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Die Polizei hält es für einen tragischen Unfall, dass Yuko Moriguchis 4-jährige Tochter im Schulschwimmbecken ertrank. Doch Yuko, Lehrerin an der Schule, weiß, dass zwei ihrer Schüler für Manamis Tod verantwortlich sind, und sie will die Mörder nicht ungeschoren davonkommen lassen. Am Tag vor den Ferien eröffnet sie ihrer Klasse, dass sie ihnen noch eine letzte Lektion erteilen will ... Doch der perfide ausgeheckte Racheplan entgleitet ihrer Kontrolle - und sie setzt ein tödliches Drama in Gang, aus dem niemand unbeschadet entkommen wird.

Produktbeschreibung
Die Polizei hält es für einen tragischen Unfall, dass Yuko Moriguchis 4-jährige Tochter im Schulschwimmbecken ertrank. Doch Yuko, Lehrerin an der Schule, weiß, dass zwei ihrer Schüler für Manamis Tod verantwortlich sind, und sie will die Mörder nicht ungeschoren davonkommen lassen. Am Tag vor den Ferien eröffnet sie ihrer Klasse, dass sie ihnen noch eine letzte Lektion erteilen will ... Doch der perfide ausgeheckte Racheplan entgleitet ihrer Kontrolle - und sie setzt ein tödliches Drama in Gang, aus dem niemand unbeschadet entkommen wird.
Autorenporträt
Kanae Minato, geboren 1973 in Japan, begann ihre Karriere als Schriftstellerin mit dem Bestseller 'Geständnisse', der erfolgreich verfilmt wurde. Ihre Romane und Kurzgeschichten wurden vielfach ausgezeichnet.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Schon im ersten Kapitel erfährt man, wer schuld daran ist, dass ein vierjähriges Mädchen im Schulschwimmbad ertrank. Die junge Lehrerin Moriguchi, dessen Mutter, klagt an ihrem letzten Schultag zwei ihrer Schüler an und stellt klar, dass sie die Strafe selbst in die Hand nimmt: Sie hat die Schulmilch der beiden mit dem HIV-Virus infiziert. Ihre Rache verändert das Leben aller Beteiligten in eiskalter Konsequenz. Aus der Sicht einiger Schüler, der Schuldigen selbst und ihrer Verwandten wird die Hexenjagd, die längst begonnen hatte, immer neu und immer anders erzählt und fast unerträgliche Spannung baut sich auf. Alle haben etwas zu gestehen: "Man braucht jemanden, den man an den Pranger stellen kann", schreibt eine Schülerin, bevor sie sich zu ihrem Hass auf einen Lehrer bekennt, und Naoki, einer der beiden Täter, suhlt sich im Hass auf seine Mutter, die ihn an ihr Wunschbild anpassen wollte, um jeden Preis. Facettenreich beleuchtet die Autorin die Lieblosigkeit und Kälte in den Familien, den Druck des Schulsystems und malt ein düsteres Bild der japanischen Gesellschaft. Weit weg von uns?! Dafür hallt eine Frage von Naokis Schwester zu lange nach: "Was hat aus uns so gestörte Menschen gemacht?"

© BÜCHERmagazin, Lore Kleinert
»Minato beschreibt in 'Geständnisse' mit entomologischer Präzision den Prozess einer gnadenlosen Rache.« Süddeutsche Zeitung

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.04.2017

Die Rache der Lehrerin
Kanae Minato leuchtet in ein mörderisches Netzwerk

Die Erzählung beginnt harmlos. Eine Lehrerin, Yuko Moriguchi, erzählt ihren heranwachsenden Schülern, dass sie die Schule verlassen wird. Am Ende ihrer Ansprache lässt sie die Bombe platzen: Ihre Tochter, vier Jahre alt, ist von zwei Jungen aus der Klasse ermordet worden. 13 Jahre sind sie alt, narzisstisch, skrupellos und Einzelgänger. Das jugendliche Alter der Mörder spielt eine große Rolle in diesem Krimi um Rache und Vergeltung, um Schuld und Sühne. Strafmündig ist man auch in Japan erst ab 14. Die Lehrerin enttarnt die Mörder, aber sie hat die Polizei nicht informiert, "weil ich der Justiz nicht zutraue, sie angemessen zu bestrafen". Das übernimmt sie selbst.

Von Anfang an ist bekannt, wer die Mörder sind. Und doch schafft es die Autorin Kanae Minato in ihrem 2008 in Japan erschienenen Erstling, eine Spannung aufzubauen, die ihresgleichen sucht. Subtil bösartig steigert sich Moriguchis Rachefeldzug von Szene zu Szene. Die Lehrerin, eine der Mütter, die ihren Sohn verhätschelt, eine Schwester, eine Mitschülerin, die Mörder selbst - die verschiedenen Erzählperspektiven verdichten sich zu einem mörderischen Netzwerk rund um den erbarmungslosen Leistungsdruck in der japanischen Gesellschaft, um die Kälte und Selbstbezogenheit nicht nur der Jugendlichen. Bei aller moralischen Zwiespältigkeit übt Kanae Minato mit ihrem Buch auch eine sehr konservative Kritik an der modernen liberalen Gesellschaft und dem grassierenden Narzissmus. Die beiden Jungen, die unbestreitbar die Mörder der Tochter sind, sind auch beschädigte Jugendliche. Bei aller Abscheu über ihr Verhalten erwecken sie bisweilen sogar Mitleid.

"Geständnisse" ist ein schwarzes, ein böses Buch. Es bietet Einblicke in das Japan von heute. Oder ist das Land, das diese Autorin zeigt, gar nicht Japan? Das Buch fesselt seine westlichen Leser nicht bloß durch die Exotik einer fernen Welt. Es fesselt durch den erschreckenden Blick in die Abgründe, die in uns allen lauern.

cag

Kanae Minato:

"Geständnisse".

Roman.

Deutsch von Sabine Lohmann. C. Bertelsmann Verlag, München 2017. 272 S., geb., 16,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.04.2017

Schule und Strafkolonie
Kanae Minato beschreibt in „Geständnisse“ mit entomologischer Präzision den Prozess einer gnadenlosen Rache
Hikikomori. Das für Westlerohren verspielt dahinratternde Wort meint bei weitem kein so harmloses Phänomen wie einst den Tamagochi, sondern einen sich der Gesellschaft verweigernden Jugendlichen. Die Hikikomori sind in den letzten Jahren zu einem Massenphänomen in Japan geworden, zum Stresstest für Eltern wie Lehrer. Auch Naoki ist ein Hikokomori. Aber nicht aus vertrackt psychologischen Gründen hat sich der Fünfzehnjährige selbst von der Gesellschaft ausgeschlossen, sondern weil er mit einem Kameraden die vierjährige Tochter seiner Klassenlehrerin ermordet hat.
Diese Lehrerin, Yūko Moriguchi, eine Naturwissenschaftlerin, ist eine Rationalistin der Sonderklasse. Sie beobachtet sich selbst und ihre Umgebung so nüchtern wie eine Entomologin die Insekten, ist so empfindungs- wie gnadenlos. „Rache“, erklärt sie Shūya, dem abgefeimteren der beiden Mörder, „ist etwas Subtiles.“ Sie geht mit ihrem Wissen um den Mord und seine Täter nicht zur Polizei. Denn sie will dezidiert Rache und nicht Gerechtigkeit. Obwohl sie, wie sie Shūya erklärt, weiß, „dass Rache niemals auslöschen würde, was geschehen war, mich niemals davon abhalten würde, Sie abgrundtief, mit meinem ganzen Sein zu hassen“.
Und diese Rache trifft die beiden Jungen dann mit archaischer Wucht, sie ist als Auslöschung gedacht und als Lehrstück. So wie in Kafkas „Strafkolonie“ dem Delinquenten sein Vergehen so lange in den Körper eingeritzt wird, bis er daran stirbt. Aber Moriguchi mordet nicht, sie zerstört die beiden Jungen nur psychisch, sie hebelt ihre Existenz vollkommen aus. Die beiden sind sehr viel mehr zu beklagen als die zuletzt mindestens vier Mordopfer.
Die 1973 geborene Kanae Minato hat für ihren 2008 erschienen Erstlingsroman – 2010 wurde er von Tetsuya Nakashima auch verfilmt – diese Rachepädagogik in sechs „Geständnisse“ gepackt. Zu Beginn und am Ende spricht Moriguchi, dazwischen kommen die Täter, eine Schulfreundin und eine der Mütter zu Wort. Der Tonfall ist lakonisch, Sentimentalitäten und Spektakel fehlen völlig. Stattdessen stellt Minatos schlichte und so gar nicht zu philosophischen Grübeleien neigende Prosa beständig die Frage, wie man zu Beginn dieses neuen Jahrtausends Kinder erziehen soll, zumindest in Japan. Die Frage bleibt unbeantwortet im Raum hängen, das Problem wird als unlösbar zementiert. Minatos Personal lebt die vollkommene Vereinzelung. Nur Mord und Psychosadismus vermögen die Menschen einander näherzubringen. Das Paradies sieht anders aus, in Minatos Welt hat es nie existiert und wird auch nie existieren.
So wie die Pädagogikfrage nur angerissen wird, bleiben auch die Anspielungen auf „Werther“, „Schuld und Sühne“ oder „Krieg und Frieden“ beim Zitat hängen. Es herrscht Krieg auf allen Ebenen, zwischen Schülern und Eltern und Lehrern wie zwischen den einzelnen Schülern. Und es gibt keine Möglichkeit, Frieden zu schließen oder Sühne zu üben. Minatos Welt kennt allein die unerbittlich funktionierenden Naturgesetze, die herzlos wie eine Maschine arbeiten und dabei nur eines kennen: die Vernichtung. Damit behauptet Minato, dass die heutige durchrationalisierte Welt nicht anders funktioniert als prähistorische Gesellschaften, in denen Rache und Faustrecht gängige Praktiken waren. Diese frühen Gesellschaften haben aber Wege gefunden, dem Kreislauf der Gewalt zu entfliehen. So weit aber, so Minatos Sicht, ist die moderne Welt noch lange nicht. Da herrscht unumschränkt das Faustrecht.
Oder, wie Lehrerin Moriguchi zuletzt zu Shūya sagt: „Komisch – ich glaube, mein Rachedurst ist endlich gestillt. Und mit etwas Glück habe ich Sie zu guter Letzt doch noch auf den Weg der Besserung gebracht.“
REINHARD J. BREMBECK
Kanae Minato: Geständnisse. Nach der englischen Fassung übersetzt von Sabine Lohmann. Verlag C. Bertelsmann, München 2017. 270 Seiten, 16,99 Euro. E-Book 13,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension

Elmar Krekeler bedankt sich ganz herzlich beim Krimigott für dieses schöne, böse Buch .  Er ist geradezu hingerissen von der erzählerischen Kaltherzigkeit, mit der ihm Kanae Minato diese Geschichte präsentiert, die ebenso gut aus dem Horrorkabinett wie aus dem Tagebuch einer Helikoptermutter stammen könnte. Minato erzählt in ihrem Roman, der in Japan vor zehn Jahren erschien und dort auch längst verfilmt wurde, von dem Tod eines kleines Mädchens, an dem sich ganz zwei Schüler der Mutter schuldig gemacht haben. Was für Abgründe sich im ganz normalen Leben ehrgeiziger Mittelschichten auftun, das lässt den Rezensenten benommen und begeistert zurück.

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