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Das Bundesverfassungsgericht gilt als großer Innovator. Dieses dominante Bild ergänzt der Essay, motiviert durch das 70. Jubiläum des Bundesverfassungsgerichts, um die These eines konservativen Gerichts. In einigen Bereichen scheint das Gericht eher als Konservator denn als Innovator aufzutreten. Entgegen der vorherrschenden Auffassung zeigen die Autoren auf, dass, wo und warum das Bundesverfassungsgericht konservativ und konservierend judiziert. Sie ergänzen damit die dominante Erzählung vom Gericht als Treiber dogmatischer Neuerungen durch die bisher unterbelichtet gebliebene Perspektive des…mehr

Produktbeschreibung
Das Bundesverfassungsgericht gilt als großer Innovator. Dieses dominante Bild ergänzt der Essay, motiviert durch das 70. Jubiläum des Bundesverfassungsgerichts, um die These eines konservativen Gerichts. In einigen Bereichen scheint das Gericht eher als Konservator denn als Innovator aufzutreten. Entgegen der vorherrschenden Auffassung zeigen die Autoren auf, dass, wo und warum das Bundesverfassungsgericht konservativ und konservierend judiziert. Sie ergänzen damit die dominante Erzählung vom Gericht als Treiber dogmatischer Neuerungen durch die bisher unterbelichtet gebliebene Perspektive des Konservatismus in der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. Der Essay entwickelt dazu eine Skala des dogmatischen Konservatismus: Vom Bewahren und Beharren über das Bremsen bis hin zum Musealisieren. In vier ausgewählten Themengebieten - der Staatsrichtung der Grundrechte, dem Staatskirchenrecht, dem Verhältnis zur Gubernative und der europäischen Integration - analysieren die Autoren zentrale Judikate mithilfe dieser Skalierung. Sie beziehen dabei zugleich die hinter der Dogmatik stehenden strategischen und (staats)politischen Erwägungen der Karlsruher Rechtsprechung mit ein.
Autorenporträt
Geboren 1982; Studium der Rechtswissenschaft in Freiburg i.Br., Genf, Berlin (HU) und New York (NYU); 2011 Promotion; 2019 Habilitation; seit 2019 Lehrstuhlvertreter an den Universitäten Köln, Göttingen, Heidelberg und Marburg.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Wolfgang Janisch lässt sich von den Rechtswissenschaftlern Andreas Kulick und Johann Justus Vasel Karlsruhes konservative Seite ausleuchten. Zum 70. des Bundesverfassungsgerichts werden für Janisch so seine Sicht auf das Staatskirchenrecht und die Neigung Karlsruhes erkennbar, der Exekutive ein zu großes Gewicht einzuräumen, siehe Corona-Krise. Auch das Europa-Kapitel findet Janisch aufschlussreich, wenn auch nicht sehr überraschend, zeigt es doch, inwieweit Karlsruhe den deutschen Staat vor einem übermächtigen Europa in Schutz zu nehmen sucht. Dass Karlsruher Recht nicht nur Innovation bedeutet, nimmt Janisch als Lehre aus der Lektüre mit.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.09.2021

Die Bremser
aus Baden
Zwei Juristen sehen konservative
Züge beim Verfassungsgericht
Das Bundesverfassungsgericht wird zum 70. Geburtstag aus allen Blickwinkeln betrachtet, da liegt es nahe, das gern als fortschrittlich gelobte Gericht einmal von seiner konservativen Seite zu beleuchten. Diesen Versuch haben die Rechtswissenschaftler Andreas Kulick und Johann Justus Vasel unternommen, mit ihrem Essay „Das konservative Gericht“. Augenfällig wird der Konservatismus nach Ansicht der Autoren etwa im Staatskirchenrecht. Mit dem weiten Spielraum, den das Gericht etwa katholischen Einrichtungen bei der Kündigung geschiedener Mitarbeiter einräumen wollte, habe das Gericht „die einseitige Privilegierung kirchlicher Interessen“ perpetuiert. Ein kirchliches Selbstbestimmungsrecht, das auf Kosten des Grundrechtsschutzes gehe – dies sei kaum noch zeitgemäß. Ausdruck einer konservativen Staatstheorie sei zudem das strukturelle Übergewicht, das Karlsruhe der Regierung in der parlamentarischen Demokratie gewähre. Handfeste Auswirkungen habe dies während der Pandemie gehabt, die letztlich eine zu lange Stunde der Exekutive gewesen sei: Das Gericht habe der Regierung eine breite „Einschätzungsprärogative“ gewährt, anstatt den Grundrechtsbeschränkungen mit einem dichteren Kontrollmaßstab entgegenzutreten.
Breiten Raum nimmt ein Kapitel zu Europa ein. Wenig überraschend finden die Autoren im Bestreben des Gerichts, deutsche Staatlichkeit gegen europäische Integration zu imprägnieren, besonders ausgeprägte konservative Elemente. „Auf nahezu allen Feldern fließt hier Konservierendes zu einem Amalgam zusammen: Staats- und Souveränitätsfixiertheit, Demokratie- und Identitätsschutz.“ Gleichzeitig gehe das Gericht hier aber mit innovativen dogmatischen Instrumenten zu Werke, namentlich mit dem sehr weit gefassten „Grundrecht auf Demokratie“, ein Türöffner für Europaklagen. Sie nennen es „Innovation zum Zwecke der Konservation“.
Das Beispiel zeigt freilich, dass der Erkenntnisgewinn aus dem Fokus auf das konservative Gericht überschaubar bleibt. Gewiss ist die Karlsruher Europa-Rechtsprechung konservativ. Aber ob darin ein – noch dazu kritikwürdiges – Bremsen des voranschreitenden Integrationsprozesses zu sehen ist, hängt letztlich von einer Prämisse ab, die nicht jeder Autor gleich formulieren wird. Nämlich vom Maß der angestrebten Integrationstiefe. Wer am Horizont den europäischen Bundesstaat sieht, der wird bereits ausbleibende Beschleunigung als Bremsmanöver empfinden. Wichtig an dem Essay bleibt aber die Erkenntnis, dass eben nicht nur spektakuläre Innovation wie beim Klimaschutzbeschluss die Karlsruher Rechtsprechung kennzeichnet. Die Autoren zitieren den großen Rechtsgelehrten Konrad Hesse: Eine Verfassung müsse „Starrheit und Beweglichkeit“ aufweisen.
WOLFGANG JANISCH
Andreas Kulick,
Johann Justus Vasel:
Das konservative Gericht
Ein Essay zum 70. Jubiläum des Bundesverfassungsgerichts. Mohr Siebeck,
Tübingen 2021.
251 Seiten, 19 Euro.
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