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Sein »Schmerzenskind« hat Glauser seinen Roman über die Fremdenlegion genannt. Als er acht Jahre nach seiner Entstehung schließlich in einer Zeitschrift erschien, musste er um siebzig Seiten gekürzt werden. Außerdem begann Glauser, den die Zeit in der Legion nie losließ, ganze Teile des Werkes neu zu schreiben. Es ging ihm in der Schilderung jenes entlegenen Militärpostens im südlichen Marokko um keine geringere Frage als die, was der Mensch sei und was ihn umtreibe.

Produktbeschreibung
Sein »Schmerzenskind« hat Glauser seinen Roman über die Fremdenlegion genannt. Als er acht Jahre nach seiner Entstehung schließlich in einer Zeitschrift erschien, musste er um siebzig Seiten gekürzt werden. Außerdem begann Glauser, den die Zeit in der Legion nie losließ, ganze Teile des Werkes neu zu schreiben. Es ging ihm in der Schilderung jenes entlegenen Militärpostens im südlichen Marokko um keine geringere Frage als die, was der Mensch sei und was ihn umtreibe.
Autorenporträt
Friedrich Glauser, geboren 1896 in Wien als Sohn einer Österreicherin und eines Schweizers, führte ein rastloses Leben. Unzählige Orte und Stationen säumten seinen Weg, darunter Erziehungsheime, Gefängnisse und psychiatrische Kliniken. Friedrich Glauser lebte in Frankreich, Belgien und Italien, war lange Zeit morphiumsüchtig, verbrachte einige Jahre in der Fremdenlegion und nahm teil an der Dadaismus-Bewegung in Zürich. Er starb 1938 in Nervi bei Genua.

Bernhard Echte, geboren 1958, ist Literaturwissenschaftler, Publizist und freier Kurator. Bis Ende 2006 war er Geschäftsführer des Robert-Walser-Archivs sowie Mitglied im Vorstand der Robert-Walser-Gesellschaft. Er lebt in Wädenswil bei Zürich.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.01.1998

Der Legionär
Friedrich Glausers "Gourrama" Von Harald Hartung

Im letzten Kapitel von "Gourrama" lesen wir von einem Frühlingstag in den zwanziger Jahren. Lös, der aus dem Dienst entlassene Fremdenlegionär, abgerissen, mittellos, weil ohne Pension, will in Paris einen neuen Anfang machen. Eben hat er einem Kellner den Rest seiner Abenteuer erzählt, da kommt er an einer Buchhandlung vorbei, und ein Titel leuchtet ihm entgegen: "Le temps retrouvé - Die wiedergefundene Zeit".

Ein Leutnant, so erinnert er sich, hatte ihm seinerzeit die Nachricht vom Tode Prousts mitgeteilt, und Lös beschließt, diesen Lartigue, der vor ihm nach Paris abgereist ist und ihm seine Adresse gegeben hat, im vornehmen Auteuil aufzusuchen. Schließlich sitzt Lös, von Lartigue mit einem Fünfzig-Franc-Schein hinauskomplimentiert, auf einer Bank und bemerkt, daß er den linken Zeigefinger noch immer zwischen die Seiten des gekauften Buches geklemmt hat. Er schlägt es auf und liest die Stelle, an der Proust davon spricht, unser Verlangen, die Zeit sich ändern zu sehen, sei nicht weniger ungeheuerlich als unser Verlangen, das Herz sich ändern zu sehen.

Lös nimmt den Satz als Wahrspruch für seine Existenz: "Also. Die Zeit ändert sich nicht, die Herzen ändern sich nicht. Was ändert sich? Die Umgebung. Gourrama, ein kleiner Posten, nur schwer auf einer Landkarte zu finden, Menschen darin - ein Mensch vor allem, ein Freund, ein Kamerad . . ." Da verlassen wir den Exlegionär Lös auf seiner Bank und fragen uns, was wir da gelesen haben: einen exotistischen Legionsroman, eine raffinierte Proust-Pastiche oder einfach eine Reihe faszinierender und ergreifender Erzähltableaus? In jedem Fall endlich - sechs Jahrzehnte nach seiner Entstehung - diejenige Fassung von Glausers Buch, die den Intentionen des Autors am nächsten kommt. Denn jetzt, da wir noch weitere zweihundert Seiten vor uns haben, beginnt ein anderer Roman, der Roman des Romans. Der Leser muß ihn aus dem mitgeteilten Material zusammenfügen: aus Nachwort und editorischem Bericht, aus den vielen Fragmenten, in denen die Kürzungen und Streichungen von Glausers und fremder Hand vermerkt sind.

Friedrich Glauser, dem 1936 mit seinem "Wachtmeister Studer" der Durchbruch als Autor gelang, sah in "Gourrama" seinen "Erstling". Zwar hatte er in den zwanziger Jahren schon einiges veröffentlicht, doch "Gourrama" sollte nach seinem Willen ihn endlich aus dem Teufelskreis der Abhängigkeiten - Vormundschaft, Psychoanalyse, Drogen - befreien. 1928 kündigt Glauser seine Gärtnerstelle in Basel, nahm ein Darlehen des Schweizerischen Schriftstellervereins und ging daran, seine eigene Legionärszeit (1921 bis 1923) in einem Roman zu verarbeiten.

Die Arbeit ging zunächst voran, doch dauerte es mehr als neun Jahre, bis der Roman erschien - Jahre äußerster materieller Schwierigkeiten, mit Schreibschüben und Rückfällen in die Opiumsucht sowie vergeblichen Versuchen, einen Verlag zu finden. Glauser schien resigniert und verschenkte Durchschläge des Manuskriptes, als ein Freund die Redaktion einer Wochenzeitschrift übernahm. Der Zeitungsdruck setzte Kürzungen und Streichungen voraus, verlangte formale wie auch inhaltliche Rücksichten, löste im Autor aber auch einen wahren Verbesserungsfuror aus.

Das Schreibproblem bestand darin, dem Stoff die autobiographische Attitüde - den "Rimbaud-Schimmer", wie Glauser es nennt - auszutreiben und das Imponiergehabe des Legionsromans in eine diskrete dichterische Magie zu überführen. Die Arbeit am Kriminalroman hatte Glauser gelehrt, alle auftrumpfende Bedeutsamkeit zu eliminieren und sich auf die Wirkung der "paar kleinen Sachen" zu verlassen. Es sind dies für ihn: "Der Marsch, der kleine Schneider, die Szene zu Anfang im Puff, die Leute, die sich gegenseitig anlügen im Hofe der Verwaltung, der Schneiderkorporal, der im Suff seine Bude ausräumt, die winzige Geschichte mit Zeno und mit ihrem Vater auf dem Dach des Hauses".

Die neue, die vollständige Edition ergänzt, was aus bestimmten Rücksichten in den bisherigen Buchausgaben fehlte, und restituiert die gestrichenen Textteile im Anhang, so daß der Leser auch ein Bild von Glausers religiösen Motiven erhält, die die spätere Umarbeitung wenn nicht tilgte, so doch reduzierte. Auf der letzten Stufe des Romans ist der Legionär Lös kein Gottsucher mehr, aber ein Proust-Leser - und das in einem Milieu, das so ziemlich das Gegenteil der von Proust geschilderten distinguierten Kreise darstellt.

Auch sein Erweckungserlebnis hat Proustsche Züge. Als Lös sich in einer Kneipe an einem Stuhl stößt, erfährt er die "schöne, schmerzhafte Gegenwart, in der man ewig leben möchte". Das gemahnt an eine Stelle im letzten Band der "Recherche", an den "Fehltritt" des Erzählers auf dem Trottoir, der einen vergangenen Augenblick wiederherstellt. So begreift man auch, daß Lös am Schluß des Romans seine Legionärszeit mit einer Formulierung Prousts deutet. Glauser hat da etwas gemogelt. Sie findet sich im zweiten Band der "Recherche". Lös aber darf diese Sätze in der "Wiedergefundenen Zeit" lesen, als Formel seines Lebens.

Friedrich Glauser: "Gourrama". Ein Roman aus der Fremdenlegion. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Bernhard Echte unter Mitarbeit von Mario Haldemann. Limmat Verlag, Zürich 1997. 488 S., geb., 58,- DM.

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"Glauser hielt ihn für das Wichtigste, was er geschrieben habe, doch zu Lebzeiten konnte sein Legionsroman Gourrama nicht in Buchform erscheinen. Gourrama bestätigt, daß dieser Erzähler wie kaum ein anderer seine Figuren auf ergreifende, menschliche Weise zu beschreiben vermocht hat."
(SonntagsZeitung)

"Ein Kultbuch. Ein Sprachkunstwerk, das behutsam in die Bezirke seelischer Erregung vordringt. Ein wunderbarer Roman."
(Neue Zürcher Zeitung)

"Glausers psychologisches Meisterwerk Gourrama, das erstmals 1937 erschien und das Fremdenlegionärsleben zwischen Langeweile und Scheinaktivitäten in der Sonnenglut schildert, sollte in keinem Bücherregal fehlen."
(Frankfurter Allgemeine Zeitung)