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Die drei Autoren nehmen die Herausbildung militärischer Strukturen im Bündnis seit der Übernahme des Oberbefehls durch den ersten SACEUR Eisenhower in den Blick. Dazu wird zunächst die Entwicklung der Bündnisstrategie von einer noch weitgehend konventionellen Verteidigungsplanung bis zu ihrer vollen Nuklearisierung (Christian Greiner) verfolgt. Dem schließt sich ein Beitrag über die Herausbildung der politischen und militärischen Allianzorganisation insgesamt wie ihrer regionalen Kommandobereiche (Heinz Rebhan) an. Schließlich wird - ausgehend von der inneramerikanischen und ausgreifend auf…mehr

Produktbeschreibung
Die drei Autoren nehmen die Herausbildung militärischer Strukturen im Bündnis seit der Übernahme des Oberbefehls durch den ersten SACEUR Eisenhower in den Blick. Dazu wird zunächst die Entwicklung der Bündnisstrategie von einer noch weitgehend konventionellen Verteidigungsplanung bis zu ihrer vollen Nuklearisierung (Christian Greiner) verfolgt. Dem schließt sich ein Beitrag über die Herausbildung der politischen und militärischen Allianzorganisation insgesamt wie ihrer regionalen Kommandobereiche (Heinz Rebhan) an. Schließlich wird - ausgehend von der inneramerikanischen und ausgreifend auf die NATO-Ebene - der Übergang von Atomwaffen aus ziviler in militärische Obhut und die sich entwickelnde Erweiterung nuklearer Einsatzbefugnisse bis auf die militärischen Kommandoebenen (Klaus A. Maier) nachgezeichnet.

Christian Greiner, geboren 1937, ist ehem. Projektleiter im Forschungsbereich "Deutsche Militärgeschichte nach 1945" des MGFA.

Klaus A. Maier, geboren 1940, ist ehem. Leiter des Forschungsbereiches "Deutsche Militärgeschichte nach 1945" des MGFA.

Heinz Rebhan, geboren 1937, ist ehem. wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich "Internationale Militärgeschichte" des MGFA.
Autorenporträt
Christian Greiner, geboren 1937, ist ehem. Projektleiter im Forschungsbereich "Deutsche Militärgeschichte nach 1945" des MGFA.
Klaus A. Maier, geboren 1940, ist ehem. Leiter des Forschungsbereiches "Deutsche Militärgeschichte nach 1945" des MGFA.
Heinz Rebhan, geboren 1937, ist ehem. wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich "Internationale Militärgeschichte" des MGFA.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.08.2004

Die verborgene Dimension
Als amerikanische Truppenkommandeure den Einsatz von Atomwaffen befehlen durften

Christian Greiner/Klaus A. Maier/Heinz Rebhan: Die Nato als Militärallianz. Strategie, Organisation und nukleare Kontrolle im Bündnis 1949 bis 1959. Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes herausgegeben von Bruno Thoß. R. Oldenbourg Verlag, München 2003. 456 Seiten, 39,80 [Euro].

"Unter dieser Logik der Abschreckung war der Wahnsinn zur Methode geworden." Dieser Satz stammt nicht etwa aus einer Publikation, die in den achtziger Jahren von Kritikern des ostwestlichen Rüstungswettlaufs verfaßt worden wäre. Er beschließt vielmehr den jüngsten Band einer vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt herausgegebenen Reihe, die der Frühgeschichte der Nato gewidmet ist. Drei ausgewiesene Autoren untersuchen die Entwicklung des Bündnisses unter militärischen Aspekten.

Christian Greiner befaßt sich mit den Auseinandersetzungen um die Allianzstrategie. Ausgangspunkt war die prekäre Verteidigungslage der europäischen Mitgliedstaaten, die angesichts des bis an die Elbe vorgeschobenen sowjetischen Potentials zwar eindeutige Sicherheitsinteressen, jedoch nicht annähernd die Mittel zu deren Wahrung besaßen. Sie waren daher vollständig auf den Schutz durch die Vereinigten Staaten angewiesen, die sich freilich auf ihre nukleare Überlegenheit stützten und die konventionelle Verteidigung Europas weitgehend den Europäern überlassen wollten. Mit dem atomaren Patt der Supermächte wuchs darüber hinaus die Gefahr regional begrenzter Konflikte, wie schon der Korea-Krieg 1950 bewies. Dem sollte die "Nuklearisierung" der Nato-Strategie entgegenwirken. Doch die Doktrin der "massive retaliation" brachte nicht zuletzt für die Deutschen die Perspektive einer atomaren Verwüstung ihres Territoriums in dem Fall, da die Abschreckung mißlingen würde. Um dem Zwang zum nuklearen Großkrieg zu entgehen, mußte daher die Nato in Europa gleichwohl starke konventionelle Kräfte bereithalten und zugleich abgestufte nukleare Optionen schaffen. Die Ende 1957 beschlossene Dislozierung taktischer Atomwaffen in Europa verursachte eine Europäisierung der Bündnisstrategie, die freilich ihrerseits eine bedenkliche Regionalisierung der westeuropäischen Sicherheit erzeugte.

Zur Umsetzung der strategischen Planungen bedurfte es naturgemäß angemessener Organisationsformen im Bündnis. Die Darstellung von Heinz Rebhan belegt einmal mehr die entscheidende Rolle, die der Korea-Krieg für die westliche Verteidigung spielte. Jetzt erhielt das Verlangen der Westeuropäer nach Integration der transatlantischen und der europäischen Verteidigung die notwendige Schubkraft. Erstes Ergebnis war die Übertragung des Oberbefehls über die europäischen Nato-Streitkräfte an General Dwight D. Eisenhower, der zugleich Kommandeur der amerikanischen Truppen in Europa war. Zur Bereitstellung ausreichender europäischer Verbände wurden 1952 verbindliche Rüstungsziele für jeden Mitgliedstaat festgelegt, deren Einhaltung durch jährliche Prüfungen kontrolliert wurde. Dieses Verfahren konnte freilich nicht verhindern, daß die tatsächliche Gesamtstärke der Bündnistruppen trotz des Aufbaus der westdeutschen Bundeswehr hinter den Zielen zurückblieb. Nur die Ausrüstung mit nuklearen Gefechtsfeldwaffen versprach ein adäquates Gegengewicht gegen die Überzahl der sowjetischen konventionellen Streitkräfte in Europa zu schaffen.

Die Lagerung nuklearer Waffensysteme in Europa hatte jedoch weitreichende Konsequenzen für die Fragen der Aufsicht über diese Waffen und der Modalitäten ihres Einsatzes im Ernstfall. Klaus A. Maiers Beitrag fördert hier wichtige und zum Teil erschreckende Details zutage. Gemäß dem "Atomic Energy Act" von 1946 unterstand das Nuklearpotential der Vereinigten Staaten zunächst vollständig ziviler Kontrolle. Es wurde von der "Atomic Energy Commission" ausschließlich auf amerikanischem Territorium gelagert und konnte nur in Abstimmung zwischen der Kommission und dem Präsidenten eingesetzt werden. Nach und nach - auch hier spielte der Korea-Krieg die Rolle des Katalysators - wurden die Waffen jedoch militärischer Zuständigkeit unterstellt. Seit 1953 gingen sie schrittweise in die Obhut (custody) des amerikanischen Verteidigungsministeriums über und wurden schließlich auch außerhalb der Vereinigten Staaten in einsatznahen Depots in Europa gelagert.

Die in der neuen Nato-Strategie liegende Androhung unverzüglicher massiver Vergeltung schuf einen Zwang zur raschen Verfügbarkeit atomarer Waffen, die Ende der fünfziger Jahre sogar die alleinige Einsatzbefugnis des amerikanischen Präsidenten in Frage stellte. Eine Richtlinie vom Mai 1957 bekräftigte zwar dessen prinzipielles Verfügungsmonopol, erlaubte aber eine "predelegation" an autorisierte Befehlshaber für den Fall, daß die Umstände eine Entscheidung des Präsidenten nicht zuließen. Die im Februar 1959 erlassenen Ausführungsbestimmungen zu dieser Direktive sind im Anhang des Bandes fast vollständig publiziert. Ihre Lektüre weckt selbst noch in der Rückschau Horrorvisionen: Gegebenenfalls hätten sogar nachrangige amerikanische Truppenkommandeure den Einsatz von Atomwaffen befehlen können. Diese Inflationierung der Entscheidungsbefugnis im Ernstfall wurde sogar, wie Klaus A. Maier konstatiert, als zusätzliches Element der Abschreckung verstanden, weil sie den potentiellen Angreifer "mit der Gefahr einer politisch kaum mehr kontrollierbaren, einer ,spasmischen' atomaren Reaktion konfrontierte". Man kann das Fazit des Autors nur teilen: Diese Kalkulation machte in der Tat den Wahnsinn zur Methode!

Für die europäischen Verbündeten bedeuteten die amerikanischen Nuklearplanungen, wie den Verantwortlichen in den Vereinigten Staaten durchaus klar war, nicht nur enorme Risiken, sondern auch tiefe Einschnitte in ihre Souveränität. Das galt natürlich auch für die Bundesrepublik Deutschland. War sich die Bundesregierung der Tragweite dieser Planungen bewußt? Waren sie ihr überhaupt bekannt? Maier verweist auf Hinweise in den Akten des amerikanischen State Department, nach denen Außenminister Heinrich von Brentano Ende 1957 durch seinen amerikanischen Kollegen John Foster Dulles informiert worden sei. Bezeichnenderweise sind die schon vor Jahren edierten amerikanischen Protokolle der Gespräche vom 21. bis zum 24. November 1957 unvollständig publiziert.

Das im Bundesarchiv verwahrte streng geheime Protokoll der deutschen Seite gibt demgegenüber mit aller Klarheit Aufschluß. Auf eine Frage des deutschen Gastes nach der Kontrolle über die Atomwaffen in Europa erklärte der amerikanische Außenminister: Was die amerikanischen Streitkräfte angehe, so sei daran gedacht, den jeweiligen Kommandeur zu ermächtigen, im Falle eines direkten Angriffs auf die ihm unterstellten Streitkräfte zurückzuschießen mit den ihm zur Verfügung stehenden Waffen. Der Kommandeur sei natürlich nicht berechtigt, als Gegenmaßnahme einen Luftangriff auf Moskau durchzuführen. Von dieser Ausnahme abgesehen, liege die Zuständigkeit für den Einsatz dieser Waffen ausschließlich beim Präsidenten. Beruhigt berichtete Brentano per verschlüsseltem Fernschreiben seinem Regierungschef Adenauer: "Die Entscheidung über den Einsatz moderner Waffen liegt im Falle eines Überraschungsangriffs ausschließlich bei den Oberkommandierenden der Nato-Streitkräfte . . . In allen anderen Fällen verbleibt die Entscheidung bei der politischen Gewalt." Die wahre Dimension der amerikanischen Planungen blieb den Deutschen offenkundig verborgen.

DANIEL KOSTHORST

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Höchst aufschlussreich findet Rezensent Daniel Kosthorst diesen im Auftrag des militärgeschichtlichen Forschungsamtes herausgegeben Band zu Strategie und Organisation der Nato in den Jahren 1949 bis 1959. Die hierin zutage geförderten Ergebnisse findet Kosthorst teilweise derartig erschreckend, dass er fast schon geneigt scheint, dem - an linke Protestparolen erinnernden - Resümee zuzustimmen, wonach in der "Logik der Abschreckung" der "Wahnsinn zur Methode" wurde. Wie uns der Rezensent informiert, zeichnet Christian Greiner die generelle Auseinandersetzung um die Allianzstrategie nach, während Heinz Rebhan die Umsetzung der strategischen Planungen schildert. Dicke kommt es Kosthorst zufolge mit Klaus A. Maiers Beitrag, der Kontrolle und Einsatzentscheidungen über die Atomwaffen behandelt. Dass selbst nachrangige Truppenkommandeure entscheidungsbefugt waren, weckt bei Kosthorst noch "in der Rückschau Horrorvisionen", zumal diese unkontrollierbare Inflationierung zur besonders abschreckenden "spasmischen atomaren Reaktion" umdefiniert wurde. Auch dass die damalige Bundesregierung keinerlei Vorstellung davon hatte, lässt den Rezensenten erschaudern.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Mit der vorliegenden Studie werden wichtige und zentrale Themen der deutschen, europäischen und transatlantischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik behandelt. Die Untersuchungen sind umfassend und sorgfältig angelegt und setzen hohe Maßstäbe." Sigurd Hess in: Das Historisch-Politische Buch, 1/2005 "Die neue Zeit und die erweiterte Quellenbasis erlauben es mehr und mehr, über die Anfänge der NATO nachzudenken. Dies bewerkstelligen Christian Greiner, Klaus A. Maier und Heinz Rebhan in hervorragender Weise im vorliegenden Band." Rolf Steininger in: Militärgeschichtliche Zeitschrift, 63/2004