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Von den Mythen der Ureinwohner Hawaiis bis zur ersten Beschreibung des Wellenreitens durch den Seefahrer Captain Cook. Von den Briefen des Draufgängers Mark Twain, in denen er seine ersten Surfversuche beschreibt, bis zu der Hymne, die Jack London auf diesen »königlichen Sport« anstimmt. Von den Aussteigererfahrungen eines Daniel Duane bis zu dem besonderen Blick Tom Wolfes auf die Surfkultur und -sprache amerikanischer Teenager. Der Mythos Surfen lebt in diesem Buch fort für die Ewigkeit.

Produktbeschreibung
Von den Mythen der Ureinwohner Hawaiis bis zur ersten Beschreibung des Wellenreitens durch den Seefahrer Captain Cook. Von den Briefen des Draufgängers Mark Twain, in denen er seine ersten Surfversuche beschreibt, bis zu der Hymne, die Jack London auf diesen »königlichen Sport« anstimmt. Von den Aussteigererfahrungen eines Daniel Duane bis zu dem besonderen Blick Tom Wolfes auf die Surfkultur und -sprache amerikanischer Teenager. Der Mythos Surfen lebt in diesem Buch fort für die Ewigkeit.
Autorenporträt
Ralf Chudoba, geboren 1971 in Aachen. Studierte in Köln Deutsch und Englisch auf Lehramt. Statt zum Lehrerberuf gelangte er zur Literaturübersetzung und nach einer Handvoll übersetzter Romane zur schnelllebigen Filmübersetzung. Dieser ist er bis heute treu geblieben, seit 2009 als Mitbegründer und Geschäftsführer der Übersetzungs- und Untertitelungsfirma Subtext Berlin. Michael Zöllner, geboren 1969 in San Sebastian. Studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie in Köln, daneben an der Düsseldorfer Kunstakademie freie Malerei und Buchgestaltung sowie Schriftentwurf in Den Haag. 1996 gründete er den Tropen Verlag, der Anfang 2008 Imprint von Klett-Cotta wurde. Er ist Verlegerischer Geschäftsführer von Klett-Cotta. Mark Twain sah in seinen letzten Lebensjahren keine Möglichkeiten mehr, durch Reformen oder Revolutionen Veränderungen zu erreichen. Er, der Anti-Romantiker, der aufgeklärte Demokrat, der Spaßmacher und Idealist, begann die Welt gegen Ende seines Lebens mehr und mehr als einen Alptraum und als bloßen Schein zu verstehen. Und die Menschen, die in dieser Scheinwelt agierten, beschrieb er als Figuren, die einen vorgedachten Weg zu Ende gehen müssen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.07.2015

Für alle Welle

Der Sommer unserer Sommer: Der Bildband "Surfing San Onofre to Point Dume" versammelt Bilder von pazifischen Wellenreitern und einem Leben im kalifornischen Gegenlicht - und die Anthologie "Endloser Sommer" Texte von Mark Twain, Melville und anderen über das Surfen

Wenn Cary Grant auf Don James traf, riss er die Augen und den Mund auf, als wolle er laut schreien, aber schreien konnte er dann nicht mehr, denn Don James beugte sich über ihn und hatte einen spitzen Gegenstand in der Hand, den er ihm tief in den Mund schob. Hinterher saugte er mit einem Schlauch ein wenig Blut ab.

Das Gleiche tat Don James mit Clark Gable, denn Don James war Zahnarzt. Er war ein guter Zahnarzt, und weil er seine Praxis in Beverly Hills hatte, wurde er schnell das, was man einen Prominentenzahnarzt nennt: Halb Hollywood ließ sich bei Don James in den fünfziger Jahren die Zähne machen, und obwohl er relativ jung war, hatte er, als er zum besten Zahnarzt der Westküste wurde, schon ein Leben hinter sich, aus dem ein paar seiner Klienten drei Filme machen konnten. Als er sich 1996 umbrachte, weil er zu erblinden drohte, hinterließ Don James ein Werk, das bis dahin kaum jemand kannte: In den Jahren von 1936 bis 1942 hatte er, als 15- bis 21-Jähriger, seine Zeit an den Stränden zwischen San Onofre und Point Dume verbracht, er hatte die Jugendlichen fotografiert, die in den Zeiten der Weltwirtschaftskrise auf Arbeit warteten - was sie, weil sie in Los Angeles lebten, am Strand taten, wo sie ihr Mittagessen am Pier fischten und in alten T-Modellen schliefen und tagsüber die Zeit mit Wellenreiten verbrachten.

Von diesem Leben, das einerseits ein prekäres Leben arbeitsloser Jugendlicher und andererseits ein von warmem kalifornischem Sonnenlicht umspültes, hedonistisches Dasein am Meer war, erzählen die Bilder, die Don James damals mit einer Kamera machte - einer Kamera, die er in einem wasserdichten Mahagoni-Gehäuse mit in die Wellen nahm. Man sieht auf diesen Bildern, wie sich die dunkle, glatte Fläche des scheinbar reglosen Pazifiks plötzlich wellt, wie die Wellen hereinkommen in die Bucht und wie die Surfer auf diesen kleinen, aber kräftigen Wellen wie Statuen aus einem Gemälde von de Chirico an Land gleiten.

Man erkennt auch die ungeheure Eleganz der Sache, die Spannung und den perfekten Punkt, den jemand erwischt hat und jetzt von der gebündelten Kraft eines ganzen Ozeans nach vorn getrieben wird; man sieht verbrannte Haut und weiße Zähne und lange Wimpern unter salzig verzotteltem Haar und Muskeln unter brauner Haut und leere Bierflaschen und eine insgesamt überhitzte, salzige und angetrunkene Welt, die von Gischt und kaltem Pazifikwasser wieder reingewaschen wird. Man sieht Menschen, die gern feiern und sich morgens in den Wellen verausgaben und danach das Gefühl haben, für den Tag genug getan zu haben, und gegen elf Uhr morgens in den Sand fallen und im Schatten eines dort geparkten Ford T schlafen, man sieht diese Surfer dann später, im Abendlicht, nackt eine Düne hinunterrollen. Man sieht Surferinnen, die in übergroßen T-Shirts tanzen, und man denkt, dass diese Aufnahmen in etwa aus dem Jahr 1988 und nicht von 1938 stammen müssen, und es wirkt vollkommen unglaublich, dass in dem exakt selben Moment, in dem diese Menschen hier mit ihren baumlangen Longboards im Line-up saßen und zusammen Hummer grillten und über allem ein entspanntes, salziges Gegenlicht lag, auf der anderen Seite der Welt jüdischen Händlern die Scheiben eingeworfen wurden.

Der Krieg erreichte den kalifornischen Strand 1942. "Es war ein milder Sonntag", schrieb James über das Ende dieser Tage, "und wir hörten von dem Angriff auf Pearl Harbour im Radio. Wir zahlten damals sechzig Dollar Miete, geteilt durch drei, das Leben war gut. Und dann änderte sich alles. Wir wussten, dass wir in den Krieg ziehen würden." Die Bilder, die er damals gemacht hatte, wurden erst 1998 in dem Buch "Surfing San Onofre to Point Dume" veröffentlicht, das jetzt wieder bestellbar ist. Nach dem Krieg wurde er Zahnarzt, fotografierte aber weiter, und zwar, was neu war, vom Wasser aus: Er war dabei, als die Surfspots Waimea Bay und Pipeline 1957 und 1961 zum ersten Mal gesurft wurden, er veröffentlichte in "Life", "Time" und "Sports Illustrated", und seine Bilder wurden Covermotive auf den vielen Surfmagazinen, die erschienen, als das Wellenreiten in der Folge des Jugendromans "Gidget" über ein surfendes Mädchen in Malibu und der Musik der Beach Boys in Kalifornien zum Massensport wurde.

Wie es dazu kam, schildern die Autoren der Anthologie "Endloser Sommer", Ralf Chudoba und Michael Zöllner, im Vorwort ihres Bandes, der die unterschiedlichsten literarischen Texte zum Surfen versammelt. Von Anfang an wussten Europäer nicht recht, was sie von den Hawaiianerinnen und Hawaiianern halten sollten, die sichtbar nur zu ihrem Vergnügen durch die Wellen paddelten. James Cook überlegt, was Europa Ähnliches kenne, und ihm fällt "nur das Schlittenfahren" ein. Der Hedonismus des Wellenreiters empörte vor allem die Kirche: "Mit dem Fortschreiten der Zivilisierung lässt sich der Rückgang und die Einstellung der Benutzung des Surfbretts durch die Zunahme von Sittsamkeit, Fleiss und christlichem Glauben erklären", notierte 1847 der Prediger Hiram Bingham. Andere wollten die Teufelei des großen Rauschs selbst erleben: Mark Twain versuchte es, aber "in der nächsten Sekunde schlug das Brett ans Ufer, allerdings ohne Fracht, während ich mit ein paar Fässern Wasser im Bauch auf Grund schlug".

Für Jack London war der hawaiianische Surfer "ein brauner Merkur, er ist gelassen, bewegungslos", während London es "eine geschlagene Stunde lang probiert und nicht eine einzige Welle davon überzeugen kann", ihn an Land zu bringen. Er schreibt über "diese gewaltige Kraft, deren Ausdruck Wildheit, Gischt und Getöse sind", und über den "königlichen Sport für die natürlichen Könige der Erde", den er von übertriebenen Moralvorstellungen bedroht sah. Seine Freunde gründeten daraufhin 1908 gewissermaßen als Schutzprogramm für bedrohte Sportarten den ersten Surfclub der Welt, den "Outrigger Canoe and Surfboard Club" in Waikiki - was laut der Autoren der "Beginn des Massentourismus auf Hawaii" war: "Schon 1911 sprach mancher von einer Überfüllung Waikikis." Der hawaiianische Olympiaschwimmer Duke Kahanamoku brachte das Surfen schließlich in alle Welt; spätestens mit ihm wurden Surfer wie Halbgötter gefeiert, die die abenteuerliche Aura von Cowboys mit dem Rebellentum von Indianern verbinden - mit der Folge, das jeder einer werden wollte. Tom Wolfe machte sich in den sechziger Jahren in seiner Reportage über die "Pump House Gang" lustig, die Kinder aus der wohlhabenden Mittelschicht Kaliforniens, die am Strand einen auf gefährlich und unbändig machten, was die nicht gerne lasen, "Tom Wolfe is a dork", stand kurz danach an ihrem Haus - Tom Wolfe ist ein Trottel.

Die radikalisierten zwei Daseinstempi des Surferlebens, die Mischung aus Entspannung und Gefährdung, Klarheit und Versandung, Tempo und Verlangsamung, aus extremen Kraftakten im Wasser und endlosem Herumhängen an Land, prägt als Atmosphäre auch die Romane des 1948 geborenen Surfers und Schriftstellers Kem Nunn, die in Auszügen ebenfalls in diesem Band zu lesen sind - Geschichten von Jugendlichen, die sich in den Wellen selbst zu finden versuchen, und von ramponierten Gestalten, die nur noch die Schönheit und Klarheit der immer neuen, unberührten Welle aus ihrem Sumpf retten kann und das Gegenlicht und die Gischt, die den unschönen Realitäten ihre Form nehmen und ihren Schrecken.

NIKLAS MAAK

Ralf Chudoba, Michael Zöllner (Hrsg.): "Endloser Sommer. Ein literarischer Surftrip". Tropen-Verlag, 231 Seiten, 14,95 Euro

Don James: "Surfing San Onofre to Point Dume 1936-1942". San Francisco Chronicle Books, 144 Seiten, 24,95 Euro

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