Taugenichts - Leben als ewige Semesterferien. Gottfried Kellers Grüner Heinrich - das Malen lernt er in Privatstunden. Adalbert Stifters Heinrich Drendorf - die Nachsommerschule kennt nur Selbstunterweisung.

Der deutschen Literatur "Schöpfer, Held und Leser ist der Student", schreibt Heinz Schlaffer in seiner kurzen Geschichte derselben völlig zutreffend. Doch er ist ein Student ohne Campus. Mag also hierzulande die Universität auch lange übernommen haben, was andernorts dem Hof oder der Großstadt zufiel, die Integration der Eliten, so sind die Erträge davon für die schriftstellerische Beschreibung der Universitäten karg geblieben.

Warum das Lob von Louis Begleys "Ehrensachen" mit einem solchen Befund beginnen? Zum einen, weil für die angloamerikanische Literatur der Gegenwart genau das Umgekehrte gilt. Sie hat ein ausgesprochenes Faible für Universitäten. Und zwar auch jenseits der satirischen oder kriminalistischen "Campus Novel", nämlich von Evelyn Waughs "Wiedersehen in Brideshead" und Vladimir Nabokovs "Pnin" bis zu J. M. Coetzees "Schande" und "Elizabeth Costello", Philip Roth' "Menschlichem Makel" oder Tom Wolfes "Ich bin Charlotte Simmons". F. Scott Fitzgerald hat den College-Roman "Stover at Yale" des hierzulande völlig unbekannten Owen Johnson 1920 als "Lehrbuch unserer Generation" bezeichnet. Und noch die jüngst gefeierte Zadie Smith erzeugt die pittoresken Kontraste ihres Familienromans "Über die Schönheit" auf dem akademischen Feld, mit Rembrandtforschern, Rhetorikkursen und Gleichstellungsbeauftragten.

Fremde Innenseite

Die Zweiheit von Forschung und Leben, Ambition und Verstand, reiner Wissenschaft und unreinen Abendvergnügungen, Professor und Studentin ist in der angelsächsischen Literatur auf diese Weise fast schon so etwas wie eine Standardpolarität zur Erzeugung von Stoffen geworden.

Doch Begleys Roman ist von ganz anderer Anlage und Machart. Sein Schauplatz ist über weite Strecken das College der Harvard University in den fünfziger Jahren. Sam Standish, der Erzähler, trägt einen alten amerikanischen Namen; der Militärkapitän der "Mayflower" hieß so. Aber er ist nur der Adoptivsohn seiner Eltern, die ökonomisch, moralisch und was den Scotch-Konsum angeht unterhalb des Rufs ihrer Familie leben. Seine tatsächliche Abkunft bleibt, auch ihm, unbekannt. Henry White, sein Zimmergenosse in Harvard und der eigentliche Protagonist des Romans, hieß einst Henryk Weiss. Er hat als polnischer Jude vor seiner Emigration mit Vater und Mutter - die ihn jetzt aus der Ferne Brooklyns umklammern, ständig maßregeln, ständig anrufen - den Nationalsozialismus, versteckt in Krakau, überlebt. Aber nun will er weder Jude sein noch sein Jüdischsein verleugnen. Und Archibald P. Palmer III., der dritte Zimmergenosse, kommt aus einer Familie von Militärs, deren leidliches Vermögen freilich aus Antiquitätengeschäften stammt. Zu seiner akademischen Grundausstattung gehören silberne Schnapsbecher, ein Martini-Shaker und die Abneigung gegen tiefe Gespräche. Er ist intelligenter, als er tut. Aber ihm fehlt der Wille, daraus etwas zu machen.

Aber, aber, aber. Es sind Bildungswege voller Reserven, die Begley schildert. Der Zufall hat die drei sinnigerweise im Wohnheim zusammengeführt, denn keiner von ihnen gehört richtig dazu, keiner war zuvor auf einem noblen Internat, alle tun sich schwer damit, in die maßgeblichen Clubs und zu den exklusiven Partys der Universität zu kommen. Es reicht nicht, intellektuell zu glänzen.

Begleys Kunstgriff, der das demonstriert: Die Seminarwelt ragt nur an ganz wenigen Ecken ein bisschen in das erzählte Studentenleben hinein. Es dauert ewig, bis man erfährt, was sie überhaupt studieren. Dafür liest man Reflexionen, was Jüdischsein bedeuten könnte, absätzelange Erörterungen der Frage, wie man sich um gute Unterkünfte bemüht, die Mädchen welchen Colleges am wenigsten abweisend sind oder mit welchem Sakko man sich nicht blamiert. Der erste Professorenname von Belang fällt auf Seite 227! Studentenheim, Kino, Chinarestaurant, Konzertabonnement und Rugbyplatz sind da längst erwähnt. Begley kehrt gewissermaßen die deutsche Romanidee um. Er zeigt nicht Bildung jenseits der Universität, sondern Universität diesseits von Forschung und Lehre.

Und eben das unterscheidet seinen Blick auf die Universität von den meisten anderen. Denn für ihn verändert die Universität die Studenten nicht in erster Linie, indem sie sie dem Wissensgefälle gegenüber den Professoren aussetzt, sondern indem sie die Studenten einander und der Erwartung aussetzt, dass hier ihre Karriere beginnt. Es sind die Partys und die Einladungen zu den Eltern, Prüfungen auf Heiratbarkeit, nicht die Seminare, in denen sich die Elite konstituiert und an denen die Individuen testen, wer sie sind. Die Universität ist ein Ort, scheint das zu sagen, an dem man auf sich selbst und auf mögliche Rollen aufmerksam wird.

Das zweifelbehaftete Privileg derjenigen, die nicht aus großen, den "richtigen" Familien und Schulen herkommen, liegt dabei in ihrem Zwang, sich von den Ihren abzustoßen. Ständig bewerben sie sich um Aufnahme in andere Kreise und um Beischlafgelegenheiten, in der Hoffnung, es entstünden Anerkennung und Ehe daraus. Je aufmerksamer die Protagonisten sind, desto unwohler fühlen sie sich in ihrer Haut und ihrer Herkunft. Die Szenen, die sie ihren Eltern und diese ihnen machen, gehören zu den Meisterstücken Begleys.

Endogame Insekten

Ehrgeiz, Verlegenheit, Anerkennungsbedürfnis: Exemplarisch wird das alles am "Judismus" von Henry White, wie er sein Seelensyndrom nennt, durchgespielt. Kein Schritt auf seinem Lebensweg erfolgt ohne Zweifel daran, ob er bei anderer Herkunft genauso erfolgt wäre. Ein Zweifel, der durch tausend kleine Stiche genährt wird, die er an der Universität und später im Beruf erfährt - auch die anderen denken also ständig über seinen "Judismus" nach. "Solange es Leute gibt, die es kümmert, ob ich ein Jude bin, der vorgibt, keiner zu sein, so lange muss ich Jude bleiben, auch wenn ich mir innerlich nicht jüdischer vorkomme als ein geräucherter Schweineschinken." Also ist es, und hier fällt das Titelwort, eine "Ehrensache" für ihn zu sagen, er sei einer. Zugleich aber will er sich "neu schaffen nach meinem Bild von mir". Zu diesem Bild gehört Whites fast lebenslange Anhänglichkeit an eine Frau, zu der er nicht findet. Standish hingegen, dessen Homosexualität Begley nahelegt, ohne dass ein einziges klares Wort in dieser Richtung fiele - Begegnungen mit Mädchen und Transvestiten sind eingeschlossen -, wahrt selbst dazu, wie zu allem außer zu seiner Freundschaft mit Henry, Distanz. Er findet eine Art diplomatisches Verhältnis zu seinem Außenseitertum auf der Innenseite der guten Gesellschaft. Louis Begley erzählt diese Geschichte, die später aus Harvard heraus auf die Karrierewege von White und Standish - Palmer III. stirbt kurz nach dem Abgang vom College auf ebenso dramatische wie zu erahnende Weise - als spektakulär agierender Wirtschaftsanwalt und Schriftsteller führt, in einem ganz unvergleichlichen Ton. Zurückgenommen, lakonisch, dann wieder nachdenklich, oft mehr durch Weglassen mitteilsam, um kleine, bissige Wortwechsel voller Beobachtungen im Stil französischer Moralisten bemüht: "Die Mädchen waren reich, wie die Männer, aber anders als diese bildeten sie sich etwas darauf ein." So wie man eben eine Welt beschreiben muss, in der viel an Tanzabenden, Identitätsfragen, nonchalant gebundenen Fliegen und außerehelichem Sex zu hängen scheint. Für die, die nicht dazugehören, wird alles zum Test, auch wenn sie nie dazugehören werden, weil die anderen "endogame Insekten" sind.

Es ist ein doppelter Test: Was lässt die Welt zu, und wer kann ich sein? Die Eliteuniversität hat Henry White mit der Ambition versorgt, zugleich glücklich und anerkannt zu werden. In beidem will er sich etwas beweisen, und das führt dazu, dass er das eine mit dem anderen verwechselt und fast bis zuletzt für Anerkennung ohne Glück und Glück ohne Anerkennung keinen Sinn hat. Die Verhaltensunsicherheit, heißt das, ist kein jugendliches Zwischenstadium auf dem Lebensweg. Man kann sie an diesen Studenten nur am besten studieren.

JÜRGEN KAUBE

Louis Begley: "Ehrensachen". Aus dem Englischen von Christa Krüger, Frankfurt am Main, Suhrkamp-Verlag, 2007

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Tiefen Eindruck hat Louis Begleys neuer Roman "Ehrensachen" bei Christoph Schröder hinterlassen. Er hält diesen "fabelhaften" Roman neben "About Schmidt" für den besten des Autors. "Ehrensachen" scheint ihm wieder stark autobiografisch gefärbt. Dabei bescheinigt er Begley, erzähltechnisch versiert die Geschehnisse und sich selbst aus der Distanz zu beobachten. Als zentrales Thema des Romans betrachtet er das Jüdischsein und Jüdisch-sein-Müssen, das vor allem in der Figur des aus Polen stammenden Juden Henry White sichtbar wird, der in Harvard studiert, Anwalt wird und sich weigert, sein Jüdischsein als festen Bestandteil seiner Identität anzunehmen. Darüber behandelt Begley nach Ansicht Schröders zahlreiche weitere Themen: die Geschichte einer Freundschaft über mehr als ein halbes Jahrhundert, den Prozess des Erwachsenwerdens und der Lösung von elterlichen Bindungen, die amerikanische Ostküsten-Upperclass samt ihren verlogenen Codes und Konventionen und eine unerfüllte Liebesgeschichte. Besonders lobt er Begleys "distanziert-elegante, mal ironisch blitzende, mal tragisch aufgeladene" Sprache, die ihren Stoff mühelos trage und weiterbringe.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Begley erzählt die Geschichte in einem ganz unvergleichlichen Ton. « Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung