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Die Konservative Revolution, Sammelbegriff für die antidemokratische intellektuelle Rechte in der Weimarer Republik, wird vielfach als Teil eines deutschen Sonderweges begriffen. Eckert geht der Frage nach, inwieweit sich der Begriff der Konservativen Revolution auch auf Frankreich anwenden läßt. Ausgangspunkt sind dabei generationsspezifische Erfahrungen und Parallelen in der Sozialisation der Protagonisten. Die Untersuchung der Jeune Droite und des Ordre Nouveau macht deutlich, in welchem Maße Frankreich eine mit der Weimarer Republik vergleichbare Radikalisierung und Infragestellung der…mehr

Produktbeschreibung
Die Konservative Revolution, Sammelbegriff für die antidemokratische intellektuelle Rechte in der Weimarer Republik, wird vielfach als Teil eines deutschen Sonderweges begriffen. Eckert geht der Frage nach, inwieweit sich der Begriff der Konservativen Revolution auch auf Frankreich anwenden läßt. Ausgangspunkt sind dabei generationsspezifische Erfahrungen und Parallelen in der Sozialisation der Protagonisten. Die Untersuchung der Jeune Droite und des Ordre Nouveau macht deutlich, in welchem Maße Frankreich eine mit der Weimarer Republik vergleichbare Radikalisierung und Infragestellung der politischen Kultur erlebte. Aus der Presse: "Die Arbeit ist wertvoll durch die minutiöse Rekonstruktion der personellen Verflechtungen unter diesen engagierten Intellektuellen, ihrer organisatorischen Kommunikationszusammenhänge und ihrer ideologischen Entwicklung sowie durch die subtile Herausarbeitung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen den französischen `Nonkonformistes´und der deutschen `Konservativen Revolution´." Klaus-J. Müller, in: Das Historisch-Politische Buch 48 (2000), H.3
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.05.2001

Mitten zwischen den Extremen
Die Nonkonformisten in Frankreich während der dreißiger Jahre

Hans-Wilhelm Eckert: Konservative Revolution in Frankreich? Die Nonkonformisten der Jeune Droite und des Ordre Nouveau in der Krise der 30er Jahre. Studien zur Zeitgeschichte, Band 58. R. Oldenbourg Verlag, München 2000. IX, 267 Seiten, 78,- Mark.

Die ideengeschichtlich schillernde Konservative Revolution steht noch immer als Synonym für die Verirrungen des deutschen Geistes, für alles, was einst Kurt Sontheimer als "antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik" indizierte. Kenner der Materie, von Armin Mohler bis zu Stefan Breuer und Rolf Peter Sieferle, haben dagegen längst gezeigt, daß die Bewußtseinskrise in den zwanziger Jahren in Deutschland - das Unbehagen an positivistischem Fortschrittsglauben, die Kritik an Kapitalismus und industrieller Massengesellschaft, die Ablehnung der parlamentarischen Demokratie, kurz: die ideelle Revolte gegen das liberale System - gesamteuropäische Dimensionen hatte.

Im vorliegenden Buch macht Hans-Wilhelm Eckert den "Esprit des années 1930" (Jean Touchard) einem breiteren deutschen Publikum zugänglich. Es geht um jene als Nonkonformisten bezeichnete Intellektuellenzirkel, die ihre Position außerhalb der bestehenden Lager - des bürgerlichen Liberalismus und des klassenkämpferischen Sozialismus - definierten. Als Protagonisten einer antiliberalen Erneuerung Frankreichs traten drei Gruppierungen hervor: die "Jeune Droite", der "Ordre Nouveau" sowie der Kreis um "Esprit", das Organ des von Jacques Maritain inspirierten katholischen "Renouveau". In der "Jeune Droite" sammelten sich vor allem jüngere Dissidenten der "Action française", die an der neuheidnischen Ideologie des alten Charles Maurras Anstoß nahmen oder an dessen Taktik revolutionäre Dynamik vermißten. Autoren wie Jean Fabrègues, bis 1929 Privatsekretär von Maurras, und Jean-Pierre Maxence wandten sich dem Neuthomismus Maritains zu, der Nietzsche-Enthusiast Thierry Maulnier schrieb 1932 das Vorwort zur französischen Übersetzung von Moeller van den Brucks "Das Dritte Reich".

Deutlich tritt die Geistesverwandtschaft mit den antiliberalen Tendenzen in Deutschland bei den Herausgebern von "Ordre Nouveau" hervor. Hier trifft man neben Denis de Rougemont, dem Schüler Karl Barths, auf Alexandre Marc als integrierende Führungsfigur. Von Marc, dem jüdischen Großbürgertum Odessas entstammend und nach der Oktoberrevolution mit knapper Not dem Tod entkommen, übernahmen die Nonkonformisten die Doktrin des "Personalismus". Prägungen erfuhr Marc während des Studiums in Freiburg durch Edmund Husserl und aus dem Werk Max Schelers. Für den "Personalismus", der die in religiöser Wahrheit und in überschaubarer Gemeinschaft lebende Person gegen den bürgerlichen Individualismus und den kommunistischen Kollektivismus stellte, schöpfte er aus den Werken von William Stern, dem Vater des Philosophen Günther Anders, und von Eugen Rosenstock-Huessy, dem Breslauer Soziologen und geistigen Wegbereiter des Kreisauer Kreises.

Sahen die Nonkonformisten "Europa in Gefahr zwischen Moskauer Materialismus und New Yorker Utilitarismus" (Maxence), so erkannten sie, ungeachtet ihrer Ablehnung der Politik Briands, alsbald die französisch-deutsche Verständigung als europäische Kernfrage. Eine "heilige Allianz der Jugend" sollte nationalstaatliche Grenzen, Liberalismus und Kapitalismus überwinden. Dabei waren die Ausgangspositionen der jungen Aktivisten beiderseits des Rheins ursprünglich grundverschieden: in Deutschland das generationenübergreifende Gefühl der Demütigung angesichts der Kriegsniederlage und des "Diktats von Versailles", im ausgebluteten Frankreich das Gefühl der Jüngeren, als "überflüssige Generation" einer dekadenten, zu geistiger Regeneration unfähigen Nation anzugehören.

Nicht zufällig war man bei einem Treffen von Nonkonformisten und jugendbewegten Nationalrevolutionären jeglicher Schattierung im Februar 1932 von politischer Eintracht noch weit entfernt. Auch der "Tatkreis" um Hans Zehrer zeigte sich an Marcs Sympathien desinteressiert. Dennoch hielten die Nonkonformisten am Ziel eines besseren, föderalistischen Europa fest. Auf dem Weg dahin berührten und schieden sich die Geister: Die einen landeten über die von Otto Abetz, später Hitlers Botschafter in Paris, gestifteten Kontakte im Lager der Kollaboration, die anderen, darunter Freunde des charismatischen Nationalrevolutionärs Harro Schultze-Boysen ("Rote Kapelle"), gingen in die Résistance.

Wo also sind die Nonkonformisten historisch anzusiedeln? "Wir stehen weder rechts noch links", schrieb Ende 1932 Robert Aron von "Ordre Nouveau", "aber wenn man uns unbedingt in die parlamentarische Begrifflichkeit einordnen will, so betonen wir, daß wir uns in der Mitte zwischen der extremen Rechten und der extremen Linken befinden, hinter dem Präsidenten und mit dem Rücken zur Nationalversammlung." Ni droite, ni gauche - seit Zeev Sternhells Arbeiten über die revolutionäre Rechte in Frankreich gilt diese Parole als Markenzeichen des Faschismus. In seinem auf reichem Quellenmaterial fußenden Buch bringt Eckert einige Korrekturen an diesem Bild an: "Größere Gemeinsamkeiten" zeigten die Nonkonformisten "mit dem Gegner auf der Linken", von den Faschisten trennte sie ihre geringere Militanz. Mit dem Rassismus der Nationalsozialisten hatten sie nichts zu schaffen.

Eckerts Deutung des Phänomens eines intellektuellen Antiliberalismus bewegt sich dann wieder in konventionellen Bahnen, und so bleibt am Ende auch die Frage des Buchtitels offen: Waren die Nonkonformisten das französische Gegenstück zur deutschen konservativen Revolution?

HERBERT AMMON

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Herbert Ammon wendet sich eingangs seiner Rezension gegen die bis heute weit verbreitete These, es habe im Deutschland der zwanziger Jahre eine spezifisch antiliberale Stimmung gegeben - dies sei vielmehr ein in ganz Europa verbreitetes Phänomen gewesen. Belege für diese Einsicht findet Ammon auch im vorliegenden Buch, das antiliberale und neokonservative Tendenzen unter französischen Intellektuellen der Zeit untersucht. Drei Gruppierungen scheint Eckert dabei besonders herauszugreifen, die "Jeune Droite", den "Ordre Nouveau" und den Kreis um die linkskatholische Zeitschrift "Esprit". Ammon begnügt sich im folgenden mit einem Resümee von Eckerts Darlegungen: All diese Kreise hätten die zentrale Wichtigkeit der "französisch-deutschen Verständigung als europäische Kernfrage" erkannt - ihre Kontaktaufnahmen mit entsprechenden deutschen Gruppen scheinen allerdings nicht immer sehr erfolgreich verlaufen zu sein. Wenn man die Geschichte der Gruppen durch die Kriegszeit weiter verfolgt stellt sich im übrigen heraus, dass die "Nonkonformisten" keineswegs alle als Kollaborateure endeten - viele gingen auch in die Résistance. Ihre Losung "ni gauche ni droite" ("weder links noch rechts") sei also keineswegs als rein "faschistisches Markenzeichen" anzusehen. Hier begrüßt Ammon also einige fällige Nuancierungen über die intellektuellen Strömungen der Zeit. Abschließend bemerkt er allerdings, dass die Ausgangsfrage des Buch unbeantwortet bleibt: "Waren die Nonkonformisten das französische Gegenstück zur deutschen konservativen Revolution?"

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"Die Arbeit ist wertvoll durch die minutiöse Rekonstruktion der personellen Verflechtungen unter diesen engagierten Intellektuellen, ihrer organisatorischen Kommunikationszusammenhänge und ihrer ideologischen Entwicklung sowie durch die subtile Herausarbeitung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen den französischen `Nonkonformistes´und der deutschen `Konservativen Revolution´."Klaus-J. Müller, in: Das Historisch-Politische Buch 48 (2000), H.3