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Will man den Pragmatismus angemessen verstehen, so sollte man sich mit seinen Fragen und Antworten im Augenblick seiner Entstehung auseinandersetzen. Dieses Buch bietet eine Einführung in den Pragmatismus, indem es ihn aus der Entwicklung des Denkens seiner Begründer Charles S. Perce und William James erklärt.

Produktbeschreibung
Will man den Pragmatismus angemessen verstehen, so sollte man sich mit seinen Fragen und Antworten im Augenblick seiner Entstehung auseinandersetzen.
Dieses Buch bietet eine Einführung in den Pragmatismus, indem es ihn aus der Entwicklung des Denkens seiner Begründer Charles S. Perce und William James erklärt.
Autorenporträt
Helmut Pape, geb. 1950, lebt als freier Philosoph und Schriftsteller seit 2001 in Bamberg und lehrt als außerplanmäßiger Professor Philosophie an der Universität Bamberg. Promotion 1981 mit einer Arbeit über Die Perspektivität natürlicher Sprache und die Ontologie der Zeichen. Von Oktober 2009 bis September 2010 arbeitete er als Fellow am DFG-Forscherkolleg Bildakt und Verkörperung an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.04.2002

Komm ins Offene, Freund!
Helmut Pape rehabilitiert den amerikanischen Pragmatismus

Im Jahre 1946 machte Max Horkheimer in seiner "Kritik der instrumentellen Vernunft" die Väter des amerikanischen Pragmatismus zu Initialfiguren der unheilvollen Tendenz "fortschreitender Rationalisierung, ebenjene Substanz der Vernunft zu vernichten, in deren Namen für den Fortschritt eingetreten wird." Der Philosophie von Charles Saunders Peirce und William James wird dabei bescheinigt, sie würde "mit einer fast entwaffnenden Aufrichtigkeit den Geist der bestehenden Geschäftskultur spiegeln, ebenjene Haltung des ,Praktisch-Seins', als deren Gegenkraft philosophische Meditation als solche gefaßt wurde". Wie es scheint, hat der gestrenge Institutsdirektor vor allem von Peirce keine Zeile selbst gelesen. Es hätte ihm sonst auffallen müssen, daß er mit seiner kritischen Diagnose gerade in diesem Fall keinen Falscheren hätte erwischen können. Läßt dessen Biographie doch eher an einen amerikanischen Doktor Faustus denken, der, 1839 geboren, mit elf Jahren eine Geschichte der Chemie verfaßte, als Gelehrter nicht nur in zwölf Einzelwissenschaften erfahren war, sondern auch ein umfassendes philosophisches Wissen besaß (so galt er etwa zu seiner Zeit als einer der bedeutendsten Kenner der mittelalterlichen Philosophie), in der Mathematik, Logik und Semiotik grundstürzend Neues leistete, und all dies in eine bis heute unausgeloteten kosmogonischen Metaphysik integrieren wollte. Der Harvard Universität hinterließ er ein Werk von hunderttausend größtenteils unpublizierten Seiten, womit er sogar Leibniz Konkurrenz machen dürfte. Daß seine akademische Karriere vor allem aus persönlichen Gründen wie unter einem Fluch zu stehen schien - er bekleidete nie eine feste Universitätsstelle -, hat bis heute Folgen: Nicht nur von Gesinnungseuropäern, sondern auch in seiner amerikanischen Heimat wird Peirce bisweilen mit spitzen Fingern angefaßt. Vor allem scheut man sich davor, ihn den Gründervater des Pragmatismus zu nennen.

Helmut Pape, als Herausgeber der semiotischen Schriften von Peirce und Verfasser einer großen Studie über diese einer der ausgewiesensten deutschen Peirce-Kenner, verweist in seinem neuen Buch zu Recht darauf, daß die Frage nach dem Erfinder des Pragmatismus nicht nur ein philosophiehistorisches, sondern auch eine systematisches Problem darstellt. Seine Untersuchung über den "Ursprung des Pragmatismus im Denken von Charles S. Peirce und William James" verknüpft daher einen längst fälligen systematischen Vergleich der geistigen Entwicklung beider Denker mit der Rekonstruktion des eigentlichen philosophischen Kerns des Pragmatismus und seiner möglichen Gestalt heute - letzteres in gezielten Auseinandersetzungen mit Vertretern des Neopragmatismus wie Richard Rorty, Robert Brandom und Hilary Putnam. Sein Plädoyer für eine oft bestrittene gemeinsame Stoßrichtung von Peirce und James unter der Ägide des ersteren erkauft er jedoch nicht mit einer Glättung von Divergenzen. Im Gegenteil: Pape nutzt diese konsequent, um grundlegende Problemstellungen des Pragmatismus nachzuzeichnen. Denn gerade in den Reibungen und Ergänzungsverhältnissen der polaren Positionen treten ihre untergründigen Gemeinsamkeiten besonders deutlich hervor.

Da gibt es auf der einen Seite den Wissenschafts- und Logikfanatiker Peirce, der die freie Forscheraktivität des Menschen betrachtet als Instanz einer schöpferischen Bewegung des Geistes in kosmischem Ausmaß, und auf der anderen Seite den anti-szientistischen Anwalt der Autonomie individueller Erfahrung William James (1842 bis 1910), der alle wissenschaftlichen Begründungsansprüche zurückweist gegenüber dem praktischen Entscheidungsakt. Denn in der drängenden Endlichkeit des praktischen Vollzugs gibt es keine Möglichkeit der umfassenden Ergründung von Kriterien des Richtigen, er muß notwendig ins Offene hinein entworfen werden. Der Antitechnokrat James läßt sich auch nicht dezisionistischer Vernunftfeindlichkeit überführen, da er die offene Entscheidung als Moment der "geistigen Gesamtentwicklung einer Biographie" betrachtet, das nachträglich "in der dritten Person" durchaus wissenschaftlicher Rekonstruktion zugänglich ist.

In immer neuen Metamorphosen und systematischen Weitungen durchzieht diese Polarität wie ein roter Faden Papes Darstellung aller Windungen der pragmatistischen Denkbewegung: von Peirce' früher Kategorienlehre bis zur Wechselwirkung zwischen allgemeiner Semiotik und Pragmatismus in seinem späten Denken, wobei auch der Stellenwert dieser Bewegung innerhalb seiner Gesamtphilosophie angedeutet wird, und von James' früher experimenteller Psychologie autonomer Erfahrung bis zu seiner späteren Theorie des symbolischen, zeichenlogisch operierenden Bewußtseins. Dabei verwendet Pape viel Überzeugungskraft, um zu kurz greifenden instrumentalistischen Interpretationen entgegenzutreten, die begriffliche Bedeutungen im Pragmatismus nur gebunden sehen möchten an das Kriterium des praktischen Erfolgs. Demgegenüber kommt es ihm darauf an, den Pragmatismus als eine neuartige konkrete Philosophie des Geistes zu würdigen.

Nun ist Papes überaus detaildichte und kenntnisreiche Darstellung, die sein Buch zur Pflichtlektüre machen für jeden, der sich über die Thematik informieren will, die eine Seite. Auf einem anderen Blatt stehen die Hintergrundprämissen von Papes Argumentation, die mit etwas hartleibigen klassifikatorischen Unterscheidungen immer wieder in eine Schieflage geraten gegenüber zentralen Impulsen des Pragmatismus: seinem schöpferischen Begriff des Handelns und seinem radikalen Anti-Nominalismus. Allzusehr werden immer wieder Geist und Bedeutung ausschließlich für die "normative", "zielgerichtete" mentale Tätigkeit des Subjekts reserviert, wobei das Erkenntnismodell des Pragmatismus unterderhand zu einer Spielart von Neukantianismus oder Phänomenologie mutiert.

Entsprechend reduziert sich der Handlungsvollzug in Papes Perspektive ganz konventionell auf die äußere Anwendung von bereits Gedachtem, statt selbst als bedeutungshaft und gedankenschöpferisch begriffen zu werden. Diese Kombination von Kognitivismus (den Pape bisweilen ergänzt um ein Verständigungsmodell, in dem Sozialität sich reduziert auf den Austausch von Behauptungen) und Instrumentalismus läßt sich nur vermeiden, wenn man den Schritt macht zu einem Begriff objektiven Sinnes - wie er formuliert ist bei dem Sozial-Pragmatisten G. H. Mead mit seinem Modell der objektiven Bedeutungsstrukturen von Sozialität. Um solche Zukunftsmusik im amerikanischen Pragmatismus zum Klingen zu bringen, fehlen dem Buch die Perspektiven. Vermutlich wird man diese auch nicht innerhalb der Philosophie finden, wie Pape es versucht, sondern nur in den Strategien nichtempiristischer Erfahrungswissenschaften des Geistes, etwa bei Piaget, dessen "interaktiver Konstruktivismus" mehr vom revolutionären Geist des "klassischen" Pragmatismus besitzt als seine rabulistischen Erben.

FERDINAND ZEHENTREITER.

Helmut Pape: "Der dramatische Reichtum der konkreten Welt". Der Ursprung des Pragmatismus im Denken von Charles S. Peirce und William James. Verlag Velbrück Wissenschaft, Weilerswist 2002. 375 S., geb., 45,- .

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Für Jörg Lau ist dieses Buch viel mehr als eine Einführung in den klassischen Pragmatismus. Der Peirce-Kenner Pape, schreibt Lau, legt "die erste umfassende Rekonstruktion des pragmatischen Denkens in deutscher Sprache" vor und "eine der besten Darstellungen zum Thema überhaupt". Als "systematisches Pendant und Korrektiv" zu Louis Menands "The Metaphysical Club" empfiehlt Lau den Band, aber auch als Ergänzung zum Neopragmatismus Richard Rortys. Pape biete einen anderen Focus, wenn er den Pragmatismus in die Tradition der Philosophie eintrage und eben jene Züge des Peirceschen Denkens rehabilitiere, die Rorty verdächtig seien. Hier liege ein Modell bereit, das gerade heute, im Zeichen eines neuerlichen Kulturkampfes zwischen Fundamentalisten, Relativisten, Universalisten und Skeptikern "von unerhörter Aktualität" ist: "Es gibt sehr wohl eine Realität unabhängig von unseren Gedanken über sie."

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.07.2015

NEUE TASCHENBÜCHER
Radikal
unvollständig
Der Universalgelehrte Charles Sanders Peirce aus Cambridge, Massachusetts (1839-1914), war ein erstaunlicher Mann: Er erforschte die Geheimnisse der Logik und Mathematik, der Metaphysik und Psychologie, der Philosophie und Astronomie. Er lieferte in seinem langen Gelehrtenleben rund 800 Publikationen in 24 Disziplinen. Er hinterließ rund 100 000 handgeschriebener Manuskriptseiten. Jedoch: Es gelang ihm kein einziges systematisches Buch zu seinen Forschungsgegenständen. Berühmt geworden ist Peirce vor allem, weil er die Wissenschaft von den Zeichen begründet hat, jene „Semiotik“, die später nicht nur die Welt der Linguistik eroberte. Der Philosoph Helmut Plate hat eine präzise Einführung in die verzweigten Gedankenexpeditionen des Charles S. Peirce geschrieben, dessen Philosophieren er zu Recht „radikal unvollständig“ nennt. Das ist für den Philosophieprofessor wie für den Philosophiedilettanten von Vorteil: Peirce verband kühn die beiden als konträr geltenden Positionen Idealismus und Pragmatismus. Denn er wusste eines genau: „Philosophie ist eine Disziplin, die auf alltäglicher Erfahrung basiert.“
 WOLFGANG SCHREIBER
      
      
Helmut Pape: Charles S. Peirce zur Einführung. Junius Verlag, Hamburg 2015. 224 Seiten,
14,90 Euro.
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