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Wer sich im 21. Jahrhundert mit Theologie befasst, stößt unweigerlich auf Weichenstellungen und Entwicklungen des 19. und 20. Jahrhunderts, die bis heute relevant sind. Diese umfassend und interdisziplinär angelegte Darstellung protestantischer Theologiegeschichte im deutschsprachigen Raum verbindet problemorientierte und historische Darstellung. Der erste Band umfasst den Zeitraum von 1870 bis 1918. Im Blick auf die Periode 1870-1890 stellt sich die Frage nach "Theologie als Wissenschaft", im Blick auf die Periode 1890-1918 das Thema "Religion als Problem der Theologie". In beiden Teilen…mehr

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Produktbeschreibung
Wer sich im 21. Jahrhundert mit Theologie befasst, stößt unweigerlich auf Weichenstellungen und Entwicklungen des 19. und 20. Jahrhunderts, die bis heute relevant sind. Diese umfassend und interdisziplinär angelegte Darstellung protestantischer Theologiegeschichte im deutschsprachigen Raum verbindet problemorientierte und historische Darstellung. Der erste Band umfasst den Zeitraum von 1870 bis 1918. Im Blick auf die Periode 1870-1890 stellt sich die Frage nach "Theologie als Wissenschaft", im Blick auf die Periode 1890-1918 das Thema "Religion als Problem der Theologie". In beiden Teilen werden zunächst die maßgeblichen Ansätze erörtert, wobei der Ritschl'schen und der positiven Theologie bzw. der religionsgeschichtlichen Schule und der modern-positiven Theologie besondere Bedeutung zukommen. Sodann werden jeweils die Entwicklungen in den Einzeldisziplinen Altes Testament, Neues Testament, Kirchengeschichte, Systematische Theologie (und Ethik), Praktische Theologie, Missionswissenschaft und schließlich Kirchenrecht dargestellt, verbunden mit einer differenzierten Erhellung der über die einzelne Disziplin hinaus wirksamen Schul-, Partei- und Richtungsbildungen. In diesem Rahmen wird die spezifische Bedeutung einzelner Theologen und ihrer Werke gewürdigt. Diese Theologiegeschichte ist damit gleichzeitig Gesamtdarstellung und Nachschlagewerk. Das Gesamtwerk Band 1: 1870 bis 1918 Band 2: 1918 bis 1948 Band 3: 1948 bis 1965 Band 4: Seit 1965. Bei Subskription ca. 10% Ermäßigung.
Autorenporträt
Dr. theol. Eckhard Lessing war Professor für Systematische Theologie an der Universität Münster.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.04.2005

Emsiges Nebeneinander
Eckard Lessing über evangelische Theologie 1918 bis 1945
Die beste Geschichte der neueren evangelischen Theologie stammt immer noch von Emanuel Hirsch. Ihre fünf Bände, vor einem halben Jahrhundert erschienen, sind nicht nur vorzüglich geschrieben, sondern vor allem verleiht ihnen die zugrunde liegende These eine immense Spannkraft. Sie lautet: Mit dem Ausgang der Religionskriege des 17. Jahrhunderts habe sich das Verhältnis von Religion und Kirche zu Individuum, Staat und Kultur von Grund auf verändert. In der vom Autonomie- und Freiheitsdenken bestimmten Neuzeit müsse das Christentum eine modernitätsfähige Gestalt annehmen - oder sterben. Hirsch sprach hier von der „Umformungskrise”, die er in seiner Theologiegeschichte bis in das 19. Jahrhundert nachzeichnete und von der er auch die Theologie des 20. Jahrhunderts noch bestimmt sah.
Der Name Hirschs ist in der Theologiegeschichte des 20. Jahrhunderts aber nicht nur wegen dieser These geläufig. Hirsch gehörte zu den entschiedensten Befürwortern des Nationalsozialismus unter den protestantischen Universitätstheologen. Er empfand die Machtergreifung als Erlösung aus der verhassten Weimarer Demokratie, wurde zu einem Vordenker der „Deutschen Christen” und unterstützte die nationalsozialistische Rassenpolitik.
Wer nun aber zum zweiten Teil der auf vier Bände angelegten Theologiegeschichte Eckhard Lessings greift, der den Jahren 1918 bis 1945 gilt, erfährt so gut wie nichts von den Erschütterungen und Krisen, die die Auseinandersetzung mit der eigenen Zeit für die Theologie bedeuteten. Von vorneherein schließt der Münsteraner Emeritus eine kontextualisierende Betrachtungsweise aus, weil sie den „bleibenden Ernst der Wahrheitsfrage” einschränke. Damit wird nicht nur der Einfluss des politischen und kulturellen Geschehens auf die Theologie für nichtig erklärt, sondern auch die Vorstellung supponiert, dass die Wahrheit, um die es der Theologie gehe, mit dem allgemeinen Wahrheitsbewusstsein nichts gemein habe. Die daraus folgende, von Lessing immer wieder in Anschlag gebrachte Scheidung von „historischer” und „theologischer” Arbeit wird seinem Buch zum Verhängnis, weil es dieser Theologiegeschichte an einem gehaltvollen Geschichtsbegriff mangelt.
Wirklichkeit ohne Gegenwart
Die protestantische Theologie in der splendid isolation dieses Entwurfs verkümmert zur Summe ihrer Disziplinen. Diese erörtert Lessing umfassend vom Alten Testament bis zum Kirchenrecht, wobei die Darstellung häufig lexikalisch wirkt. Der Dogmatik wird eine Führungsrolle im theologischen Fächerkanon zugeschrieben, da sie es gewesen sei, die das Ganze der Theologie in den Blick genommen habe. Dies sei, so Lessing, die Erörterung des Wesens der Kirche und der Theologie als Funktion der Kirche. Eine entscheidende Rolle dafür kommt der Gruppe um Karl Barth und Friedrich Gogarten, der so genannten „Dialektischen Theologie”, zu. Diese verstand unter Kirche den exklusiven Ort der Offenbarung, während Gott der Welt in völliger Andersartigkeit gegenüberstehe. Der Kirche kommt daher eine besondere theologische Wirklichkeit zu.
Lessing identifiziert hierin den Beginn einer neuen „Realitätsbezogenheit” der Theologie und sieht diese den anderen Strömungen der zeitgenössischen Theologie überlegen. Es wäre nun eine spannende Sache, dieses Wirklichkeitspathos in Beziehung zu den Bestimmungen der Theologie als Wirklichkeitswissenschaft im Neuluthertum oder der liberalen Theologie der zwanziger Jahre zu setzen. Denn die Wirklichkeit der „Dialektischen Theologie” war eine Wirklichkeit ohne geschichtliche Gegenwart. Daraus schöpfte sie ihr nicht unproblematisches Nein zur modernen Welt, aber auch ihre Distanz zum Nationalsozialismus als weltlicher Heilsideologie.
Von all diesen Diskursen und politischen Konsequenzen der theologischen Richtungen aber findet sich so gut wie nichts in Lessings Darstellung. Stattdessen erscheint die theologische Arbeit als ein emsiges Nebeneinander einzelner Theologen. Diese personenzentrierte Darstellungsweise, wie sie nicht nur Lessings Arbeit bestimmt, erscheint nicht wirklich geeignet, den Geist der Theologie einer Epoche zu ergründen. Wie aufschlussreich wäre es dafür etwa, Untersuchungen von Zeitschriften, Lexika, Verlagen und Ähnlichem zum Leitfaden zu machen. So ließe sich die theologische Konstruktion der Wirklichkeit in ihrem Prozess beobachten. Dafür liegen Ansätze vor, bei Lessing hingegen werden so wichtige Beiträge wie die Untersuchungen zur Geschichte des Diederichs-Verlags und zu Bertelsmann im Dritten Reich gar nicht erwähnt.
Isolation als Krisensymptom
Wenn es doch einmal zur Darstellung von Diskursen kommt, gewinnt die Darstellung schlagartig an Leben. So etwa bei der Schilderung des Protestes, den der junge Gerhard von Rad 1937 gegen die Auffassung Wilhelm Vischers und Emanuel Hirschs erhob, das Alte Testament sei nur im Lichte des Christusgeschehens adäquat zu erfassen. Vielmehr, so opponierte von Rad, seien dort Stimmen zu vernehmen, die nicht gleich christologisch ummünzbar seien. In solchen Diskussionen wird etwas davon erkennbar, wie historische Einzelforschung und die Frage der Theologie nach sich selbst zusammengehören.
Das Beispiel von Rads zeigt noch etwas anderes. Die protestantische Theologie leistete in der Zeit von Nationalsozialismus und Kirchenkampf durchaus seriöse wissenschaftliche Arbeit, auch die alttestamentliche Forschung. Die breit angelegte Darstellung Lessings macht das schon überdeutlich. Dies wäre freilich nur dann recht zu würdigen, wenn zugleich thematisiert würde, dass es auch viele Vertreter des Faches gab, die sich theologisch gleichschalteten und eine „Deutsche Theologie” propagierten, wie eine von Emanuel Hirsch und Friedrich Gogarten herausgegebene Zeitschrift hieß.
All dies fehlt in dem voluminösen Band Lessings. So wird zwar eine ansehnliche Materialsammlung geliefert, aber kaum eine Theologiegeschichte geschrieben. Die Isolierung der Theologie von den anderen Wissenschaften ebenso wie vom politischen und kulturellen Hintergrund ist eben kein Weg aus der Umformungskrise, sondern ein Symptom derselben.
FRIEDEMANN VOIGT
ECKHARD LESSING: Geschichte der deutschsprachigen evangelischen Theologie von Albrecht Ritschl bis zur Gegenwart. Band 2: 1918-1945. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004. 528 Seiten, 69 Euro.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.04.2001

Das Übrige Gott befohlen
Weltfremde Theologiegeschichte

Stärker als manch andere Geisteswissenschaftler hatten sich die protestantischen Theologen in Deutschland dem modernen Historismus geöffnet. Viele Fachvertreter wollten die Geltung der christlichen Überlieferung in geschichtlichen Denkformen begründen. Doch läßt sich im Fluß der Geschichte religiöse Normativität gewinnen? Die protestantischen Theologen diskutierten um 1900 über "dogmatische und historische Methode in der Theologie" und hofften, in einer theologischen, im Gottesgedanken begründeten Metaphysik die relativistischen Folgeprobleme des Historismus zu bewältigen. Sie erschlossen protestantische "Kulturwerte", um dem Kaiserreich ein festes Wertfundament zu geben. Dazu mußten sie sich eigene Traditionen gegenwartsbezogen aneignen. Um der "Kulturbedeutung des Protestantismus" willen betrieben sie seit 1890 intensiv Theologiegeschichtsforschung.

Eckhard Lessing legt nun eine Geschichte der protestantischen Universitätstheologie im Kaiserreich vor, die hinter dem Reflexionsniveau der damals geführten Debatten weit zurückbleibt. Von den kulturhistorischen Denkstilen eines Harnack oder Seeberg, Troeltsch oder Holl hat der Autor nichts gelernt. Er verbindet biederen Positivismus mit postumer dogmatischer Rechthaberei. Die neueren Forschungen zu Intellektuellendiskursen und Konfessionskulturen im wilhelminischen Deutschland werden ignoriert. Wichtige Literatur aus den letzten zwanzig Jahren fehlt. Nur ja keine englischsprachigen Bücher lesen! Sonst könnte der selbstgewählte theologische Provinzialismus erschüttert werden. Die moderne Sozialhistorie und ihre Studien über die kulturelle Vergesellschaftung von Bildungsbürgern sind sowieso nur Teufelszeug. Das theologische Denken über Gott, Christus und den Heiligen Geist spielt sich in einem zeittranszendenten Reflexionshimmel ab. Lessings Theologieprofessoren haben weder Interessen noch politische Einstellungen. Selbst der Weltkrieg fordert sie nicht zur Stellungnahme heraus. Über die "Ideen von 1914" und die heftigen literarischen Fehden zwischen deutschen und britischen Theologen liest man bei Lessing nichts.

Der Münsteraner Systematische Theologe charakterisiert zunächst schuldbildende Meisterdenker wie Albrecht Ritschl, Hermann Cremer, Franz Hermann Reinhold Frank und Otto Pfleiderer. Dann stellt er ausführlich ihre Schüler vor, bevor er Forschungstrends und Debatten in den einzelnen theologischen Disziplinen behandelt. Dem folgen die Kontroversen über den Religionsbegriff, die seit 1890 zwischen den "Religionsgeschichtlern" um Troeltsch und den "Modern-Positiven" um Seeberg geführt wurden. Beim Durchgang durch die Fächer bezieht Lessing auch das Kirchenrecht ein, geht also, disziplinenhistorisch gesehen, aus der theologischen Fakultät in die juristische Fakultät über. Ansonsten werden außertheologische Kontexte radikal ausgeblendet. Lessings Universitätstheologen leben in einer hermetisch abgegrenzten disziplinären Binnenwelt. Sie lesen weder Juden noch Katholiken und haben auch von der Sozialdemokratie nichts gehört. Selbst am Kulturkampf gegen die Römlinge waren sie unbeteiligt. Ihre Reflexion gilt rein der "Sache der Theologie".

Im achtzehnten Jahrhundert schrieben Gottesgelehrte die Historie ihrer Wissenschaft als "Literaturgeschichte" und "Bücherkunde". Auch Lessing konzipiert Theologiegeschichte im Sinne autonomer Intertextualität. Seine Theologen sind nur Stubengelehrte und Fachidioten. Im Studium lesen sie die Werke ihrer Lehrer. Dann schreiben sie eine Dissertation, kritisieren andere Theologen in Rezensionen und entfalten bald ihren "Ansatz" in "Hauptwerken", die Kollegen in Fachzeitschriften rezensieren. Ihre Leser sind ausschließlich Theologen, vor allem die eigenen Schüler, die später den Ansatz des Meisters in Dissertationen fortentwickeln dürfen. Ihre geistige Welt wird von der autoerotischen Selbstreferentialität des absoluten Denkens bestimmt. Wirklichkeitskontakte beschränken sich auf die wechselseitige Zusendung von Sonderdrucken. Auch ihre Ethiken arbeiten sich nur an Begründungsproblemen und begrifflichen Grundentscheidungen ab. Oh, welchen Ansatz wähl' ich nur? Lessing gelingt das erstaunliche Kunststück, selbst die seit den neunziger Jahren etablierte "Sozialethik" radikal zu dekontextualisieren. Mit dem neuen Fach wollten theologische Ethiker Kompetenz zur Steuerung der dramatischen sozialen Integrationskrisen des Kaiserreichs gewinnen. Hundert Jahre später suggeriert der Theologiehistoriker, es sei damals nur um Begriffsklaubereien über Kantische Autonomie, neoaristotelische Tugend und Hegelsche objektive Güter gegangen.

Lessing mutet den Lesern sehr viel Fachchinesisch zu. Dennoch ist seine Theologiegeschichte ein informatives Buch. Neben den Schulhäuptern werden auch vergessene Gelehrte aus der akademischen Provinz behandelt. Selbst entlegen publizierte, damals kaum diskutierte Werke sind berücksichtigt. Detailliert beschreibt Lessing die Bildung von Schulen und einzelne Richtungskämpfe. Das Gravitationszentrum dieser Debatten, der Konflikt zwischen dem überlieferten Glauben und dem modernen okzidentalen Rationalismus, bleibt jedoch unsichtbar. Lessing hat vergessen, daß seine Theologen zu einer bestimmten Zeit in einer bestimmten Gesellschaft lebten und dachten. Seine Theologiegeschichte ist gar kein historisches Werk. Sie erfüllt alle Kriterien des ungeschichtlichen Denkstils, der um 1900 "die dogmatische Methode in der Theologie" genannt wurde.

FRIEDRICH WILHELM GRAF.

Eckhard Lessing: "Geschichte der deutschsprachigen evangelischen Theologie von Albrecht Ritschl bis zur Gegenwart. Band I: 1870-1918. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2000. 493 S., geb., 128,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Endlich mal eine Rezension, in der ordentlich geschimpft wird. Und ein Rezensent, der sich mokiert über den Autor, einen systematischen Theologen aus Münster, der das Kunststück fertig bringt in seiner Geschichte der protestantischen Universitätstheologie "hinter dem Reflexionsniveau der damals geführten Debatten" zurückzubleiben, so Friedrich Wilhelm Graf. Damals, das war Ende des 19. Jahrhunderts, als die protestantischen Theologen sich dem Historismus öffneten, um nach Antworten auf die sich anbahnenden sozialen Krisen im Kaiserreich zu suchen. Aber Lessings Theologieprofessoren, spottet Graf, hatten weder eine politische Einstellung noch persönliche Interessen, kannten weder Juden noch Katholiken und hatten auch nie etwas von der Sozialdemokratie gehört. Sehe man allerdings von dem völlig ungeschichtlichen Denkansatz des Autors ab, so sei das Buch in sich höchst informativ, da es viele entlegene oder vergessene Werke diskutiert.

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