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Kampf um Trinkwasser, Massengewalt, ethnische "Säuberungen, Bürgerkriege und endlose Flüchtlingsströme bestimmen schon jetzt die Gegenwart. Die heutigen Konflikte drehen sich nicht mehr um Ideologie und Systemkonkurrenz, sondern um Klassen-, Glaubens- und vor allem Ressourcenfragen. Der Autor plädiert für ein neues Denken und zeigt, was jetzt getan werden müsste, um Menschheitskatastrophen abzuwenden.

Produktbeschreibung
Kampf um Trinkwasser, Massengewalt, ethnische "Säuberungen, Bürgerkriege und endlose Flüchtlingsströme bestimmen schon jetzt die Gegenwart. Die heutigen Konflikte drehen sich nicht mehr um Ideologie und Systemkonkurrenz, sondern um Klassen-, Glaubens- und vor allem Ressourcenfragen. Der Autor plädiert für ein neues Denken und zeigt, was jetzt getan werden müsste, um Menschheitskatastrophen abzuwenden.
Autorenporträt
Harald Welzer, geboren 1958, ist Sozialpsychologe. Er ist Direktor von FUTURZWEI. Stiftung Zukunftsfähigkeit und des Norbert-Elias-Centers für Transformationsdesign an der Europa-Universität Flensburg. In den Fischer Verlagen sind von ihm u. a. erschienen: »Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden«, »Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird«, »Alles könnte anders sein. Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen«, »Nachruf auf mich selbst. Die Kultur des Aufhörens« und ¿ gemeinsam mit Richard David Precht ¿ »Die vierte Gewalt. Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist«. Seine Bücher sind in 21 Ländern erschienen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.04.2008

Gewalt als Lösung
Harald Welzer prognostiziert dauernde Klimakriege
Es sind zwei Thesen, die der Essener Sozialpsychologe Harald Welzer zusammengebracht hat und die ihm als Grundlage für eine überaus beunruhigende Prognose dienen: Der Klimawandel, so die erste These, stellt eine weithin noch unbegriffene Bedrohung menschlichen Zusammenlebens dar, und unbegriffen ist er darum, weil wir ihn uns als Naturkatastrophe, aber nicht als Zusammenbruch der sozialen Ordnung vorstellen. Es sind aber die sozialen Effekte, die aus steigenden Meeresspiegeln, der Verschiebung der Regenzonen, rasant fortschreitender Wüstenbildung und einer Mehrung extremer Wetterereignisse erst Katastrophen werden lassen, die wir weder kontrollieren noch verhindern können.
Nicht das Austrocknen des Aral- oder des Tschadsees, sondern die damit verbundenen sozialen Folgen machen die Katastrophe aus. Denn die Veränderung der regionalen Ökosysteme wird Migrationswellen und Gewaltexzesse auslösen, deren Folgen globale Ausmaße haben. Wassermangel und Wüstenbildung werden zu einem Kampf um das schrumpfende nutzbare Land führen, der immer wieder von Massakern begleitet sein wird.
Die sich im Gefolge solcher Entwicklungen ausbreitende Gewalt, so Welzers zweite These, wird von denen, die sie anwenden, als Problemlösung begriffen: Wenn die zum Überleben erforderlichen Ressourcen knapp werden, wird die Tötung konkurrierender Verbraucher die Überlebenschancen der Verbliebenen erhöhen. Bei versiegendem Wasser wird man den davon Bedrohten kaum plausibel machen können, Kooperation sei besser als antagonistisch ausgetragene Konkurrenz. In dem dann stattfindenden Überlebenskampf wird die Tötung eines Konkurrenten als Entlastung begriffen werden, und selbst einem Thomas Hobbes dürfte es in einer solchen Situation schwerfallen, den dann nach einem Massaker Übriggebliebenen die Vorteile von Kooperation deutlich zu machen.
Kooperationsvorteile kommen schließlich nur dann zum Tragen, wenn sich durch sie die Ressourcenausstattung verbessern oder die vorhandenen Ressourcen besser nutzen lassen. Der Klimawandel und seine regional verheerenden Folgen sind aber durch die Kooperation einiger nicht zu beeinflussen. Das hat, so Welzer, vor allem mit zwei Faktoren zu tun: Der Wandel des Klimas erfolgt träge. Jetzt unternommene oder unterlassene Maßnahmen zeitigen erst in Jahrzehnten Wirkung. Sie spielen im eskalierenden Überlebenskampf somit keine Rolle, weswegen von ihnen auch keine Kooperationsgewinne zu erwarten sind. Und außerdem ist der Klimawandel gegenüber Verursachern und bloß Betroffenen blind. Es ist insofern ganz unwahrscheinlich, dass ein regional begrenztes Zusammenwirken die Lage für die Betroffenen innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zu verbessern vermag. Also ist Gewalt die naheliegende Problemlösung.
Die klimatischen Veränderungen, die bereits eingetreten sind, vor allem aber die bereits abzusehenden werden nach Welzers Auffassung zu sozialen Verwerfungen führen, in deren Gefolge das Gewaltniveau dramatisch ansteigen wird. Die Gewalt wird freilich keineswegs auf die unmittelbar betroffenen Gebiete begrenzt bleiben, sondern in Form von Migrationswellen auch jene Regionen erfassen, die unter den direkten Einwirkungen der Klimaveränderungen weniger gelitten oder davon profitiert haben.
Damit sind die USA und Europa gemeint. Zum einen werden die klimatischen Veränderungen hier weniger katastrophal sein, zum anderen verfügen diese Räume über politische Institutionen, die präventive Maßnahmen treffen und die sozialen Folgen in Grenzen halten können. Dagegen wird der Klimawandel vor allem Afrika, Teile Asiens und wohl auch größere Gebiete Lateinamerikas mit voller Wucht treffen. Wo die Probleme ohnehin groß und kaum Instrumentarien zu ihrer Bearbeitung vorhanden sind, wird er zu einer Kumulation der Risiken führen, die dann die soziale Katastrophe auslösen. Der Zusammenbruch der politischen und sozialen Ordnung hat die Entstehung gewaltoffener Räume zur Folge, in denen der Krieg endemisch wird. Welzer nennt das Dauerkrieg.
So weit die Prognose, die in ihren einzelnen Elementen nicht neu ist, durch deren Verknüpfung aber eine Intensität erlangt, wie man sie sonst selten findet – vor allem deswegen, weil die Aussicht auf eine Abwendung der Katastrophe durch Unterlassung oder Prävention, wie etwa das Verbot von Angriffskriegen gegen null tendiert. Aber sind die Annahmen, auf die Welzer sich stützt, auch zutreffend, und sind die Effekte der Risikokumulation plausibel?
Seit mehr als einem Jahrhundert beschäftigen sich Wissenschaftler mit dem Zusammenbruch der Zivilisation auf der Osterinsel. Diese ist im 10. Jahrhundert n.Chr. von Polynesiern besiedelt worden, die mehrere Tausend Kilometer über die offene See gekommen waren. Mit der Zeit hatte sich auf der Insel, die in keinerlei Kontakt mit anderen entfernten Zivilisationen stand, eine dynamische Gesellschaft entwickelt, die gewaltige kultische Statuen zu errichten in der Lage war, welche heute noch unsere Bewunderung finden. Als die Europäer die Insel im 19. Jahrhundert entdeckten, lebten dort nur noch wenige ängstliche und unterernährte Menschen. Seitdem ist das Schicksal der Osterinsel immer wieder als Menetekel der menschlichen Zivilisation beschworen worden. Inzwischen geht man davon aus, dass eine ökologische Katastrophe, die vollständige Abholzung der Insel und die damit einhergehende Ressourcenknappheit, zum Zivilisationsbruch geführt haben. Nachdem die letzten Bäume gefällt waren, ließen sich keine Kanus mehr für den Fischfang auf See bauen, die Nahrung verknappte und die Konflikte verschärften sich. Dann begann der Dauerkrieg.
Für Welzer haben die Massakerkriege in Ruanda und Darfur eine Vorstellung davon gegeben, wie sich in den nächsten Jahrzehnten Katastrophen nach dem Modell der Osterinsel, freilich in sehr viel größerem Ausmaße, wiederholen dürften. Die demographisch-ökologischen Probleme würden von uns jedoch immer noch in den Referenzrahmen ethischer oder sozialer Konflikte gepresst, um sie als bearbeitbar und lösbar erscheinen zu lassen. Das sei pure Selbsttäuschung. In Darfur habe das Zusammentreffen von Klimaveränderungen und Bevölkerungswachstum dazu geführt, dass die Lebensräume enger und das Bedrohungsgefühl immer größer geworden sei. Die unterschiedliche Ressourcennutzung von Nomaden und Ackerbauern kam hinzu, um Gewalt als Problemlösung erscheinen zu lassen. Der Krieg in Darfur ist der erste jener Kriege, die Welzer für das 21. Jahrhundert prognostiziert und die er als „Klimakriege” bezeichnet.
Der Begriff des Klimakrieges kommt plakativer daher, als er bei Welzer gebraucht wird. Es sind keineswegs die klimatischen Veränderungen selbst, die zu diesen Kriegen führen, sondern sie wirken als Verstärker der seit langem vorhandenen Konflikte, die dadurch eine solche Schärfe erhalten, dass sie mit den vorhandenen Instrumenten nicht mehr begrenzt oder gelöst werden können. Die Katastrophen der Natur sind, wie Welzer zeigt, mental und kognitiv gerahmt. Wenn traditionale Normen zusammenbrechen, soziale Gewissheiten schwinden, Erwartungen unplausibel werden, weil die ökologischen Gegebenheiten einer Region sich dramatisch verändert haben, dann avanciert die Gewalt zum Problemlöser, und sobald sich die ersten ihrer bedient haben, folgen ihnen die anderen ohne jede Hemmung.
Es ist nicht zu erwarten, dass sich ähnliches in Europa und Nordamerika ereignet. Hier sind die ökologischen Auswirkungen des Klimawandels geringer, die sozialen Verhältnisse sind fester, und mit einem funktionsfähigen Staatsapparat steht ein Institutionenset bereit, das zu effektiver Vor- und Nachsorge in der Lage ist. Die sozialen Folgen des Klimawandels sind also ungleich verteilt; er wird vor allem die Schwachen treffen, und die Starken, die ihm besseren Widerstand entgegensetzen können, wird er nur leicht berühren.
Man mag über solche neuerliche Ungerechtigkeit lamentieren; es gehört zu den Vorzügen von Welzers Buch, dass es sich dabei nicht lange aufhält. Statt dessen wendet es sich den Migrationsströmen zu, die dann erst recht – man rechnet bis zur Jahrhundertmitte mit deren Verzehnfachung – gegen die Grenzen Europas und Nordamerikas anbranden werden. Welzer beschreibt ausführlich die Vorbereitungen, die seiner Auffassung nach schon heute zu deren Abwehr getroffen werden. Und er geht davon aus, dass das Ausmaß der terroristischen Bedrohung noch einmal deutlich anwachsen wird. Wenn die Elendsmigranten zu Hunderttausenden abgewiesen werden, werden sich einige ihrer hier lebenden Landsleute oder Glaubensbrüder in Bomben verwandeln, um Rache zu üben oder ein politisches Zeichen zu setzen. So werden die Klimakriege schließlich auch die Gebiete erfassen, die sich zunächst gegen sie haben abschotten können.
Trostlose Aussichten. Können wir ihr Wirklichwerden noch abwenden? Welzer entwirft am Schluss seines Buches zwar auch ein optimistisches Szenario, aber im Anschluss daran lässt er ziemlich eindeutig durchblicken, dass er eine solche Umkehr für wenig wahrscheinlich hält. Es gehört zum Wesen der Klimaveränderung, dass diejenigen, die durch Einschränkung oder veränderte Lebensführung etwas dagegen tun, keine nur sie betreffenden Effekte generieren können, und weil das klimaignorante Verhalten der anderen sie ebenso betrifft, sind die Anreize zu einer anderen Form des Wirtschaftens zu gering, um Wirkung zu zeitigen. Eine internationale Kooperation könnte nur greifen, wenn die Schwellenländer sich vom Weg nachholender Modernisierung abbringen ließen. Das wird angesichts ihrer gerade erst begonnenen Aufholjagd nicht der Fall sein. Es spricht vieles dafür, dass Welzer ein Zukunftsszenario entworfen hat, das mit einiger Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Das Gefährliche an Welzers Buch ist freilich, dass es dazu verleitet, auf politisches Gegenhandeln zu verzichten, weil man damit doch nichts ändern könne. Man sollte das von Welzer entworfene Szenario statt dessen als Herausforderung begreifen. Fatalismus ist gerade angesichts einer solchen Prognose fehl am Platz. HERFRIED MÜNKLER
HARALD WELZER: Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008. 321 Seiten, 19,90 Euro.
Die Tötung eines Konkurrenten wird als Entlastung begriffen
Fatalismus ist dennoch fehl am Platz
Die Starken wird der Klimawandel nur leicht berühren
Jeder Schritt nach unten führt in die Ahnengalerie Foto: Oote Boe/Mauritius Images
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.07.2008

Schlechte Aussichten
Die "okösoziale Verknüpfung" von Klima und Gewalt

Mitte des 19. Jahrhunderts ging - wie das Kommunistische Manifest eingangs feststellte - ein Gespenst in Europa um: das Gespenst des Kommunismus. Es wurde dann im 20. Jahrhundert sehr real, gewaltträchtig und politikbestimmend in den nationalen und internationalen Beziehungen, bis die kommunistische Gefahr obsolet wurde. Seit einiger Zeit scheint nun das Gespenst der Klimakatastrophen umzugehen - nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt. Und inzwischen gilt in Wissenschaft und Politik der Klimawandel als reales globales Problem ersten Ranges, zu dessen Lösung unzählige nationale und internationale Konferenzen abgehalten und mehr oder weniger verpflichtende Resolutionen und Programme verabschiedet werden - von Kyoto bis Heiligendamm. Sogar der UN-Sicherheitsrat hat sich im vorigen Jahr damit befasst und den Klimawandel als Gefahr für den Weltfrieden identifiziert. Wird also das 21. Jahrhundert das Zeitalter der Klimakatastrophen und der Klimakriege? Der Sozialpsychologe Harald Welzer liegt voll im Trend, indem er die Frage bejaht: "Das 21. Jahrhundert ist in Ermangelung zukunftsfähiger Gesellschaftsmodelle utopiefern und ressourcennah - es wird getötet, weil die Täter jene Ressourcen beanspruchen, die die Opfer haben oder auch nur haben möchten."

Dem Autor geht es im Kern um den Nachweis der "ökosozialen Verknüpfung" zwischen Klimawandel und Gewalt. Ob dabei der schlagwortartige Begriff "Klimakriege" glücklich gewählt und - jenseits seiner Werbewirksamkeit - hilfreich ist, sei dahingestellt. Welzer räumt selbst ein, dass bisher nur der Darfur-Konflikt als Klimakrieg bezeichnet werden kann. Ansonsten ist Klimawandel nach Ausweis der einzelnen Analysekapitel ein Faktor neben anderen, der freilich überall wirksam sei: Klimawandel verschärfe die bestehenden Ungleichheiten auf internationaler und innerstaatlicher Ebene und zwischen entwickelten und weniger entwickelten Regionen, wodurch unter anderem auch der Terrorismus legitimiert und verstärkt werde. Klimawandel schaffe neue Gründe für Gewaltkonflikte. Er vertiefe die Verletzbarkeit fragiler oder scheiternder Staaten und lasse die Flüchtlings- und Migrationsbewegungen anwachsen. Er beschleunige die Veränderungen in der Staatenkonfiguration (die allerdings vom Autor nicht beschrieben werden).

Der Klimawandel erhöhe innerstaatlich die Spannungen und erzeuge infolge der Migrationsbewegungen den Druck in westlichen Staaten, sicherheitspolitische Lösungen anzustreben, die Demokratie und Freiheit gefährden und die Menschen (in Reaktion auf die "gefühlten Probleme" des Klimawandels) zum Töten bereit machen. Der Autor prognostiziert, dass in diesem Sinne die "heißen Raum- und Ressourcenkonflikte" in den nächsten Jahrzehnten fundamentale Auswirkungen auf die Gestalt der westlichen Gesellschaften haben werden. Den analytischen Teil abschließend, heißt es: "Es gibt Klimakriege, es wird getötet, gestorben, geflohen. Empirisch existiert nicht der mindeste Grund, zu glauben, dass die Welt so bleibt, wie wir sie kennen."

Sind das neue Einsichten oder eher Zuspitzungen? Welzer erweist sich in diesem Buch (entgegen der Charakterisierung im Klappentext) nicht als "Querdenker", sondern als Sprachrohr des alarmistischen Zeitgeists. Sein originärer Beitrag ist die sozialpsychologische Interpretation der Gewaltfolgen des Klimawandels - mittels einer Reihe soziologischer Theoreme (Rahmenanalyse/Referenzrahmen, kulturelle Wahrnehmungsformate, Dissonanzreduktion, shifting baselines). Ob diese Interpretation die neue, ja erst im Entstehen begriffene Realität zu erfassen vermag, wird die Zukunft zeigen.

Gibt es eine "rettende Handlungsstrategie", um künftiges Überleben zu ermöglichen? Welzer meint, dass weder durch individuelle Verhaltensänderungen noch durch zwischenstaatliche Vereinbarungen das Problem des Klimawandels lösbar ist. Er lenkt den Blick stattdessen auf die "mittlere Ebene", auf das "kulturelle Handlungsfeld" der eigenen Gesellschaft, die zum Akteur des radikalen Wandels zum Besseren hypostasiert wird. Dieses Konzept der "guten Gesellschaft" favorisiere nicht Verzicht, sondern Teilhabe, Engagement und "empowerment" für ein besseres Klima in der Gesellschaft, wodurch der Klimawandel "ein starting point für einen grundlegenden kulturellen Wandel" wäre, "und zwar einer, in dem die Reduktion von Verschwendung und Gewalt nicht als Verlust gesehen wird, sondern als Gewinn". Welzer nennt das "die dritte Moderne": Die gute Gesellschaft der Zukunft "erzählt eine neue Geschichte über sich selbst". Das ist bestenfalls schöne soziologische Lyrik, ausdrücklich bestimmt für Optimisten, denen mit Heiner Müller ein "Mangel an Information" attestiert wird. Hingegen gesteht der informierte Autor schlussendlich, dass er selbst nicht an den Erfolg der kulturellen Handlungsalternative glaubt; dass sie scheitern wird. Die Sache mit dem Klimawandel werde nicht gut ausgehen.

WERNER LINK

Harald Welzer: Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008. 335 S., 19,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Dieser "düstere" Essay besticht Rezensentin Christiane Grefe vor allem durch seine genauen Recherchen und die Schonungslosigkeit, mit der Harald Welzer künftige und gegenwärtige Krisen und Kriege ausgemalt hat. Aber auch seine Schilderung der sozialen Bedingungen für die gewalttätigen Konflikte und soziale Katastrophen beeindrucken die Rezensentin durch sozialpsychologische Sachkenntnis. Allerdings vermisst sie schmerzlich Vorschläge, diesen fatalen Entwicklungen entgegensteuern zu können, sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf ökologischer Ebene, und fühlt sich bei der Lektüre von der "Schicksalsergebenheit" des Autors zunehmend gelähmt. Seltsam altbacken wirkt auf sie auch, wie der Autor Kultur und Technik als Widersprüche gegeneinander ausspielt. Besonders, weil ihr in der produktiven Kombination von beidem einiges Konfliktlösungspotenzial zu liegen scheint.

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