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ROMA? Roma! Die Stadt, in die alle Wege führen, im Blickpunkt ihrer Schriftsteller. Warum sitzt Rom wie eine Krake auf dem ganzen Land? Warum sind die Römer so arrogant/elegant? Wohin gehen sie essen, spazieren, arbeiten? Wie füttern sie die Touristen? Warum haben sie das Kolosseum noch nicht gestohlen? Wie oft besuchen sie ihre Museen/Großmütter? Was machen die Römer nachts? Warum mag sie niemand? Warum fahren wir trotzdem hin? Roma! Ein Besuch mit Schriftstellern als Reiseführer, und zugleich ein Blick auf die italienische Gegenwartsliteratur. Mit Texten von: Alberto Arbasino, Ignazio…mehr

Produktbeschreibung
ROMA? Roma! Die Stadt, in die alle Wege führen, im Blickpunkt ihrer Schriftsteller.
Warum sitzt Rom wie eine Krake auf dem ganzen Land? Warum sind die Römer so arrogant/elegant?
Wohin gehen sie essen, spazieren, arbeiten? Wie füttern sie die Touristen? Warum haben sie das Kolosseum noch nicht gestohlen? Wie oft besuchen sie ihre Museen/Großmütter?
Was machen die Römer nachts? Warum mag sie niemand?
Warum fahren wir trotzdem hin? Roma!
Ein Besuch mit Schriftstellern als Reiseführer, und zugleich ein Blick auf die italienische Gegenwartsliteratur.
Mit Texten von: Alberto Arbasino, Ignazio Buttitta, Italo Calvino, Luca Canali, Guido Ceronetti, Umberto Eco, Ennio Flaiano, Carlo Emilio Gadda, Natalia Ginzburg, Marco Lodoli, Curzio Malaparte, Luigi Malerba, Giorgio Manganelli, Dacia Maraini, Elsa Morante, Alberto Moravia, Giampaolo Morelli, Aldo Palazzeschi, Pier Paolo Pasolini, Anna Maria Ortese, Gianni Rodari, Mario Soldati, Sebastiano Vassalli, Sandro Veronesi, Rodolfo Wilcock, Valentino Zeichen.
Autorenporträt
Margit Knapp, geb. 1960 in Schwaz/Tirol, studierte Germanistik, Romanistik und Theaterwissenschaften in Innsbruck und Wien. Promotion über Italo Svevo. Nach sieben Jahren in Turin lebt sie in Berlin, wo sie als Lektorin, Filmautorin und Publizistin arbeitet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.07.1996

Zählt nicht die Skulpturen
Zwei Anthologien zeigen, warum der deutsche Mensch in Rom viel erkennt, aber nichts sieht · Von Hanns-Josef Ortheil

Der deutsche Mensch tut sich mit Rom so schwer wie mit keiner anderen Stadt. Nirgendwo sonst glaubt er sich derart überfordert, denn er will wissen, erkennen und etwas mit heimnehmen. Seit Jahrhunderten melden die Berichte und Tagebücher vor allem Verdruß: der deutsche Reisende resigniert angesichts der Zumutungen dieser Stadt, alles wird ihm zuviel, die Stadt ist zu groß, der Verkehr ist zu laut, die Jahrtausende sind zu mächtig, die Hunde zu zahlreich, die Römer zu stolz, die Speisen zu fett, die Flöhe zu dreist. Das begeisterte Schwärmen ist in Rom, entgegen dem landläufigen Glauben, nur wenigen gelungen: unserem Einzigen, natürlich, Goethe, und jenen inspirierten Rom-Reisenden des neunzehnten Jahrhunderts, die sich viel Zeit ließen, die Landessprache beherrschten und keine übertriebenen Anforderungen an sich selbst stellten.

Die Unruhe, die Rom bei den Deutschen auslöst, ist andererseits auch darin begründet, daß der deutsche Mensch kein Augenmensch ist. Er weigert sich, genau und lange hinzuschauen. Das Sehen selbst ist ihm noch keine ästhetische Leistung, er entnimmt dem Sehen nichts, sondern hält es für die erste Vorstufe auf dem Weg zu höherer Betrachtung. Statt sich den Dingen zunächst einmal zu überlassen, will der deutsche Mensch erkennen und vor allem einordnen, nicht zufällig ist Deutschland das Land des geschichtlichen Denkens, und nicht zufällig begann der große Winckelmann gerade in Rom, das Gesehene nach Epochen und Stilen zu sortieren.

Daneben bedeutete Rom in vielen Jahrhunderten für die Deutschen auch immer eine Verführung: es war die Stadt, an der sie ihre ästhetischen Programme erprobten, eine Stadt für Begriffe und gewagte Spekulationen, das große Terrain der Schulen und Debatten, das zu einer Art geheimer Hauptstadt ihrer nach innen gewandten Kultur wurde. Dabei hat sich unser Einziger keineswegs besonders hervorgetan. Die ästhetische Kärrnerarbeit hat er in seinen römischen Jahren dem Freund Karl Philipp Moritz überlassen und später, wie es so seine Art war, Auszüge aus dessen Schrift "Über die bildende Nachahmung des Schönen" einfach in seine "Italienische Reise" übernommen. Ausgerechnet Goethe war - wieder gegen die landläufige Meinung - in ästhetischen Dingen verschwiegen; seine Texte sind Augentexte, ohne den Zwang zur Abrundung geschrieben.

Dagegen sind die Rom-Betrachtungen deutscher Reisender oft verzweifelte Bildungsbemühungen, hart und spröde in der Aneignung von Begriffen; wenige folgten Goethe darin, Rom als Schule des Sehens zu verstehen, wobei der einzelne Gegenstand, das Fragment, zunächst ausreichte, um darin eine Welt zu erkennen. Der deutsche Mensch quält sich; wenn er die fremde Welt einfach gewähren läßt, dann oft mit deutlicher Zurücknahme seines Deutschtums und allmählicher Selbstverwandlung ins Südliche. Die einen sammeln und bewegen sich in unaufhörlicher Suche durch die Stadt, die anderen stehen, liegen, sitzen, in Betrachtung des Schönen versunken oder einfach verzaubert.

Das darzustellen und uns eine umfangreiche, aber bitte gewitzte Kulturgeschichte der Deutschen in Rom zu bieten wäre eine wunderbare Aufgabe für einen, der Rom sehr liebt und sich dazu noch offene Sinne erhalten hat. Johannes Mahr, der Herausgeber einer Rom-Anthologie mit Texten aus fünf Jahrhunderten, ist gewiß ein solcher Mann, der liebt, viel weiß, gut schreibt und ohne Vorurteile auskommt. Hätte er uns aber statt seines Anthologieprojekts nur die lesbare und gewitzte Gesamtdarstellung aus eigener Feder geschenkt.

Was seine Anthologie mit über hundert Auszügen aus Reiseberichten uns jetzt statt dessen bietet, ist vor allem eines: abschreckend. Drei Seiten Goethe, drei Seiten Herder, vier Seiten Moritz, drei Seiten Jean Paul . . . so werden einem die Lesefrüchte hingeschmissen, eingewickelt in die knappen Kommentare des Herausgebers, der Berge von Literatur gewälzt und durchstöbert haben muß, um alles am Ende einem durch und durch unattraktiven, leserfeindlichen Konzept zu opfern.

Rom, die gelobte Stadt, sie wird in dieser Anthologie zu einem gähnend langweiligen Miniaturdorf mit lauter seltsamen Brunnen, Kirchen, Klöstern, an denen sich meist abartig konventionelle und nicht selten einfallslose Texte abmühen. Das soll unser Rom, das große Rom sein? Dieser Text-Scherbenhaufen aus dürftigen Beschreibungen, ergebenem Hutziehen und meist kleinlich herumkauernder Kritik (Günter Eich zum Beispiel vermißte in Rom "Steingärten", jawohl, "Steingärten" . . . )?!

Wenn dieses Buch, wie zu vermuten, sich an einer Art kulturgeschichtlichem Blick auf Rom-Reisen aus den letzten fünf Jahrhunderten orientiert, dann soll uns die Kulturgeschichte gestohlen bleiben. Rom ist, um mit den Worten unseres Einzigen zu reden, denn doch zu "bedeutend", um am Ende als winziges Fettauge auf einer kaum genießbaren Brühe aus Philologie zu schwimmen.

Wie man die Stadt aber heutzutage zum Leuchten bringen könnte, das zeigt die von Margit Knapp herausgegebene Anthologie "Rom. Eine literarische Einladung". Frau Knapp hatte es einfacher als ihr Kollege, sie konnte sich ausschließlich an Texte von zeitgenössischen italienischen Autoren halten. Da gibt es nichts Übelgelauntes, kein Sichducken, kein Skulpturenzählen, sondern den präzisen Blick, die Freude am Detail. Und welche Freuden können italienische Autoren den, wie man im Deutschen gern sagt, "totgeschriebenen" Dingen entlocken.

Italo Calvino steigt auf ein Gerüst und studiert Sequenz für Sequenz der Trajanssäule, wobei es ihm gelingt, den Bilderbogen auf seine Geheimnisse hin nachzuerzählen und zu befragen. Ein anderes Glanzstück: Giorgio Manganellis Betrachtung von Berninis "Ekstase der Heiligen Theresia": "Ich betrachte den absolut astralen Leib der Heiligen Theresia; erblicke einen Fuß, der ins Bodenlose ragt. Er tritt auf nichts, die Anwesenheit dieses Fußes hat einzig und allein den Sinn, zu nichts nütze zu sein; an diesem geistigen Ort ist und war nie ein Boden . . . " Nein, das ist keine "Kunstgeschichte", keine "Kulturgeschichte", das ist die lebendige Begeisterung eines hoch informierten, den Gegenstand aber noch einmal ganz frisch mit allen Sinnen erfassenden Autors von heute!

Und gerade an solchen Texten erweist sich, daß unser gegenwärtiges Sehen, Beschreiben und Erkennen unendlich viel weiter, unendlich nuancierter, geschmeidiger und auch eleganter ist als das Sehen von früher. Autoren wie Calvino und Manganelli sind an den neuesten Medien geschult. Ihre Texte sind mikroskopisch, filmisch, manchmal sogar wie Zitate von Video-Clips, ohne freilich den Gestus solcher Medien zu kopieren. Das mediale Sehen ist eingegangen in die literarische Anstrengung, und dabei entstehen Ergebnisse aus ganz neuen Labors, in denen phantasiebegabte Techniker das ganze Wissen der Zeiten mit wenigen Zauberhandgriffen, stilistisch begeisternd, servieren, zum Genuß, nur zum Genuß, denn, natürlich, nur so genußreich ist unser Rom-Dasein letztlich gerechtfertigt.

Und so müssen es gar nicht die großen Gegenstände Roms sein, die so virtuose Texte auslösen, nein, im Gegenteil. Guido Ceronetti schreibt über die "Hunde der EUR", Sandro Veronesi über römische Palazzi (,Von der Straße aus gesehen sind die Häuserfronten der römischen Innenstadt nie gerade. Sie biegen sich nach hinten . . ."), Pasolini entwirft eine Stadtansicht, und Luigi Malerba deutet die Straßen, den Dialekt, das Papsttum.

Etwas mehr als fünfundzwanzig Texte hat Margit Knapp so zusammengetragen, von Malaparte und Gadda bis hin zu einem so jungen Autor wie Valentino Zeichen, geboren 1958 in Fiume, heute in Rom lebend, der sich nicht zu schade ist, ein Gedicht, ja, ein Gedicht auf den Titusbogen zu schreiben. So soll es sein, frische, lebendige Texte, ohne Rom-Scheu, in denen man wieder Ernst macht mit dem Blick auf diese Stadt, die vielleicht wie kaum eine andere darauf wartet, neu gesehen und verstanden zu werden. Daher ist Wagenbachs "literarische Einladung" etwas für diesen Sommer und Herbst, auf daß unser letztes übellauniges, deutsches Relikt aus den siebziger Jahren, Rolf Dieter Brinkmanns "Rom, Blicke", endlich seine verdiente, nein, seine ganz und gar verdiente Ruhe finde.

"Rom - die Gelobte Stadt". Texte aus fünf Jahrhunderten. Herausgegeben von Johannes Mahr. Reclam Verlag, Stuttgart 1996. 368 S., geb., 39,80 DM.

"Rom. Eine literarische Einladung". Herausgegeben von Margit Knapp. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 1996. 139 S., Abb., geb., 26,80DM.

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

In einer Sammelrezension bespricht Jeanette Stickler drei Bücher, die sich mit dem Vatikan und der Liebe (oder auch Hass-Liebe) zu Rom befassen.
1) Margit Knapp (Hrsg.): "