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Warum protestieren jeden Montag Zehntausende in Dresden gegen eine angebliche Islamisierung? Und das in einem Bundesland, in dem der Anteil der Muslime an der Bevölkerung gerade einmal 0,1% beträgt?Und warum stimmte die Schweiz über ein Verbot von Minaretten ab, obwohl es landesweit nur vier davon gibt? Die berühmte Philosophin Martha Nussbaum identifiziert eine »neue religiöse Intoleranz« gegenüber fremden Religionen. Sie enthüllt die irrationale Angst, die dahintersteckt und zeichnet, inspiriert durch die Philosophie, die Literatur und die Geschichte, einen Weg aus Angst und Intoleranz…mehr

Produktbeschreibung
Warum protestieren jeden Montag Zehntausende in Dresden gegen eine angebliche Islamisierung? Und das in einem Bundesland, in dem der Anteil der Muslime an der Bevölkerung gerade einmal 0,1% beträgt?Und warum stimmte die Schweiz über ein Verbot von Minaretten ab, obwohl es landesweit nur vier davon gibt? Die berühmte Philosophin Martha Nussbaum identifiziert eine »neue religiöse Intoleranz« gegenüber fremden Religionen. Sie enthüllt die irrationale Angst, die dahintersteckt und zeichnet, inspiriert durch die Philosophie, die Literatur und die Geschichte, einen Weg aus Angst und Intoleranz heraus. Sie plädiert dafür, die Religionsfreiheit aller zu respektieren und so eine beständige Ethik der Höflichkeit und des Anstands zu entwickeln. Denn nur so können wir über die Politik der Angst hinweg zu einer offenen und gleichberechtigten Zukunft gelangen.
Autorenporträt
Martha Nussbaum ist die einflussreichste Philosophin der Gegenwart. Die Professorin an der University of Chicago wurde u.a. ausgezeichnet mit dem Kyoto-Preis, der als Nobelpreis der Philosophie gilt. Außerdem erhielt sie den mit einer Million Dollar dotierten Berggruen-Preis. Die bekennende Musik-Liebhaberin wurde besonders bekannt durch ihre Arbeiten zum Thema Emotionen.
Rezensionen
"Martha Nussbaum ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Welt. Vielleicht die einflussreichste." Hohe Luft

"Die US-Philosophin Martha Nussbaum beschreibt den 'Narzissmus der Angst' als Gefahr für die westliche Toleranz." DER SPIEGEL

"Martha Nussbaum macht nicht nur eine Bestandsaufnahme, sie bietet Lösungen an." WDR5 Scala

"Beeindruckend. Das Buch besticht durch Präzision und Sorgfalt, durch große Klugheit, Souveränität und Weltläufigkeit. Sie steht ein für Demokratie und Humanität." NDR Info

"Das Buch hat den Charakter eines Manifests, das allerdings zum Nachdenken und Diskutieren anregt." Deutschlandfunk - Andruck

"Sachbuch des Monats September 2014, Platz 2" NDR - SZ - Sachbuchbestenliste

"Nussbaum ist eine der führenden liberalen Denker der USA. In 'Die neue religiöse Intoleranz' nimmt sie den Vormarsch von antireligiösem - und vor allem anti-muslischem - Fanatismus seit dem 11. September in den Fokus." The New York Times, Book Review

"Martha Nussbaum ist Professorin für Recht und Philosophie. In diesem kurzen und wundervoll argumentierten Buch fokussiert sie die Islamophobie, die derzeit Amerika und Europa heimsucht und bringt so beide Disziplinen zusammen... 'Die neue religiöse Intoleranz' sollte Pflichtlektüre für diejenigen werden, die über bürgerliche Zugehörigkeiten und religiöse Unterschiede urteilen müssen." Nicholas Sagovsky, The Tablet

"...Deutlich und kraftvoll stellt Nussbaum sowohl die Meister der Moralphilosophie - vor allem Locke und Kant - als auch viele literarische und historische Stimmen auf, um eine Annäherung an religiöse Unterschiede zu entwickelnt, der sowohl der Unterschiedlichkeit als auch gemeinschaftlicher Mitmenschlichkeit gerecht wird. Dieses Buch ist geradeheraus, tiefgründig und herausfordernd." Kate Tuttle, The Boston Globe

"'Die neue religiöse Intoleranz' ist eine energische Verteidigungsschrift der Religionsfreiheit von Minderheiten im Angesicht der Islamophobie nach 9/11." The Guardian
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Thomas Thiel hat einiges auszusetzen an Martha Nussbaums Versuch, anhand des Burkaverbots in Frankreich, des Schweizer Minarettverbots und der Debatte um den Bau eines islamischen Gemeindezentrums nahe Ground Zero religiöse Toleranz und ihre Grenzen in den USA und Europa miteinander zu vergleichen. Zunächst erstaunt Thiel, wie liberal in Sachen Religionsfreiheit in den USA geurteilt wird. Wenn Nussbaum allerdings die Gründe der Burkagegner angreift, stößt er auf "hinkende" Vergleiche (Mundschutz, Helme) und zeigt sich irritiert über die Meinung der Autorin, Burkas würden aus sozialem Zwang getragen. Der eigenen, laut Rezensent ohnehin "etwas luftig" formulierten Forderung, das Problem einfühlsam zu beobachten, wird die Autorin damit für Thiel nicht gerecht.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.10.2014

Im Clinch mit den Kritikern der Burka

Soll Religionsfreiheit bei völlig verschleierten Frauen enden? Die amerikanische Rechtsphilosophin Martha Nussbaum plädiert für mehr Toleranz. Nicht durchweg mit überzeugenden Argumenten.

Die Burka ist derzeit in drei europäischen Ländern verboten, in Frankreich, Belgien und Italien, teilweise auch in der Schweiz. Ihr Anblick ist für viele westlich Zivilisierte mit einem reflexhaften Unbehagen verbunden. Ihren Kritikern gilt sie als Ausdruck männlicher Herrschaft über den weiblichen Körper, manchmal sogar als ein Symbol der Reduktion der Frau zum Sexualobjekt, das den Blicken triebgesteuerter Männer entzogen werden muss und das notwendig den Kontext islamistischer Repression mit sich führt. Nun gehört die Burka nicht zwingend zum Islam, weder Koran noch Sunna fordern sie. Ist es nicht Sache der muslimischen Frauen, sich dafür zu entscheiden? Ist das Verbot Ausdruck einer wachsenden religiösen Intoleranz in westlichen Gesellschaften?

Die bekannte Moral- und Rechtsphilosophin Martha Nussbaum hat über diese Frage ein Buch geschrieben, das jetzt auch auf Deutsch vorliegt. Die in Chicago lehrende Autorin, die sich zum Burkaverbot mehrfach kritisch geäußert hat, diskutiert die Grenzen religiöser Toleranz gegenüber dem Islam an drei Beispielen: der Burka, dem Schweizer Minarettverbot und der Debatte um den Bau eines islamischen Gemeindezentrums nahe Ground Zero. Von den jüngsten Blutorgien des "Islamischen Staates" konnte sie während des Schreibens noch nichts ahnen. Was kein Schaden ist, weil ihr Ziel ein prinzipieller Vergleich der Religionsfreiheit in den Vereinigten Staaten und Europa ist. Und weil die Ereignisse ihrem Buch zusätzliche Dringlichkeit verschaffen.

Recht deutlich lässt Nussbaum wissen, dass sie das Modell der Vereinigten Staaten für überlegen hält. Anders als in Europa werde hier der verfassungsmäßige Grundsatz der Religionsfreiheit auch in kritischen Situationen nicht in Frage gestellt. Tatsächlich ist erstaunlich, wie liberal in den Vereinigten Staaten immer wieder in Fragen der Religionsfreiheit geurteilt wird. Bei der Debatte um das islamische Begegnungszentrum in der Nähe von Ground Zero beließ es selbst eine Rechtsauslegerin wie Sarah Palin bei einem höflichen Appell an die moralische Sensibilität der Muslime. Das verfassungsmäßige Recht zum Bau des Zentrums stand für sie außer Frage.

Nussbaum nennt dafür historische Gründe: Die Vereinigten Staaten wurden von religiösen Abweichlern gegründet. Was sie zusammenhalte, sei ein politisches Projekt (Streben nach Glück), das von Beginn an auf die Integration unterschiedlicher Religionen angewiesen war. Anders Europa, wo homogene und im Kern romantische Vorstellungen von Nation und Religion vorherrschten, verbunden mit der Forderung nach Anpassung und nötigenfalls Ausweisung religiöser Dissidenten. Dieses Prinzip, so Nussbaum, sei angesichts des Ausmaßes religiöser Migration überholt.

Als schlagendes Beispiel gilt ihr das Burkaverbot. Punkt für Punkt fegt sie die Gründe der Burkagegner vom Tisch. Die Burka, ein Sicherheitsrisiko? Was ist mit Mützen und Schals, den Helmen von Footballspielern und dem Mundschutz von Chirurgen? Die Burka, eine Degradierung zum Objekt? Mag sein. Aber dann wären auch Stripclubs und Schönheitsoperationen zu verbieten. Aber doch ein Ausdruck patriarchaler Gewalt? Wird nicht auch von Eltern regelmäßig Zwang auf ihre Kinder ausgeübt, fragt Nussbaum, ohne dass der Staat interveniert, beim Friseur, bei der Kleidung, beim Geigenunterricht? Sicher doch ein Gesundheitsrisiko? Das ist unter brennender Sonne auch ein Bikini oder ein ärmelloses Hemd.

Einige Vergleiche hinken. Eltern sind zur Erziehung ihrer Kinder verpflichtet, muslimische Männer haben diese Verantwortung für ihre Frauen nicht. Mundschutz und Helm sind zweckgebunden. Zu Nacktaufnahmen und Schönheitsoperationen wird man nicht um den Preis gezwungen, bei Widerstand bespuckt und beschimpft zu werden. Irritierend ist besonders, dass Nussbaum Burkakritikern die Annahme vorwirft, das Gewand werde meist nicht aus freier religiöser Wahl, sondern aus internalisiertem sozialen Zwang getragen, ohne die Trägerinnen selbst zu Wort kommen zu lassen. Sie widerspricht damit ihrer eigenen Forderung, Religionskonflikte mit einfühlender Phantasie in die Perspektive des anderen zu überwinden. Nicht weniger überrascht ihr Schweigen über die Entstehungsgeschichte der Burka im 19. Jahrhundert.

Diese Methode des trivialisierten Vergleichs macht das Urteil nicht leichter, ob die Burka, anders als Mützen, Schals und Stripclubs, als Symbol kollektiver Aggression und ob sie überhaupt als unverzichtbares Glaubensrequisit zu werten ist. Überzeugender vertritt Nussbaum das Argument, dass Dinge, die Unbehagen einflößen, deshalb nicht zu verbieten sind.

Der gewichtigste Kritikpunkt der Burkagegner ist damit noch nicht genannt: der "Gesichtsverlust", die Auslöschung der Person, die Vollverschleierung auch für den bedeutet, der sich ihr freiwillig unterwirft. Es geht hier um zweierlei: Lässt die Burka die Möglichkeit, als individuelle Person wahrgenommen zu werden? Schafft sie eine Asymmetrie im sozialen Austausch, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt untergräbt? Es geht hier auch um eine Rechteabwägung zwischen dem Recht auf freien religiösen Ausdruck und den Anspruch auf gleichberechtigte Kommunikation. Welche Bedeutung hat dafür der Anblick des gesamten Gesichts? Nussbaums relativierender Hinweis auf die Sonnenbrille erfasst auch hier nur einen Teil des Problems.

Ihre Fallbeispiele rahmt Nussbaum mit etwas luftigen Ausführungen zur Einfühlung in den Andersgläubigen und zur Überwindung diffuser Ängste. Für vollkommen irrational hält sie die Angst vor dem Islam aber nicht - zumindest nicht in jedem Fall. Dass geeignete staatliche Gegenmaßnahmen für sie auch in Fingerabdrücken oder Nacktscans anstelle von Lichtbildausweisen bestehen könnten, deutet eine Konfliktlinie der Religionsfreiheit mit anderen Persönlichkeitsrechten an, die noch ganz außerhalb ihrer Aufmerksamkeit liegt.

THOMAS THIEL.

Martha Nussbaum: "Die neue religiöse Intoleranz". Ein Ausweg aus der Politik der Angst.

Aus dem Englischen von Nikolaus de Palezieux. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2014. 220 S., geb. 29,95 [Euro].

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