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Denken wir uns ... Robert Gernhardt, der mit seinem letzten Erzählungsband eine Sammlung wunderbarer Geschichten, Situationen und Erinnerungen entworfen hat. Über den kleinen Jungen, der nicht als Sumsemann zum Kinderfasching will. Über den Freundeskreis, der über Gott und die Welt plaudert. Über die Toscana, die vom Dichter reichlich besungen ist. Und über eine Literatursendung, die ihr Vorbild in "Keiner will mich" hat. Und denken wir uns ... seine Freunde, die hier die schönsten dieser Geschichten lesen und damit mit einer ganz persönlichen Note versehen. Ein Blick zurück auf den Autor, den…mehr

  • Format: mp3
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Produktbeschreibung
Denken wir uns ... Robert Gernhardt, der mit seinem letzten Erzählungsband eine Sammlung wunderbarer Geschichten, Situationen und Erinnerungen entworfen hat. Über den kleinen Jungen, der nicht als Sumsemann zum Kinderfasching will. Über den Freundeskreis, der über Gott und die Welt plaudert. Über die Toscana, die vom Dichter reichlich besungen ist. Und über eine Literatursendung, die ihr Vorbild in "Keiner will mich" hat. Und denken wir uns ... seine Freunde, die hier die schönsten dieser Geschichten lesen und damit mit einer ganz persönlichen Note versehen. Ein Blick zurück auf den Autor, den Freund und den großen Dichter Robert Gernhardt. (Laufzeit: 2h 41)

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Autorenporträt
Robert Gernhardt, geb. am 13. Dezember 1937 in Reval (heute Tallinn/Estland), studierte Malerei und Germanistik in Stuttgart und Berlin. 1964 zog er nach Frankfurt am Main und trat in die Redaktion der satirischen Zeitschrift 'Pardon' ein. Hier erfand Robert Gernhardt zusammen mit F.K. Waechter und Fritz Weigle die Nonsense-Doppelseite 'Welt im Spiegel' (WimS). 1979 war er Mitbegründer der satirischen Monatsschrift 'Titanic'. Ab 1966 arbeitete Robert Gernhardt als freier Lyriker und Schriftsteller, Maler und Zeichner, Theoretiker und Kritiker. Robert Gernhardt wurde mit zahlreichen Preisen und Ehrungen ausgezeichnet, darunter mit dem Bertolt-Brecht-Preis (1998), dem e.o.plauen Preis (2002), dem Heinrich-Heine-Preis (2004) und dem Wilhelm-Busch-Preis (2006). Robert Gernhardt ist am 30. Juni 2006 in Frankfurt am Main gestorben.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.04.2007

Die noch vergänglicheren Fliegen
„Denken wir uns” – Robert Gernhardts letzter, kurz vor dem Tod beendeter Prosaband
Die Umschläge seiner Bücher hat Robert Gernhardt immer selbst gestaltet. Lustige Tiere waren auf ihnen zu sehen, Kasperlefiguren, manchmal auch vom Licht durchflutete toskanische Landschaften. Etwas anders blickt nun „Denken wir uns” dem Leser entgegen. Der Stil ist vertraut, das Sujet aber hat sich verändert. Vor einem azurblauen Himmel stehen dunkle Wolken, hinter denen sich, wie ein weißes Strahlen erkennen lässt, die Sonne verborgen hat. Das Bild spricht von Ferne und Abschied; gezeichnet hat es Per Gernhardt, der Bruder des im letzten Sommer verstorbenen Autors.
Im Himmel beginnt auch „Denken und Spielen”, das erste der 26, überwiegend sehr kurzen Prosastücke. Vier göttliche „Unterinstanzen” treten vor den Herrn und bitten darum, eine „Jahrhundertgestalt” erschaffen zu dürfen. Dem Wunsch wird gnädig stattgegeben, ebenso seinem Zusatz: Vier gewöhnliche Menschen sollen an dem Glanz des einzigartigen teilhaben. Also kommt Franz Kafka in die Welt – und immer noch erinnern wir uns dank ihm an seine unangenehme Berliner Zimmerwirtin, verewigt in „Eine kleine Frau”, an seinen Onkel Siegfried Löw, Vorbild für „Ein Landarzt”, sowie an Felice Bauer und Milena Jesenská. Der Herr und mit ihm der Erzähler geraten darüber ins Grübeln. Dass die Großen überdauern, das leuchtet ein – aber warum auch die Kleinen, die ihnen mitunter das Leben so sauer gemacht haben? Ist das nicht ein schändlicher „Ruhmmißbrauch”? Der Erzähler begütigt sich und seine Leser schließlich mit dem Hinweis auf die eigene Nichtigkeit: „Wir aber sollten uns in der Gewißheit sonnen, daß uns das nicht widerfahren kann: Daß wir diesen, unseren Giftkröten, nicht auch noch zu Unsterblichkeit verhelfen, Sterbliche, die wir gottlob selber sind.”
„Denken und spielen” ist weder Erzählung noch Essay, sondern beides zugleich. Auf diese rare Zwitterform, die er vorzüglich beherrschte, hat Gernhardt mehrfach zurückgegriffen, wenn er etwas grundsätzlich klären wollte: sein problematisches Verhältnis zur bildenden Kunst der Moderne oder die Voraussetzungen künstlerischen Erfolgs. Der kleine Prolog im Himmel liest sich wie eine Coda zu Überlegungen, die der Autor in „Glück Glanz Ruhm” (1983) und „Wege zum Ruhm” (1995) angestellt hat. Für die gründliche Beschäftigung mit diesem Thema gab es auch persönliche Gründe: Über den Status eines Geheimtipps aus dem latent subkulturellen Kosmos des „2001”-Versands ist Gernhardt lange nicht hinausgekommen; als er die große öffentliche Anerkennung erhielt, nach der es ihn, bei aller selbstironischen Reserve, stark verlangte, hatte er sein 50. Lebensjahr bereits überschritten.
Die Ressourcen sind endlich
Auch andere Werke Gernhardts finden in „Denken und Spielen” ihr Echo. In „Ich Ich Ich” (1982), dem einzigen Roman des Autors, lamentiert der Erzähler über Maler, die auch in vorgerückten Jahren, wenn ihre Fähigkeit zum „unmittelbaren Erleben” erloschen ist, immer noch vor der Leinwand hocken. In der Erzählung „Verbrannte Erde” hat jetzt den Schriftsteller Norbert Gamsbart ein ähnliches Schicksal ereilt. Er möchte so gerne weiter schreiben, aber leider gibt es von der Pergola über die Bienen und Zypressen bis zum Nachbarn nichts, worauf sich in der Toskana nicht schon sein Blick gerichtet hätte. „Alles habe ich hier in Dichtung überführt”, jammert er, „manchmal in geradezu rauschhaften Schüben, ohne zu bedenken, daß ein Dichterwerk sich gleich einem Bergwerk aus Ressourcen speise, die nicht unerschöpflich sind.” Was bleibt? Nach ausgiebigem Alkoholkonsum findet sich eine Lösung, ein Gedicht über Fliegen, das mit der tröstlichen Strophe endet: „Die Fliegen all werden vor mir verderben./ Wenn alles gutgeht zumindest./ Ich werde ha! leben, und die werden sterben./ Zumindest solang alles gutgeht.”
„Denken wir uns” ist ein Buch der Reprisen. Aber der Autor walzt das Vertraute nicht aus, sondern verknappt es; durchweg wird lakonisch-pointiert zur Sache gegangen. Von der bohrend-rastlosen Analyse exemplarischer Befindlichkeiten, die Gernhardts Prosa früher auszeichnete, ist allerdings kaum etwas geblieben. Die Akzente haben sich verschoben. Was früher Hülle, Ornament war, ist zum Kern geworden. Anekdoten aus dem wahren Leben, von drei trinkfreudigen Künstlern im Seniorenalter zum Besten gegeben, stehen neben komischen Formspielen: „Pennellino” imitiert die Künstlergeschichten Boccaccios; in „Walther im Alter” begegnet der melancholische Minnesänger einem Seniorenberater, der munter optimistische Phrasen daherplappert. Und dann gibt es jede Menge gute schlechte Witze und Kalauer, wie Gernhardt sie schon zu seiner Zeit bei der Welt im Spiegel kultiviert hat. Keiner von ihnen sei verraten; nur so viel: Wer gepflegte Albernheit schätzt, wird nicht enttäuscht werden.
Sicherlich: Gernhardt hat schon ambitionierter geschrieben als in „Denken wir uns” – aber nie vergnüglicher. Scherz, Satire und Ironie walten hier völlig frei; eine tiefere Bedeutung kann sich einstellen, muss es aber nicht. Am Ende steht die souverän-ironische Antwort, die der Autor an seinem letzten Geburtstag auf die heikle Frage gab, wie es ihm gehe: „Oh – ich sehe keinen Grund, unzufrieden zu sein. Ich habe eine von mir geliebte Frau, einen von vielen geachteten Beruf und eine von allen gefürchtete Krankheit – mehr kann man vom Leben eigentlich nicht verlangen.” Dürfen wir uns den späten Robert Gernhardt als einen glücklichen Menschen vorstellen? Der bestens unterhaltene Leser dieses Buches ist es jedenfalls, auf jeder der 240 Seiten.CHRISTOPH HAAS
ROBERT GERNHARDT: Denken wir uns. Erzählungen. S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2007. 240 S., 18,90 Euro.
In der bibliophilen Reihe „Signatur” des Verlags Rommerskirchen veröffentlichte Robert Gernhardt kurz vor seinem Tod das „Montaieser Bestiarium”. Abb. mit freundlicher Genehmigung von Theo Rommerskirchen
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.04.2007

Meister Gamsbardis letzte Spiele

Der Ruhm, seine Vergänglichkeit und die Mühe, die es kostet, ihn zu erwerben - das sind zentrale Themen in Robert Gernhardts letztem Prosaband "Denken wir uns". Der Titel ist Programm: Der Zeichner und Dichter erkundet hier noch einmal spielerisch den Reiz der literarischen Imagination.

Von Friedmar Apel

Die Lebenslust, die Robert Gernhardt noch in Zeiten der Krankheit versprühen konnte, war immer auch Lust an der Pointe und ihrer Wirkung auf das Gegenüber. Nach dem Gedichtband "Später Spagat" (F.A.Z. vom 22. Juli 2006) erscheint mit "Denken wir uns" nun das zweite Buch, das er bis kurz vor seinem Tod im Sommer 2006 noch selbst zusammengestellt hat. Die Lust an der Pointe hat ihn offenbar bis zuletzt nicht verlassen, aber unter den Umständen zielen viele von ihnen auf den Tod, als sollte der Gevatter, mit dem sich der Dichter schon lange duzte, schnell noch einmal verspottet werden. Die Aufforderung an die Leser, "das Salz der Erde" gleichwohl fröhlich zu lesen, ist so nicht leicht zu befolgen. Sie schlägt in Beklemmung um, wenn ein Schriftsteller im Buch auf die Frage, wie er denn mit sich und der Welt zufrieden sei, in Gernhardtscher Manier antwortet: "Oh - ich sehe keinen Grund, unzufrieden zu sein. Ich habe eine von mir geliebte Frau, einen von vielen geachteten Beruf und eine von allen gefürchtete Krankheit - mehr kann man vom Leben eigentlich nicht erwarten." Kann einer aber eben doch. Und wenn er dieses Mehr nicht bekommen hat und weiß, dass er es nie bekommen wird, so kann es nur noch geträumt oder gedacht werden.

Um ein solches Mehr und seine Versagung geht es offen oder verdeckt fast in jedem dieser Texte. Sie werden als Erzählungen vorgestellt, dabei hat Gernhardt im ersten Stück unter Berufung auf Jorge Luis Borges die viel treffendere Gattungsbezeichnung des Denkspiels gewählt und gleichzeitig seine Funktionsweise im Möglichkeitsraum der Literatur und der Einbildungskraft zwischen Shakespeare und Kafka vorgeführt. Das literarische Denkspiel in diesem Sinn ist ein Pendant zum wissenschaftlich gegründeten Gedankenexperiment, das nur im Kopf durchgeführt werden kann. In ihm geht es darum, sich eine Welt zu denken, in der ein bestimmter Sachverhalt möglich oder unmöglich ist. Um die Frage: Wie würden wir unser Leben gestalten, wenn es nicht vom Tod begrenzt wäre beispielsweise? Oder: Wie würden wir sein, wenn die Welt zweidimensional wäre?

Das Gedankenexperiment muss sich trotz seines fiktionalen Charakters in allen anderen als der Ausgangsbedingung an Empirie oder vorhandene wissenschaftliche Theorie halten. Das literarische Gedankenspiel dagegen darf die Wirklichkeit zeitlich und räumlich beliebig überschreiten; der Denkspieler darf sich, wie bei Gernhardt der Fall, sogar in die Rolle Gottes oder des Weltgerichts begeben. Gleichwohl ist die Form auf gedankliche Folgerichtigkeit verpflichtet. So entspricht es Robert Gernhardts Poetik, in der er immer wieder darauf verwiesen hat, dass Kreativität bei aller Abweichung von der Konvention durch strenge Bindung, durch Disziplin zustande kommt. Folglich sind auch die meisten dieser Texte scharfsinnige Exerzitien des Vorstellungsvermögens, an denen sich der Leser unter Aufbietung seiner ästhetischen Bildung beteiligen soll. Obwohl alle Texte mit "Denken wir uns . . ." beginnen, hat jedes Stück seine eigene Charakteristik. Gernhardt macht von der Freiheit des Denkspiels, sich bei anderen literarischen Formen wie bei der Kunstgeschichte zu bedienen, vielfältigen Gebrauch. Dem begnadeten Parodisten und literarischen Stimmenimitator kommt diese Form offensichtlich besonders entgegen.

Die meisten Stücke des Bandes haben aber unverkennbarer denn je autobiographischen Charakter. Bei manch einem ist der Leser ein wenig peinlich berührt, als würde er ungewollt Selbstgespräche mithören, die der Ertappte dann schnell ins Spaßige oder Alberne wendet. Da drängt sich in folgenlosem Mitleid der Eindruck auf, Gernhardt habe sein frühes Pseudonym "Lützel Jeman" nie ganz hinter sich gelassen. Dieser vielseitige und beliebte Künstler hat anscheinend bis in seine letzten Tage hinein unter mangelnder Anerkennung, "unter Ruhmabschneidern und den anderen üblichen Verdächtigen" gelitten.

In dem Dialog "Bei den Reichen" erscheint der Dichter als armer Sünder vor dem Weltgericht und muss sich vom Ankläger fragen lassen: "Glaubten Sie, als Autor Ihres Talents nichts Besseres und Sinnvolleres leisten zu können?" Der Dichter ist Gernhardt-Lesern unter dem Namen Gamsbart schon einschlägig bekannt. Die Forschung führt ihn weniger als Pseudonym, sondern als Kunstfigur, der Gernhardt beliebig eigene oder fremde Züge verleiht. Hier wird ihm seine Tätigkeit als Gagschreiber für einen gewissen Otto vorgeworfen, "ein Vorhaben von großer Nichtsnutzigkeit", weiterhin die Anwesenheit auf Partys bei reichen Leuten. Zur Wahrheitsfindung aber gelangt das Weltgericht nicht. Die Pointe spielt mit der Dialektik von Kleinheits- und Größenwahn, sie folgt aber konsequent aus der Voraussetzung, dass Zeitbegriffe vor dem Weltgericht ihren Sinn verlieren, "was freilich auch sein Gutes hat".

Schwerer tut sich der Leser als Mitspieler, wenn es um einen Schriftsteller geht, der immerhin schon den Heine-Preis bekommen hat, gleichwohl um seinen bescheidenen Platz in der Welt der Literatur weiß. Obwohl er "Autor seines Sprachraums geblieben ist", erreicht ihn dann doch "der berühmte Anruf aus Stockholm". Das ist eine kleine Phantasie über literarischen Futterneid, die einer bekenntnishaften Peinlichkeit durch Albernheit zu entkommen sucht. Dass der Schriftsteller zwar etwas von den Preisen des bekannten schwedischen Möbelhauses weiß, aber nichts vom Nobelpreis und dem schon länger zurückliegenden Tod seines Stifters, strapaziert die Form des Denkspiels ebenso über wie die Witztechnik aus den Zeiten von "Pardon" den Humor des Lesers. So wenn der Schriftsteller beim Namen des anrufenden Sekretärs immer nur "Smörrebröd" versteht. Die eigentliche Pointe ist darüber aber nicht zu verfehlen: "Wer hat diesen Preis denn als letzter bekommen? O je! Elfriede Jelinek! Und in welcher Sparte? Was - auch für Literatur?"

In ihrer Offenheit sehr anrührend sind die Denkspiele in der Form von Kindheits- und Jugenderinnerungen des 1939 in Riga Geborenen, dessen Familie nach Posen umsiedeln musste, um nach dem Krieg nach Westdeutschland vertrieben zu werden. Sie erlauben die ungeschützte Reflexion einer künstlerischen Produktivität, deren Antrieb ein Ehrgeiz ist, der auf kindliche Erlebnisse, Phantasien wie Ängste zurückgeht.

"Was erwartet so ein Kind groß vom Leben? Nicht viel. Die Weltherrschaft, vielleicht, mit Sicherheit aber vollständige Unterwerfung dessen, was ist, unter das, was es will. Und was will es? Nichts Außergewöhnliches. Der Einfallsreichste zu sein. Der Beliebteste zu sein. Der Gefeiertste zu sein." In der Wahl eines Faschingskostüms wird zwischen Kohlenklau, Sumsemann und "Feind hört mit" anschaulich, wie viel Schreiben mit der Abwesenheit des Gewünschten und der Anwesenheit des Unerwünschten zu tun hat und wie viel des Menschen Weg auf Erden mit Umwegen, mit Ersetzen und Übertragung.

Ein Meisterstück im mehrfachen Sinne ist "Pennelino". Hier sollen wir Leser uns in Gernhardts geliebte Toskana versetzen und uns im verschatteten Lesesaal einer Abtei überlegen, wie Meister Gamsbardi ein altmeisterliches Madonnenantlitz ohne Pinsel malt. Die Lösung ergibt eine Künstlernovelle im Stil der italienischen Frührenaissance, erheiternd und belehrend in ihrer raffinierten Naivität. Zugleich enthält sie eine wunderbare Hommage an ein Tier, in dem Robert Gernhardt nichts als "pure Lebenslust" erkannte, wenn es, wie einst im Homburger Schlosspark, scheinbar Chimären nachjagte. Ebenso kunstvoll wird der Leser ins Delft des siebzehnten Jahrhunderts versetzt, wo er der Entstehung von Jan Vermeers Gemälde "Die Musikstunde (Herr und Dame am Virginal)" beiwohnt und sich am Gezeter seiner Ehefrau Catharina ergötzen darf: "Mal doch mal eine ordentliche Unordnung. Nie liegt etwas auf deinen Bildern rum. Außer Bassgeigen, versteht sich. Mal doch mal das, was wirklich immer auf dem Boden rumliegt." Da ist Gernhardt auf der Höhe seiner Kunst, seiner Kenntnisse und zugleich seiner Ästhetik des Alltags.

Mit "Denken wir uns" hat Robert Gernhardt ein Trost- und Erbauungsbüchlein in bester artistischer Tradition hinterlassen, das den mehr oder minder scheinheiligen Leser, wie Baudelaire weniger höflich als Gernhardt formulierte, in ein Spiel der Spiegelungen zieht. Habgier, Eitelkeit, Rachsucht, Unmaß und Neid, und was der guten alten Sünden mehr ist, werden in der Wahrhaftigkeit des Denkspiels symbolisch in die feinen spirituellen Fähigkeiten Zuversicht, Humor und List verwandelt. Denken wir uns also noch einmal Robert Gernhardt, der das Leben liebte, und denken wir uns zugleich uns, "Sterbliche, die wir gottlob selber sind".

- Robert Gernhardt: "Denken wir uns".

Erzählungen. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2007. 240 S., geb., 18,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Hauke Hückstädt ist leicht enttäuscht von diesem letzten Erzählband Robert Gernhardts. Zwar preist er dessen Gesamtwerk und erinnert daran, wie viel Mühe es den Autor zu Unrecht kostete, "wenigstens als Halbmitglied im Schwergewichtsliteraturzirkus" aufgenommen zu werden - obwohl ihm eigentlich "Denkmäler gebühren für seine Verdienste um die Lesefreude." Doch den jetzt vorliegenden Erzählband findet der Rezensent nicht richtig geglückt. Das liegt zum einen daran, dass Gernhardts Erzählduktus etwas zu "betulich" und die Effekte etwas zu kalkuliert daherkommen. In der Summe wirken die Erzählungen seiner Meinung nach einfach ein bisschen zu wenig "gewagt".

© Perlentaucher Medien GmbH