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In the fourth "Palliser" novel, Anthony Trollope follows Phineas Finn's return to the dangerous world of Westminster politics. When his political rival is murdered, Phineas is thrown under suspicion and eventually finds himself standing trial at the Old Bailey.

Produktbeschreibung
In the fourth "Palliser" novel, Anthony Trollope follows Phineas Finn's return to the dangerous world of Westminster politics. When his political rival is murdered, Phineas is thrown under suspicion and eventually finds himself standing trial at the Old Bailey.
Autorenporträt
Anthony Trollope (1815-82) was one of the most widely enjoyed and prolific novelists of the nineteenth century. His books include the great Chronicles of Barsetshire, of which Barchester Towers is the second volume. Trollope worked for the Post Office for much of his adult life, combining postal and literary business as he travelled around the British Empire. He has been credited with the creation of the distinctive British pillar box.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.11.2000

Der Sieg des Mr. Moffat
Anthony Trollope wußte, was bei Wahlen schiefgehen kann

Anthony Trollope (1815 bis 1882), der bei uns völlig vergessene englische Schriftsteller, hat sich in seinen Büchern über fast alle Dinge geäußert, die einen Menschen seiner Zeit interessieren konnten: über Verkehrsprobleme, Fuchsjagd, Liebesbriefe, Zigarren, Picknicks, Haarmode, die Verdauung, das Tischgebet, die Prügelstrafe, Rauchen und Nichtrauchen, den günstigsten Ferienmonat und Damenstrümpfe zur Winterszeit. Sein riesiges Werk handelt, sehr grob gesagt, von drei Themen: Geld, Liebe und Politik. Würde man für jeden genau bezifferten Geldbetrag in seinen Büchern am Seitenrand ein kleines "m" für "money" notieren, könnte man am Ende eine Bruckner-Sinfonie summen.

Deswegen verwundert es auch nicht, daß Trollope immer wieder über Parlamentswahlen geschrieben hat: Er wollte zeigen, um welchen Preis die Macht zu haben ist. Zehn seiner siebenundvierzig Romane enthalten ein oder mehrere Kapitel, die den Wahlkampf und seine Propaganda, den Aufmarsch der Kandidaten, die Abgabe sowie das Auszählen der Stimmen schildern.

Nun hat das Ganze bei Trollope nicht annähernd die Brisanz einer nationalen Präsidentenwahl. Mancher junger Mann aus adligem Haus kandidierte nach Erreichen seiner Volljährigkeit so selbstverständlich für einen Sitz im britischen Parlament, wie er dem Stallburschen nach dem Ausritt sein Pferd überließ, und oft brauchte er an den Gegner keinen Gedanken zu verschwenden. Andere drängte es ins Unterhaus, weil sie im Geschäftsleben versagt oder unvorteilhaft geheiratet hatten. Wieder andere benutzten die Provinz als Sprungbrett in die große Politik, besuchten ihren Wahlkreis zwei Wochen vor der Wahl zum ersten Mal und hofften darauf, nach ihrem fest gebuchten Sieg nicht so bald wiederkommen zu müssen.

Am merkwürdigsten ist vielleicht, daß es in der ältesten Demokratie der Neuzeit, traut man dem überaus glaubwürdigen Trollope, bei kaum einer Wahl mit rechten Dingen zuging. Nicht nur, daß im Jahr 1868 das Prinzip der geheimen Wahl Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen und wütender Pamphlete war; Bestechung und Stimmenkauf waren in den ländlichen Gebieten so üblich, daß sich liberale wie konservative Kandidaten am Wahltag fragen mußten, ob sie mit sauberen Mitteln überhaupt eine Chance hätten, sollte der Gegner in letzter Minute in die Trickkiste greifen.

Von einer dieser Szenen erzählt "Phineas Redux" (1873), der vierte Roman aus der sechsbändigen "Palliser"-Serie, die sich der Politik und ihren Institutionen widmet. Phineas Finn, der aus einem früheren Band bekannte Aufsteiger, sieht sich in "Phineas Redux" der Aufgabe gegenüber, den Wahlkreis Tankerville zu gewinnen. In der aufstrebenden Kleinstadt, deren Prosperität auf dem Bergbau beruht, riechen alle Leute nach Kohle, und in den Falten jeder Hand, die der Kandidat schüttelt, sitzt schwarzer Staub. Phineas Finn macht sich keine großen Hoffnungen auf den Sieg, aber er hält ein paar feurige Reden, die seinen PR-Managern Respekt einflößen.

Einem dieser Berater ist allerdings zu Ohren gekommen, daß am darauffolgenden Wahltag auf seiten des Gegners "Geld fließen" werde. Die Konservativen, glaubt Mr. Ruddles, trauten ihrer eigenen Überlegenheit nicht und kauften lieber ein paar Stimmen hinzu. Er, Ruddles, empfehle den Liberalen dasselbe. Phineas Finn aber will nichts davon hören. Um zwei Uhr mittags liegen beide Kandidaten gleichauf. Um drei Uhr heißt es, Phineas Finn führe mit zehn Stimmen Vorsprung.

Um viertel nach drei erzählt Ruddles, der Gegner kaufe just in diesen Minuten Stimmen für zwei Pfund und zehn Shilling das Stück. Um vier Uhr ist die Wahl zu Ende, und Phineas Finn hat mit einer Differenz von sieben Voten verloren. Mr. Ruddles jedoch bleibt optimistisch: Mit einer Wahlprüfung, sagt er, "holen wir den Bezirk todsicher".

Trollope war Realist und Pragmatiker. In seinen Büchern heiraten einander zwar meist die Richtigen, aber geschäftliche oder politische Niederlagen verteilt der Autor mit bemerkenswerter Überparteilichkeit. Kein Leser möchte glauben, daß Mr. Moffat, das berechnende Söhnchen eines Textilfabrikanten in dem Roman "Doctor Thorne" (1858), bei der Parlamentswahl von Barchester den Sieg erringen könnte. In diesem Fall erhöht Trollope die Spannung, indem er wie neulich CNN den aktuellen Stand der Auszählung einblendet. Genau wie bei CNN sind die Zahlen trügerisch. Das Lager von Mr. Moffat glaubt sich mit 277 zu 269 Stimmen im Vorsprung, während die Mannschaft von Sir Richard Scatcherd das Verhältnis mit 275 zu 268 Stimmen zu ihren Gunsten angibt. Die Uhr tickt. Keine Kamera läuft, als das Rennen sich zuspitzt. Eine Stunde nach der Wahl verkündet der Bürgermeister von Barchester das Endergebnis: 378 Stimmen für Sir Richard, 376 für Mr. Moffat.

Der Leser weiß, daß der Sieg durch die Bestechung eines Kneipenwirtes zustande kam. Sechzig Seiten später muß Sir Richard seinen Parlamentssitz räumen. Trollope erspart uns nicht die Jauchekübel, die über den Unglücklichen, der von dem Betrug nichts ahnte, ausgegossen werden: Er habe Stimmen gekauft, erschwindelt und mit Gewalt erpreßt, heißt es, er habe Stimmen doppelt gezählt und selbst Tote ein Kreuzchen machen lassen. Sir Richard ist erledigt. Trollope holt zu einem der gesellschaftskritischen Exkurse aus, die er so liebt. Er sagt: Ja, es sei löblich, daß Bestechung mit aller Schärfe geahndet werde, etwas Schlimmeres als Bestechung lasse sich kaum denken. Aber nicht alle, welche die Bestechung so lautstark verdammten, seien in ihrem Herzen gegen Bestechung gefeit.

Ohne es zu ahnen, beschreibt der dreiundvierzigjährige Trollope hier das Desaster, das ihn zehn Jahre später selbst treffen sollte. Auch er ließ sich überreden, für die Liberalen in den Wahlkampf zu ziehen, und aus seiner postum erschienenen Autobiographie wissen wir, wie es ihm dabei erging: Während seiner Reise nach Amerika, im Frühjahr 1868, wurden die Wahlbezirke der Grafschaft Essex neu aufgeteilt und die Kandidaten von hierhin nach dorthin verschoben. Als Trollope in den Tory-Wahlkreis Beverly zurückkehrte, stand er auf verlorenem Posten. Einer seiner Berater aber erklärte ihm, vor ihm liege eine große Karriere: "Sie werden tausend Pfund ausgeben und die Wahl verlieren. Dann werden Sie das Ergebnis anfechten und weitere tausend Pfund ausgeben. Sie werden die gewählten Abgeordneten hinausjagen. Eine Kommission wird eingesetzt, und der Bezirk verliert das Wahlrecht. Für einen Anfänger wie Sie ist das ein schöner Erfolg."

Auf diesen Erfolg hat Trollope verzichtet. Am Morgen des Wahltags, um neun Uhr, lag er mit 202 Stimmen dicht hinter seinem Parteigenossen Maxwell (208). Um zehn Uhr trennten ihn von dem Führenden siebenundzwanzig Stimmen, während die beiden Tory-Kandidaten ihm ihrerseits dicht auf den Fersen waren. Um elf Uhr war er mit 470 Stimmen auf den dritten Platz gerutscht, um zwölf Uhr mit 569 auf den vierten. Dort blieb er bis zum Ende der Wahl um sechzehn Uhr. Das offizielle Resultat: Edwards 1132 Stimmen, Kennard 986, Maxwell 895, Trollope 740. Bei der Verkündung dieser Zahlen durch den Bürgermeister soll es nach einem Bericht des liberalen Blatts "The Beverly Recorder" zu Tumulten gekommen sein. Laute Proteste wie "Bestechung!" und "Sie haben nicht mit sauberen Mitteln gewonnen!" seien zu hören gewesen. Trollope selbst erzählt, auch Parteigenossen hätten ihm dringend zum Stimmenkauf geraten. Vergeblich.

Der Ausflug in die Politik kostete den Schriftsteller vierhundert Pfund (fünf Jahresgehälter eines Schreibers der Steuerbehörde). Sein Wahlkampf dauerte zwei Wochen. Das Schlimmste, schreibt er, sei nicht gewesen, mit jedem Wähler zu sprechen und sich dabei unentwegt zu wiederholen, sondern den Ausführungen der Wähler zuzuhören. Er nennt es die "elendeste Zeit meines erwachsenen Lebens", und sie hat seine Bücher zweifellos dunkler gefärbt: Meist regnet es, wenn bei Anthony Trollope gewählt wird.

PAUL INGENDAAY

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