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Cilla Hjelm betritt um 10.39 Uhr die Bank im vornehmen Stockholmer Viertel Östermalm. Hätte sie geahnt, was ihr bevorsteht, sie hätte einen anderen Tag für ihren Besuch gewählt. Um genau 10.40 brüllen die Maschinengewehre der zwei Maskierten los, Glas splittert, und Cilla presst ihr Gesicht flach auf den Mamorboden. Was aussieht wie ein brutaler Banküberfall, entpuppt sich bald als etwas sehr viel Ernsteres, Weitreichenderes: Die beiden russischen Bankräuber, mit denen das A-Team um Kerstin Holm und Cillas Exmann Paul Hjelm verhandelt, sind nicht auf das Geld aus. Denn plötzlich sind sie…mehr

Produktbeschreibung
Cilla Hjelm betritt um 10.39 Uhr die Bank im vornehmen Stockholmer Viertel Östermalm. Hätte sie geahnt, was ihr bevorsteht, sie hätte einen anderen Tag für ihren Besuch gewählt. Um genau 10.40 brüllen die Maschinengewehre der zwei Maskierten los, Glas splittert, und Cilla presst ihr Gesicht flach auf den Mamorboden. Was aussieht wie ein brutaler Banküberfall, entpuppt sich bald als etwas sehr viel Ernsteres, Weitreichenderes: Die beiden russischen Bankräuber, mit denen das A-Team um Kerstin Holm und Cillas Exmann Paul Hjelm verhandelt, sind nicht auf das Geld aus. Denn plötzlich sind sie verschwunden, und ihre Spur führt bis nach Berlin und Wolgograd, bis in die Zeit des Kalten Kriegs und der Jagd nach einer wertvollen chemischen Formel, für die viele Leute über Leichen gehen würden.
Autorenporträt
Arne Dahl ist das Pseudonym des schwedischen Romanautors Jan Arnald, geboren 1963. Arnald ist Literatur- und Theaterkritiker und arbeitet für die Schwedische Akademie, die alljährlich den Nobelpreis vergibt. Als Arne Dahl wurde er in den letzten Jahren mit seinen Kriminalromanen um den Stockholmer Inspektor Paul Hjelm und die Sonderermittler der A-Gruppe bekannt und von Publikum und Kritik begeistert aufgenommen.

Wolfgang Butt zählt zu den bekanntesten literarischen Übersetzern aus dem Schwedischen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.10.2009

Die Weltenergieformel des postfossilen Zeitalters
Hier ist ein schwedischer Spannungs-Könner am Werk: Arne Dahls siebter Krimi „Totenmesse”
Sieben schwedische Schriftsteller – bekannte Krimiautoren waren nicht unter ihnen – haben kürzlich ein „Manifest für ein neues literarisches Jahrzehnt” veröffentlicht. Darin geloben sie unter anderem, niemals („nicht einmal unter Pseudonym”) „Romane über Kommissare oder Journalisten zu schreiben, die auf Öland oder Gotland rätselhafte Morde aufklären”. Die erzählende Literatur, schreiben die sieben, müsse sich aus dem engen Korsett der Genreliteratur befreien.
Das Dumme ist nur, dass, in Schweden noch mehr als anderswo, die erzählende Literatur, sofern sie nicht Krimi heißt, beim Leser kaum noch eine Chance hat. Das Publikum will eben gern von einem Genre unterhalten werden, in dem Kommissare oder Journalisten am Strand rätselhafte Morde lösen, und es erwartet von jedem neuen Roman im Grunde nur, dass er das Gesetz der Serie achtet. So war das immer schon, auch und gerade bei den besten Kriminalromanen, aber früher stand der Krimi noch im Schatten einer nicht an Genrekonventionen gebundenen, „hohen” Erzählprosa, während er heute auf dem besten Weg ist, das ganze Feld der literarischen Prosa zu erobern.
Es geht nicht nur darum, dass der Kriminalroman die übrige Prosa verdrängt. Er nimmt sie vielmehr in sich auf: Der Krimi kann, wie es aussieht, alles, was andere Prosa kann, auch. Und er weiß außerdem noch, wie man Spannung produziert. Der neue Roman von Arne Dahl, „Totenmesse”, sein siebter Krimi, eignet sich, diese These zu bestätigen. Dahl ist einer jener Autoren, die unter Pseudonym von Kommissaren erzählen, wenn auch nicht auf Gotland oder Öland, sondern, in diesem Fall, im Herzen von Stockholm. Unter seinem wahren Namen, Jan Arland, hat Arne Dahl auch Nicht-Krimis geschrieben, aber erst als Arne Dahl hat er ein Millionenpublikum erobert und die mediale Verwertungskette richtig in Betrieb gesetzt.
Wie man den Jackpot knackt
Wer heute als Autor keine populäre B-Produktion in Gang setzt und sich stattdessen ganz auf den guten Ruf der A-Produktion bei ein paar Freunden der Kunstliteratur verlässt, der könnte irgendetwas falsch machen. Man müsste als Jan Arnald den Nobelpreis gewinnen und als Arne Dahl den Krimi-Jackpot knacken – aber das würde nicht funktionieren, denn noch sorgt eine ausgleichende Gerechtigkeit dafür, dass ein Autor seinen literarischen Ruf durch das Krimischreiben verlässlich untergräbt (mit ziemlich genau einer Ausnahme, der von Wolf Haas).
Auch bei Arne Dahl hält der literarische Ruhm mit den Verkaufszahlen nicht ganz Schritt. Dabei ist Dahl ein Könner. Nicht nur ein Spannungs-Könner und „Profi” (wie man gerne von Kriminalautoren sagt), sondern auch ein solider literarischer Handwerker, der sich bei den Kollegen aus dem Nichtspannungsfach einiges abgeschaut hat.
In „Totenmesse” geht es wirklich nicht um Strandleichen, sondern um ein kompliziertes Verbrechen, zu dessen Realisierung einige andere Straftaten vorgeschützt werden müssen. Der Banküberfall mit Geiselnahme in Stockholm bildet nur die Kulisse, zum einen für eine bis nach Stalingrad 1942 zurückreichende Jagd nach einer Weltenergieformel für das postfossile Zeitalter, zum anderen für ein liebevolles Gruppenporträt der ermittelnden Einheit mit den Protagonisten Kerstin Holm und Paul Hjelm. Hjelms Ex-Frau ist eine der Geiseln, die russische Gangster in einer Bank gefangen halten, an der sie offenbar andere Dinge mehr interessieren als das in ihr verwahrte Geld.
Fast mühelos lassen sich die Täter überrumpeln, merkwürdig nur, dass sie bei der Festnahme plötzlich verschwunden sind, und die Ex-Frau ein paar Nächte später zu Hause von einem Mann überfallen wird, der offenkundig keiner der beiden Bankräuber ist. Die Spuren führen in die Welt der Geheimdienste, in den Kalten Krieg, also in die Zeit, in der Stockholm eine Drehscheibe zwischen östlichen und westlichen Diensten war. Und sie führen tiefer in das Gebäude in Södermalm, in dem nicht nur die überfallene norwegische Internetbank ihren Sitz hat, sondern auch eine obskure Sicherheitsfirma, deren Personal sich aus Stasi-Kadern speist.
Das alles ist sehr „Genre”, aber dafür dann doch vielschichtig, überraschend und schlau – auch wenn man den Griff in die Weltkriegskiste und die Suche nach der geheimen Formel nicht ganz ernst nehmen kann. Der zeitgenössische Schwedenkrimi nach der Methode Dahl kann vieles; er kann vor allem auch (und das muss die Krimi-Gegner mehr beunruhigen als irgendetwas sonst) richtig gute Literatur.
Dahl beherrscht das multiperspektivische, vektorielle Erzählen, er fügt aus Splittern und Stimmen behutsam ein Bild der Situation zusammen, er kann die Dinge geheimnisvoll aussehen lassen („Fossilien, dachte er, überall Fossilien”) und dann wieder Dialoge und Charaktere aus präziser Kenntnis bestimmter Milieus schöpfen. Diese „Totenmesse” sieht „richtiger” Literatur in vielem täuschend ähnlich, und man würde sich nicht wundern, wenn der Unterschied zwischen dieser und jener Literatur, zwischen Jan Arnald und Arne Dahl, irgendwann in Vergessenheit geriete. CHRISTOPH BARTMANN
ARNE DAHL: Totenmesse. Kriminalroman. Aus dem Schwedischen von Wolfgang Butt. Piper Verlag, München 2009. 403 S., 19, 95 Euro.
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