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Auf seinen Expeditionen nach Kiew, Moskau und Odessa, nach Lemberg, Baku oder Astrachan taucht der in Galizien geborene Schriftsteller und Journalist Joseph Roth in den vielgestaltigen Kosmos des östlichen Europa ein. Seine Berichte und Essays aus den 1920er Jahren sind bewegende Zeugnisse von großer Aktualität! Die Aufmerksamkeit von Joseph Roth gilt den Menschen und ihrer Lebenswirklichkeit in der Sowjetunion, die von einem Nebeneinander an Sprachen, Kulturen und Religionen geprägt ist. Ob im Alltagstrubel auf den Straßen von Leningrad, am Grenzübergang von Niegoreloje oder an Bord eines…mehr

Produktbeschreibung
Auf seinen Expeditionen nach Kiew, Moskau und Odessa, nach Lemberg, Baku oder Astrachan taucht der in Galizien geborene Schriftsteller und Journalist Joseph Roth in den vielgestaltigen Kosmos des östlichen Europa ein. Seine Berichte und Essays aus den 1920er Jahren sind bewegende Zeugnisse von großer Aktualität! Die Aufmerksamkeit von Joseph Roth gilt den Menschen und ihrer Lebenswirklichkeit in der Sowjetunion, die von einem Nebeneinander an Sprachen, Kulturen und Religionen geprägt ist. Ob im Alltagstrubel auf den Straßen von Leningrad, am Grenzübergang von Niegoreloje oder an Bord eines Wolga-Dampfers: Stets bestechen Roths Schilderungen durch fundierte Recherchen und seinen besonderen Stil. Dabei entwirft er spannungsreiche Bilder gesellschaftlicher Realitäten zwischen den gegensätzlichen Polen von Staat und Kirche, Diktatur und Pressefreiheit, Armut und Reichtum. Und zeigt damit gleichzeitig, wie er, der heimatlos Gewordene, sich reisend, schreibend und kritisch sondierend ein Stück Heimat zurückerobert.
Autorenporträt
Joseph Roth, geboren 1894 in Brody, Ostgalizien, gestorben 1939 im Pariser Exil, wurde mit den Romanen "Hiob" (1930) und "Radetzkymarsch" (1932) zu einem Klassiker der Weltliteratur des 20. Jahrhunderts.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.02.2015

Arm, zerschnitten und schön
In den Zwanzigerjahren reiste Joseph Roth nach Lemberg, Kiew, Moskau, Odessa, Astrachan.
In seinen Reportagen machte er den Lesern nichts vor
VON TIM NESHITOV
Es sei eine große Vermessenheit, Städte beschreiben zu wollen, schrieb Joseph Roth, als er 1924 für die Frankfurter Zeitung Lemberg schilderte. „Städte haben viele Gesichter, viele Launen, tausend Richtungen, bunte Ziele, düstere Geheimnisse, heitere Geheimnisse.“
  Joseph Roth war, neben seinem schriftstellerischen Genie, ein sehr guter Journalist, denn er machte seinen Lesern nichts vor. Man kann, wenn man ehrlich ist, keine Stadt beschreiben. Man kann auch keinen Menschen porträtieren, mit all seinen Geheimnissen. Joseph Roth, geboren im heute ukrainischen Brody nahe Lemberg, bereiste in den Zwanzigerjahren für die Neue Berliner Zeitung und die Frankfurter Zeitung Osteuropa und verfasste dabei Reportagen, die man bis heute mit Bereicherung liest, weil sie nicht nur sprachlich brillant, sondern vor allem ehrlich sind.
  Roth sagt nicht: Ich erkläre Ihnen Russland in all seiner sowjetischen, postrevolutionären Wirklichkeit und wie sich diese neue Wirklichkeit auf die Nachbarländer Polen und die Ukraine auswirkt. Roth schreibt zum Beispiel über Lemberg, das zu der Zeit polnisch war: „Es gibt Städte, in denen es nach Sauerkraut riecht. Dagegen hilft kein Barock.“
  Über Leningrad, das heutige Sankt Petersburg, das Roth im Winter 1926 besuchte, schreibt er (es geht um den riesigen Platz vor dem Winterpalast): „Menschen, die ihn überqueren, sehen winzig aus, wie verkleidete Streichhölzer. Rings eingeschlossen, nur durch schmale Auswege mit der Stadt verbunden, ist er wie deren Abkehr, eine Form ihrer Entrücktheit. Der Zar war winzig diesem Platz gegenüber, ein kleiner Gefangener. Wie furchtsam wird ein Herrscher, wenn ihn ein Platz, groß, weiß und schweigsam, belagert! Wer nicht groß genug ist zu regieren, wird hier, vor lauter Weite, ein Tyrann.“
  Nein, man sollte diese Feststellung nicht auf Wladimir Putin beziehen. Putin regiert von Moskau aus, nicht von Sankt Petersburg. Es ist gut, dass Joseph Roth, der seine journalistischen Schreibblockaden hatte, überhaupt auf diese langen Reportagereisen geschickt wurde. Dass ihn ukrainische Dörfer herzlich berührten („Immer noch liegen sie da wie Kindheitsträume der Welt“), dass ihn Astrachaner Fliegen plagten („Sie haben keine Nerven, die Fliegen von Astrachan, sie haben die Ruhe großer Säugetiere“), dass ihn Moskauer Journalisten gleichzeitig plagten und berührten. Die Kollegen wollten den Gast aus dem Westen interviewen – mit folgendem Ergebnis: „Sie brachten dem staunenden Russland die Kunde, dass ein Herr Joseph Roth angekommen sei.“
  Roth hatte sich diese Reisen mit Mühe ausbedingen müssen. Fast zwei Monate nach Ankunft in der Sowjetunion teilte er der Redaktion in Frankfurt mit, er habe noch nichts schreiben können: „Wenn man auf einen anderen Stern käme, könnte es nicht fremder und merkwürdiger sein.“ Doch dann lieferte er. Es ist eine gute Idee vom Verlag C.H. Beck, eine Auswahl dieser Reportagen jetzt herauszubringen, in einer Zeit, in der sich mal wieder eine Kluft zwischen Ost und West aufgetan hat.
  Die Geschichte wiederholt sich, und zwar um so öfter desto öfter man genauer hinguckt. Roth schaut sehr genau hin, ob es um hartnäckige südrussische Fliegen geht oder um geopolitische Zusammenhänge: „Als der Zar noch regierte und keine Ukrainer, sondern nur ,Klein-Russen‘ kennen wollte, neigten Teile der österreichischen Ukrainer zum Zarentum, zum orthodoxen Glauben und zum Russentum. Heute, da die Sowjets regieren und die ukrainische Nation anerkennen, neigen Teile der polnischen Ukrainer zum Kommunismus.“
  Solche Beobachtungen lassen den Begriff „Neurussland“, der die Existenz der ukrainischen Nation mal wieder abstreitet und derzeit die Moskauer Außenpolitik prägt, als eine freche, selektive Fantasie erscheinen.
  Joseph Roth wird manchmal selber frech, auf seine Art. Er stellt sich dann auf den Sockel einer westlichen Zivilisation, die er sonst samt ihrem Firnis durchschaut hat wie wenige seiner Zeitgenossen, und sagt über das ganze ukrainische Volk: „Es ist unwissend, arm, zerschnitten und schön.“
  In Russland erlebte Joseph Roth die Zeit der Großen Täuschung, die dem Großen Terror vorausging. Es waren die Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs, zwischen Lenins Tod und Stalins Machtkonsolidierung, in denen vorübergehend kapitalistischer Handel zugelassen war und moderne englische Autobusse fuhren („leichter und gediegener als die Berliner und Pariser“). Die meisten Gulag-Lager waren noch nicht entstanden, das russische Dorf war noch von Kollektivierung und Hungerpolitik verschont geblieben, Priester und Intellektuelle wurden noch nicht reihenweise an die Wand gestellt.
  Roth schwärmte von einem „schönen Schauspiel“ auf dem Lande, darüber, „wie aus Knechten Menschen werden“. Er behauptete: „In Sowjetrussland wird die Kirche nicht verfolgt.“ Er sagte Russland sogar eine geistige Entwicklung voraus, die der amerikanischen ähneln würde: „Die frische, ahnungslose, gymnastisch-hygienische rationale Geistigkeit Amerikas – ohne die Hypokrisie der protestantischen Sektiererei: aber dafür mit der Scheuklappenfrömmigkeit des strengen Kommunismus.“
  Roth ließ sich täuschen. Und er, der durchaus mit der Idee des Kommunismus sympathisiert und mit „Der rote Joseph“ unterschrieben hatte, ließ sich auch enttäuschen – von der sowjetischen Geschlechtsmoral, vom sterilen Atheismus, von Zensur in den Zeitungen, von der „frischen, rotbackigen Banalität“.
  Es ergreife ihn, schrieb er, „ein Heimweh nach unserem Leichtsinn und unserer Verwerflichkeit, eine Sehnsucht nach dem Aroma der Zivilisation, ein süßer Schmerz um unsere wissenschaftlich schon ausgemachte Dekadenz“.
Er schwärmte davon, wie „aus
Knechten Menschen werden“
„Es gibt Städte, in denen es nach Sauerkraut riecht. Dagegen hilft kein Barock.“ – So Joseph Roth über das damals polnische Lemberg.
Foto: imago/Arkivi
  
  
Joseph Roth: Reisen in die Ukraine und nach Russland. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Jan Bürger. Verlag
C.H. Beck (textura), München 2015, 136 Seiten, 14,95 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

In Joseph Roths aus 17 Lieferungen bestehender Reportage von seiner 1926 unternommenen Reise durch die junge Sowjetunion entdeckt Lennart Laberenz vor allem die Geschichte einer enttäuschten Liebe: Sehr sinnlich und mit enormer Neugier beobachtet Roth jedenfalls das bäuerliche Leben und ist sichtbar neugierig, das große soziale Experiment, das die UdSSR in seinen Augen anfangs noch darstellt, aus nächster Nähe zu beobachten. Das Landleben schildert er dabei als "rotwangiges Idyll", in das der Fortschritt Einzug hält, doch je mehr er sich dem sowjetischen Apparat annähert, desto ernüchterter wird der Blick des Reporters, führt Laberenz aus: Buchstabengelehrte Theorie und graumäusige Verstocktheit geißeln hier Praxis und Alltag, "der Geruch des Banalen" herrsche vor, stellt Roth zu seinem Entsetzen fest. Die Frage, ob man die Reportage auch im Lichte gegenwärtiger Ereignisse in Putins Russland lesen könne, will der Rezensent indes nicht entschieden beantworten: Roth zu lesen lohne schließlich immer.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.07.2015

Wider den wohlfeilen und faulen Witz des zivilisierten Hochmuts
Nicht nur Russland, auch die Ukraine hat er treffend beschrieben: Ein neuer Blick auf den Osteuropa-Reisenden Joseph Roth

Zu Joseph Roths umfangreichem journalistischem Werk gehören auch seine glänzend geschriebenen Reportagen aus Osteuropa, in denen sich scharfsinnige Beobachtungen mit Sprachkunst und Weitblick vereinigen. Seine im Herbst 1926 für die "Frankfurter Zeitung" verfassten Reiseberichte aus Russland nehmen hier eine besondere Stellung ein, weil sie je nach politischer Großwetterlage aktuell erscheinen und deshalb auch immer wieder neu verlegt werden. 1995, nur wenige Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, veröffentlichte Roths langjähriger Stammverlag Kiepenheuer & Witsch die umfangreiche Auswahl "Reise nach Russland. Feuilletons, Reportagen, Tagebuchnotizen 1920-1930". Herausgegeben wurde sie von Klaus Westermann, der dort wenige Jahre zuvor Roths journalistisches Gesamtwerk veröffentlicht hatte.

Noch siebzig Jahre nach ihrem Entstehen konnte man in Roths analytischen wie unterhaltsamen Schilderungen aus dem nicht mehr leninistischen und noch nicht stalinistischen nachrevolutionären Russland manche Parallele zur Lage des Landes zwischen Postsozialismus und dem sich ankündigenden Autoritarismus entdecken. Die Fixierung im Titel auf Russland stand auch durchaus im Einklang mit dem damaligen deutschen Osteuropa-Bild und ließ unberücksichtigt, dass die Textsammlung auch das eine oder andere Stück mit ukrainischem Bezug enthielt. Die jetzt von Jan Bürger für den C. H. Beck Verlag getroffene Auswahl der Osteuropa-Reportagen des im ukrainischen Ostgalizien geborenen österreichisch-jüdischen Schriftstellers will diese im Hinblick auf die Ukraine verengte Wahrnehmung korrigieren. Sie trägt den zeitgemäßeren Titel "Joseph Roth. Reisen in die Ukraine und nach Russland".

Die Freude über die begrüßenswerte Ergänzung wird insofern getrübt, als in dieser neuen Edition von den 1924 entstandenen ursprünglich drei Reiseschilderungen aus Galizien - damals polnisches Staatsgebiet, heute Teil der Westukraine - lediglich zwei Aufnahme fanden. Erschien womöglich vor dem Hintergrund des heutigen Geschehens in der Ukraine Roths erste Galizien-Reportage "Leute und Gegend" zu politisch unkorrekt? Zumal sie mit der Feststellung beginnt: "Das Land hat in Westeuropa einen üblen Ruf." Gerade aber Roths anschließende Diagnose dürfte auch heute, wo im Osten wie im Westen innereuropäische Misstöne vernehmbar sind, eine gewisse Gültigkeit haben: "Der wohlfeile und faule Witz des zivilisierten Hochmuts bringt es (Galizien) in eine abgeschmackte Verbindung mit Ungeziefer, Unrat, Unredlichkeit. Aber so treffend einmal die Beobachtung war, dass es im Osten Europas weniger Sauberkeit gebe als im Westen, so banal ist sie heute; und wer sie jetzt noch gebraucht, kennzeichnet weniger die Gegend, die er beschreiben will, als die Originalität, die er nicht besitzt."

Entschädigt wird der Leser indes mit einer nicht minder aktuellen Einsicht, zu der der gebürtige Galizier 1928 auf seiner Reise durch Polen in Bezug auf die dortige ukrainische Minderheit gelangte. Die Ukrainer, die seinerzeit als geteiltes Volk unter polnischer und sowjetischer Herrschaft lebten, "verdienten gewiß einen eigenen Staat, wie jedes ihrer Wirtsvölker. Aber sie kommen in den Lehrbüchern, aus denen die Weltaufteiler ihre Kenntnisse beziehen, weniger ausführlich vor als in der Natur - und das ist ihr Verhängnis." Dass knapp ein Jahrzehnt zuvor Berlins "neueste Mode", wie es Roth 1920 in der "Neuen Berliner Zeitung" formulierte, die "Ukrainomanie" war, ist heute längst vergessen. Die Spreemetropole, mokierte er sich dort, "schwelgt in groteskem Operetten-Ukrainertum", und in ihren Kaffeehäusern "tanzen Mädchen den neuesten amerikanischen Jazz und nennen ihn ,ukrainischen Nationaltanz'" - Resultat westeuropäischer Vorurteile und Unwissenheit, die Roth stets zu entlarven bemüht war.

Voraussetzung hierfür war das unablässige Arbeiten an sich selbst und den eigenen Kenntnissen. In Bürgers Nachwort liest man verwundert, dass der Journalist Joseph Roth "im seltensten Fall" zielgerichtet recherchiert habe. Westermann hingegen sprach noch von der "Akribie der Vorbereitung" und attestierte dem Schriftsteller, dass er vor allem für seine Russland-Reportagen besonders viel Material gesammelt und sich intensiv in die Materie eingearbeitet habe. Von diesen versammelt der neue Band zwölf Stück von ursprünglich fast doppelt so vielen - mit Beschreibungen von bestechender Aktualität. So in dem Beitrag "Öffentliche Meinung, Zeitungen, Zensur", der nicht nur die Mechanismen, mit denen die Sowjets Meinungsfreiheit inszenierten, aufzeigt und so an die gegängelte russische Presse von heute denken lässt. Verblüfft liest man hier auch, dass schon die Kommunisten eine Form des Bürgerjournalismus pflegten, um ihren Medien die Aura der "Authentizität" zu verleihen: "In den Fabriken gibt es Arbeiterkorrespondenten, in den Dörfern Dorfkorrespondenten, in den Schulen Schülerkorrespondenten. Der Leser macht gewissermaßen seine Zeitung selbst" - ideologisch gesteuert, versteht sich, und nicht viel anders als die heutigen Propagandatruppen Wladimir Putins, die auf Facebook und anderswo im Netz in der Mission unterwegs sind, der "echten" russischen Volksstimme Geltung zu verschaffen. Dass sie sich dabei nur allzu gern just jener rhetorischen Waffen bedienen, die sich schon bei ihren Altvordern bewährt hatten, überrascht nicht: "Je nach Zeit und Bedürfnis lauten die Losungen: Verachtet die Verräter! Schmarotzer hinaus!"

Wie jede Übergangszeit hatte auch die damalige in Russland ihre Profiteure, die Roth "NEP-Männer" - nach NEP, Lenins dezentralistischer Wirtschaftspolitik - nannte. Diese Handels- und Gewerbetreibenden retteten manche Praktik des Kapitalismus, wie den privaten Geldverleih, in den Sozialismus. Dieser Typ war für den Schriftsteller, anders als für damals vom neuen sozialistischen Russland schwärmende deutsche Kollegen, schlicht "Der auferstandene Bourgeois". Ihm widmete Roth unter ebendiesem Titel ein gesellschaftskritisches Porträt, das, obgleich sich unmittelbar Assoziationen zu heutigen russischen Neureichen ergeben, leider in Bürgers Auswahl fehlt. Immerhin finden sich hier Roths hellsichtige Beobachtungen zum Verhältnis von Staat und Kirche, die sich damals, wie er 1926 noch konstatieren konnte, in einem Zustand des "Waffenstillstands" befanden. Der russische Staat begnüge sich nurmehr, die Religion mit Propaganda zu bekämpfen, beobachtete er und war der Meinung, dass diese viel zu "billig" sei, um wirklich zu wirken, führe sie doch "unglaublich antiquierte ,Beweise'" gegen die Gottesexistenz an. Nicht nur mit seiner Einschätzung der Wirkungslosigkeit dieser antireligiösen Kampagne, die einer der Gründe für Stalins schon wenige Jahre später einsetzenden Vernichtungsterror gegen die russische Geistlichkeit war, hatte Roth richtig gelegen. Auch sein Urteil über die seiner Ansicht nach unterschätzte "Areligiosität des russischen Durchschnitts-Menschen" hat sich in mancherlei Hinsicht als realistisch erwiesen - und wird immer wieder durch russische Meinungsumfragen bestätigt.

JOSEPH CROITORU

Joseph Roth: "Reisen in die Ukraine und nach Russland". Hrsg. von Jan Bürger.

Verlag C. H. Beck, München 2015. 136 S., br., 14,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Liest sich heute mit nochmal anderen Augen. ... Vor allem aber besticht die politische Hellsicht."
DER TAGESSPIEGEL, Peter von Becker

"Man begleitet einen brillanten Schriftsteller auf seiner journalistischen Reise, befruchtet, gepackt und fasziniert von einer schier unglaublichen Erzählkraft."
SZ Newsletter, Heribert Prantl

"Die Berichte sind von höchster sprachlicher Güte und geben Einblicke in das Leben zwischen Polen und Ural."
Kleine Zeitung