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Wo die Fäden zusammenlaufen
Fenia Xenopoulou, Beamtin in der Generaldirektion Kultur in Brüssel, steht vor einer schwierigen Aufgabe. Sie soll das Image der EU-Kommission aufpolieren. Aber wie? Sie beauftragt den Referenten Martin Susman, eine Idee zu entwickeln. Die Idee nimmt Gestalt an - die Gestalt eines Gespensts aus der Geschichte; David de Vriend dämmert in einem Altenheim seinem Tod entgegen. Als Kind ist er von einem Deportationszug gesprungen, der seine Eltern in den Tod führte. Nun soll er bezeugen, was er im Begriff ist zu vergessen. Auch Kommissar Brunfaut steht vor einer…mehr

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Produktbeschreibung
Wo die Fäden zusammenlaufen

Fenia Xenopoulou, Beamtin in der Generaldirektion Kultur in Brüssel, steht vor einer schwierigen Aufgabe. Sie soll das Image der EU-Kommission aufpolieren. Aber wie? Sie beauftragt den Referenten Martin Susman, eine Idee zu entwickeln. Die Idee nimmt Gestalt an - die Gestalt eines Gespensts aus der Geschichte; David de Vriend dämmert in einem Altenheim seinem Tod entgegen. Als Kind ist er von einem Deportationszug gesprungen, der seine Eltern in den Tod führte. Nun soll er bezeugen, was er im Begriff ist zu vergessen. Auch Kommissar Brunfaut steht vor einer schwierigen Aufgabe. Er muss aus politischen Gründen einen Mordfall auf sich beruhen lassen; und Alois Erhart, Emeritus der Volkswirtschaft, soll in einem Thinktank der Kommission Worte sprechen, die seine letzten sein könnten. Und was macht Brüssel? Es sucht einen Namen - für ein Schwein, das durch die Straßen läuft.

Gelesen von Christian Berkel.

(2 mp3-CDs, Laufzeit: 14h 21)
Autorenporträt
Robert Menasse, 1954 in Wien geboren, studierte Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaft und promovierte über den »Typus des Außenseiters im Literaturbetrieb«. Danach lehrte er bis 1988 an der Universität São Paulo/Brasilien, zunächst als Lektor für österreichische Literatur, später dann als Gastdozent für Literaturtheorie. Einem breiten Publikum wurde er v. a. durch seinen Roman »Die Vertreibung aus der Hölle« (2001) bekannt, für den er den Hölderlin-Preis und den Breitbach-Preis erhielt. Seit 2006 befasst sich der Autor auch in Essays und Vorträgen verstärkt mit EU- und globalisierungskritischen Themen. Inzwischen lebt Robert Menasse als freier Autor hauptsächlich in Wien.
Trackliste
MP3 CD 1
1Die Hauptstadt
MP3 CD 2
1Die Hauptstadt
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.03.2018

Dem Autor ist nicht wohl
Robert Menasse hat in Brüssel seinen EU-Roman „Die Hauptstadt“ vorgestellt
Es ist nicht so, als läge im überfüllten Saal der Hessischen Landesvertretung in Brüs-sel das Absurde der Situation nicht ohnehin schon in der Luft, aber Robert Menasse geht auf Nummer sicher. Vor der Lesung aus seinem EU-Roman „Die Hauptstadt“ zieht Menasse das Handy aus der Tasche und sagt: „Bevor ich lese, ersuche ich Sie um Erlaubnis, von Ihnen ein Foto machen zu dürfen.“ Um sodann sein Mobiltelefon auf das zu richten, was er eine „qualifizierte Öffentlichkeit“ nennt. Für den Facebook-Account, wie er mitteilt. Wenn Menasse in die „Hauptstadt“ kommt, um vor Beamten, Diplomaten, Lobbyisten und EU-Abgeordneten zu lesen, dann dürfen sich beide Seiten geschmeichelt fühlen. „Eine Liebeserklärung an die EU-Kommission“ nennt Martin Selmayr, jener kürzlich unter umstrittenen Umständen zum Generalsekretär aufgestiegene und die Phantasie vieler EU-Beobachter ungeheuer anregende Machtmensch, das Buch, von dem der Suhrkamp-Verlag mittlerweile 300 000 Exemplare und 25 Übersetzungslizenzen verkauft hat. Den Erfolg des mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten Romans hätten die im Saal Versammelten wohl am wenigsten vorausgesagt. Ihrem Ruf als gesichtslose Bürokraten sind die Brüsseler Beamten zuweilen resigniert, manchmal zurecht ergeben. Umso dankbarer sind sie Menasse. Es sei ihm darum gegangen, die EU als „menschengemachtes Projekt“ zu schildern mit Typen, die Abgründe haben könnten, mal „biestig“, mal solidarisch.
Der Zufall will es, dass Selmayr, der schon vor längerer Zeit zugesagt hatte, nun an der Seite Menasses erstmals seit seiner Beförderung vom mächtigen Kabinettschef des Kommissionspräsidenten zum noch mächtigeren Generalsekretär Rede und Antwort stehen muss zum Aufruhr um seine Person. Er sucht, zunächst nicht ungeschickt, Zuflucht in Menasses Schrift. „Man traut der Kommission alles zu. Das gehört auch zu dem, was Menasse schreibt über das Image der Kommission“, verkündet Selmayr. Es verhalte sich in seinem Fall so wie beim von Menasse geschilderten Verbot der Homöopathie durch die EU-Kommission: „Stimmt nicht. Ist nichts dran, aber die gesamte Kommunikationsabteilung der Kommission macht drei Wochen lang nichts anderes, als das Gerücht zu beseitigen.“ Da wolle jemand die Kommission schlecht aussehen lassen, erläutert Selmayr, und legt ein paar Fährten - zu den Gegnern der Griechenland-Rettung, nach Polen, nach Ungarn. Schon bei Menasse stehe ja: „Das schlechte Image der Kommission ist gut für England.“
Dem Autor ist nicht wohl dabei. Er will ja eigentlich etwas anderes. Er sucht Verbündete gegen das, was er für elenden Pragmatismus hält. Für ein Europa, aus dem die Nationalstaaten endlich wegsterben. Keine Vereinigten Staaten von Europa, sondern einfach den Staat Europa. „Vereinigte Staaten ist Vintage, EU ist Avantgarde“, sagt er. Und wo, wenn nicht hier, verspricht das Applaus?
DANIEL BRÖSSLER
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.09.2017

Realistische Groteske
Robert Menasse in der Frankfurter Romanfabrik

Er kennt sich aus in Brüssel. Vier Jahre lang hat Robert Menasse in der belgischen Hauptstadt gelebt. Immer wieder hat er Essays über die Europäische Union und ihre Institutionen verfasst und für eine "Europäische Republik" auf dem Fundament eines Europas der Regionen plädiert. Jetzt hat er in der Frankfurter Romanfabrik endlich auch einen EU-Roman vorgestellt, der unter dem Titel "Die Hauptstadt" bei Suhrkamp erschienen ist. "Eine Groteske", befand Hausherr Michael Hohmann. Aber der Wiener Schriftsteller beharrte auf einem "realistischen Roman". Jedenfalls fand das sich drängende Publikum genug Anlässe, immer wieder laut aufzulachen. Und das nicht nur während des Prologs, in dem ein Schwein die Brüsseler Innenstadt heimsucht und dabei fast der gesamten Personage des Romans über den Weg läuft.

Brüssel, die Hauptstadt der Realsatire. Etwa, wenn "Xeno", die Leiterin eines Jubiläumsprojekts, dem Kabinettschef des Kommissionspräsidenten gegenübersitzt, um ihn von ihren Plänen zu überzeugen. Mit seinem Romulus Strozzi ist Menasse eine wunderbare Karikatur gelungen. Hauptberuflich Nachfahre adliger italienischer Faschisten und Kriegsverbrecher, begrüßt er die griechische Kollegin auf Altgriechisch und mit den ersten Worten des Johannes-Evangeliums. Einst hat er die olympische Bronzemedaille im Säbelfechten gewonnen. Den Finten und Paraden dieses EU-Beamten ist "Xeno" nicht gewachsen. Am Ende will Strozzi die Nationalstaaten in das Projekt einbeziehen, also statt an einem Strang zu ziehen ein ganzes Knäuel von Fäden in die Hand nehmen. Die EU-Kommission als Hüterin der Verträge und der Europäische Rat mit seinen nationalen Interessen - dieses Strukturproblem der Union nimmt Menasse köstlich auf's Korn.

Ein anderes Problem ist das Gewissen einzelner Beamter. Wie das des Patienten im Nadelstreifenpyjama, der keine Reden mehr für den Finanzkommissar schreiben kann, seit er weiß, dass die Selbstmordrate in Griechenland entsprechend der Sparauflagen gestiegen ist. Der Kommunikationsbeamte fühlt sich wie sein versagendes Kommunikationsorgan: "Ich bin sozusagen beruflich eine Milz." Menasse schreibt nicht nur geistreich und witzig, er trug seine sorgsam ausgewählten Passagen auch vor wie ein Kabarettist. Dabei liegt ihm die EU ernsthaft am Herzen und er hat Verständnis für ihre hochqualifizierten Beamten, nur: "Es sind Menschen."

Zurück zum Schwein. Diese "universale Metapher" sollte im Schweinsgalopp alles und alle zusammenführen: als Symbol des Glücks und der Sparsamkeit, aber auch als unreines Tier zweier Monotheismen. "Die europäische Politik besteht nun einmal aus Widersprüchen", sagte Menasse. Zu den Karriereschlüsseln in Brüssel gehöre es übrigens auch, das Lieblingsbuch des Kommissionspräsidenten im Smalltalk erwähnen zu können, in diesem Fall Musils "Der Mann ohne Eigenschaften". Deshalb habe auch er einige musilsche "Duftmarken" gesetzt, fügte er hinzu. Vielleicht gehören sie ja auch zu den Karriereschlüsseln im hiesigen Literaturbetrieb: Menasse steht mit seinem Roman immerhin auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises und wird daher neben vier der anderen fünf Shortlist-Autoren am Samstag von 18 Uhr an im Frankfurter Literaturhaus ebenfalls zu Gast sein. Die Lesung ist ausverkauft.

CLAUDIA SCHÜLKE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Paul Jandl fühlt sich mit Robert Menasses neuem Roman an Musils "Mann ohne Eigenschaften" erinnert. Hier wie da werden die Verhältnisse in ihrer Gefährlichkeit aufgedeckt, bei Menasse ist das vor allem die EU-Wirklichkeit im Abgleich mit ihren Möglichkeiten, erklärt Jandl. Dass Menasse Europa als Thema urbar gemacht hat, findet der Rezensent bemerkenswert, zumal der Autor hier geradezu einen Krimi um die europäische Fleischindustrie entwirft, wie Jandl feststellt. Geschichte und Gegenwart, Tragik und Komik, Hoffnung und Scheitern haben darin gleichermaßen ihren Platz, meint Jandl, ohne dass der Autor es allzu parodistisch oder milieuhaft angehen lässt.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Eine grandiose ... Liebeserklärung an Europa und gleichzeitig eine blendend recherchierte Innenansicht über die Arbeit der Europäischen Kommission.« Denis Scheck Der Tagesspiegel 20171217