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Fünf Jugendliche nähern sich den Weltreligionen
Weder Shannon noch Simon, weder Kalpana, Tarik oder Schoscha wissen mit der Religion ihrer Familie viel anzufangen. Doch dann begegnet ihnen der Glaube in Gestalt eines Menschen, der sich einfach nicht abschütteln lässt. Shannon erlebt den Tod gemeinsam mit ihrer Tante, einer „waschechten Zen-Nonne”; Simon schlägt einen Jungen zusammen und spürt plötzlich in einer Kirche, dass er seine Wut auf die Welt ablegen muss; Kalpana trifft in Neu-Delhi den Heiligen Swamisuta; Tarik gewinnt während der Krankheit seiner Mutter einen neuen Blick auf den Islam, und Schoscha begeistert sich nach mehreren Emails ihres Vaters für die drei Säulen, auf denen das Judentum ruht.
Die Helden der fünf durchweg spannend erzählten „Erlebnisse mit den Weltreligionen” in dem von Katharina Ebinger herausgegebenen Band Mensch sucht Sinn, sind Mädchen und Jungen im Alter von 12 bis 15 Jahren. Schoscha, die eigentlich Schoschana, also Susanne heißt, entwickelt als einzige von sich aus ein religiöses Interesse. Sie ist unendlich neugierig, und das Judentum, wie es die Autorin Judith N. Klein vorstellt, ist vor allem die Kunst des richtigen Fragens. Schoscha kam mit ihrer Mutter aus der Ukraine nach Deutschland, während der Vater es vorzog, in Israel neu anzufangen. Während ihrer Vorbereitung auf die Bat-Mitzwa erfährt sie, warum fromme Juden am Sabbat kein Streichholz anzünden: „Für einen Tag soll die Harmonie zwischen Mensch und Natur wiederhergestellt werden.” Schoscha gefällt diese Antwort ebenso gut wie der Grundsatz, den Tariks frommer Bruder, eigentlich „ein regelrechter Kotzbrocken”, gerne zitiert: „eine Mutter hat an den ersten drei Stellen der Zuneigung zu stehen.” Dieser Bruder ist es, dessen Wandel vom „selbst ernannten Heiligen” zum nachsichtigen Kumpel bei Tarik dazu führt, dass sein Desinteresse am Islam aufbricht. Ghazi Abdel-Qadir schrieb die hoffnungsfrohe Geschichte eines reformierbaren Islams, der den Kontakt mit dem Christentum nicht scheut. Auch die Säulen des Judentums - Erinnerung, heilige Schriften, Gott selbst - erscheinen anschlussfähig an den Euro-Islam, zu dem Tariks Bruder sich durchringt.
Der dritten monotheistischen Religion ist die stilistisch einfallsreichste Geschichte gewidmet. Hanna Jansen lässt den dicken Simon, der auf den lieblosen Illustrationen seltsamerweise zum Magersüchtigen mutiert, in einer Kirche stranden. Simon ist ein schwer erziehbares Heimkind, das grundsätzlich auf alles und auch auf sich selbst wütend ist. Er schläft unter Brücken oder im Don-Bosco-Haus für obdachlose Jugendliche. Nachdem er einen Jungen zusammengeschlagen hat, flüchtet er in eine Kirche. Er blättert in einem Gesangbuch, liest von Jesus, der den Menschen „mit meinem Blut das Leben” wiedergeben will, denkt an das Blut des Jungen, schaut auf ein Kruzifix und erkennt plötzlich im „Gesicht unter der Dornenkrone” denselben fragenden Blick, den sein blutendes Opfer gerade eben an ihn, an Simon gerichtet hatte. Simon weiß, was zu tun ist. Er wird sich bei dem blutenden Jungen entschuldigen. „Es war, als ob jemand einen schweren Brocken aus ihm rausgeholt hätte.”
Die klassische Bekehrungsgeschichte kehrt wieder als stakkatohaft dargebotene erlebte Rede, die uns Simons Seele aufschließt. Über das Christentum teilt Hanna Jansen leider deutlich weniger mit als Vanamali Gunturu über den Hinduismus des Heiligen Swamisuta oder Sybil Rosen über den Buddhismus einer amerikanischen Zen-Nonne. Es sind subjektive Geschichten, keine Einführungen ins religiöse Weltwissen. Trotz des manchmal nachlässigen Lektorats empfehlenswert. (ab 14 Jahre)
ALEXANDER KISSLER
KATHARINA EBINGER (Hrsg.): Mensch sucht Sinn. Gabriel Verlag 2004. 174 Seiten, 12,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
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