"Der Nordatlantik ist kein gemütliches Segelrevier. Schon gar nicht im Winter. Erst recht nicht auf 68 Grad nördlicher Breite vor der Küste Norwegens, knapp oberhalb des Polarkreises. Keiner weiß das besser als Arved Fuchs, der Entdecker, Abenteurer und Seemann. Und dennoch lockt Fuchs genau im Winter dieses Ziel: eine Inselgruppe im Nordatlantik vor der norwegischen Nordwestküste. Mitten in der Polarnacht segelt Fuchs zu den Lofoten - um dem ""Gold der Meere"" zu folgen, dessen Ruf seit Jahrhunderten und bis heute tausende Berufs- und Freizeitfischer erliegen: dem Kabeljau. Auf seiner winterlichen Reise von Bergen nach Tromsø fragt Fuchs nach Geschichte und Gegenwart, aber auch nach der Zukunft der Fischerei - von Fischerkrieg bis Nachhaltigkeit. Die Schönheit der Landschaft, die Besonderheit des Segelns im Winter, das spezielle Licht - all dies wurde von Harald Schmitt, sechsmaligem Gewinner des World Press Photo Awards, eingefangen. Die Fotos ergänzen kongenial die Texte von Arved Fuchs und Peter Sandmeyer. "
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2013Wiegende Wellen auf finsterer See
Kopfschütteln und Stirntippen habe er geerntet, als er Bekannten und Freunden von seinem Plan erzählt habe, im Winter mit einem umgebauten alten Kutter durch den eiskalten Wind des Nordatlantiks zu der norwegischen Inselgruppe der Lofoten zu segeln, schreibt Peter Sandmeyer. Aber dass man Arved Fuchs nicht auf einen Sonntagsausflug begleitet, dürfte klar sein. Schließlich trägt fast jede von dessen Expeditionen den Kern der Unbehaglichkeit in sich. Sich zu Fuß zum Norpol durchzuschlagen oder im Faltboot winters Kap Horn zu umfahren ist ja auch keine reine Freude. Das spontane Frösteln über solche Aktionen schließt aber nicht aus, dass man sich einen spannenden Bericht darüber in der wohligen Wärme der eigenen vier Wände mit großer Behaglichkeit zu Gemüte führt. Es kommt nur auf die richtige Distanz an, die in den beeindruckenden Farbfotografien des mehrfachen Gewinners des "World Press Photo Award", Harald Schmitt, selten unterschritten wird. An den wogenden Atlantik im Hintergrund der meisten Bilder gewöhnt man sich schnell, allein wegen des stoischen oder einfach nur vereisten Gesichtsausdrucks der Besatzungsmitglieder. Ein Bild jedoch erschreckt einen dann doch: eine Riesenwelle, die das halbe Schiff überschwemmt. Erspart wird einem zum Glück auch das Interieur der Kojen, denn selbst ein deutscher Standardsarg ist größer. Überhaupt wird man den klärenden Geruch von Frischluft nach Lektüre des Buchs wieder zu schätzen wissen, denn die Ausdünstungen von zum Trocknen aufgehängter Wäsche oder die des Stockfischs in einer Fertigungshalle durchziehen das Buch als gruseliges Leitmotiv. Die Enge und die Zumutung freilich sind immer nur der Kontrast zu dem befreienden Gefühl der Weite, das sich in den Fotografien widerspiegelt, und magisch wird es, wenn die unglaublichsten Lichteffekte in den wenigen Sonnenstunden des nordnorwegischen Winters ins Spiel kommen, vor allem das Nordlicht, das nach altem Glauben die Kabeljauströme anzieht. Dieses "Gold der Meere", das in getrockneter Form tonnenweise als Fastenspeise nach Südeuropa exportiert wird, während die Fischköpfe als Suppengrundlage nach Afrika gehen, ist die eigentliche Hauptfigur dieses einnehmenden Buches, das immer wieder durch Parallelstellen aus einem historischen Fischer-Roman und durch Berichte über aktuelle Probleme und globale Zusammenhänge der Kabeljau-Fischerei flankiert wird.
uweb
"Polarlicht in den Segeln. Eine Winterreise zu den Lofoten" von Arved Fuchs und Peter Sandmeyer. Mit Fotosgrafien von Harald Schmitt. Delius Klasing Verlag, Bielefeld 2013. 144 Seiten, zahlreiche Fotos. Gebunden, 29,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Kopfschütteln und Stirntippen habe er geerntet, als er Bekannten und Freunden von seinem Plan erzählt habe, im Winter mit einem umgebauten alten Kutter durch den eiskalten Wind des Nordatlantiks zu der norwegischen Inselgruppe der Lofoten zu segeln, schreibt Peter Sandmeyer. Aber dass man Arved Fuchs nicht auf einen Sonntagsausflug begleitet, dürfte klar sein. Schließlich trägt fast jede von dessen Expeditionen den Kern der Unbehaglichkeit in sich. Sich zu Fuß zum Norpol durchzuschlagen oder im Faltboot winters Kap Horn zu umfahren ist ja auch keine reine Freude. Das spontane Frösteln über solche Aktionen schließt aber nicht aus, dass man sich einen spannenden Bericht darüber in der wohligen Wärme der eigenen vier Wände mit großer Behaglichkeit zu Gemüte führt. Es kommt nur auf die richtige Distanz an, die in den beeindruckenden Farbfotografien des mehrfachen Gewinners des "World Press Photo Award", Harald Schmitt, selten unterschritten wird. An den wogenden Atlantik im Hintergrund der meisten Bilder gewöhnt man sich schnell, allein wegen des stoischen oder einfach nur vereisten Gesichtsausdrucks der Besatzungsmitglieder. Ein Bild jedoch erschreckt einen dann doch: eine Riesenwelle, die das halbe Schiff überschwemmt. Erspart wird einem zum Glück auch das Interieur der Kojen, denn selbst ein deutscher Standardsarg ist größer. Überhaupt wird man den klärenden Geruch von Frischluft nach Lektüre des Buchs wieder zu schätzen wissen, denn die Ausdünstungen von zum Trocknen aufgehängter Wäsche oder die des Stockfischs in einer Fertigungshalle durchziehen das Buch als gruseliges Leitmotiv. Die Enge und die Zumutung freilich sind immer nur der Kontrast zu dem befreienden Gefühl der Weite, das sich in den Fotografien widerspiegelt, und magisch wird es, wenn die unglaublichsten Lichteffekte in den wenigen Sonnenstunden des nordnorwegischen Winters ins Spiel kommen, vor allem das Nordlicht, das nach altem Glauben die Kabeljauströme anzieht. Dieses "Gold der Meere", das in getrockneter Form tonnenweise als Fastenspeise nach Südeuropa exportiert wird, während die Fischköpfe als Suppengrundlage nach Afrika gehen, ist die eigentliche Hauptfigur dieses einnehmenden Buches, das immer wieder durch Parallelstellen aus einem historischen Fischer-Roman und durch Berichte über aktuelle Probleme und globale Zusammenhänge der Kabeljau-Fischerei flankiert wird.
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"Polarlicht in den Segeln. Eine Winterreise zu den Lofoten" von Arved Fuchs und Peter Sandmeyer. Mit Fotosgrafien von Harald Schmitt. Delius Klasing Verlag, Bielefeld 2013. 144 Seiten, zahlreiche Fotos. Gebunden, 29,90 Euro.
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