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Edward Snowden hat enthüllt, wie weitgehend die Geheimdienste unser Leben überwachen. Nahezu täglich kommen neue Details der allumfassenden Spionage ans Licht. Die SPIEGEL-Autoren Marcel Rosenbach und Holger Stark konnten große Teile der von Edward Snowden bereitgestellten und ?x20AC;žstreng geheim?x20AC;œ eingestuften Dokumente aus den Datenbanken der NSA und des britischen GCHQ auswerten. In ihrem Buch zeigen sie die gesamte Dimension eines Überwachungsapparates auf, der nicht nur die Privatsphäre bedroht, sondern die Grundlagen demokratischer Gesellschaften ?x20AC;' und damit selbst diejenigen, die bislang glaubten, sie hätten nichts zu verbergen.…mehr

Produktbeschreibung
Edward Snowden hat enthüllt, wie weitgehend die Geheimdienste unser Leben überwachen. Nahezu täglich kommen neue Details der allumfassenden Spionage ans Licht. Die SPIEGEL-Autoren Marcel Rosenbach und Holger Stark konnten große Teile der von Edward Snowden bereitgestellten und ?x20AC;žstreng geheim?x20AC;œ eingestuften Dokumente aus den Datenbanken der NSA und des britischen GCHQ auswerten. In ihrem Buch zeigen sie die gesamte Dimension eines Überwachungsapparates auf, der nicht nur die Privatsphäre bedroht, sondern die Grundlagen demokratischer Gesellschaften ?x20AC;' und damit selbst diejenigen, die bislang glaubten, sie hätten nichts zu verbergen.
Empfehlung der bücher.de Redaktion

Der NSA-Komplex, Marcel Rosenbach, Holger Stark


Der NSA-Komplex heißt das neue Buch der beiden SPIEGEL-Redakteure Marcel Rosenbach und Holger Stark. In diesem behandeln die Autoren nicht nur die von „Whistleblower“ Edward Snowden entwendeten Geheimdokumente, die sie über längere Zeit auswerten konnten, auch das Leben des ehemaligen NSA-Mitarbeiters und die Entwicklung, die dieser über die Jahre machte, werden ausführlich behandelt. Anschaulich und mit enorm hohem Detailgrad, der den ausführlichen Recherchen der Schriftsteller zuzuschreiben ist, werden sämtliche Ereignisse rund um die NSA-Affäre sowie die Methoden, mit denen alle Involvierten an ihre Informationen gelangten, beschrieben und auch für Leser verständlich beschrieben, die sich bisher nicht mit dem Thema auseinandergesetzt haben.

Der NSA-Komplex ist nach „Staatsfeind WikiLeaks“ bereits das zweite Buch der als „Journalisten des Jahres 2013“ ausgezeichneten Marcel Rosenbach und Holger Stark, das sich mit den brisantesten Themen der letzten Jahre befasst.Der NSA-Komplex ist überaus informativ, aber auch spannend geschrieben, und ein Muss für jeden, der auch nur ein beiläufiges Interesse an den Geheimdienstenthüllungen der jüngsten Vergangenheit hat.
Autorenporträt
Rosenbach, Marcel§Marcel Rosenbach, geboren 1972, schrieb zunächst als Redakteur für die "Berliner Zeitung" und ist seit 2001 beim SPIEGEL. Der Geheimdienstexperte, der seit Jahren über Sicherheits- und Netzthemen berichtet, arbeitet für das Nachrichtenmagazin aktuell als Autor in Berlin. 2010 hat er gemeinsam mit Holger Stark für den SPIEGEL die Dokumente der Enthüllungsplattform WikiLeaks ausgewertet und darüber 2011 den Bestseller "Staatsfeind WikiLeaks" geschrieben.

Stark, Holger§Holger Stark, geboren 1970, leitet das Ressort Deutschland im Berliner Büro des SPIEGEL. Seit den neunziger Jahren verfolgt er die Arbeit des Chaos Computer Clubs und berichtet seit über zehn Jahren über Themen aus der Welt der Sicherheitspolitik und der Geheimdienste.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Vielleicht schafft es ja "Der NSA-Komplex" der Spiegel-Journalisten Marcel Rosenbach und Holger Stark, die Deutschen endlich aufzurütteln, hofft Steven Geyer. Der "Thriller-Sound" mit "Watergate-Feeling" könnte helfen, vermutet der Rezensent, dabei wäre der Inhalt eigentlich schon rüttelnd genug, findet Geyer. Stück für Stück widerlegen die Autoren die Beschwichtigungsversuche des Weißen Hauses, weder ist die NSA rechtstreu, noch beschränkt sie sich auf die Überwachung von Terrorverdächtigen, erklärt der Rezensent. Aus den geheimen Dokumenten geht das eigentliche Ziel der NSA hervor: sie soll den USA "die Vorherrschaft in der Informationsgesellschaft" sichern, zitiert Geyer. Das "goldene Zeitalter der Überwachung" ist längst angebrochen, und wenn sich die totale Überwachung überhaupt noch verhindern lässt, dann muss das Verhindern jetzt anfangen, weiß der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.04.2014

So kann es nicht weitergehen
Was kommt noch heraus? Holger Starks und Marcel Rosenbachs "Der NSA Komplex" enthüllt die ganze Dimension des Skandals

Im April vergangenen Jahres war der Generalsekretär der Vereinten Nationen zu Gast im Weißen Haus. Ban Ki-moon gilt ja als ein moderater bis langweiliger Chefdiplomat, von dem bislang wenig im Gedächtnis geblieben ist. Auf der Tagesordnung stand eine allgemeine Tour d'Horizon der Fragen, die damals täglich in der Zeitung standen, vom Krieg in Syrien bis zum Klimawandel, der ganze Termin atmete den Geist harmloser Routine. Für Barack Obama muss die Begegnung dennoch bemerkenswert gewesen sein, bemerkenswert langweilig. Denn seine Dienste hatten ihm, wie sie später in einer hochgeheimen, internen Auswertung jubilierten, den Sprechzettel des Generalsekretärs schon vorab besorgt. Der NSA war es gelungen, auch die geheimsten Kommunikationswege der Vereinten Nationen zu entschlüsseln. Der Spion, der diesen Vollzug in einem Bericht meldete, fügte auch die modische Gefühlsbezeugung "Yay!" ein, als gälte es, Punkte zu machen in einem globalen Brettspiel. Während der Arbeit an der Ausforschung der Vereinten Nationen bemerkten die NSA-Teams allerdings auch die Präsenz des chinesischen Geheimdienstes. Die Kollegen versuchten ebenfalls, die verschlüsselten Kommunikationswege der Vereinten Nationen auszuspionieren, und das kam der NSA ganz gelegen. Sie zapften einfach die chinesischen Agenten an, so bekamen sie alle gewünschten Daten und noch einige mehr.

Die Erkenntnisse, die Edward Snowden während seiner Tätigkeit für eine Zuarbeiterfirma der NSA gewonnen hat, halten uns seither in Atem. Doch das Verfahren der portionsweisen Veröffentlichung über den "Guardian", die ihr Echo dann in fast allen anderen Medien der Welt fand, führt zu einer serialisierten Wahrnehmung mit kurzen dramatischen Spitzen der Erregung, denen dann wieder Latenzphasen folgten. In diese fielen dann mehr oder weniger symbolische Beschwichtigungsversuche der politisch Handelnden, bis zur nächsten Enthüllung. Darum ist dieses eben im "Spiegel-Buchverlag" der DVA erscheinende Buch so wichtig: Die Lektüre der Erkenntnisse im geballten Zusammenhang überwindet die alltägliche Abwehr, mit der wir die Nachrichten filtern, und eröffnet dem Leser unabweisbar die ganze Dimension des widerrechtlichen und fortschreitenden Machtmissbrauchs durch amerikanische Institutionen. Und weil die Programme immer in Anwendungen und Fallgeschichten dargestellt werden - zum Teil handelt es sich ja um stolze Darstellungen der Leistungskraft der NSA für den internen Gebrauch -, liest sich das Buch wie der Roman zum Kriminalfall des Jahrhunderts.

Edward Snowden war, dies machen die Autoren deutlich, kein x-beliebiger oder gar wegen mangelnder Karrierechancen frustrierter kleiner Angestellter, sondern wurde vielmehr früh aufgrund seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten bemerkt und gefördert. Kollegen beschreiben ihn als besonders begabten Mitarbeiter, der in jedem Team als der Beste galt. Er erfasste daher, statt sich an der Bewältigung einzelner Operationen zu erfreuen, nach und nach das gesamte Ausmaß der Programme und kam zu einem unabweisbaren rechtlichen und moralischen Urteil. Und es ist ihm gelungen, ein Set von Dokumenten mitzunehmen, die die internen Auswerter der NSA ganz offen als "die Schlüssel zu unserem Königreich" bezeichnen. Ohne Snowdens heldenhaften Verrat hätten selbst Profis nicht für möglich gehalten, in welchem Umfang, mit welcher Ruchlosigkeit und welcher kriminellen Energie spioniert wird. Die Autoren machen ohne Sensationslust klar, dass es sich hier um eine planmäßige, mit schier unendlichen Mitteln und großem politischem Willen betriebene Subversion des Rechtsstaats handelt. Nahezu die gesamte digitale Kommunikation wird früher oder später zu einem Instrument der amerikanischen Dienste, deren Mission keine Grenzen kennt. Die oft zitierte Terrorabwehr, das Trauma des 11. Septembers 2001, sind nur die massentauglichen Verkaufsargumente, die die Öffentlichkeit ruhigstellen sollen, bis endgültig alles verwanzt, verdrahtet und jedes Quentchen Vertrauen und Vertraulichkeit ausgehöhlt ist.

Wir würden ohne Snowdens Dokumente nicht glauben, dass Recht und Gesetz nur in einer begrenzten Sphäre gelten, die wir bisher für das ganze Universum hielten. Doch darüber und darunter sind ganz andere, ziemlich effektive Kräfte am Werk, und es scheint nicht so, als reichte der Einfluss einer Bundesregierung dorthin. Ohne Furcht und ohne jeden Respekt wurde nicht allein das Telefon der Kanzlerin abgehört. Im Buch dargestellte Indizien legen auch den Schluss nahe, dass so ziemlich jede wichtige Figur aus Politik und Wirtschaft hierzulande, bis hin zu Mittelständlern der IT-Branche, zu einer ahnungslosen Quelle sammelwütiger Dienste geworden ist. Dabei werden zunächst einzelne Mitarbeiter ins Visier genommen, etwa über manipulierte Homepages beliebter Anbieter wie LinkedIn, dann deren engste Kollegen, schließlich deren Familien, der Freundes- und Bekanntenkreis, bis man so ziemlich alle Kontakte, Kommunikationen und Bewegungen beieinanderhat.

Es scheint nicht vorzukommen, dass die NSA und ihre befreundeten Organisationen auch mal ablehnen, irgendetwas auszuforschen. Was gemacht werden kann, wird gemacht. Und das Ziel ist klar: Zugriff auf alle digitalen Endgeräte, jederzeit. In einem wie von Jorge Luis Borges imaginierten allumfassenden Sammelwahn soll eine geheime digitale Parallelwelt errichtet werden, in der alle verfügbaren Informationen im Interesse der jeweiligen Auftraggeber so lange bearbeitet werden können, bis das Gewünschte herauskommt. Das Datensammeln, das wird jedem Leser klar, dient keiner guten Sache, es ist durch kein Gesetz gerechtfertigt, sondern Selbstzweck eines sich selbst autorisierenden, von der eigenen Überlegenheit berauschten Komplexes aus Geheimdiensten, zuarbeitenden Unternehmen und der politischen Führung in den Vereinigten Staaten.

Snowden hat mit seinem persönlichen Mut in idealistischer Absicht die höchsten Orden verdient - wofür haben wir solche Auszeichnungen denn sonst? Ohne seine Aktion würden wir weiter in jenen Illusionen leben, die die Dienste so sorgsam für uns inszenieren, so wie jene treudoofen Nutzer der auf den großen Gipfeln der Politik errichteten Internetcafés, in denen man kostenlos mailen und surfen konnte, während kleine Programme jede Tasteneingabe unmittelbar an die Sammler von der NSA und ihre britischen Kollegen weitergaben. Dieses Buch zerstört solche Illusionen und lässt einem das Blut in den Adern gefrieren. Und es wird klar, dass es so nicht weitergehen kann.

NILS MINKMAR

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.04.2014

Die Gedanken sind frei
Zwei Bücher über die NSA zeigen: Warum es ein Fehler ist zu sagen,
wer nichts zu verbergen habe, könne sich doch abhören lassen
VON TANJEV SCHULTZ
Dieser schmächtige junge Kerl will es mit einer Supermacht aufnehmen? Ein schüchterner Mann, der sich nicht gern fotografieren lässt und der Kissen vor seiner Hoteltür stapelt, um sich vor Lauschern zu schützen? Ein Mann, der als Erkennungszeichen mit einem Zauberwürfel herumläuft? Die Journalisten, die den Whistleblower Edward Snowden im Sommer des vergangenen Jahres in Hongkong trafen, konnten es zunächst nicht glauben. Sie hatten sich ihre Quelle anders vorgestellt. Vielleicht als knurrigen älteren Herrn, als einen echten Haudegen aus der Schattenwelt der Geheimdienste.
  Edward Snowden war ja nicht einmal direkt bei der NSA angestellt. Dennoch hatte er es als Computerspezialist einer mit dem Geheimdienst verbundenen Firma geschafft, brisante Dateien aus dem NSA-System zu kopieren. Nicht ein oder zwei Dokumente, sondern Tausende. Es ist das vermutlich größte Leck, das ein Geheimdienst bisher erlebt hat – und nun saß die Quelle in einem Hotelzimmer auf der Bettkante vor verblüfften Journalisten. Sie spürten, dass hier jemand Geschichte schrieb.
  Ein Geschichtsbild, das heldenhafte „große Männer“ in den Mittelpunkt rückt und in ihnen die Kräfte vermutet, die das Geschick der Welt bestimmen – solch ein Bild gilt zu Recht als antiquiert. Doch es gibt Episoden, in denen es ganz auf den Einzelnen ankommt. Und es gibt Menschen, die etwas so Ungewöhnliches und Riskantes tun, dass sich später mit ihrem Namen eine Zäsur in der Geschichte verbinden wird. „Es gibt jetzt eine Zeit vor Snowden und eine danach“, schreiben die Spiegel -Autoren Marcel Rosenbach und Holger Stark in ihrem Buch über den NSA-Komplex.
  Journalisten neigen zu Dramatisierungen, aber hier ist dies gar nicht nötig, um aus der Geschichte des Whistleblowers und seiner Enthüllungen einen Sachbuch-Thriller zu machen. In gleicher Weise trifft das auf ein zweites Buch zum Thema zu, geschrieben vom Guardian -Reporter Luke Harding. Beide Bücher haben einen ähnlichen Aufbau: Sie erzählen, wie sich Snowden von einem loyalen, ein bisschen verschrobenen Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstsystems in einen Staatsfeind verwandelte. Und sie verbinden dies mit einer Analyse des gewaltigen Überwachungsapparats, dessen Umrisse nun ans Licht gekommen sind.
  Beide Bücher zitieren aus Chat-Beiträgen, in denen Snowden sich noch 2009 über einen Artikel aufregte, der geheime CIA-Operationen thematisierte. „So ein Mist gehört nicht in die Zeitung“, schließlich gehe es um Geheimnisse. Zu Beginn seiner Karriere war Snowden weit entfernt davon, Verrat zu üben. Erst nach und nach erkennt er, dass es der Geheimdienst mit Recht und Moral nicht so genau nimmt.
  Er entdeckt Dokumente, die zeigen, dass die Spionage der NSA nicht vor den eigenen Bürgern haltmacht – entgegen den öffentlichen Beteuerungen des Geheimdienst-Chefs James Clapper. In Snowden, der ein Buch mit der amerikanischen Verfassung auf seinem Schreibtisch zu liegen hat, reift der Plan, Beweise zu sammeln. Er sieht sich nicht als Verräter, sondern als Verfassungspatriot – eine Sichtweise, die von den Autoren der Bücher geteilt wird.
  Snowden hat Clapper der Lüge überführt, dennoch ist der Geheimdienst-Chef weiterhin ungestraft im Amt. Snowden dagegen muss sich verstecken. Beide Bücher ergreifen Partei für den Whistleblower; sie tun dies aus voller Überzeugung der Autoren und nicht nur deshalb, weil sich Spiegel und Guardian aus Snowdens Fundus bedienen durften und sie dadurch Stoff für Exklusivberichte hatten. Sie beschreiben Edward Snowden als einen Idealisten, der aus ehrenwerten Motiven handelte. Als einen scheuen Mann, dem nichts am Rummel um seine Person liegt; der stattdessen angetrieben wird vom Glauben an die Bürgerrechte und an ein freies Internet.
  In Deutschland gibt es viel Sympathie für den Whistleblower, aber auch hierzulande sehen einige in ihm vor allem einen Verräter von Staatsgeheimnissen – einen Rechtsbrecher, der ausgerechnet in Russland Zuflucht gefunden hat. In einem Kommentar der FAZ heißt es angewidert, die Kritiker der US-Spionage würden dem nach Moskau geflohenen Snowden „wahlweise die Füße lecken oder aus der Hand fressen“. Nicht jeder erkennt offenbar die Größe von Snowdens Tat.
  Als er sich für sein Gewissen entschieden hatte, musste er alles aufgeben, den Beruf, Freundin und Familie, die Heimat und die Sicherheit eines ungestörten Lebens. Was aber bedeutet es überhaupt, ungestört zu leben in einer Welt, in der Geheimdienste jede Kommunikation abfangen können? Darf man da ruhig bleiben? Beide Bücher zitieren Henry David Thoreau, der Mitte des 19. Jahrhunderts über den zivilen Ungehorsam schrieb: „Wenn aber das Gesetz so beschaffen ist, dass es notwendigerweise aus dir den Arm des Unrechts an einem anderen macht, dann, sage ich, brich das Gesetz. Mach dein Leben zu einem Gegengewicht, um die Maschine aufzuhalten.“ Snowden hat die Überwachungsmaschine nicht stoppen können, aber immerhin hat er sie sichtbar gemacht.
  Die Spitzelei geht weit über das Aufspüren von Terroristen hinaus. Belauscht werden Freund und Feind, die UN, die EU, große Unternehmen und sogar die Frauen von NSA-Mitarbeitern. Das Spionieren zu privaten Zwecken ist auch nach internen NSA-Regeln ein Missbrauch, angeblich kommt er nur selten vor. Wie beruhigend.
  Das Buch von Rosenbach und Stark gibt einen guten Überblick über die Programme, mit denen die NSA und ihre Partner Daten absaugen und auswerten. Sie zeigen, was sich hinter all den seltsamen Namen wie „Prism“, „Upstream“ oder „Shelltrumpet“ verbirgt. Auch die Affäre um das Handy der Kanzlerin, die ein Spiegel -Artikel ins Rollen brachte, wird nachgezeichnet. Ehrlicherweise stellen die Autoren klar, dass ein anderer Bericht irreführend war: 500 Millionen Kommunikationen aus Deutschland würde die NSA innerhalb eines Monats abschöpfen, hieß es zunächst. Weitere Recherchen zeigten jedoch, dass es dabei offenbar um Daten ging, die vom deutschen BND stammten und die unter anderem Afghanistan betrafen, nicht etwa die deutschen Bürger. Das bedeutet nicht, dass die NSA Deutsche verschont. Aber die Zuordnung der imposanten Zahl stimmte hier nicht. Sie setzte sich gleichwohl bei vielen fest. Auch Luke Harding nennt sie nun in seinem Buch in einem falschen Kontext.
  Es ist wichtig, präzise zu sein, sonst müsste man sich gar nicht die Mühe machen, die Snowden-Dokumente zu verstehen. Rosenbach und Stark warnen vor dem Schulterzucken derjenigen, die sagen, sie hätten nichts zu verbergen. Es geht ja nicht nur darum, dass private Post niemanden etwas angeht. Was geschieht, wenn der Geheimdienst als politische Waffe gegen unliebsame Bürger eingesetzt wird? In den USA haben linke Aktivisten das in früheren Jahrzehnten erleben müssen.
  Und wie sieht es heute in China oder Russland aus? Dass Snowden nach Moskau geflohen ist, kritisieren typischerweise Leute, die es im nächsten Atemzug ablehnen, dass Deutschland ihm Asyl gewährt. Diese Verlogenheit stört Harding. Er sieht die Zwänge, in denen Snowden steckt. Trotzdem gefällt es dem Journalisten, der lange Korrespondent in Moskau war, gar nicht, dass ein Mann, der im Dienste der Freiheit gehandelt hat, nun „in informeller Weise ein Gefangener“ des russischen Geheimdiensts sei. Harding ist ein scharfer Kritiker Putins; in einem anderen Buch hat er Russland als „Mafiastaat“ beschrieben.
  Harding unterstellt Snowden allerdings nicht, Geheimnisse bei russischen Behörden auszuplaudern. Nicht einmal unter Folter, so hat der Whistleblower einmal versichert, werde er etwas verraten.
  Indem Harding erzählt, wie die Redaktion des Guardian mit den Enthüllungen umging und dem Druck der Regierungen in den USA und Großbritannien standhielt, präsentiert er gute Beispiele für Unbeugsamkeit. Selten oder nie zuvor hatten Chefredakteure so schwierige Entscheidungen zu treffen und so heikles Material zu verwalten wie in diesem Fall.
  Glenn Greenwald, der Snowden in Hongkong traf und dort die NSA-Dateien bekam, arbeitet mittlerweile für ein neues Online-Magazin („The Intercept“). Er hat am Buch des Guardian -Kollegen herumgemäkelt: Harding habe Snowden nicht mal persönlich kennengelernt. Tatsächlich liegt Hardings Stärke in der mitreißenden Darstellung von Abläufen in der Redaktion und in Passagen über den britischen Geheimdienst GCHQ, der eng mit der NSA zusammenarbeitet und mindestens so skrupellos nach Daten fischt wie der US-Partner.
Eine große Rolle spielt in Hardings Geschichte der Guardian -Kollege Ewen MacAskill, der neben Greenwald und der Dokumentarfilmerin Laura Poitras zu dem Trio in Hongkong gehörte. Ohne Poitras wäre der Kontakt zu Snowden womöglich nie zustande gekommen; sie half später auch dem Spiegel , an Material zu kommen. Über Poitras und Greenwald hätte man gerne noch mehr erfahren. Greenwald wird im Mai ein eigenes Buch über Snowden und die NSA veröffentlichen.
Marcel Rosenbach, Holger Stark : Der NSA-Komplex. Edward Snowden und der Weg in die totale Überwachung. DVA, 2014. 383 S.,19,99 Euro.
Luke Harding: Edward Snowden. Geschichte einer Weltaffäre. Edition Weltkiosk, Berlin 2014. 277 S., 19,90Euro.
Gesetze, die Unrecht befördern,
müssten gebrochen werden,
sagte schon Henry David Thoreau
„Spy Memorial“, in Anlehnung an ein US-War-Memorial
Illustration: Oliver Schopf
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