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Sie war eine prominente deutsche Geisel der türkischen Regierung: Als angebliche Terrorunterstützerin saß die Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu mit ihrem kleinen Sohn in Haft; danach wurde ihr die Ausreise aus der Türkei verweigert. Jetzt, wieder in Deutschland, berichtet sie über diese Zeit: über die Brutalität von Polizei und Justiz, das Alltagsleben in der politischen Gefangenschaft zwischen Hoffnung und Verzweiflung, ihren Kampf um Freiheit für ihre Familie und ihren Einsatz für die Pressefreiheit. Ein sehr persönliches Buch, das zugleich deutlich macht, wie das Regime in Ankara…mehr

Produktbeschreibung
Sie war eine prominente deutsche Geisel der türkischen Regierung: Als angebliche Terrorunterstützerin saß die Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu mit ihrem kleinen Sohn in Haft; danach wurde ihr die Ausreise aus der Türkei verweigert. Jetzt, wieder in Deutschland, berichtet sie über diese Zeit: über die Brutalität von Polizei und Justiz, das Alltagsleben in der politischen Gefangenschaft zwischen Hoffnung und Verzweiflung, ihren Kampf um Freiheit für ihre Familie und ihren Einsatz für die Pressefreiheit. Ein sehr persönliches Buch, das zugleich deutlich macht, wie das Regime in Ankara mit seinen Kritikern umgeht.

"Was für eine Frau, was für ein Mut, was für eine Liebe." Die Welt
Autorenporträt
Tolu, MesaleMesale Tolu ist eine deutsche Journalistin und Übersetzerin kurdischer Herkunft. Sie wuchs in Ulm auf und studierte in Frankfurt Ethik und Spanisch. 2007 erhielt sie die deutsche Staatsbürgerschaft und legte zugleich die türkische ab. Ende April 2017 wurde sie in ihrer Istanbuler Wohnung von einer türkischen Antiterror-Einheit als "Terroristin" verhaftet. Ihr Schicksal und das anderer in der Türkei inhaftierter Journalisten hat zahlreiche Medienberichte, Unterstützerkampagnen und diplomatische Aktivitäten ausgelöst. Am 18. Dezember 2017 wurde sie unter Auflagen aus der Haft entlassen, am 20. August 2018 hob ein Gericht die Ausreisesperre gegen Tolu auf, erst zwei Monate später die gegen ihren ebenfalls inhaftierten Ehemann Suat Çorlu. Mesale Tolu lebt mit ihrer Familie in Neu-Ulm.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.09.2019

Unter Erdogans Fuchtel
Die Journalistin Mesale Tolu über ihre Haft in der Türkei

Seit dem Putschversuch vom Juli 2016 hat sich die Türkei zu einem der journalistenfeindlichsten Länder der Welt entwickelt. Dutzende Pressevertreter wurden verurteilt oder angeklagt, meist wegen angeblicher Terrorpropaganda oder -unterstützung. Oft warteten sie monatelang im Gefängnis auf eine Anklageschrift. Wie drastisch selbst solche Journalisten aus ihrem Leben gerissen werden können, die vermeintlich harmlose Arbeit verrichteten, veranschaulicht der Haftbericht Mesale Tolus. Die kurdischstämmige Ulmerin war neben Deniz Yücel das wohl bekannteste Gesicht der Krise im deutsch-türkischen Verhältnis in den Jahren 2017 und 2018. Festgenommen von einer Spezialeinheit im Morgengrauen eines Apriltags in Istanbul, wurde die Mitarbeiterin der sozialistischen Nachrichtenagentur ETHA der Mitgliedschaft in einer Terrorgruppe beschuldigt. Dass es sich dabei um ein "Schauspiel" handelte, wurde Tolu rasch klar: "Ich war zwar Hauptdarstellerin, hatte aber keinerlei Einfluss auf das Geschehen", schreibt sie über die absurden Anhörungen, deren Ergebnis schon zuvor feststand.

Fast acht Monate ist sie in Untersuchungshaft, und was Tolus Fall außergewöhnlich machte: Einen Teil dieser Zeit verbringt ihr knapp drei Jahre alter Sohn Serkan bei ihr - denn ihr Mann, Serkans Vater, war ebenfalls verhaftet worden. Das starke Band zwischen Mutter und Kind bildet gewissermaßen den Kitt des Buches, ausführlich schildert die damals 32-Jährige ihre Beweggründe, Serkan ins Frauengefängnis zu holen. Dem Jungen den grauen Alltag dort erträglich zu machen, helfen ihre Mitgefangenen: Frauen, von denen manche seit vielen Jahren im Gefängnis sitzen und die nun Spielzeug aus Plastikflaschen basteln und sich Kinderspiele ausdenken. Diese solidarische Gemeinschaft, die Tolu emotionalen Rückhalt gibt - zumal, nachdem sie Serkan doch wieder fortgegeben hat -, wird anrührend beschrieben. An anderen Stellen gleitet die Autorin dagegen in eine Art Leidenskitsch ab, der auch sprachlich nicht überzeugt ("Meine Seele begann zu bluten"). Und manche Personen wirken arg schematisch gezeichnet - so sind die Zellengenossinnen stets warmherzig und hilfsbereit, Polizisten dagegen unterschiedslos hämisch und böswillig. Nur die Wärterinnen im Frauengefängnis nehmen offenbar eine Zwischenstellung zwischen diesen Polen ein: Tolu schreibt ihnen einige durchaus sympathische Züge zu, belässt es aber leider bei wenigen Bemerkungen. Auch das Verhältnis Serkans zu den anderen Kindern, die es in dem Gefängnis gibt, bleibt ausgespart. Dafür beeindrucken die Passagen, in denen Tolu ihre emotionale Zerrissenheit auslotet - die Ungewissheit, das Ausgeliefertsein, die verzweifelten Bemühungen, sich von dem übermächtigen Staatsapparat nicht brechen zu lassen. All das lässt ansatzweise erahnen, wie es den vielen anderen Gefangenen in Erdogans Reich ergehen muss. Einer von ihnen, ihrer ehemaligen Mitgefangenen Hatice Duman, überlässt Mesale Tolu das Schlusswort. Die sanfte Unerschütterlichkeit dieser seit fünfzehn Jahren inhaftierten Journalistin bewegt, wenn sie schreibt, dass man auch hinter Gittern die Macht über sich selbst nicht völlig verliert: Denn "die Gedanken und Worte werden immer ihre Wege in die Zukunft finden".

cmei.

Mesale Tolu: "Mein Sohn bleibt bei mir!" Als politische Geisel in

türkischer Haft - und

warum es noch nicht

zu Ende ist.

Rowohlt Verlag, Hamburg 2019. 189 S., br., 12,99 [Euro].

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