Über keinen anderen Politiker sind so viele Klischees im Umlauf wie über den britischen Premierminister Boris Johnson. Man hat ihn als Clown oder als englischen Zwilling von Donald Trump dargestellt. Inzwischen kann jeder sehen, wie weit dieses Bild von der Wirklichkeit entfernt ist. Gegen enorme Widerstände hat Johnson den Brexit durchgesetzt, die britische Parlamentswahl mit einem Erdrutschsieg gewonnen und sich als erfolgreichster bürgerlicher Politiker Westeuropas etabliert. Wie kein Konservativer vor ihm hat Johnson Anhänger im Arbeitermilieu gewonnen und damit die gesamte politische Landschaft umgepflügt. Jan Roß zeichnet in seinem Porträt eine vielschichtige, interessante Figur, ohne die Eskapaden und Abgründe zu beschönigen. Er erklärt die historischen Hintergründe von Johnsons Politik - und zeigt, was für eine Chance darin für die Auseinandersetzung mit dem Populismus in Europa steckt. Der Brexit, so Roß, ist keine englische Kuriosität, sondern ein politisches Experiment, das weit über Großbritannien hinaus echte Aufmerksamkeit verdient. Wie auch immer Boris Johnsons abenteuerliche Geschichte ausgehen wird - die Geschichte seines Landes und unseres Kontinents hat er schon jetzt verändert.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensent Ulrich Schlie betont, dass Zeit-Redakteur Jan Ross mit seinem Buch über Boris Johnson keine Biografie vorlegt, sondern die Person Johnson nur locker umreißen möchte. Dank der Stilsicherheit des Autors und seiner außergewöhnlichen Beobachtungsgabe gelingt ihm dabei eine aufschlussreiche und spannende Charakterskizze, so Schlie. Diese zeigt Johnson unter anderem als einen Mann, der sein Wanken "zwischen Ehrgeiz und Schalkhaftigkeit" immer wieder als einen unterhaltsamen und eigentümlich eleganten Auftritt inszeniert. Wie er zu diesem Mann geworden ist, beschreibt der Autor ausführlich und anschaulich - Kindheit, Elternhaus und politischer Werdegang formen eine zutiefst ambivalente Persönlichkeit. Ross hält Johnson sicher nicht für den kompetenteste Staatschef seiner Zeit, aber für den "vielleicht interessantesten".
© Perlentaucher Medien GmbH
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Die Kunst des Zeichnens ist das Weglassen. Jan Ross ... beschränkt sich auf eine Charakterskizze, und weil er ein feinsinniger Beobachter und dazu ein glänzender Stilist ist, gelingt ihm dies fulminant. Ulrich Schlie Neue Zürcher Zeitung 20210301