Bettina Greiner, Verdrängter Terror, Hamburger Edition 2010, 524 Seiten, ISBN 978-3-86854-217-2
Aus heutiger Sicht ist es völlig unverständlich, wieso es so lange brauchte, bis eine Studie wie das vorliegende Buch über die sowjetischen Speziallager nach dem Zweiten Weltkrieg in der SBZ und
später in der DDR möglich wurde.
Als das „Neue Deutschland, das Zentralorgan der SED, am 17. Januar…mehrBettina Greiner, Verdrängter Terror, Hamburger Edition 2010, 524 Seiten, ISBN 978-3-86854-217-2
Aus heutiger Sicht ist es völlig unverständlich, wieso es so lange brauchte, bis eine Studie wie das vorliegende Buch über die sowjetischen Speziallager nach dem Zweiten Weltkrieg in der SBZ und später in der DDR möglich wurde.
Als das „Neue Deutschland, das Zentralorgan der SED, am 17. Januar 1950 die Auflösung von Lagern bekannt gab, da wurde ein Fakt erwähnt, den es über 5 Jahre offiziell nicht gab. Die Rede war von insgesamt zehn Speziallagern, die der sowjetische Geheimdienst direkt nach dem Krieg in der SBZ eingerichtet hatte. Insassen waren Nationalsozialisten mit unterschiedlichen „Belastungsgraden“, aber auch Zehntausende von Menschen, denen „konterrevolutionäre“ Verbrechen vorgeworfen wurden. Ohne jegliche Gerichtsverfahren wurden sie jahrelang weggesperrt. Man schätzt ihre Zahl auf über 154 000 Frauen und Männer. Ein Drittel davon starb in der Haft.
Die vorliegende Studie von Bettina Greiner leistet dreierlei. Zunächst zeigt sie überzeugend auf, warum diese Lager nicht der Entnazifizierung dienten, wie offiziell und danach noch lange in der Geschichtsschreibung behauptet wurde. Es ging um Herrschaftssicherung und um die gnadenlose Ausschaltung derjenigen, die im Verdacht standen, mit dem Feind, also den westlichen Besatzungsmächten im Bund zu stehen.
Zum zweiten hat sie nach der Auswertung wichtiger Dokumente und Berichte aus der Lagerhaft den Versuch unternommen, das Leben, die Gewalt und den Alltag in den Lagern zu beschreiben. Ein Leben, das geprägt war von Hunger und Untätigkeit, aber auch von zum Teil heftig ausgetragenen Konflikten.
Das Buch wäre unvollständig ohne den dritten Teil, in dem die Autorin der Frage nachgeht, wie es sein kann, dass den Tausenden von Opfern stalinistischer Verfolgung und Terrors bis heute die gesellschaftliche Anerkennung versagt bleibt.
Sie kommt zu dem Schluss, dass diese Lager regelrechte Konzentrationslager waren und sie sieht keinen Grund, ihre Insassen als das zu bezeichnen, was sie waren: „Politische Häftlinge von Stalins Gnaden.“
Eine wichtige Studie, die einen bisher blinden Fleck ausfüllt in der Aufarbeitung der Geschichte der DDR. Vgl. hierzu auch jüngst: Annette Simon, „Bleiben will ich, wo ich nie gewesne bin, Psychosozial Verlag 2010