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Dass sich die japanische und die europäische Kultur gerade in Bezug auf die Umgangsformen erheblich unterscheiden, ist bekannt. Dass diese und andere Unterschiede einen Europäer aber richtiggehend gegen die Japaner aufbringen können, überrascht dann doch etwas. Das ändert sich, wenn man das Buch von Christoph Neumann liest. So leidet man etwa mit, wenn der Autor beschreibt, wie in japanischen Schwimmbädern alle 30-50 Minuten vom Bademeister zur kollektiven Pause gepfiffen wird und sich auch prompt alle Badegäste am Beckenrand einfinden.
"Die spinnen, die Japaner"
Der Autor lebt seit 1995 in Japan und hat die Jahre wahrlich genutzt, das Land des Lächelns genau zu studieren. Im Unterschied zu seinen Gastgebern geht er allerdings nicht primär nach den Geboten der Höflichkeit vor, sondern schreibt, was er denkt, auch wenn es nicht unbedingt Komplimente sind, die ihm da aus der Feder fließen. So beginnt er mit einer schonungslosen Darstellung des japanischen Vorschriften- und Regulierungsfetischismus und beschreibt, wie man an jedem möglichen und unzähligen unmöglichen Orten auf Tafel, Zettel und Ansagen trifft, die einen an die Einhaltung irgendeiner Regel erinnern sollen. Oder er erzählt von bizarren Verlosungen, die darüber entscheiden, wer in der Tokioter Innenstadt sein Fahrrad benutzen darf und wer nicht. Durch Neumanns Geschichten erfährt man nicht nur sehr viel über den japanischen Alltag, sondern im Umkehrschluss auch einiges über die eigene Lebensform und das, was man in Europa unter Freiheit versteht - und in Japan eben nicht. Bemerkenswerterweise erhält Neumann übrigens als regelmäßiger Gast in einer japanischen Talkshow mit dem schönen Titel "Die spinnen, die Japaner" Gelegenheit, sein Befremden über Sitten und Gebräuche in seiner Wahlheimat zu äußern. Sind die Japaner also doch toleranter, als Herr Neumann glaubt?
(Roland Große Holtforth, literaturtest.de)
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
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