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3 Kundenbewertungen

»Mosebachs Sprache ist ein farbiges Fest.« Michael Maar Sprachgewaltig, bildstark, stimmungsvoll: Martin Mosebach, Spiegelbestsellerautor und Büchner-Preisträger, erzählt in diesem Roman einer Ehe, der zugleich der Roman eines Gemäldes ist, von Schuld und Versöhnung, Liebe und Verlust. Wie jedes Jahr verbringt die Familie Dalandt den Sommer auf ihrem Landsitz in der Provence. Die Hitze macht träge, in der Zypresse zirpen Zikaden, und jeden Morgen läuft die Hausherrin im Nachthemd durch den Garten zum Pförtnerhaus, wo der Verwalter sie erwartet. Ihr Mann ist durch eine eigene verhängnisvolle…mehr

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Produktbeschreibung
»Mosebachs Sprache ist ein farbiges Fest.« Michael Maar Sprachgewaltig, bildstark, stimmungsvoll: Martin Mosebach, Spiegelbestsellerautor und Büchner-Preisträger, erzählt in diesem Roman einer Ehe, der zugleich der Roman eines Gemäldes ist, von Schuld und Versöhnung, Liebe und Verlust. Wie jedes Jahr verbringt die Familie Dalandt den Sommer auf ihrem Landsitz in der Provence. Die Hitze macht träge, in der Zypresse zirpen Zikaden, und jeden Morgen läuft die Hausherrin im Nachthemd durch den Garten zum Pförtnerhaus, wo der Verwalter sie erwartet. Ihr Mann ist durch eine eigene verhängnisvolle Beziehung abgelenkt. Da entzündet sich ein Ehestreit an »Taube und Wildente«, einem Stillleben aus dem 19. Jahrhundert. Was hat es mit dem zinnoberroten Punkt in seinem Zentrum auf sich, macht der es nicht zu einem modernen Meisterwerk? Aber die Frau will es verkaufen, die Spannung zwischen beiden wächst. Martin Mosebach, der menschliche Schwächen schildert wie kein zweiter, malt mit Wörtern. Ein flammender Roman über Kunst, Liebe und Verrat.

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Autorenporträt
Martin Mosebach, geboren 1951 in Frankfurt am Main, war zunächst Jurist, dann wandte er sich dem Schreiben zu. Seit 1983 veröffentlicht er Romane, dazu Erzählungen, Gedichte, Libretti und Essays über Kunst und Literatur, über Reisen, auch über religiöse, historische und politische Themen. Über die Jahre erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und Preise, etwa den Kleist-Preis, den Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, den Georg-Büchner-Preis und die Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt. Er ist Mitglied der Akademie für Sprache und Dichtung, der Deutschen Akademie der Künste in Berlin-Brandenburg sowie der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Zuletzt veröffentlichte er den Roman »Taube und Wildente«. Er lebt in Frankfurt am Main.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Ein Kunstroman ist "Taube und Wildente", meint Rezensent Paul Jandl. Protagonist Ruprecht Dalandt hat eine Eingebung bezüglich eines Bildes, das sich ihm plötzlich als geniales Kunstwerk offenbart, erfahren wir, als eines, dessen Verkauf so einige figurative und tatsächliche Löcher stopfen könnte. Form, das Anschauliche, ist für Daland wie für Mosebach das Wesentliche an Kunst. Da gehts schon ins Metaphysische, meint Jandl leicht spöttisch. Wo die Form zerbricht, beginnt für beide "die Hölle des Unglaubens". Am Ende geht die ganze europäische Bürgerlichkeit in Flammen auf. Mosebachs Protagonisten scheinen es mit Haltung zu tragen, der Rezensent erkennt das nicht ohne Bewunderung an.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.10.2022

Wider bedenkenlose Regelverletzung

Ästhetisches Vergnügen ist das Thema des Romans, und das ist er auch selbst: Martin Mosebachs "Taube und Wildente".

Was macht ein gutes Kunstwerk aus? Ist es seine besondere Stellung im Verlauf der Kunstgeschichte? Sein Entstehungskontext? Seine formale Perfektion oder die gelungene Repräsentation des Dargestellten? Der Wert, den es auf einer Kunstauktion erzielen könnte? Ist die Qualität eines Kunstwerks also etwas, das nur dem Eingeweihten ersichtlich ist, der viele Jahre seines Lebens damit verbracht hat, Kunst sehen zu lernen und künstlerisch Bedeutendes von bloßem Kitsch zu unterscheiden? Oder ist es vielmehr das Potential eines Kunstwerks, dem Rezipienten als Erkenntniswerkzeug zu dienen, ihm in der Betrachtung ganz neue Bezüge zu eröffnen und damit letztlich seine eigene Welt neu zu erzeugen?

Letzteres ist zumindest diejenige Wirkung eines Kunstwerks, die Martin Mosebachs Roman "Taube und Wildente" exemplifiziert - und zwar in radikalster Form. Im Zentrum der Erzählung steht eine ästhetische Erfahrung, die alles verändert und den vormals vorhersagbar geregelten Gang der Geschehnisse in völliges Neuland leiten wird. Und das, obwohl das betreffende Gemälde nach konventionellen Kriterien durchaus als "schlecht" bezeichnet werden kann.

Das beschriebene Bild ist ein fast monochrom erscheinendes Jagdstillleben, Ende des neunzehnten Jahrhunderts im akademischen Stil von dem deutschen Künstler Otto Scholderer gemalt. Entstanden zu einer Zeit also, in der Maler wie Paul Cézanne sich bereits der strengen akademischen Regeln entledigt hatten, um den Sprung ins Neue, Farbige, Zukunftsgewandte zu wagen. Handelt es sich bei dem Stillleben demnach um das Werk eines Künstlers, der die Zeichen der Zeit verpasst hat? Eine Erwerbung des verstorbenen Kunstsammlers, die als "Missverständnis" einzuordnen ist? Nicht aus Sicht des Verlegers Ruprecht Dalandt. Er meint zu erkennen, dass die Farben in dem seiner Frau gehörenden Gemälde mit Absicht verborgen sind - als subtile Huldigung an die vorakademischen Buntfarben. Der für ihn abschließende Hinweis auf diese Intention, die das ihm zufolge unterschätzte Bild zu einem Meisterwerk macht: ein zinnoberroter Punkt auf dem Schnabel der toten Taube als vom Künstler absichtlich platzierter, wohlbedachter und kontrollierter Regelbruch mit der Tradition.

Dass Dalandt dies zu sehen vermag, so wird dem Leser bald nahegelegt, hat wohl auch damit zu tun, dass sein Leben gewissermaßen ebenfalls aus verborgenen Buntfarben besteht, die oberflächlich und von außen betrachtet in traditionsbewusst-konservativer Regelbefolgung verschwinden. Mit seiner Frau, der Tochter des durch Bergwerke in Kongo zu Reichtum gekommenen Kunstsammlers Cornelius De Kesel, verbringt er den Sommer im französischen Landhaus des verstorbenen Schwiegervaters. Das steht in der Provence am Fuße der Montagne Sainte-Victoire, die Paul Cézanne in seinen Gemälden verewigte, und beherbergt neben dem der Sammlertochter gehörenden Scholderer-Bild als Stiftungseigentum zahlreiche Kunstwerke des zwanzigsten Jahrhunderts.

Gesellschaft leisten Ruprecht Dalandt dort neben seiner Frau außerdem deren Tochter mit ihrem vaterlosen Kind, zwei Mitarbeiter seines Verlags sowie die Angestellten des noch vom verstorbenen Patriarchen nach strengen Gesetzen organisierten Haushalts. Von Weitem gesehen entspricht das sommerliche Leben im Sammlerhaus dem Bild des kultivierten und traditionsdurchwirkten Zusammenseins, das von der reichen Erbin und ihrem intellektuellen Gatten erwartet wird. Doch genau wie das beschriebene Gemälde besitzt auch Ruprecht Garlands Existenz einen roten Punkt, der auf Verborgenes verweist und trotzdem nicht gesehen wird, obwohl eigentlich für jeden sichtbar. Ein moralisch höchst verwerfliches Vergehen bereitet Dalandt höllische Gewissensqualen, doch in seiner Wirkung bleibt es kontrolliert, solange sich jeder den unausgesprochenen Regeln gemäß nur um seine eigenen Angelegenheiten kümmert.

Die Resonanz aber, die zwischen Kunstwerk und Dalandts Innensicht entsteht, setzt wie bei einer im Rhythmus ihrer Eigenfrequenz beschrittenen Brücke ungeahnte und zerstörerische Energien frei, die alle vorher ausbalancierten Gleichgewichte ins Kippen bringen. Insbesondere betrifft dies das Verhältnis zu seiner Frau, die ihrerseits ein geheimes Doppelleben führt. Nachdem beide in der Einschätzung des künstlerischen Wertes des Bildes grundlegend divergieren, schlägt einvernehmliche Sprachlosigkeit zwischen beiden in etwas um, das wohl als Hass zu deuten ist. Dalandt flüchtet mit Stieftochter, Stiefenkelin und Scholderer-Gemälde zurück nach Deutschland, wo sich die besondere Wirkung des Bildes allerdings in dem Maße auflöst, in dem sich auch sein eigenes ursprünglich streng regelgeleitetes Leben bedenkenloser Regelverletzung unterwirft.

Martin Mosebach schildert diese von Schuld, Sünde und Laster durchwirkten Geschehnisse mit feinster psychologischer Beobachtungsgabe, die die Dualität zwischen Verborgenem und Offengelegtem, zwischen individuellem Gewissen und geteilten Konventionen an immer wieder neuen Stellen sorgsam nachzeichnet. Zum Schluss ist alles verloren, was vorher Sicherheit gab, und alles zerstört, was die Sicherheit ins Wanken brachte. Was bleibt, ist ein Lachen, das erst durch den Bruch aller vorhersehbaren Gesetze des Zwischenmenschlichen nicht mehr überflüssig erscheint. Wenn sich damit bestätigt, dass schon der Tagebuchprolog im Kleinen zeigte, was sich im Großen erst entfalten würde, kommt man kaum umhin, die feinen Striche Scholderers mit den sorgfältigen Beschreibungen Mosebachs zu identifizieren, in denen nichts zufällig und kaum etwas entbehrlich erscheint. Dem aufmerksamen Leser bereitet das ein ungeheures ästhetisches Vergnügen. SIBYLLE ANDERL

Martin Mosebach: "Taube und Wildente". Roman.

dtv, München 2022. 336 S., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.10.2022

Wie etwas Schönes
zerfetzt wird
Sittlich leidenschaftslos, altväterlich anachronistisch,
aber immer modern in der Sprache:
Martin Mosebachs Roman „Taube und Wildente“
VON HUBERT WINKELS
Mit „Krass“, seinem vorherigen Roman, hatte der Humorist Martin Mosebach nicht zum ersten Mal, aber doch ein außergewöhnlich gewaltiges Untergangsepos vorgelegt. Seitenstark der Roman, nacken- und willensstark der so gut wie allmächtige Wirtschafts- und Seelenführer Krass. Von einem verschwenderischen Festmahl in Neapel bis zur Friedhofsstadt in Kairo führt die breite Spur seines Verfalls. Und eine Putzfrau ist Zeugin. Wie immer sind es Dienstboten, die in der attraktiven Verbindung von Loyalität und Unterklasse übrig bleiben, wenn alles andere den Bach heruntergeht.
Frau Petulic heißt die Köchin, die im neuen Roman „Taube und Wildente“ am Ende, noch kurz vor der totalen Explosion von allem, in einer Frankfurter Wohnung einen duftenden Rehrückenbraten aufträgt. Zuvor, im französischen Süden, sorgt das schweigsame portugiesische Ehepaar Anna und João dos Santos, für die Subsistenz einer temporär zusammengewürfelten Sommergesellschaft. Sie bilden die lebendige Mitgift des längst verstorbenen Patriarchen und gerade in Abwesenheit still herrschenden Majordomus Job De Kesel und seines ebenfalls toten Sohnes Cornelius De Kesel.
Damit wären die stratifikatorischen Eckpunkte der quasifeudalen Machtverteilung in der parasitären Landgesellschaft benannt. Es handelt sich um ein gutes Dutzend illustrer Exzentriker, wenn Exzentriker heißt: in jedem Kontext außer dem im Roman gegebenen verrückt sein; und illuster: durchschnittlich egoman, nur in der gnädigen Betrachtung des Erzählers kurz aufleuchtend. Ein Haufen verworfener Seelen – ausgiebig wird Dantes Hölle herbeizitiert –, die ihre je eigenen neid- und hasserfüllten Pläne verfolgen. Eine allem Höheren abholde, familiär verknotete Bande, die von einem über alle Maßen moralisch gleichgültigen Erzähler vorgeführt wird. Hier gibt es nichts mehr zu bewerten, nur noch geschmäcklerisch zu konstatieren.
Wie kann das sein?, fragt sich der am sozial ausgreifenden psychologischen Roman geschulte Leser. Wo sind die Traumata und doppelten Böden versteckt? So viel desinvolture, sittliche Leidenschaftslosigkeit, impassibilité kennt man höchstens aus Diplomaten- oder Kriegsromanen oder gleich aus einer anderen, vormodernen Zeit. Der Roman geizt nicht mit Hinweisen auf seine kalte Ästhetik. Er beginnt mit einem Kabinettstückchen zur Einstimmung in die ästhetischen Wonnen der amoralischen Betrachtung: „Grausamkeit. Zuschauen, wie etwas Schönes zerfetzt wird.“
Damit ist der Roman umrissen und in der Substanz erfasst. Eine schwarze Katze, die sich niemals anfassen lässt, führt zu Füßen des Erzählers einen anmutigen Tanz auf, zerfetzt den schillernd geflügelten Körper einer Zikade. Ein Tier, das der Erzähler nur vom Hörenstaunen kennt und zum ersten Mal in seiner schönen Zartheit beobachtet, wie es, statt aufzufliegen, auseinander fliegt. Die animierte Katze macht bella figura, pirouettiert, als würde sie selber auffliegen. Ein ästhetisches Ereignis, das in der Sprache selbst springen zu machen zweifellos ein Anliegen Martin Mosebachs ist. Dass er damit an stilistische Anstrengungen und Mätzchen des 19. Jahrhunderts erinnert, stört nicht und ist erkennbar Programm. Wir werden ihm immer wieder begegnen, wenn es um das Stillleben „Taube und Wildente“ als letzte kleinformatige Großartigkeit alter Malerei geht. Auch der tänzerischen Anmut der Grausamkeit begegnen wir in der verborgenen Gestalt der Erzählung und konkret im Vergehen aller Dinge im Feuer, das in seiner sich wandelnden Gestalt die genannten Bewegungen in die Welt schreibt: Am Ende verdrehen sich das Schönste und Grausamste, die Dinge dieser Welt gehen unter und ihr Bild und Name und der Name des Romans selbst: „Taube und Wildente“. Ohne Bedauern, mit einem sardonischen Lächeln. Was schön ist, muss zugrunde gehen.
Da, wie auch Mosebach selbst gerne doziert, einem guten Roman eine Inhaltsangabe weder etwas geben noch nehmen kann, hier eine möglichst kurze: Die Gesellschaft der Tauge- und Habenichtse lebt im Sommer in der Chaumière in Südfrankreich, auf einem leicht heruntergekommenen Anwesen, mit Blick auf den Mont St. Victoire, beziehungsweise auf den Blick Cézannes auf den Mont St. Victoire. Die De Kesel’sche Tochter Marjorie gibt den Ton an, beruft sich aufs alte Sittengesetz ihrer Vorfahren, das jedoch wie das Vermögen gänzlich ausgelaugt nur noch in den Einbildungen der verbitterten Spaßgesellschaft existiert. Ansonsten will Marjorie vor allem täglich Sex mit dem Hausfaktotum Damien, einem englischen Pfuscherkünstler, der, mit einem lippenlosen Riesenmaul ausgestattet, im Pförtnerhaus täglich seine unstandesgemäße Chefin verschlingt. Ein englisch wettergegerbtes Sexmonster.
Marjories Ehemann Ruprecht Dalandt treibt es noch abgründiger, indem er ein Liebesverhältnis mit seiner rund vierzig Jahre jüngeren Stieftochter Paula unterhält, unter den Augen der liebestollen Mutter. Seine Ambitionen sind feinerer Art. Er leitet einen vielgelobten defizitären Kleinverlag und versucht sich gegen das just angereiste Lektorenpärchen Allmendinger und Stiegle zu behaupten. Der Mann hat tatsächlich eine ästhetische Vision. Das prädestiniert ihn auch zur Teilzeit-Erzählstimme. Gelegentlich schwebt eine auktorial losgelöste Stimme über dem Sumpf, dann wieder schmiegt sie sich den miesen Verrenkungen der Gesellschaftskomödie spielenden Sommerfrischler an, und dann und wann darf Dalandt mal ran. Vor allem, wenn es sich um dieses bis dato unbeachtete Stillleben handelt, das Kleingemälde „Taube und Wildente“.
In dessen Darstellung läuft Dalandt zur Hochform auf, nicht zuletzt, weil er in der Beschreibung der aufgetragenen Farbschichten den Prozess sichtbar macht, in dem statt einer Abbildung neue materielle Wirklichkeit entsteht. Das Gewicht der an den Füßen aufgehängten toten Tiere! Man muss den Übergang von der geistigen Erhebung zur Fleischwerdung beim auferstehungsgläubigen Katholiken Mosebach mitgehen. Dann versteht man, warum ihm nichts abgelegener zu sein scheint als rationale Botschaften und subjektive Meinungen. Tand, Tand, ist das Gebilde von Menschenhand. Er will spüren und auf seine verdrehte Weise spüren machen, wie die Zeichenhaftigkeit des Seins sich in die Essentialität der Zeichen verwandelt. Und das Wort ist Fleisch geworden. Taube und Wildente, gemalt. – Es ist gar nicht so leicht, eine Mosebachs Arbeit vergleichbare ästhetische Idee und gekonnte Praxis in der deutschsprachigen Literatur der Gegenwart zu entdecken. Dieser Herbst zeigt eine Ausnahme. Auch hier die Malerei schon im Titel: Eckhart Nickels feinsinniger Roman „Spitzweg“.
Nun mit einem gewaltigen Schritt in den zweiten Teil des Romans. Nach „Sommer“ in Frankreich als langgezogene Coda „Winter“ in Deutschland. Mosebach baut seine Schauplätze wie Theaterräume auf. Man erkennt auf den ersten Blick, dass sie aus Pappmaché gemacht sind und zur Zerstörung bestimmt. Umso heiterer toben die Heiden. Das Schicksal hat hier die einfachen Gestalten von Sturm und Wasser, die das französische Sommeridyll liquidieren, und, in Deutschland, die Gestalt eines alles, auch die Kunst fressenden Feuers. Das sind die gewaltigen Naturkräfte zu Diensten des Erzählers. Sein oder Nichtsein.
Auf der komödiantischen Ebene hat sich alles Existentielle zurückgezogen in die Frage Haben oder Nichthaben, eine Summe von 60 000 Euro nämlich. Derselbe Betrag zur Dachrenovierung des französischen Herrenhauses, zur Finanzierung der Ausgabe eines russischen avantgardistischen Schriftstellers, zur Auszahlung von Damiens englischer Schwester und so weiter. Ein running gag, wie aus einer komischen Oper. Così fan tutte! Nicht schon wieder „Così fan tutte“! hallt es gelegentlich durch das Buch. Aber so ist er, in seinem altväterlichen Anachronismus, durchaus auch, der Roman: vormodern in seiner schematischen Sortierung der Gefühle. Aber modern in seiner forcierten Sprache der Verzauberung, seiner gekonnten Übertreibung. Ich kann euch einfach alles erzählen, erzählt er. Und zisch – schon geht all das Schöne in den Flammen auf. Am Ende liegen zwei Schmerzensleute, Marjorie und Dalandt, schwarze Spucke absondernd im Flur zur Intensivstation wie zwei Figuren von Samuel Beckett. Ein Paar von heute. Verloren, aber glücklich irgendwie.
Mosebach baut seine Schauplätze
wie Theaterräume auf, die
aus Pappmaché gemacht sind
Martin Mosebach: Taube und Wildente. Roman. dtv, München 2022. 335 Seiten, 24 Euro.
Stilistische Anstrengungen, die an das 19. Jahrhundert erinnern, sind bei ihm Programm: der Schriftsteller Martin Mosebach.
Foto: Erwin Elsner/picture alliance
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Himmel und Hölle, Leben und Kunst, Liebe und Ehe, Ethik und Ästhetik, Totem und Tabu: Der raffinierte Erzähler Mosebach weist in seinem Roman den Weg in eine andere Moderne. Richard Kämmerlings Die Welt, Literarische Welt 20221204