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Angesichts überraschender Unternehmenspleiten, plötzlich auftauchender Markttrends und wachsender Konkurrenz auf dem Weltmarkt können Manager schon mal in Panik geraten. Die instinktive Reaktion: mehr Controlling, bessere Planung, weitere Optimierung.
Genau der falsche Weg, sagt Amel Karboul, international renommierte Unternehmensberaterin und neue tunesische Tourismusministerin. Denn Optimierung engt die Handlungsspielräume ein - so wie bei Flugzeugen, die hoch oben in der sogenannten Coffin Corner (dt. Sargecke) fliegen, wo Mindest- und Maximalgeschwindigkeit nahe beieinander liegen. Hoch…mehr

Produktbeschreibung
Angesichts überraschender Unternehmenspleiten, plötzlich auftauchender Markttrends und wachsender Konkurrenz auf dem Weltmarkt können Manager schon mal in Panik geraten. Die instinktive Reaktion: mehr Controlling, bessere Planung, weitere Optimierung.

Genau der falsche Weg, sagt Amel Karboul, international renommierte Unternehmensberaterin und neue tunesische Tourismusministerin. Denn Optimierung engt die Handlungsspielräume ein - so wie bei Flugzeugen, die hoch oben in der sogenannten Coffin Corner (dt. Sargecke) fliegen, wo Mindest- und Maximalgeschwindigkeit nahe beieinander liegen. Hoch effizient und hoch gefährlich! Jedes unvorhergesehene Ereignis kann einen Highflyer zum Absturz bringen. Und da wir in einer Phase des Umbruchs zur digitalen Gesellschaft leben, nehmen unvorhersehbare Ereignisse und hochkomplexe, chaotische Wechselwirkungen sprunghaft zu. Was Sicherheit bringen sollte, verstärkt also die Unsicherheit. Ein Teufelskreis, aus dem Amel Karboul durch ihre interkulturelle Prägung ausbrechen kann. Sie sieht, wie stark der Umgang mit Unsicherheit durch kulturelle Konventionen geprägt ist. Wir Europäer wollen Unsicherheit eindämmen, während die Menschen in der arabischen und afrikanischen Kultur gewohnt sind, mit Unsicherheit zu leben. Flexibilität, mehrgleisige Planung, Fehlertoleranz und Raum für Intuition - alles das können westliche Unternehmen von diesen Kulturen lernen. So brauchen sie unerwartete Veränderungen nicht mehr zu fürchten, sondern können sie für den eigenen Erfolg nutzen.
Autorenporträt
Karboul, Amel
Amel Karboul hat einen wahrhaft internationalen Lebenslauf. Geboren 1973 in Tunis, kam sie zum Maschinenbaustudium nach Deutschland und schloss ihr Ingenieursstudium als Jahrgangsbeste ab. Sie absolvierte das Trainee-Programm von Daimler-Benz und ging für das Unternehmen nach Südafrika. Sie war Beraterin bei der Boston Consulting Group, bildete sich in der systemischen Unternehmensberatung fort und gründete 2007 ihre eigene Beratungsfirma 'Change, Leadership & Partners' mit Büros in Tunis, London und Köln. Weltweit beraten Amel Karboul und ihr Team führende Unternehmen beim Change Management. Zu ihren Kunden gehören Unternehmen wie Roche, Lufthansa, Daimler, Stryker und die State Bank of India. Amel Karboul spricht sechs Sprachen: Arabisch, Französisch, Deutsch, Englisch, Spanisch und Griechisch. Sie ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.04.2016

Die Parabel
vom Bruchpiloten
Amel Karboul und ihre Idee
vom zyklischen Wirtschaften
Das Bild der Coffin Corner (Sargecke) stammt aus der Flugzeugwelt. Je höher eine Maschine steigen will, desto schneller muss sie fliegen. Nur so kann die dünner werdende Luft den flugnotwendigen Auftrieb unter den Tragflächen noch liefern. Ist die Geschwindigkeit hingegen nicht hoch genug für die dünn gewordene Luft, stürzt die Maschine ab. Sie ist dann, wie es im Englisch der Piloten heißt, in die Coffin Corner, die Sargecke, geraten. Selbst der erfahrenste Pilot kann dann nichts mehr tun. Mit dieser Luftparabel führt die Autorin, den Leser an ihr Thema heran.
  Amel Karboul ist eine in Karlsruhe ausgebildete Diplomingenieurin für Maschinenbau und besitzt einen angelsächsischen ökonomischen Doktorgrad. Darüber hinaus war sie schon einmal Ministerin (für Tourismus) in ihrem Heimatland Tunesien (Januar 2014 bis Februar 2015). Den Trend zum Deutschen hin mag sie jedoch bereits von ihrem Vater geerbt haben: Mohamed Karboul, Absolvent der Universität zu Köln, war später mehrere Jahre tunesischer Botschafter in Bonn.
  Der Bruchpilot nun ist in die ausweglose Lage geraten, weil er falsch gedacht, falsch geplant hat. Er dachte „linear“, gemäß der am Schienenstrang entlangführenden „Railway“-Logik, wie die Briten sagen, anstatt kreisförmig, „zyklisch“. Amel Karbouls Überzeugung: Man darf Potenziale nicht mehr ausreizen bis zum „Gehtnichtmehr“. Die Gefahr, damit abzustürzen, ist in unserer komplex gewordenen Welt, wo es keine wirklichen Zentren mehr gibt, zu groß geworden.
  Das Gleichnis trifft kleine Firmen, große Firmen, Vereinigungen, Staaten, Staatengruppen. Ideologische Orientierungen („links“ oder „rechts“) spielen keine Rolle, es geht ums Prinzip. Die Fehlplanung geschieht innerhalb soziokulturell angelernter Verhaltensweisen. Wir denken und handeln „linear“, bewegen uns geradeaus, weder nach links noch rechts schauend, weil wir so erzogen sind, verzogen wurden.
  Wir funktionieren, in unseren Befehls- und Gehorsamsrhythmen, fast immer vertikal, von oben nach unten sowie von unten nach oben, doch höchst selten horizontal, auf gleicher Ebene, im Direktdialog von einer Abteilung in die andere, von Menschen auf Augenhöhe zueinander. Gehorcht wird immer dem Vorgesetzten weiter oben im Pyramidalsystem, und so kommt es, dass der kleine Sachbearbeiter die Unterschriften der gesamten hierarchischen Kette bis hin zum amtierenden Wirtschaftsminister benötigt, wenn er, sagen wir es karikierend zugespitzt, sein Büromaterial um drei neue Kugelschreiber anreichern möchte. Initiativen werden erst dann umgesetzt, wenn alle absegnenden Paraphen bis in die höchsten Unternehmens- oder Staatsspitzen hinein vorliegen. Solches Missmanagement geschieht im ganz Großen wie im ganz Kleinen. 
  Diese autoritäre Vorgehensweise war das Erfolgsrezept in der bisherigen para-totalitären Wirtschaftsführung. Wie auch in der Politik und bei den den Globus umspannenden internationalen Beziehungen, die längst Vernetzungen geworden sind, selbst zwischen Ländern wie Nordkorea und den USA. Deshalb greifen die alten Methoden nicht mehr im Global Village, wo noch der letzte australische Eingeborene die News von einem New Yorker Börsenkrach oder dem Ausbruch einer dritten Intifada dank Internet genau so rasch erfährt wie der Chef einer europäischen Großbank oder der israelische Premierminister.
  Amel Karboul hat im Hinterkopf noch ein anderes Problem, dem sie mit ihrem antilinearen, zyklischen Ansatz beikommen möchte. Sie streift es gerade mal mit einem Satz auf einer ihrer letzten Buchseiten: den israelisch-arabischen Konflikt in seiner
„linearen“ Dauer, Verkettung und Verhärtung, heute einer Befriedung ferner stehend als je zuvor. Kein Wunder. Schließlich ist sie eine tunesische Ex-Ministerin und als solche diesem Schlamassel um ein Vielfaches näherstehend als Vertreter(innen) anderer Mittelmeer- oder Euro-Länder.
  Das Buch ist in lebendigem, unterhaltsamem Deutsch geschrieben. Die Lektüre belehrt und bereitet Vergnügen. Ab und zu übertreibt die Autorin mit englischen Wortschlenkern, wohl damit dokumentieren wollend, dass sie heute ein internationales Coaching-Unternehmen von London aus betreibt. Ständig im Flugzeug. Bosse aus allen vier Himmelsrichtungen suchen offenbar ihren Rat.
  Aber was ist mit der alten Weisheit, wonach sich 50 Prozent aller Probleme stets von alleine lösen? Dieser Gedanke vielleicht auch als Enthusiasmusdämpfer in die Checkliste der ansonsten ungemein anregenden Autorin.
WOLFGANG FREUND
Wolfgang Freund ist deutsch-französischer Sozialwissenschaftler (Schwerpunkt „Mittelmeerkulturen“). Zahlreiche Publikationen auf Deutsch, Französisch und Englisch. Lebt heute in Südfrankreich.
Die Fehlplanung geschieht
innerhalb soziokulturell
angelernter Verhaltensweisen
  
  
  
  
Amel Karboul:
Coffin Corner. Warum auch die besten Firmen abstürzen können. Midas Verlag, Zürich 2015.
213 Seiten. 24,90 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der hier rezensierende Sozialwissenschaftler Wolfgang Freund möchte die Autorin mitunter etwas dämpfen in ihrem Enthusiasmus für eine antilineare, zyklische Problemlösungsstrategie an allen Fronten. Dass Amel Karboul als Wirtschaftsdoktorin und ehemalige tunesische Ministerin weiß, wovon sie spricht, wenn sie sich den israelisch-arabischen Konflikt vornimmt oder Missmanagement in Politik und Wirtschaft, daran hat Freund allerdings keinen Zweifel. Das lebendig und unterhaltsam belehrende Buch macht ihm sogar Vergnügen. Nur manchmal nerven ihn die üppig eingestreuten Anglizismen, und angesichts von so viel Problemlösungseuphorie treibt ihn die Frage um, was mit der Weisheit ist, wonach sich 50 Prozent aller Probleme von alleine lösen.

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