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Ist ein Frieden zwischen den Religionen möglich? Bietet die Geschichte keine Beispiele für einen solchen? War der Zeitabschnitt des "Al Andalus" denn nicht durch eine harmonische Koexistenz von Juden, Muslimen und Christen geprägt? Indem er die goldene Legende der einen und den Manichäismus der anderen ablehnt, zeigt Georges Bensoussan, dass die arabische Welt für Minderheiten, und zwar insbesondere für die jüdischen, eine Stätte des Schutzes, aber auch der Unterwerfung war. Gestützt auf Recherchen in militärischen, diplomatischen und Verwaltungsarchiven, rekonstruiert Bensoussan diese…mehr

Produktbeschreibung
Ist ein Frieden zwischen den Religionen möglich? Bietet die Geschichte keine Beispiele für einen solchen? War der Zeitabschnitt des "Al Andalus" denn nicht durch eine harmonische Koexistenz von Juden, Muslimen und Christen geprägt? Indem er die goldene Legende der einen und den Manichäismus der anderen ablehnt, zeigt Georges Bensoussan, dass die arabische Welt für Minderheiten, und zwar insbesondere für die jüdischen, eine Stätte des Schutzes, aber auch der Unterwerfung war. Gestützt auf Recherchen in militärischen, diplomatischen und Verwaltungsarchiven, rekonstruiert Bensoussan diese Beziehungen. Über die Geschichte der Emanzipation und der Unterdrückung hinaus geht es ihm darum, wie sich das Verhältnis der muslimischen Welt zur abendländischen Moderne von den mittelalterlichen Wurzeln bis zur Dekolonisation langfristig entwickelt.
Autorenporträt
geboren 1952 in einer alteingesessenen jüdischen Familie Marokkos, die nach Frankreich auswanderte, ist Historiker, Experte für europäische Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, insbesondere für die Kulturgeschichte der jüdischen Welt. Er ist Chefredakteur der französischen Zeitschrift "Revue d'Histoire de la Shoah". Gleichzeitig verantwortet er die Veröffentlichungen des Mémorial de la Shoah in Paris, so zum Beispiel über das von Emanuel Ringelblum und anderen im Warschauer Ghetto angelegte und versteckte Archiv. Er wurde u.a. 2008 mit dem Prix Mémoire de la Shoah der Fondation Jacob Buchmann, verliehen von der Fondation du Judaïsme Français, ausgezeichnet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Rezensent Ulrich Gutmair erfährt von Georges Bensoussan, wie die jüdisch-arabischen Beziehungen vor 1939 wirklich aussahen: Die Juden wurden manchmal wertgeschätzt, manchmal sogar bewundert, aber sie gehörten immer zu einer "verachteten Minderheit" - goldenes Zeitalter hin oder her. Und auch später sah es nicht besser aus: Ab den frühen 1940er Jahren mussten etwa 900.000 Juden ihre Heimat in arabischen Ländern verlassen. Dass der Autor zurückhaltend schreibt und nur in Bezug auf Ägypten von Vertreibung spricht, sonst von Exodus, rechnet Gutmair ihm an. Bensoussan beschreibe den Vorgang mehr als "schleichenden Ausschluss". Wie der Historiker gegen die Verklärung anschreibt, indem er Quellen ab dem späten 19. Jahrhundert zitiert, um die antjüdische Stimmung in den arabischen Ländern zu illustrieren, scheint dem Rezensenten erhellend, wenngleich er Bensoussans Pessimismus spürt, wenn es um die Auseinandersetzung mit dem Thema in der französischen Gegenwart geht. Die wird gern zugunsten eines "postkolonialen Wir" unter den Tisch gekehrt, lernt Gutmair.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.09.2019

Vertriebene
des Orients
Georges Bensoussan über das
Leben arabischstämmiger Juden
Ende der 1930er-Jahre waren 33 Prozent der Bewohner der irakischen Hauptstadt Bagdad jüdisch, ein größerer Anteil als zur selben Zeit in Warschau oder in New York. Irak, die Heimat des bedeutenden babylonischen Judentums, der Entstehungsort des Talmud, der Schauplatz der biblischen Geschichten um Abraham, Isaak und Jakob: Heute liegt der Anteil der Juden dort bei null Prozent. In den 1940er-Jahren wurden sie blutig vertrieben, ebenso in den folgenden Jahren aus anderen arabischen Ländern, die einst Heimat einer beträchtlichen jüdischen Minderheit waren.
Heute besteht Israels jüdische Bevölkerung zur Hälfte aus Familien, die nicht aus Europa geflohen sind, sondern aus arabischen Ländern. Und wenn an diesem Dienstag Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vom rechtskonservativen Likud um seine Wiederwahl bangt, dann wird es auch um die Frage gehen, wie sich diese Hälfte verhalten wird, in Israel Misrachim (Orientalischstämmige) genannt. Lange sind sie das wichtigste Wählerreservoir des Likud gewesen. Nach ihrer Ankunft hatten sie weit weniger als ihre aus Europa geflohenen Glaubensbrüder an eine gute Nachbarschaft mit Arabern glauben wollen. Erst dank ihnen war der Likud 1977 erstmals stärkste Kraft geworden.
Es hat, so zeigt der französische Autor Georges Bensoussan, Chefredakteur der Zeitschrift Revue d’Histoire de la Shoah, vor allem mit Erzählungen, mit Selbstverständnissen zu tun, dass sich die jüdischen Flüchtlinge aus den arabischen Ländern dennoch stets dagegen wehrten, als Flüchtlinge betrachtet zu werden, und dass sie ihre Migration nach Israel stattdessen hochstilisierten zum Erreichen eines lange ersehnten Ziels. Recht unerbittlich schreibt Bensoussan, selbst Sohn marokkanischer Juden, von „Verklärung“. Er nennt es „Gefallsucht der Entwurzelten“. Die Misrachim, schreibt er, wollten nicht als Opfer nach Israel gekommen sein. Sondern als Pioniere oder Fromme. Ihre Ohnmacht und Misshandlung hätten sie deshalb oft selbst tabuisiert. Und die europäischstämmigen Juden hätten sich wenig dafür interessiert.
Nicht nur in Israel fehle es bis heute an einem angemessenen Gedenken an ihr Leid, sondern auch in Frankreich, wo die jüdischen Gemeinden, anders als in Deutschland, zu einem großen Teil aus maghrebinischstämmigen Familien bestehen. In jüdischen Familien, die aus Algerien stammten, werde häufig behauptet, die algerische Befreiungsbewegung FLN in den 1950er-Jahren hätte die Juden am liebsten im Land behalten wollen, so zitiert Bensoussan die französische Soziologin Jeannine Verdès-Leroux. „Kein einziger Gesprächspartner“, so die Soziologin, habe von sich aus die zahlreichen Angriffe der FLN auf jüdische Orte erwähnt, etwa auf die große Synagoge von Algier. „Sie wurde vollständig geplündert“, schreibt Bensoussan, „das Mobiliar zerschlagen, alle großen Gebetsrollen entweiht, die Gitter herausgerissen, die Aufschrift ‚Tod den Juden‘ auf die Wände gemalt.“
Mit seinem Buch arbeitet Bensoussan gegen diese Gedächtnislücke an. Er beleuchtet Land für Land, oft pointiert, aber trotzdem differenziert. Während in Ägypten und dem Irak die Juden mit regelrechten Massakern vertrieben wurden, sei es in anderen arabischen Staaten eher ein systematischer Ausschluss aus der Gesellschaft gewesen, wirtschaftliche Drangsalierung, und „von Zeit zu Zeit schickte man einen Ingenieur, einen großen Angestellten anhand mysteriöser, kafkaesker Anklagen, die alle anderen mit Schrecken erfüllten, ins Gefängnis“. Dann kam der Mob, wie ihn zum Beispiel Michel Foucault 1967 als Gastwissenschaftler in Tunis beobachtete und in einem Brief an einen Freund beschrieb: „150 oder 200 Geschäfte – natürlich die armseligsten – geplündert, das unvergessliche Schauspiel der geplünderten Synagoge, auf die Straße gezerrte, mit Füßen getretene und verbrannte Teppiche, herumrennende Leute, die sich in ein Gebäude flüchten, an das die Menge Feuer legen will“. Die Täter besaßen Listen mit den Wohnanschriften aller jüdischen Tunesier. Die meisten entschieden sich zu fliehen.
Der Staat Israel förderte zwar die Auswanderung und Flucht aus den arabischen Ländern, ging dabei anfangs allerdings ausgesprochen restriktiv vor. Bis 1955 erhielten aus Marokko zum Beispiel nur Juden zwischen 18 und 45 Jahren sowie vermögende Familien das Recht auf Zuflucht. In der Folge, so schreibt Bensoussan, habe Israel so gut wie nie versucht, mit dem Schicksal der jüdischen Flüchtlinge aus arabischen Ländern Politik zu machen oder gar ein Rückkehrrecht einzufordern. Was vielleicht ein Fehler war, meint er – weil dadurch das Unrecht, das den ungefähr 900 000 jüdischen Vertriebenen aus arabischen Staaten angetan wurde, über Jahrzehnte hinweg in der Weltpolitik keine Rolle gespielt habe.
RONEN STEINKE
Lange sind die Misrachim
das wichtigste Wählerreservoir
des Likud gewesen
Georges Bensoussan:
Die Juden der arabischen Welt. Die verbotene Frage. Aus dem
Französischen von
Jürgen Schröder. Verlag Hentrich & Hentrich, Berlin Leipzig 2019. 192 Seiten, 19 Euro.
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"Die in Bensoussans Buch nachgewiesene Diskriminierung und der Mord an Juden bereits Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte vor der Entstehung des Zionismus zeigen, wie verbreitet die Verachtung der Juden und der Hass gegen sie in der arabischen Welt waren - und leider noch immer sind. Der Autor zeigt ein nuanciertes Bild. Die Einrichtung moderner Schulen und die Begegnung mit der Aufklärung führten zur Auflehnung vieler Juden gegen ihren Status als 'Dhimmi', als unterworfene ,Schutzbefohlene'. Weshalb begrüßten wohl die meisten Juden die Ankunft der europäischen Kolonisatoren? Warum wollten so viele Juden europäische Pässe haben? Aus welcher Bedrängnis flüchteten so viele nach Europa, das damals massiv antisemitisch war? Islamisten sowie die kulturelle Linke in Frankreich und anderswo halten es für skandalös, wenn ein seriöser Historiker solche Fragen stellt. Doch man muss wissen: Die Geschichte der Juden in der arabischen Welt wurde lange Zeit von Hofjuden geschrieben. Georges Bensoussans spannendes Buch würde es verdienen, auch ins Deutsche übersetzt zu werden." Karl Pfeifer in Jüdische Allgemeine (2018) "Ein brennender Essay, der den Mythos eines glücklichen jüdisch-arabischen Zusammenlebens erschüttert, [...] in seiner Analyse unerbittlich und geht keine Kompromisse ein." l'arche ",Die Neuheit ist der muslimische Antisemitismus.' Wenn er politisch unterstützt werde, dann eher von antizionistischen Linken. In Frankreich werde er weitgehend verdrängt, da das bis auf den Algerienkrieg zurückgehende Spannungsverhältnis zwischen sephardischen Juden und Muslimen zu brisant sei." Georges Bensoussan in "Der Standard" "Wer steckt hinter dem alltäglichen Hass auf Juden? Der traditionelle Antisemitismus aus rechtsextremen und konservativ katholischen Kreisen gehe zurück, sagt der Historiker Georges Bensoussan. Jetzt komme die Gewalt von linken Anti-Zionisten und von Islamisten. Eine These, die an Tabus rührt." Gespräch über die Situation in Frankreich mit Georges Bensoussan auf Deutschlandfunk "Nur wenige Juden leben heute noch in Nordafrika und im Nahen Osten. Nach der Gründung des jüdischen Staates und der Islamischen Revolution 1979 flohen Hunderttausende Mizrahim nach Israel. Über ihr Schicksal wird im Nahostkonflikt so gut wie nie gesprochen." Stephan Grigat über die Juden in der Arabischen Welt, Neue Zürcher Zeitung, 15. Mai 2019 "George Bensoussans spannendes Buch dient der Aufklärung über schwierige und gern geleugnete Probleme und verdient von vielen gelesen zu werden." Jüdische Rundschau, Mai 2019 "Bensoussan räumt auf", der Freitag, 4. Juni 2019 "Bensoussan, dessen Familie aus Marokko stammt, ist in seinen Schlüssen mehr als deutlich, aber dennoch kein Scharfmacher, sondern vielmehr um Differenziertheit bemüht, ja um Aufklärung. Die Tradition des Antisemitismus in arabischen und islamischen Gesellschaften zu akzeptieren und nicht zu verleugnen, ist für ihn der erste Schritt, umsichtig auf die Herausforderungen der Gegenwart reagieren zu können." Deutschlandfunk Kultur, 1. August 2019 Buchtipp: "Georges Bensoussan erzählt in seinem Buch von ständigen Schikanen, schlechtesten Behandlungen, drückenden Steuerlasten und einem Klima ewiger Angst." Jüdisches Europa, 3/2019 "Arabische Länder erlebten im 20. Jahrhundert den Exodus ihrer jüdischen Bevölkerungen. Georges Bensoussans Studie 'Die Juden der arabischen Welt' erklärt die Hintergründe." taz, 08. August 2019 "Unbedingt empfehlenswert", literaturkritik.de, 29. August 2019 "Mit einer Fülle von Texten aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert belegt Bensoussan, in welchem Elend viele Juden in den übervölkerten und von Epidemien heimgesuchten Ghettos, den so genannten Mellahs, leben mussten." Frankfurter Rundschau, 5. Septemebr 2019 "Deutlich zeigt Bensoussan, dass die verbreitete Auffassung, wonach es erst nach der Gründung Israels zur Judenfeindschaft gekommen sei, ein Mythos ist. Allein schon um der gut begründeten Korrektur einer historischen Legende verdient dieses kurze Werk besondere Wertschätzung." HaGalil, 9. September 2019 "Mit seinem Buch arbeitet Bensoussan gegen diese Gedächtnislücke an. Er beleuchtet Land für Land, oft pointiert, aber trotzdem differenziert." Süddeutsche Zeitung, 16. September 2019 "Bensoussans neues Buch ist fundiert, aufklärend und spannend - ein Augenöffner." Israelnetz, 15. November 2019…mehr