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Die Privatsphäre scheint zu schwinden, denn das massenhafte Sammeln von Daten macht immer ausgedehntere Bereiche des Privatlebens zugänglich. Google Street View ist ein Beispiel dafür, dass der Schutz des Privaten, wie Maximilian Hotter feststellt, zusehends in individuellen Verträgen ausgehandelt wird. Er plädiert daher für einen zeitgemäßen Begriff von Privatsphäre, der unserer digital vernetzten Welt gerecht wird.

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Produktbeschreibung
Die Privatsphäre scheint zu schwinden, denn das massenhafte Sammeln von Daten macht immer ausgedehntere Bereiche des Privatlebens zugänglich. Google Street View ist ein Beispiel dafür, dass der Schutz des Privaten, wie Maximilian Hotter feststellt, zusehends in individuellen Verträgen ausgehandelt wird. Er plädiert daher für einen zeitgemäßen Begriff von Privatsphäre, der unserer digital vernetzten Welt gerecht wird.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, HR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Autorenporträt
Maximilian Hotter, Dr. iur., promovierte am Institut für Rechtsphilosophie, Rechtssoziologie und Rechtsinformatik der Universität Graz.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.05.2011

Missliebige Details über eine verflossene Liebe
Lässt sich das Private vor dem Zugriff des Digitalen retten? Maximilian Hotter blickt in eine gläserne Zukunft

Der Schutz der Privatsphäre ist dabei, zur Privatsache zu werden. Ein deutliches Anzeichen ist die sogenannte opt out-Funktion in sozialen Netzwerken. Wer hier etwas von seiner Privatheit behalten möchte, muss selbst initiativ werden. Zunächst werden alle verfügbaren Daten ungefragt abgeschöpft, und erst auf Widerstand richtet man Funktionen ein, die es dem Einzelnen überlassen, seinen Privatbereich wieder einzugrenzen. Die Perfidie liegt darin, dass es bei einer einmaligen Restriktion nicht bleibt und man immer wieder tätig werden muss. Der Anspruch auf Intimität endet heute im permanenten Tauziehen.

Den Diskurs über das Ende der Privatsphäre im Digitalzeitalter beherrschten bisher zwei Fraktionen, und beide empfahlen, es gleichmütig hinzunehmen. Die eine Gruppe hat ein finanzielles Interesse an diesem Schwund, ja er ist gewissermaßen ihre Geschäftsgrundlage. Ihre Wortführer sind Leute wie Mark Zuckerberg, der Facebook-Gründer, oder Eric Schmidt, der Vorstandsvorsitzende von Google. Ein gerne verwandtes Argument ist, dass, wer nichts zu verbergen habe, auch den Verlust des Privaten nicht zu fürchten habe. (Bis herauskam, dass Schmidt selbst einen Anwalt engagierte, um missliebige Details über eine verflossene Liebe aus dem Netz zu entfernen.) Die zweite Gruppe, die unter dem Schlagwort post privacy firmiert, geht von einer genealogischen Kritik aus, die das Private mit dem Verweis auf seine historische Gewordenheit diskreditiert. Sie lässt auf den Ruinen der Privatsphäre die Utopie einer völlig transparenten Gesellschaft entstehen, die aller Hemmungen und Machtmechanismen ledig wäre, die sich auf bürgerlicher Moral gebildet hätten, als sich die Privatsphäre im 19. Jahrhundert konturierte.

Seit diesem Jahrhundert zerfällt das Leben in zwei Bühnen. Die öffentliche ist von sozialen Normen bestimmt, die private soll der seelischen Regeneration dienen und frei davon sein. Georg Simmel hat in "Die Großstadt und das Geistesleben" dargelegt, wie die überreizte Psyche des Großstädters eine Schutzzone sucht. Was ist das Netz anderes als eine um einige sinnliche Dimensionen reduzierte Megametropole, in der sich dieser Schutzbedarf vergrößert? Darf man die Privatsphäre deshalb ein Grundbedürfnis nennen? Der Grazer Rechtswissenschaftler Maximilian Hotter hat dieser Frage eine Monographie gewidmet, die das Problem mit analytischer Schärfe in den Blick nimmt. Die Privatsphäre ist unabdingbar, sagt Hotter im Einklang mit bekannten Theorien, weil sie Voraussetzung autonomen Handelns ist. Wer sich beobachtet fühlt, neigt zum Konformismus. Einsamkeit, Intimität, Dezenz mögen für sich genommen ihren Wert haben. Hotter fasst sie vor allem funktional als Abwehrinstrument gegen sozialen Druck. Die Privatsphäre bildet den unantastbaren Bereich, in dem das Individuum frei von äußerem Druck seine Meinung bilden kann.

Aus Furcht vor der Tyrannei der Mehrheit verwahrt sich Hotter auch gegen kollektivistische Theorien, die diesen Bereich dem Allgemeinwohl verpflichten wollen. Er definiert die Privatsphäre im liberalen Sinn als hart verschalten Nukleus. Jedem soll selbst überlassen sein, was er damit anfängt, auch wenn er ihn ungenutzt lassen sollte.

Dieses Arkanum lässt sich im Digitalzeitalter kaum noch sichern. Der jüngste Datendiebstahl bei Sony hat gezeigt, dass Daten selbst in der Hand von Unternehmen, denen man die Kompetenz dafür zutrauen müsste, nicht mehr sicher sind. Das Hacken ist von einer Sache idealistischer Nerds zu einer profitablen Sparte der organisierten Kriminalität geworden. Datensätze werden als Handelsware verkauft und immer wieder neu verschnürt. Es geht dabei nicht nur die Kontrolle darüber verloren, was andere über einen wissen. Man kennt nicht einmal mehr sein eigenes Bild. Die Person zerfällt in digitale Doubletten, die dem Marketing zur zielgenauen Erfassung dienen. Banken nutzen die Identitätsfraktale zur Bonitätsprüfung, Versicherungen zur Risikominimierung, Unternehmen als Einstellungskriterium. Wer die Auskunft verweigert, nimmt sozialen Ausschluss in Kauf.

Sollte die Vorstellung der Post-Privacy-Theorie aufgehen, müsste der Erosion des Privaten hingegen eine Entkommerzialisierung des Netzes parallel laufen. Dafür spricht derzeit wenig, im Gegenteil. Mit der Vernetzung der Datensätze wird die Konditionierung zum Marketingsubjekt eher noch wachsen. Auch der Staat streckt seine Fühler aus. Bewegungsprofile von Mobilfunkanbietern kann er sich jetzt schon für Strafverfahren ausbedingen. Die Umstellung auf elektronische Verwaltung liefert ihm einen diskreten Vorwand, um in bisher geschützte Zonen einzudringen. Hotter räumt dem modernen Verwaltungsstaat, will er seinen Aufgaben nachkommen, ein begrenztes Auskunftsinteresse ein, das er aber tendenziell überschreitet. Wenn ein Passant in London durchschnittlich dreihundert Mal am Tag von Videokameras erfasst wird, ist das mit dem Sicherheitsbedürfnis in Zeiten des Terrors und den Absatzinteressen der Industrie nur teilweise zu erklären.

Es kommt eine Mentalität hinzu, die der Schutz ihrer Intimsphäre anscheinend wenig kümmert. Die bestehenden Auskunftsrechte über den Verbleib persönlicher Daten werden wenig genutzt. Die allgemeine Mitteilsamkeit in Intimbelangen setzt juristischen Eindämmungsversuchen eine praktische Grenze. Warum sollte man ein Gut schützen, das nur wenige interessiert? Unbedachtheit und karnevalistischer Exzess mögen Faktoren dieser Indifferenz sein. Es hat sich auch ein Automatismus des Speicherns, eine Art Festhaltewahn, entwickelt, der über jedes begründete Interesse hinausgeht.

Er hat mit der unsicheren Referenz, der Furcht vor dem Verschwinden im Fluss der globalen Kommunikation zu tun. Hotter fügt eine postmoderne Mentalität hinzu, die kurzfristiges Konsumglück höher bewertet als abstrakte Freiheitsrechte und darin wieder Produkt ihrer Leittechnologie ist. Es ist aber nicht zu übersehen, dass seine Ausführungen, wo sie sich der Gesellschaftstheorie und der Zeitdiagnose zuwenden, plakativ und unselbständig werden. Da weiß er nicht, ob er sich der "postmodernen Psyche" hingeben oder sie aufklären soll, und gerät in die Drift des diskursüblichen Fatalismus.

Seiner Behauptung, dass sich die Grenzen des Privaten in früherer Form nicht restituieren lassen, ist kaum zu widersprechen. Die Technik schafft neue Normen. Mit der "augmented reality", die das verfügbare Internetwissen von Personen und Dingen der unmittelbaren Umgebung direkt aufs Handy projiziert, steht eine weitere Grenzverschiebung bevor. Es ist aber auch anzunehmen, dass es zu einem Erwachen aus der Naivität kommt, je öfter man Opfer der eigenen Auskunftsfreudigkeit ist, dass die Möglichkeiten zur Identitätscamouflage im Netz genutzt werden und die Zeit verschwenderischer Selbstentblößung vorübergeht. Der Schutz der Privatsphäre wird dann ein latenter Grenzkonflikt, der permanente Wachsamkeit erfordert.

Hotter kommt zu einem Schluss, der sein liberales Konzept rundet, aber das technisch erzeugte Probleme nur mit ebensolchen Mitteln zu bannen weiß. Mit Privatsphärentechnologie, bezahlbaren Verschlüsselungsprogrammen für den Internetverkehr, Mail und Mobiltelefon, werde sich das Problem wenigstens eingrenzen lassen. Die Privatsphäre würde damit von einem garantierten Recht zur individuell ausgehandelten Ware. Mit der Privatisierung des Privaten bringt Hotter sein Problem auf eine pointierte Formel, die aber Symptomtherapie bleibt und die Problematik auf die digitale Kommunikation verkürzt. Darüber hinaus muss die Grenzziehung zum Privaten eine öffentliche Sache bleiben.

THOMAS THIEL.

Maximilian Hotter: "Privatsphäre". Der Wandel eines liberalen Rechts im Zeitalter des Internets.

Campus Verlag, Frankfurt a. M. 2011. 220 S., br., 29,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Missliebige Details über eine verflossene Liebe
"Der Grazer Rechtswissenschaftler Maximilian Hotter hat der Frage [nach der Privatsphäre im Internetzeitalter] eine Monographie gewidmet, die das Problem mit analytischer Schärfe in den Blick nimmt." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.05.2011)