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Die umfangreiche Ausgabe mit allen von Schiller selbst für den ersten Teil seiner Gedicht-Ausgabe von 1804 ausgewählten Texten und einer Auswahl aus dem zweiten Teil, in historischer Orthographie. Mit umfangreichen Anmerkungen, einem Verzeichnis mythologischer Namen und Begriffe, Literaturhinweisen sowie einem Nachwort.

Produktbeschreibung
Die umfangreiche Ausgabe mit allen von Schiller selbst für den ersten Teil seiner Gedicht-Ausgabe von 1804 ausgewählten Texten und einer Auswahl aus dem zweiten Teil, in historischer Orthographie. Mit umfangreichen Anmerkungen, einem Verzeichnis mythologischer Namen und Begriffe, Literaturhinweisen sowie einem Nachwort.
Autorenporträt
Friedrich Schiller (seit 1802: von; 10. 11. 1759 Marbach a. N. ¿ 9. 5. 1805 Weimar) bildet mit Goethe den Kern der Weimarer Klassik, der bedeutendsten deutschen Literaturepoche. Schiller begann als Aufsehen erregender Sturm-und-Drang-Dichter und prägte seit 1795 als Publizist, Theoretiker, Dramatiker und Lyriker das berühmte klassische Weimarer Jahrzehnt. Schillers Dramen gehören noch heute zu den meistgespielten der deutschen Literatur, seine Gedichte, z. B. die Balladen, zählten im 19. Jahrhundert und darüber hinaus zum festen kulturellen Kanon der deutschen Literatur.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.11.2004

Idealisten leben länger

Der Winter kommt. Der Schiller-Winter. Sie müssen sich vorbereiten. Im Mai 2005 wird es 200 Jahre her sein, daß er starb. "Am Himmel ist geschäftige Bewegung, / Des Turmes Fahne jagt der Wind, schnell geht / Der Wolken Zug, die Mondessichel wankt, / Und durch die Nacht zuckt ungewisse Helle. / Kein Sternbild ist zu sehn - So war die Nacht, die Mainacht vor hundertfünfzig Jahren, als durch die schlummernden, wie ausgestorbenen Gassen Weimars, von der Esplanade, über den Markt und durch die Jakobsgasse nach dem alten Kirchhof vor der St. Jakobskirche, Schillers sterbliche Hülle zu Grabe getragen wurde."

So beginnt Thomas Manns "Versuch über Schiller" unter Verwendung der schönen Verse aus Wallensteins Tod. Viele Lebensbeschreibungen über Schiller beginnen mit seinem Tod. Rüdiger Safranski stellt seiner neuen Schiller-Biographie sogar den Obduktionsbericht voran: "Man fand die Lunge ,brandig, breiartig und ganz desorganisiert', das Herz ,ohne Muskelsubstanz', die Gallenblase und die Milz unnatürlich vergrößert, die Nieren ,in ihrer Substanz aufgelöst und völlig verwachsen'." Doktor Huschke, Leibarzt des Weimarer Herzogs, meinte angesichts dieses Befundes lapidar: "Bei diesen Umständen muß man sich wundern, wie der arme Mann so lange hat leben können." Safranski leitet aus dem Obduktionsbericht sogleich seine Schiller-Definition ab, eine erste Schiller-Idealismus-Definition: "Idealismus ist, wenn man mit der Kraft der Begeisterung länger lebt, als es der Körper erlaubt. Es ist der Triumph eines erleuchteten, eines hellen Willens."Schillers Leuchten und Schillers Idealismus aus dem Zustand seines toten Körpers erklärt. Was für ein erstaunlicher Lebensbeschreibungsbeginn. Und es geht so gut weiter.

Der Winter kommt. Der Schiller-Winter. Sie müssen sich vorbereiten. Sie müssen ihren Winter mit Schiller erleuchten. Mit Schillers hellem Willen und hellem Schreiben. Wie damals, im Winter 1801, als Goethe und Schiller gemeinsam das "Mittwochskränzchen" gründeten gegen den Trübsinn des Winters, gründen Sie einfach ihr Schillerkränzchen und lesen sich langsam, ganz langsam hinein in die alten und die neuen Bücher von und über ihn. Sie müssen das alles in einem großen Kreis um sich herumstapeln. Alles, was Sie brauchen für ihre Winter-Erleuchtung und um endlich wieder zu lernen, was Lesen heißt. Was großes Lesen heißt. Nämlich nicht dieses angebliche "Die-ganze-Nacht-hindurch-in-einem-Atemzug-ein-Buch-Durchlesen", sondern das Wandern von einem Buch zum anderen. Das Weiter- und immer Weiterlesen. Das Springen und Sichverlieren in Büchern und immer mehr Büchern. Hier eine Idee finden, sie dort weiterverfolgen, hier Fragen finden, dort Antworten, hier einen Beginn, dort einen Neubeginn.

Sie brauchen dazu: Schillers "Sämtliche Werke", klar. Zum Beispiel in der soeben im Hanser-Verlag mit überarbeitetem Kommentar erschienene, altbewährte, seit einem halben Jahrhundert meistverbreitete Schiller-Ausgabe in fünf Bänden. Der Kommentar ist knapp und präzise. Und die Bücher sind schön. Fester, weißer Einband, weinrote, erhabene Schrift, das Papier ist dünn und federleicht, aber reißfest. Selbst der mit 1370 Seiten stärkste Band ist nur vier Zentimeter dick. Insgesamt kommt man auf beinahe 6000 Seiten Schiller inklusive Kommentar, aber natürlich ohne Briefe und Tagebücher. Die gleiche Ausgabe gibt es auch bei dtv als Taschenbuch. Da kostet sie nur ein Drittel.

Dann brauchen Sie natürlich eine Biographie. Und da wird es schon etwas schwer. Drei neue sind jetzt erschienen. Drei sehr unterschiedliche. Schwer zu sagen, welche die beste ist. Eigentlich die von Rüdiger Safranski. Sein "Schiller" trägt den Untertitel "Oder die Erfindung des Deutschen Idealismus", und es ist ein großes, deutsches Geistespanorama, das Safranski da entwirft. Ungeheuer gelehrt, kenntnisreich und immer verständlich und gut geschrieben. Einziges Manko: die Person Schiller bleibt doch blaß. Und das ist für eine Biographie kein kleines Manko. Es wirkt fast so, als wenn sich Safranski in Wahrheit mehr für Goethe interessierte als für Schiller. Seine seitenlangen Zusammenfassungen von Schillers Bühnenwerken lesen sich mühsam. Und worum es im "Tell" so geht, das wußte man auch vorher schon so grob.

Sigrid Damm geht das Lebensbeschreibungsprojekt ganz anders an. Ihre Biographie trägt den Untertitel "Eine Wanderung" und ist nun wiederum sehr persönlich geschrieben. Der Anfang ist ganz besonders schauderhaft, wenn sie auf den ersten Seiten berichtet, wie Sigrid Damm, als sie noch zur Schule ging, Schiller so fand, und was sie früh gelesen hat. Das will der Leser, der sich auf Schiller freut und nicht auf Sigrid Damm, nicht wissen. Und einige Rezensenten haben das Buch dann wohl schon nach diesen ersten Seiten wütend beiseite gelegt. Dabei wird es später besser. Wenn sich Frau Damm zurücknimmt und vor allem Schiller sprechen läßt. Wenn sie Briefe, Tagebuchnotizen und Erinnerungen glänzend montiert und nur kurz verbindend, kommentierend eingreift, da spricht Schiller zu uns. Da leuchtet er. Aber bei Safranski leuchtet eben ein ganzes Zeitalter.

Schließlich Kurt Wölfels kurze, in der Reihe dtv-portrait erschienene Biographie ist in ihrer Knappheit wahrscheinlich das beste, was man schreiben kann. Vor allem zum schnellen Nachschlagen von vergessenen Lebensdetails, aber auch zum schnörkellosen Lesen. Nur nicht zum Versinken. Zum wahren Schiller-Lebens-Lesen.

Am schönsten ist für den Anfang immer noch die Skizze "Schwere Stunde" von Thomas Mann. Die frühe Schiller-Imagination des jungen, leidenden Lübecker Schriftstellers auf der Suche nach seiner Lebensbestimmung. Auf der Suche nach seinem Weg zur Kunst. Dieses tiefe Sichhineinfühlen in den Dichter, das auch nur deswegen so scheinbar authentisch gelingt, weil er sich natürlich in Wahrheit in sich selbst hineinfühlt, Thomas Mann, wenn er den an seiner Arbeit am "Wallenstein" verzweifelnden Dichter beschreibt und wenn er sich mit Schiller Mut macht und schreibt: "Nur bei Stümpern und Dilettanten sprudelt es, bei den Schnellzufriedenen und Unwissenden, die nicht unter dem Druck und der Zucht des Talentes leben." Es ist ein großes Leiden. Der Ofen ist kalt. Der Kopf ist schwer. Der sehnsüchtige Blick geht hinüber zum göttlichen Goethe, dem leicht Lebenden. Dem leicht Schaffenden. Dem Glückskind. Und Schiller leidet und Mann mit ihm. Das ist süßlich und doch schwer und groß.

Lange hat er sich dann nicht mehr mit Schiller beschäftigt. Nur noch Goethe und immer wieder Goethe. Bis zum Ende seines Lebens. Bis zu seinem letzten Text. Der großen Schiller-Rede. Niemand hat zuvor oder danach so über Schiller geschrieben. So lebensnah und geistesgroß, anekdotenreich und lebendig. Allein schon für die aus den Eckermann-Gesprächen herübergerettete Erinnerung muß man diese Rede wieder lesen. Wie Schiller bei der Bühnenbearbeitung des "Egmont" Goethe unbedingt dazu überreden wollte, in der Gefängnisszene, in der Egmont das Urteil verlesen wird, Alba in einer Maske im Hintergrund erscheinen müsse, um sich voller Schadenfreude an Egmonts Schadenfreude zu weiden. Thomas Mann stellt sich die beiden Freunde so vor: "Wie Goethe sich lachend auf frankfurterisch wehrt: ,Noi, noi, mein Bester, wo denke Sie hin, das ist ja greulich!' und Schiller auf schwäbisch - denn er schwäbelte unverbesserlich - insistiert: ,Aber ich schwör Ihne, es wird großen Effekt mache und dem Publico recht in die Seele schneide!'" Natürlich blieb der Menschenfreund Goethe gegen den den Effekthascher Schiller am Ende siegreich.

Jedenfalls müssen Sie nun also natürlich sofort hinüberwechseln zum großen Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe. Und den beiden bei der Arbeit zusehen. Bei der gemeinsamen Textarbeit. Bei der "Symphilosophie" und "Sympoesie", wie es sich die Jungromantiker nur träumen konnten. In den guten Zeiten, als sie praktisch jede Zeile ihrer Werke besprachen, täglich mehrere Briefe hin und her wechselten, die Horen geplant, die Xenien, Angriff für Angriff gemeinsam entworfen wurden. Und dann lesen Sie zum Beispiel in der Werkausgabe den Prolog von "Wallensteins Lager". Den Satz: "Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst." Im Kommentar steht, Goethe habe diesen Satz zur Premiere in "heiter sei die Kunst" geändert, und schon können Sie wieder zu den Briefen hinüberwechseln und sehen, wie es dazu kam. Denn das verschweigt der Kommentar.

So lesen Sie weiter und weiter. Der Bücherberg um Sie herum wächst, und Sie tragen Buch auf Buch heran. Ein Schiller-Zitate-Lexikon ist auch erschienen. Sehr praktisch. Sie finden zum Beispiel auf Schiller-Geschenk-Bändern das schöne Zitat: "Dein Glück ist heute gut gelaunt", sehen im Lexikon bei "Glück" nach. (Da gibt es bei Schiller natürlich ungezählte Einträge.) Finden unter "Glück, gut gelaunt" die Stelle "der königliche Gast erstaunet: / Dein Glück ist heute gut gelaunet . . ." mit Quellenangabe, "Ballade, Ring des Polykrates", wechseln über zu einer Gedicht-Ausgabe, wie es sie selten gab. Beziehungsweise, es gab sie schon mal. 1859. Eines der ersten sogenannten Coffeetablebooks der Welt war das. Einer der ersten großen Fotobände. Der damals bei Cotta erschienen war. Schiller hatte sich immer eine Prachtausgabe seiner Gedichte gewünscht. Und teuer solle sie sein, denn er hatte beobachtet, daß "bei Prachtausgaben immer das teurere Werk am Ersten gekauft wird". Erst mehr als fünfzig Jahre nach Schillers Tod erschien sie dann. Und jetzt gibt es also im Taschen-Verlag ein Reprint dieser fantastischen Ausgabe, und selbst Leser, die sonst über den Trend zum Riesenbuch lachen, weil es erstens unpraktisch und zweitens teuer ist, werden über diese schwarz-samten gebundene Ausgabe mit herrlichen Bildern staunen. Dort lesen Sie also den "Ring des Polykrates", wechseln über zum Kommentar der Werkausgabe und wieder zurück und hinüber in die Briefe, in die Biographie von Safranski, ins Lexikon und immer so weiter. Immer so weiter. Endlos Schiller. Bis der Winter zu Ende ist. Und das Schiller-Jahr so richtig beginnt.

VOLKER WEIDERMANN

Friedrich Schiller: Sämtliche Werke in 5 Bänden. Auf der Grundlage der Textedition von Herbert G. Göpfert herausgegeben von Peter-André Alt, Albert Meier und Wolfgang Riedel. Hanser Verlag 2004, 150 Euro oder bei dtv für 50 Euro

Sigrid Damm: "Das Leben des Friedrich Schiller - Eine Wanderung". Insel Verlag 2004, 490 Seiten, 24,90 Euro

Rüdiger Safranski: "Schiller oder Die Erfindung des deutschen Idealismus". Hanser 2004. 560 Seiten 25,90 Euro

Kurt Wölfel: "Friedrich Schiller". dtv portrait. 188 Seiten, 10 Euro

Johann Prossliner: Kleines Lexikon der Schiller-Zitate. dtv. 255 Seiten. 6,95 Euro

Friedrich Schiller: "Gedichte" Vollständiger Nachdruck der illustrierten Prachtausgabe von 1859. Taschen-Verlag 2004, 49,99 Euro

Der Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe ist u. a. bei C. H. Beck, Insel und Hanser erschienen.

Die Schillergeschenkbänder hat der Verlag sanssouci erdacht. ("Friedrich Schiller" in zwei Bändern, 4,90 Euro)

Die Essays und Erzählungen Thomas Manns sind in zahlreichen Ausgaben im Frankfurter S. Fischer-Verlag erschienen.

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