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Zahlungsdaten lassen umfassende Rückschlüsse auf die Persönlichkeit der Zahlenden zu, insbesondere wenn sie mit anderen über die Privatheitsträger verfügbaren Daten kombiniert werden. Zugleich induziert eine Beschränkung des Bargeldes und damit des derzeit einzigen relativ-anonymen Zahlungsmittels ein Ausweichen auf bargeldlose Bezahlverfahren unter Preisgabe solcher Daten. Vor diesem Hintergrund zeigt Julian Eibl, dass in Gesellschaft und Politik vielfach diskutierte Bargeldbeschränkungen jedenfalls dann mit dem grundrechtlichen Schutz von Privatheit im deutschen und europäischen Recht…mehr

Produktbeschreibung
Zahlungsdaten lassen umfassende Rückschlüsse auf die Persönlichkeit der Zahlenden zu, insbesondere wenn sie mit anderen über die Privatheitsträger verfügbaren Daten kombiniert werden. Zugleich induziert eine Beschränkung des Bargeldes und damit des derzeit einzigen relativ-anonymen Zahlungsmittels ein Ausweichen auf bargeldlose Bezahlverfahren unter Preisgabe solcher Daten. Vor diesem Hintergrund zeigt Julian Eibl, dass in Gesellschaft und Politik vielfach diskutierte Bargeldbeschränkungen jedenfalls dann mit dem grundrechtlichen Schutz von Privatheit im deutschen und europäischen Recht unvereinbar sind, wenn sie umfassend wirken, also beispielsweise das Bargeld vollständig abschaffen. Für weniger weitreichende Beschränkungen wie Barzahlungsobergrenzen erörtert der Autor grundrechtsschonende Begleitmaßnahmen, die die Datenerhebung und -verarbeitung durch Private und den Staat begrenzen.
Autorenporträt
Geboren 1990; Studium der Rechtswissenschaft in München und Washington, D.C.; 2016 Erste Juristische Prüfung; 2016-19 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Kirchenrecht sowie Deutsches Staats- und Verwaltungsrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München; 2017 Forschungsaufenthalt an der University of California, Berkeley, CA; 2020 Promotion; seit 2019 Rechtsreferendar im Bezirk des OLG München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.02.2021

Recht auf Bargeld
Abschaffung wäre verfassungswidrig

Im Juni fand im Bundestag ein Fachgespräch über die Nutzung des Bargelds in Deutschland statt. Dabei wurde deutlich, dass der Anteil der Barzahlungen jährlich um ein Prozent sinkt. In der Pandemie beschleunigt sich diese Entwicklung noch. Dabei hat Bargeld viele Vorteile. Es ist "geprägte Freiheit", bewahrt die Privatsphäre, funktioniert ohne Strom und schützt vor Negativzinsen. Allerdings sind die Materialkosten bei Ein- und Zwei-Cent-Münzen hoch. Deshalb wird darüber nachgedacht, sie abzuschaffen. Das würde wohl kaum jemanden stören. Der 500-Euro-Schein ist bereits ausgelaufen. Die damit erhofften Ziele bei der Kriminalitätsbekämpfung haben sich bislang nicht erfüllt. Was aber ist mit den anderen Münzen und Scheinen, dürfte man diese abschaffen?

Nun schaltet sich ein Jurist mit einer interdisziplinären Untersuchung in die Debatte ein und entwickelt neue gewichtige Argumente. Sie stammen vor allem aus dem Verfassungsrecht. Julian Eibl meint, dass eine totale Abschaffung unzulässig sei, da anonymes Bezahlen dann unmöglich wäre. Wer Buchgeld nutzt, hinterlässt Zahlungsdaten. Deren Verknüpfung mit anderen Daten bezeichnet Eibl als Gefährdungspotential für Privatpersonen. Es bestünden dann umfangreiche Möglichkeiten sowohl des Staates als auch Privater, gewisse Rückschlüsse auf persönliche Verhältnisse, Gewohnheiten und Charaktereigenschaften zu ziehen. Als Beispiel nennt er die elektronische Zahlung bei einer Eheberatung oder den Kauf eines politischen Buches.

Seine klugen Argumente lassen sich teilweise auch auf Papierzeitungen und den terrestrischen Empfang von Rundfunk und Fernsehen übertragen. Gäbe es all das nicht mehr, könnte sich fast niemand mehr anonym informieren. Dagegen hält Eibl kleinere Bargeldbeschränkungen, wohl auch die Abschaffung des 500-Euro-Scheins, für zulässig. Das Anonymisierungsargument verliert allerdings an Überzeugungskraft, wenn man sieht, wie viele Menschen persönliche Daten gedankenlos an Digitalunternehmen verschenken. Manche Geschäftsmodelle funktionieren nur dank eines solchen Exhibitionismus, wie in China zu beobachten ist. Auch in Schweden wird fast nur noch bargeldlos bezahlt. Aber die Deutschen sind anders. Sie hängen an einer der klügsten Erfindungen der Menschheitsgeschichte, dem Bargeld. Der Jurist Eibl zeigt nun: mit Recht.

JOCHEN ZENTHÖFER

Julian Eibl: Privatheit durch Bargeld?, Mohr Siebeck, Tübingen 2020, 546 Seiten, 119 Euro.

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