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Jedermann reloadedDer Jedermann ist die Cash Cow der Salzburger Festspiele. Das war schon 1920 so, als das Spiel vom Sterben des reichen Mannes erstmals auf dem Domplatz stattfand. Die Botschaft hat das Stück überlebt, so wie es auch seine Kritiker und Verächter überlebt hat: als Spektakel des Todes. Und als einer der merkwürdigsten Theaterkulte der Neuzeit. Der Theaterpublizist Andres Müry hat seinen vielgerühmten Essay Jedermann darf nicht sterben aus 2001 um die beiden Neuinszenierungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts erweitert: um das pralle Volkstheater des Oberammergauers Christian…mehr

Produktbeschreibung
Jedermann reloadedDer Jedermann ist die Cash Cow der Salzburger Festspiele. Das war schon 1920 so, als das Spiel vom Sterben des reichen Mannes erstmals auf dem Domplatz stattfand. Die Botschaft hat das Stück überlebt, so wie es auch seine Kritiker und Verächter überlebt hat: als Spektakel des Todes. Und als einer der merkwürdigsten Theaterkulte der Neuzeit. Der Theaterpublizist Andres Müry hat seinen vielgerühmten Essay Jedermann darf nicht sterben aus 2001 um die beiden Neuinszenierungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts erweitert: um das pralle Volkstheater des Oberammergauers Christian Stückl, das elf Sommer auf dem Spielplan blieb, und um den poetischen, bildmächtigen Totentanz der beiden Angelsachsen Julian Crouch und Brian Mertes.Ein opulenter Bildteil, die Biografien der Protagonisten und ein Personenregister machen Jedermann darf nicht sterben zu einem unentbehrlichen, gut lesbaren Standardwerk.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.01.2002

Der zählebige Untote
Ein sauberer antiquarischer Spaß: Der Salzburger Jedermann-Kult

Es wird mindestens so eng mit Salzburg in Verbindung gebracht wie die Mozartkugel, die Nockerln oder der Nieselregen, obwohl es weder süß noch luftig oder flüssig ist (wenngleich sehr nach oben orientiert): Hugo von Hofmannsthals erfolgreichstes Bühnenwerk "Jedermann" ist das typischste aller Salzburger Festspielstücke. Uraufgeführt wurde das berühmte "Spiel vom Sterben des reichen Mannes" allerdings am Neujahrstag 1911 hoch im preußischen Norden, wo es Max Reinhardt im Berliner Zirkus Schumann vor dreitausendzweihundert Zuschauern inszenierte. Das Publikum strömte, die Kritik stöhnte. Alfred Kerr sprach von einem "Abend für treuherzige Gemüter", Gerhart Hauptmann von einem "sauberen antiquarischen Spaß". Der allerdings entpuppte sich seit den ersten Salzburger Festspielen 1920 als deren unverwüstlicher Zuschauermagnet. Die Tribüne mit den zweitausend Sitzplätzen auf dem Domplatz ist regelmäßig ausverkauft, etwa neunzehntausend Zuschauer lassen jährlich inzwischen rund 1,3 Millionen Euro Eintrittsgelder zurück.

Über die steile Laufbahn dieses Goldesels, über Künstlerisches und Kurioses, Ränke und Rankünen im Umgang mit ihm hat der Theaterpublizist Andres Müry eine leichthändig-amüsante Betrachtung geschrieben: "Jedermann darf nicht sterben". Leider hat das Buch weder ein Personenregister noch ein Inhaltsverzeichnis, verfügt jedoch über eine solide Chronik und einen liebevoll zusammengestellten Fototeil.

"Jedermann" als vor allem tourismusrelevantes Ritual, daran läßt Müry trotz kritischer Ironie und wohlwollender Distanz keinen Zweifel, triumphiert längst jenseits von Kunst und Kommerz, von Gut und Böse. Der Autor interpretiert die einst als "Kampfansagen" an den Fortschritt verstandenen Darbietungen nunmehr als "Spektakel des Todes", in dem sich eine säkularisierte Freizeitgesellschaft ihren Ablaß für das Verdrängen von Krankheit, Not und Sterben holt. So nimmt dieses "Trutzstück der Antimoderne mit seiner katholisch-restaurativen Botschaft" einen festen Platz zwischen Oberammergau und Bayreuth ein. Ausgerechnet "Jedermann", dieser Theater-Untote, der nicht leben und nicht sterben darf, fungiert dabei ironischerweise als vitales Memento mori.

IRENE BAZINGER.

Andres Müry: "Jedermann darf nicht sterben". Geschichte eines Salzburger Kults 1920-2001ff. Pustet Verlag, Salzburg 2001. 160 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der "Jedermann" in Salzburg ist Kult - wer aber glaubt, er habe dort auch seine Uraufführung erfahren, der liegt falsch. Irene Bazinger informiert uns darüber, dass Max Reinhardt das legendäre "Spiel vom Sterben des berühmten Mannes" im Berliner Zirkus Schumann uraufgeführt hat. Kritiker wie Alfred Kerr ließen nicht viel Gutes an dem Stück - und die Leute strömten dennoch ins Theater. Aber hätte jemals ein Verriss das Publikum ferngehalten? Eher im Gegenteil. Heute nehme der Salzburger "Jedermann" seine feste Position zwischen Bayreuth und Oberammergau ein, als "Spektakel des Todes in einer säkularisierten Freizeitgesellschaft", zitiert Bazinger den Autor. Dieser habe dem Publikumsmagneten eine ironisch-kritische Betrachtung gewidmet und den Weg des Erfolgsstücks zurückverfolgt. Ein hübscher Fototeil und eine Chronik laden zum Stöbern in der Theatergeschichte ein, leider aber, so Bazinger, wurde auf ein Personenregister und ein Inhaltsverzeichnis verzichtet.

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