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Woher kommt der Weinachtsmann? Eine wissenschaftliche Detektivgeschichte »Weihnachtmann«, »Nikolaus«, »Santa Claus« - um diese harmlosen Figuren gibt es oft Streit. Die einen glauben zu wissen, welcher der »Richtige« ist, andere kritisieren den Weihnachtskonsum als unchristlich. Alle reden vom Weihnachtsmann, aber nur eine kleine Minderheit glaubt an ihn - die Kinder. Schaut man jedoch die Rituale und Bilder der euroamerikanischen Weihnacht von außen an, überrascht die spektakuläre, für jeden schnell nachprüfbare Ähnlichkeit des Weihnachtsmannes zu verwandten Figuren in Asien wie der…mehr

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Produktbeschreibung
Woher kommt der Weinachtsmann? Eine wissenschaftliche Detektivgeschichte »Weihnachtmann«, »Nikolaus«, »Santa Claus« - um diese harmlosen Figuren gibt es oft Streit. Die einen glauben zu wissen, welcher der »Richtige« ist, andere kritisieren den Weihnachtskonsum als unchristlich. Alle reden vom Weihnachtsmann, aber nur eine kleine Minderheit glaubt an ihn - die Kinder. Schaut man jedoch die Rituale und Bilder der euroamerikanischen Weihnacht von außen an, überrascht die spektakuläre, für jeden schnell nachprüfbare Ähnlichkeit des Weihnachtsmannes zu verwandten Figuren in Asien wie der chinesische »Gott des langen Lebens« oder der mongolische »Weiße Alte«. Der Religionsforscher Thomas Hauschild ist ihnen allen begegnet, hat sie gesammelt, vermessen und verglichen. Und er bringt uns bei, diese winterlichen ewigjungen Eremiten als Leitbilder eines weltweiten Klima- und Familienkultes der Zukunft zu begreifen.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, CY, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, IRL, I, L, M, NL, P, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Autorenporträt
Thomas Hauschild, geb. 1955, studierte Ethnologie, Volkskunde und Religionswissenschaft in Hamburg. 1982-2001 forschte Thomas Hauschild für sein Buch über >Magie und Macht in Italien< (2002). Er arbeitete an zahlreichen Universitäten des In- und Auslandes sowie am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Heute ist er Professor für Ethnologie an der Universität Halle. Nach frühen Erfahrungen mit Nikolaus und Knecht Ruprecht hat er alles Erdenkliche dafür getan, seine Kinder Simon und Carmen so lange wie möglich von der Existenz des Weihnachtsmannes zu überzeugen. Zuletzt erschien von ihm >Ritual und Gewalt< (2008).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.12.2012

Die Wahrheit des Weihnachtsmanns

Migrationsgeschichte einer Legende: Das schönste Sachbuch des Jahres weiß alles über den heiligen Nikolaus und seine weltweiten Artverwandten.

Nein, er ist keine Erfindung von Coca-Cola. Die haben ihn nur 1931 erfolgreich für ihre Reklame abgezweigt. Und nein, er steht auch nicht in Gegensatz zum heiligen Nikolaus oder zum Christkind. Es ist also nicht unchristlich, wenn Sie Zweifel Ihrer Kinder an der Existenz des Weihnachtsmanns ausräumen, solange das eben geht. Gewiss, die könnten fragen, warum dem kleinen Jesus am 6. Januar die Geschenke von den Heiligen Drei Königen gebracht werden. Oder ob der Weihnachtsmann einer von diesen Königen ist und welcher. Oder danach, ob er und das Christkind die Chefs vom Nikolaus oder mit ihm verwandt sind. Alles sehr berechtigte Fragen, alle letztlich unbeantwortbar, denn in dem Maße, in dem die Legende lebt, ist sie nicht logisch, weshalb alle diese Fragen zum Glück nicht entscheidend sind, denn das Glück ist auch nicht logisch.

Was man über den Weihnachtsmann wissen kann und was an ihm entscheidend ist, das lässt sich jetzt in einem klugen, so nachdenklichen wie bezaubernden Buch nachlesen. Der in Halle lehrende Ethnologe Thomas Hauschild hat es pünktlich zur Adventszeit vorgelegt ("Weihnachtsmann. Die wahre Geschichte". S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 384 S., geb., 19,99 [Euro]). Man möchte seinen Erzählungen endlos zuhören.

Hauschild kennt sich aus in Legenden, er hat fast zwanzig Jahre lang über und bei Bauern in der Basilicata - gewissermaßen am Fußknöchel Italiens - geforscht, in einer inzwischen untergegangenen Welt, in der Armut, harte Arbeit, Furcht, Magie und Heiligengeschichten den Lebenshorizont bestimmten. Sein letztes Buch handelte von Vogelmenschen und Schamanen. Eine gute Vorbereitung auf den Herrn im Rentierschlitten.

Dieser wird prominent im neunzehnten Jahrhundert, nachdem schon lange vorher in den Winterbräuchen Europas eine geschenkebringende, kinderermahnende Figur samt dunkler Begleitung (Knecht Ruprecht, Kohlenpitter, Pelzmunk, Krampus) aufgetreten war. Der "Herr Winter" wird mit Tannenbaum auf dem Rücken gezeichnet. In den Vereinigten Staaten setzt sich zur selben Zeit "Santa Claus" durch, dort eher eine Art Waldschrat im "one horse (oder: reindeer) open sleigh", wie seit 1857 zum Lob des Schlittenfahrens gesungen wird. Kurz darauf schreibt Theodor Storm "Von drauß' vom Walde komm ich her", meint aber Knecht Ruprecht, der auch schon 1848 in Robert Schumanns "Album für die Jugend" verzeichnet ist: Der Weihnachtsmann und die Seinen sind ein Fall praktischer Romantik. Den Anti-Nikolaus schlechthin hatte Charles Dickens fünf Jahre zuvor in seiner Weihnachtsgeschichte auftreten lassen: den geschenke- und bräucheverachtenden Scrooge.

Die Pointe des Buches von Hauschild liegt jedoch nicht in Herkunftsnachweisen, sondern darin, die unglaubliche Variationsbreite der Legende in Raum und Zeit zu zeigen. Das Christentum brauchte weder das Weihnachtsfest und die Adventszeit, die es drei Jahrhunderte lang gar nicht kannte, noch St. Nikolaus. Der byzantinische Bischof Nikolaus aus Myra wiederum - heute liegt dort das türkische Demre - ist im Mittelalter zu einer Art Klassenbesten aller Heiligen aufgestiegen. In der Anekdotensammlung der "Legenda aurea" steht er vor Petrus. Er verschenkt sein ererbtes Gold zugunsten dreier Jungfrauen in der Nachbarschaft, denen das Bordell droht und die nun, goldbeglückt, zwangsverheiratet werden konnten. Er kann fliegen, beschützt Hafenstädte, dringt in Häuser korrupter Obrigkeiten ein. Ein Superheld aus dem Comic, Kommissar Nikolaus, Samurai Nikolaus. Aber 1969 wird er aus der Liste des liturgischen Bestandes der Katholiken gestrichen, wegen fehlenden Existenznachweises.

Nun, Religion handelt ja ohnehin von Unsichtbarem. Hauschild leitet sie in einer ebenso kurzen wie meisterhaften Skizze aus dem Wünschen ab. Und so kam Nikolaus zum Winter, weil in dieser Jahreszeit Hilfe besonders nötig ist. Von Thanksgiving, Halloween und St. Martin im November bis zu Nikolaus und Weihnachten handelt es sich um Konservierungsfeste. Anfang Dezember wurde geschlachtet (Gänse, Schweine), weil kein Futter mehr nachwuchs, man die Fettreserven brauchte und das Fleisch nicht so schnell verdarb. Gestopfte Würste, verdichtete Brote ("Stollen"), Marzipan, Bratäpfel, Plumpudding und so weiter - noch immer steckt der Verstand einer agrarischen Gesellschaft in unseren Ritualen. Der Nikolaustag selbst war lange einer des erlaubten Bettelns. Im Zeichen des Bischofs wurde nichts gebracht, sondern etwas abgeholt. Der Prügel des Ruprecht galt nicht den Kindern, sondern Erwachsenen, von denen Almosen eingetrieben wurden.

Den zweiten Teil seines Buches widmet Hauschild asiatischen Göttern der Langlebigkeit, die mit dem Weihnachtsmann und Nikolaus verblüffend viele Eigenschaften teilen, von der Gelehrsamkeit und der Kinderfreundlichkeit bis zur Flugkunst und zu den Hirschen als Begleitern. Nur dass es Nikolaus anders als Shou Xing nie zu einem Stern gebracht hat. Der Autor erläutert uns die chinesische Astrologie und erzählt, erklärtermaßen nicht ganz jugendfrei, von den Gründen für die Ehelosigkeit des Weihnachtsmannes ("Lieber bin ich Weihnachtsmann als unglücklich", heißt es in "Und ewig lockt das Weib" von Roger Vadim). Er führt uns in die östlichen Winterkulte ein wie in die befremdlichen Nikolaus-Raufereien auf Borkum. Wir lernen, dass die Japaner das ihnen fremde Weihnachten als hohes Fest adaptiert haben und was es bedeute, dass der Weihnachtsmann samt Christkind zwischen Eltern und Kindern ins Mittel tritt: Es gehe ums Schenken, nicht ums Geschenk und nicht um die tatsächlich Schenkenden.

Hier vielleicht doch ein winziger Einspruch. Denn es ist schon wichtig, dass es bestimmte Geschenke sind. Vor einhundert Jahren hat Gilbert K. Chesterton darauf hingewiesen, dass der Weihnachtsmann weder Prinzipien noch Ideen bringt. Er bringt nicht Liebe, Wahrheit, Licht oder so etwas, sondern Dinge, die gut riechen und schmecken und schmücken. Darum sei auch "der einzige Test auf seine Existenz, ob er erkannt wird". Wie bei Wunscherfüllungen. Bei Hauschild, dessen Buch keinen Wunsch offenlässt, findet sich dazu ein Zitat aus einer amerikanischen Gebrauchsanweisung für Weihnachtsmänner. Man sage, heißt es dort, die Kinder schlügen die Augen nieder, wenn der Mann in der roten Kutte vor ihnen stehe: aus Scheu. Irrtum! Sie schauen auf seine Stiefel, um an ihnen herauszufinden, ob er echt ist.

JÜRGEN KAUBE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Tolles, wildes Sachbuch, freut sich Johan Schloemann über Thomas Hauschilds synkretistischen Versuch einer Annäherung an den Weihnachtsmann. Nein, den hat nicht Coca Cola erfunden, lernt der Rezensent hier. Und auch, inwiefern Nikolaus und Weihnachtsmann einander ähneln, wie der alte Mann woanders auf der Welt ausschaut und was von all den Mythen zu halten ist, die um ihn herum gesponnen wurden. Ach so, als einen "Gott der Globalisierung", wie es der Autor mitunter macht, möchte Schloemann den Weihnachtsmann dann doch nicht bezeichnen. Besser gefällt ihm die im Band gleichfalls gepflegte Vorstellung von einem wohlwollenden Glanz, der von dem bärtigen Alten ausgeht und uns und den ganzen Konsumirrsinn verzaubert.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.12.2012

Alle Jahre wieder
Die Wahrheit hinter der Täuschung: Der Ethnologe Thomas Hauschild verteidigt den Weihnachtsmann
gegen den Vorwurf, bloß ein Vehikel für Verkaufsabsichten zu sein. Er will den kleinlichen Streit ums Fest beenden
VON JOHAN SCHLOEMANN
Ein alter Mann, irgendwo am Nordpol beheimatet, soll in einer einzigen Nacht des Jahres allen Kindern der Welt Geschenke bringen? Er soll Millionen von Briefen lesen, die aus Weihnachtspostämtern sämtlicher herkömmlicher Industriestaaten von Bayern bis Alaska an ihn weitergeleitet wurden? Selbst wenn flugbegabte Rentiere wirklich seinen Schlitten durch die Lüfte ziehen würden, wie wäre das machbar?“
  So steht es in dem schönen neuen Buch des Ethnologen Thomas Hauschild mit dem Titel „Weihnachtsmann. Die wahre Geschichte“. Doch keineswegs sollen die so geäußerten Zweifel den Kindern die letzte Hoffnung austreiben, die noch an den Weihnachtsmann glauben. Im Gegenteil, als Forscher, der verschiedene Religionen vergleicht, weiß der Autor, dass die Möglichkeit des Unmöglichen zu jedem Glauben dazugehört – und also einfach kein Argument ist. Vielmehr sieht Thomas Hauschild in dem Mann mit dem Bart, in der Weihnachtsfeierei überhaupt eine positive Ressource für die Globalisierung, in Zeiten, in denen auch in Deutschland viele Kinder eigentlich nicht mehr an ausdrücklich christlichen Sitten teilnehmen wollen oder sollen. Kurzum: Der Weihnachtsmann ist noch zu retten.
  Thomas Hauschild will mehr, als eine Geschichte zu erzählen. Er will, dass wir den „kleinlichen Streit“ über den Weihnachtsmann beenden. Dafür unternimmt er es, zwei kritischen Mythen zu widersprechen. Der erste Mythos: Der christliche heilige Nikolaus (6. Dezember) steht gegen den heidnischen Weihnachtsmann (24./25. Dezember). Und der zweite Mythos: Der „echte“ Nikolaus (das echte Weihnachten, das Christkind) steht gegen die üble Kommerzialisierung des Festes.
  Zum Ersten, christlich gegen heidnisch: Dass Nikolaus und Weihnachtsmann aus derselben Legendenquelle schöpfen, ist kein Zufall. Auch Nikolaus, der historisch schwer zu greifende, spätantike Bischof von Myra – einer Hafenstadt an der Südküste der heutigen Türkei, in der Nähe der Urlaubshochburg Antalya –, trägt viele „heidnische“ Züge. Er kann fliegen, er ist überall zur Stelle, und er wirft heimlich drei wertvolle Goldkugeln ins Nachbarhaus, damit die drei Töchter des Nachbarn nicht der Prostitution anheimfallen.
  Nikolaus hilft den Seefahrern, er ist der Schutzpatron des Handels und der freien Wege. Er ist verknüpft mit alten Bräuchen rund um Schlachtfest, Lichtfeier und Wintersonnenwende, ist russischer Nationalheiliger (von der Oktoberrevolution durch „Väterchen Frost“ ersetzt) und überhaupt im Osten ein „Hyperhagios“, ein Superheiliger. Im Mittelalter war Nikolaus Anstifter wilder Bettel- und Narrenfeste, später bürgerliche Erziehungs- und Kontrollgestalt (mit Rutenträger, heute pädagogisch nicht mehr so angesagt). Sein Leichnam wird in der Basilica di San Nicola in Bari verehrt.
  An viele dieser Eigenschaften schließt der herumsausende Weihnachtsmann an. Überdies gibt es frappante Ähnlichkeiten mit asiatischen Gottheiten, die Thomas Hauschild in seinem Buch aufarbeitet. Ein Verwandter von Nikolaus und Weihnachtsmann ist „der mongolische, sibirische, tibetische, nepalesische Gott der freien Wege und der Freigebigkeit, der Gott des Kinderreichtums, der Hirtenclans und des langen Lebens“. In China wurde seit alters der Südstern am Winterhimmel (Canopus) verehrt und mit der Zeit „durch eine menschenähnliche Gestalt verkörpert, die schließlich ganz für sich steht, der Alte mit dem hohen Kopf und dem fröhlichen Kindergesicht“. Diese Figur, ursprünglich auch Wintergottheit, wird dann zum chinesischen „Geburtstagsmann“.
  Die Abhängigkeiten dieser Vorstellungen und Bilder zwischen Ost und West kann auch die Ethnologie nicht zweifelsfrei entwirren. Aber es gibt in jedem Fall „weltweit verbreitete Rituale der Gegenseitigkeit, der Einweihung und der Gabe“. Der bärtige Geschenkebringer – früher brachte er Äpfel, heute iPads – ist eine eurasische Globalfigur, die immer auch mit dem Mönchischen, mit Eremitentum und Schamanentum assoziiert war.
  Der zweite kritische Mythos, der Thomas Hauschild nicht passt, ist die klare Abgrenzung des „wahren“ Weihnachtsfestes vom „kommerziellen“. Populär ist die Behauptung, Coca Cola habe den Weihnachtsmann erfunden. Das stimmt nicht. Zwar hat die Brausefirma Anfang der dreißiger Jahre eine wirkungsvolle Werbekampagne gestartet, die die Weihnachts-Ikonografie im jüngeren Industriezeitalter weltweit beeinflusst hat. Doch die Bildwelt um Santa Claus, die ihrerseits auf alte Heiligenlegenden zurückgeht, hatte sich schon in den Medien des 19. Jahrhunderts entwickelt – da gab es etwa die Zeichnung „Herr Winter“ von Moritz von Schwind (1847), Gedichte und Zeitschriftenillustrationen in den USA oder das Lied „Jingle bells“ von 1857 – da wird der Schlitten noch von einem Pferd gezogen, später dann von Rentieren. Man erfährt in diesem Buch auch einiges über lokale Abweichungen – zum Beispiel, wie in Italien die Geschenke-Fee „Befana“, die am 6. Januar herumfliegt, langsam auch vom „Babbo Natale“ verdrängt wird.
  Wenn der Weihnachtsmann in der Konsumwelt zum Jahresende unausweichlich geworden ist, mit für manchen schon albtraumhaften Erscheinungsformen, so verteidigt doch Thomas Hauschild den armen alten Mann gegen den Vorwurf, bloß ein Vehikel für Verkaufsabsichten zu sein. Die Illusion, mit der für die Kinder die Herkunft der Weihnachtsgeschenke vernebelt wird, ist für Hauschild „gerade nicht kalte Berechnung“. Denn: „Hinter der Selbsttäuschung über den Fetischcharakter der Ware steht die Täuschung der Kinder durch Erwachsene, und dahinter steht wiederum eine Wahrheit, die Liebe der Eltern zu ihren Kindern.“
  Wo dies so ist, dort erschaffe man kurzzeitig zum Fest, bei allem Reiz der materiellen Dinge, auch in der Überflussgesellschaft „eine Sphäre, die von Geschäftsbeziehungen frei ist“. Wenn die Industrie die Rentiere anspannt, dann soll, so Hauschild, nicht etwa der Glanz der Produkte auf den Weihnachtsmann fallen, sondern umgekehrt der Glanz des Winterheiligen auf die Produkte. Während andere wohl lieber die kommerziellen und heidnischen Aspekte des heutigen Festes zugunsten der Kernbotschaft des Christkindes reduzieren würden – was hinsichtlich der Praxis des Festes aber nicht ganz einfach ist, denn die Christen begehen das Weihnachtsfest erst seit dem vierten nachchristlichen Jahrhundert –, so ist Thomas Hauschild universalistischer, wohlwollender. Auch das kommerzielle Weihnachten habe seine Berechtigung und religionsübergreifenden Potenziale – die Menschen feiern eben im Winter überall und seit jeher „in unendlichen Variationen Riten der Austreibung von Kälte und Furchtlosigkeit, der Erwärmung durch das Teilen von guten Gaben.“ Sein optimistischer Synkretismus verleitet den Autor aus kulturvergleichender Perspektive gar dazu, von einem „Gott der Globalisierung“ zu sprechen.
  Die „wahre Geschichte“ des Weihnachtsmannes von Thomas Hauschild ist ein sehr persönliches, originelles, mitunter gar etwas zu wildes Sachbuch. Sonderbar, man wünscht sich ja immer den engagierten, nicht langweilig schreibenden Forscher, aber wenn der Wunsch ausladend erfüllt wird, kann es dem Leser auch wieder zu viel werden. Der Autor weiß das selbst – am Ende schreibt er: „Ich muss den Sack zumachen, sonst hebe ich noch ganz ab.“ Angesichts der entspannten Menschenfreundlichkeit dieses Buches, und angesichts dessen, was man alles daraus lernen kann, sind die Einwände dagegen allerdings: geschenkt.
Nikolaus und Weihnachtsmann
haben frappante Ähnlichkeiten
mit asiatischen Gottheiten
„Ich muss den Sack
zumachen, sonst hebe ich
noch ganz ab.“
      
    
  
  
  
Thomas Hauschild: Weihnachtsmann. Die wahre Geschichte. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2012. 384 Seiten, 19,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Die ultimative Studie über den Weihnachtsmann. [...] Frohe Wissenschaft! Jürgen Kaube Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 20121230