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„Lebt wohl, Cowboys“ – das Debüt der Kroatin Olja Savicevic
Manche Klappentexte legen eine falsche Fährte. So die Sätze, mit denen der Verlag das Roman-Debüt „Lebt wohl, Cowboys“ der 1974 geborenen Kroatin Olja Savicevic ankündigt. „Dada kehrt in ihren Heimatort an der dalmatinischen Küste zurück, um herauszufinden, warum sich ihr Bruder Daniel umgebracht hat“, heißt es da, doch der Leser wird keineswegs Zeuge einer Spurensuche, die sich zu einem dramatischen Racheakt hochschraubt. Zwar wird der Tod des Bruders am Ende glaubhaft begründet – Halbstarke und ein vereinsamter Professor spielen dabei eine Rolle –, aber Savicevics Buch ist alles andere als ein Krimi, sondern eines von den Büchern, in denen eine empfindsame weibliche Seele ihre Welt reflektiert.
„Ich ging in den Flur hinaus und schloss die Fensterläden zur Hälfte, denn der warme Wind hatte sich in die Straßen geschlichen, brachte in Stößen Staub und Nadeln aus dem Park und schlug gegen die Fenster. Draußen rief noch immer der Steinkauz und das Meer stieg und die Kirche läutete einmal zur halben Stunde.“ Die Sätze der Ich-Erzählerin Dada quellen über von Eindrücken, Vergleichen und Metaphern, die Handlung selbst ist rasch zusammengefasst: Dada kehrt als gescheiterte Studentin aus Zagreb in ihren kroatischen Geburtsort zurück, der noch seinen schäbigen Kern und verschmutzten Hafen besitzt, dessen Außenringe aber mittlerweile von Touristen und russischen Jachten okkupiert sind. Der Vater ist tot, die Mutter lethargisch und die Schwester zu einer Zynikerin geworden. Dada erinnert sich an die kindlich-brutalen Cowboy-und-Indianer-Spiele, in denen sie sich den Namen der furchtlosen Generalin Rusty erobert hat, lässt ihre Liebschaften Revue passieren und schaut unter jeden Stein, um herauszufinden, warum sich Daniel vor einen Zug geworfen hat.
„Ich kann nicht sagen, dass mir schöne Menschen besonders gefallen oder mich anziehen, aber ich mag ihre Schönheit.“ Oder: „Hast du gewusst, dass Knurrhähne sich mausern, wenn sie vom Norden in den Süden zurückkommen?“ Die Hingabe, mit der sie ihre Gedanken schweifen lässt, mögen diese auch noch so trivial sein, veranlasst die Erzählerin zu der selbstkritischen Bemerkung: „Manchmal erzähle ich solchen Blödsinn zur Unterhaltung.“ Die Figuren, denen Dada begegnet, dürfen nicht spucken, ohne dass die Spucke präzise einen Käfer trifft, der im Sand kriecht, und sie unterhält sich mit keinem Mann, ohne seine Augen mit denen eines Dingos zu vergleichen.
So schön viele ihrer lyrischen Bilder auch sind – Dadas Abschweifungen bremsen das Erzähltempo zu stark aus. Und weil Dialoge hier selten mehr sind als banale Wortwechsel, bleiben auch die Nebenfiguren gesichtslos. Olja Savicevic, die bisher durch Lyrik und einen Erzählband aufgefallen ist, verfügt zweifellos über ein beachtliches Sprachtalent. Bei „Lebt wohl, Cowboys“ drängt sich jedoch der Verdacht auf, dass sie den Plot nur als Gerüst benutzt, um ihre Bilder daran aufzuhängen. Mehr Lakonie und Stringenz hätten dem Roman nicht geschadet. ANTONIA KURZ
OLJA SAVICEVIC: Lebt wohl, Cowboys. Aus dem Kroatischen von Blazena Radas. Verlag Voland & Quist, Dresden und Leipzig 2010. 220 Seiten, 19,90 Euro.
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