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Helmut Schmidt und Siegfried Lenz: Eine Freundschaft, die deutsche Zeit- und Literaturgeschichte ist. Seit den frühen sechziger Jahren sind Helmut Schmidt und Siegfried Lenz befreundet. Der Politiker bewundert den Literaten, der Schriftsteller weiß um den begrenzten Einfluss der Literatur auf die Zeitläufte. Es ist eine Freundschaft, die von gegenseitigem Respekt Bewunderung geprägt ist, die privat ist - Siegfried Lenz fühlt sich Helmut Schmidts Frau Loki freundschaftlich verbunden, die 1968 von der "Deutschstunde" begeistert war und jedes Buch des Autors las. Aber es ist auch eine Verbindung,…mehr

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Produktbeschreibung
Helmut Schmidt und Siegfried Lenz: Eine Freundschaft, die deutsche Zeit- und Literaturgeschichte ist.
Seit den frühen sechziger Jahren sind Helmut Schmidt und Siegfried Lenz befreundet. Der Politiker bewundert den Literaten, der Schriftsteller weiß um den begrenzten Einfluss der Literatur auf die Zeitläufte. Es ist eine Freundschaft, die von gegenseitigem Respekt Bewunderung geprägt ist, die privat ist - Siegfried Lenz fühlt sich Helmut Schmidts Frau Loki freundschaftlich verbunden, die 1968 von der "Deutschstunde" begeistert war und jedes Buch des Autors las. Aber es ist auch eine Verbindung, die öffentlich wirkt, weil der Schriftsteller den Politiker unterstützt - im Wahlkampf, auf Reisen und als fortwährender Gesprächspartner - so auch während des "Deutschen Herbstes" 1977, bei einer Reise nach Polen und Auschwitz und in der Zeit des Nato-Doppelbeschlusses.
Jörg Magenau hat Siegfried Lenz und Helmut Schmidt wiederholt zu Gesprächen getroffen und unveröffentlichtes Archivmaterial ausgewertet.
Autorenporträt
Magenau, Jörg
Jörg Magenau studierte in Berlin Philosophie und Germanistik. Er gehörte zu den Gründern der Wochenzeitung Freitag, deren Literaturredakteur er bis 1996 war. Er arbeitete für die taz, die FAZ und ist seit 2002 freier Autor, unter anderem für die Süddeutsche Zeitung und Deutschlandfunk Kultur. Nach umfassenden Biographien über Christa Wolf, Martin Walser und über Ernst und Friedrich Georg Jünger erschienen von ihm zuletzt Princeton 66. Die abenteuerliche Reise der Gruppe 47 und bei Hoffmann und Campe Schmidt-Lenz. Geschichte einer Freundschaft (2014).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2014

Die großen Gesten haben wir beide versäumt

Helmut Schmidt und Siegfried Lenz sind Freunde. Der Band, der ihre geteilte Geschichte erzählt, ist ein Loblied auf beide, auf die Literatur und die Staatskunst.

Von Jochen Hieber

Helmut Schmidt, der im Dezember sechsundneunzig Jahre alt wird, ist nicht nur der Deutschen beliebtester Deutsche, sondern auch der älteste Staatsmann unserer Epoche, höchst angesehen und bewundert als ein Mann, der Mut, Entschiedenheit und Durchsetzungskraft mit Augenmaß, Verlässlichkeit und Anstand paart und deshalb trotz der einst erbitterten Kontroversen um seine Person und seine Politik eine Lebensleistung ohne Fehl und Tadel vorweist.

Siegfried Lenz, vor einem halben Jahr achtundachtzig geworden, ist nicht nur der Deutschen beliebtester Dichter, sondern auch der älteste Repräsentant unserer Gegenwartsliteratur, hochberühmt seit dem Erscheinen des Romans "Deutschstunde" im Jahr 1968 und seither über die Grenzen hinaus verehrt als ein Mann, der Ausgleich, Versöhnung und Güte mit Gradlinigkeit, Zurückhaltung und Anstand paart und deshalb trotz der gelegentlich herben Kritik an seinem Werk ein Wunder an Kontinuität und Erzählenergie ist.

Das halbe Jahrhundert ihrer Freundschaft lässt der Publizist und Kritiker Jörg Magenau nun Revue passieren. Wobei seine Hauptthese auf den ersten Blick nicht wenig erstaunt. Allen Ernstes nämlich behauptet er, Schmidt und Lenz verbinde vor allem "ein Gefühl mangelnder Anerkennung". Zudem sei ihr Verhältnis "angetrieben" vom Stachel "einer narzisstischen Kränkung", die jeder der beiden wohl von Anfang an empfunden habe und die geblieben sei - und zwar "unabhängig" von den "enormen Erfolgen", die wechselseitig und nicht zu bezweifeln sind.

Nach der Lektüre des Buchs gibt man Magenau Recht. Denn er erhellt und macht plausibel, dass die amikale Verbindung zwischen Schmidt und Lenz von Anfang an im Schatten des auratisch wirkungsvolleren und auch auf Dauer wirkmächtigeren Dioskurenpaars Willy Brandt und Günter Grass steht. Diese beiden waren es, die im September 1961, wenige Monate nach dem Bau der Berliner Mauer und angesichts von Brandts erster Kanzlerkandidatur, jene, so Magenau, "heroische Phase im Verhältnis von Politik und Literatur" initiierten, die zu einer unter demokratischen Vorzeichen noch nie gekannten Nähe von Geist und Macht führte. Schmidt und Lenz spielten dabei sofort wichtige Rollen, befanden sich aber im Gefolge des Geschehens. Und so fanden sie sich auch.

Ihr Freundschaftsbeginn datiert auf Anfang Mai 1965. Damals druckt der "Spiegel" ein Porträt des ob seines so umsichtigen wie energischen Einsatzes bei der Flutkatastrophe von 1962 längst bundesweit bekannten Hamburger Innensenators Schmidt vorab, das Lenz im Vorfeld von Brandts zweiter Kandidatur zum Sammelband "Plädoyer für eine neue Regierung" beigesteuert hat - Schmidt sei einer, heißt es da, der "weniger einer politischen Utopie oder Vision folgt, als Grundsätzen". Zwar verliert die SPD auch die Wahl vom September 1965, Schmidt zählt gleichwohl zu den Gewinnern. Er zieht nach dem beruflichen Zwischenspiel in seiner Heimatstadt ein zweites Mal in den Bundestag ein und wird sofort stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Bei Lenz bedankt er sich für dessen "sehr freundschaftliche Gesinnung", die er "ebenso erwidere".

Magenau hat den Band klug komponiert. Im Herbst des vergangenen und im Frühjahr dieses Jahres hat er sich auf ein paar fabelhaft rauchgeschwängerte Nachmittage mit den Altmeistern getroffen und dabei deren mal melancholisch zurückblickende, mal handfest auf Gegenwärtiges zielende Dialoge protokolliert. Parallel dazu entfaltet er eigene Erkundungen über die persönlichen und politischen Stationen einer tiefen Verbundenheit, die sich Schmidt, die Dichterin Marie Luise Kaschnitz zitierend und der Zustimmung des Freundes gewiss, nur mit "dem Geheimnis" erklären kann, das man "Sympathie" nenne. Jörg Magenau ist zu bescheinigen, dass er den Spagat zwischen der Loyalität des Protokollanten und Unabhängigkeit des Freundschafts-Essayisten so mühelos wie lakonisch bewältigt.

Aber in der Tat: Der Schatten, den Brandt und Grass werfen, ist nie zu überspringen. Mal - und nicht eben schmeichelnd - ist im Buch von der "Selbstergriffenheit" des ersten sozialdemokratischen Kanzlers der Bundesrepublik die Rede, mal wird das "Hochfahrende, Triumphale, Bescheidwissende" am Autor der "Blechtrommel" gerügt, mal das "unangenehme Erbe" bemüht, das Brandt seinem Nachfolger Schmidt hinterlassen habe. Schmidt ist es schließlich auch, der gegen Ende resümiert: "Günter Grass hatte zu viel politischen Ehrgeiz. Ein zu großes politisches Geltungsbedürfnis." Siegfried Lenz übrigens, der bei anderer Gelegenheit von seinem "Freund Grass" erzählt, widerspricht an dieser Stelle nicht - vielsagend nicht.

Die Brandt-Grass-Obsession gilt übrigens für alle drei, für die beiden Hamburger Heroen und den Chronisten ihrer Freundschaft. Unverständlich findet es Magenau etwa, dass Schmidts Kanzler-Reise nach Warschau und Auschwitz vom November 1977 im "historischen Bildergedächtnis" weit weniger Spuren hinterließ als Brandts legendäre Polen-Visite im Dezember 1970, obwohl sie bei unseren Nachbarn politisch und moralisch für mindestens ebenbürtig erachtet werde. Schmidt erklärt implizit auch diese Diskrepanz gleich mit, wenn er im Zusammenhang mit dem Nato-Doppelbeschluss (Dezember 1979) ganz unsentimental auf ein generelles Manko seiner Kanzlerschaft zu sprechen kommt: Wie adäquat sein Regierungshandeln auch immer gewesen sein möge - "die großen Gesten", sagt er, habe er "versäumt".

Lenz übrigens gehörte beiden Delegationen an, war sowohl 1970 (zusammen mit Grass) als auch 1977 (ohne Grass) in Polen dabei. Beide aber, Schmidt wie Lenz, vermeiden es im Rückblick partout, auf die erst im Jahr 2006 eingestandene SS-Mitgliedschaft des weiland siebzehnjährigen Günter Grass von Ende 1944 einzugehen - sie vermeiden deshalb auch jedes Räsonnement darüber, ob man im Lichte dieser Konfession nicht zumindest die Voraussetzungen für die "heroische Phase" zwischen Literatur und Politik neu zu bewerten habe. Darüber zu reden bleibt ein Tabu. Wo aber Tabus bleiben, können "narzisstische Kränkungen" nicht heilen.

Wie sehr auch die Freundschaft von Schmidt und Lenz im Bann des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs stand, wie sehr der einstige Wehrmachtsoffizier Helmut Schmidt und der erst von Hitler begeisterte, schließlich aus der Kriegsmarine desertierte Siegfried Lenz ihrer Zeitgenossenschaft Tribut zollen: Dies sei lange, schreibt Magenau, "nie Gegenstand ihrer Gespräche" gewesen. Der Band selbst korrigiert es jetzt an vielen, gerade deshalb sehr beeindruckenden Stellen, etwa wenn Schmidt wie Lenz bekennen, die "Angst", in "sowjetische Gefangenschaft" zu geraten, sei noch stärker gewesen als die Todesfurcht an der Front.

Neben der Staatsvisite in Polen ist es vor allem ein Datum, das dieser Freundschaft zeitgeschichtliche Emphase verleiht: der Nachmittag des 16. Oktober 1977 im Bonner Kanzleramt, als Schmidt zwischen dem Krisenstab, der wegen der Schleyer-Entführung und der terroristischen Ultimaten aus Mogadischu tagt, und einem Treffen mit dem Verleger Siegfried Unseld sowie den Autoren Heinrich Böll, Max Frisch und eben Siegfried Lenz hin- und herpendelt. Ansonsten - und dies ist ihr lebensschöner Teil - ist die in Jahrzehnten gewachsene Fast-Brüderlichkeit ein Triumph des Privaten: regelmäßige Besuche in der Sommerfrische, Gespräche über Kunst und Musik, das herzliche Verhältnis, das auch die Ehefrauen Loki und Lilo pflegten. Und welch ein Schlusswort ist es, wenn der Politiker am Schriftsteller vor allem eines rühmt: die Fähigkeit und die Freiheit zur Erfindung der Welt. Auch dies gehört zum authentischen Vermächtnis, das dieser Band birgt.

Jörg Magenau: "Schmidt - Lenz". Geschichte einer Freundschaft.

Hoffmann und Campe, Hamburg 2014. 272 S., Abb., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Authentisches Vermächtnis ist das Buch für den Rezensenten Jochen Hieber. Da sind die privaten Verbindungen zwischen Helmut Schmidt und Siegfried Lenz, Musik und Kunst, Sommerfrische. Und da sind die politischen. Über letzteren lastet schwer eine nie überwundene Kränkung (der Schatten Brandt/Grass), so die These de Autors Jörg Magenau. Hieber erkennt ihre Stichhaltigkeit während der Lektüre von Magenaus Buch, das ein halbes Jahrhundert Freundschaft Revue passieren lässt, wie Hieber schreibt. Klug komponiere der Autor seinen Text aus Dialogen zwischen den Freunden Lenz und Schmidt und eigenen Überlegungen zu dieser Jahrhundertfreundschaft. Dass er Loyalität und Unabhängigkeit dabei unter einen Hut bekommt, findet Hieber bemerkenswert.

© Perlentaucher Medien GmbH