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Störrisch, dumm und eigensinnig - die Eigenschaften, die dem Esel zugeschrieben werden, sind wenig schmeichelhaft. Und doch spielt kaum ein Tier in der Kulturgeschichte eine so bedeutende Rolle wie der Esel: Er steht für die geschundene Kreatur; auf ihm reitend zog Jesus in Jerusalem ein; Buridans Esel wurde zum philosophischen Paradigma, weil er vor zwei Heuhaufen verhungerte, zwischen denen er sich nicht entscheiden konnte. Jutta Person erzählt die erstaunlich reiche Geschichte dieses Lastentiers, betreibt eine Charakterologie des Esels, trifft seine Züchter und stellt domestizierte und…mehr

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Produktbeschreibung
Störrisch, dumm und eigensinnig - die Eigenschaften, die dem Esel zugeschrieben werden, sind wenig schmeichelhaft. Und doch spielt kaum ein Tier in der Kulturgeschichte eine so bedeutende Rolle wie der Esel: Er steht für die geschundene Kreatur; auf ihm reitend zog Jesus in Jerusalem ein; Buridans Esel wurde zum philosophischen Paradigma, weil er vor zwei Heuhaufen verhungerte, zwischen denen er sich nicht entscheiden konnte. Jutta Person erzählt die erstaunlich reiche Geschichte dieses Lastentiers, betreibt eine Charakterologie des Esels, trifft seine Züchter und stellt domestizierte und wilde Eselarten sowie das Maultier vor. Nicht zuletzt zeigt sie, wie klug dieses vermeintlich dumme Tier mit den schönen Augen ist - und wie viel wir von ihm lernen können.
Autorenporträt
Jutta Person ist Journalistin und Literaturwissenschaftlerin. Sie wurde 1971 in Südbaden geboren und lebt in Berlin. Sie studierte Germanistik, Italianistik und Philosophie in Köln und Italien und promovierte mit einer Arbeit zur Geschichte der Physiognomik im 19. Jahrhundert. Sie schreibt für die Süddeutsche Zeitung, für Literaturen, Die Zeit und das Philosophie Magazin. Von 2004 bis 2007 war sie Redakteurin bei Literaturen, seit Oktober 2011 betreut sie das Ressort Bücher beim Philosophie Magazin. 2012 war sie Mitglied in der Jury des Deutschen Buchpreises. Judith Schalansky, 1980 in Greifswald geboren, studierte Kunstgeschichte und Kommunikationsdesign und lebt als freie Schriftstellerin und Buchgestalterin in Berlin. Sowohl ihr Atlas der abgelegenen Inseln als auch ihr Bildungsroman Der Hals der Giraffe wurden von der Stiftung Buchkunst zum »Schönsten deutschen Buch« gekürt. Für ihr Verzeichnis einiger Verluste erhielt sie 2018 den Wilhelm-Raabe-Preis. Seit dem Frühjahr 2013 gibt sie die Reihe Naturkunden heraus. Falk Nordmann, Zeichner und Illustrator, lebt und arbeitet in Berlin. Ab 2007 Umschlaggestaltungen und Autorenportraits, seit 2013 Tierillustrationen der Reihe Naturkunden für Matthes & Seitz Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.12.2013

Man sollte sich bei diesem Tier nicht stur stellen

An der Krippe rührt er uns an, aus der Literatur ist er nicht wegzudenken, und auch die Philosophie ging an ihm nicht vorbei: Jutta Person hat dem Esel ein sehr einnehmendes Porträt gewidmet.

Auf einem Esel zog Jesus in Jerusalem ein. Damit das Prophetenwort erfüllt werde, wie die Evangelisten gleich anfügen, dass der König friedfertig und auf einem Esel reitend zur Tochter Zions komme. Bei Matthäus sind es sogar, wegen eines Übersetzungsfehlers, eine Eselin mitsamt ihrem Fohlen. Aber man muss den Verweis auf das Alte Testament natürlich gar nicht im Kopf haben, um das Jesuanische an der Wahl des Esels zu verstehen, dass er hier also für Demut, Duldsamkeit und Langmut einstehen kann. Seine Assistenz in der Heilsgeschichte hat dem Esel denn auch, Naturgeschichten hielten es lange fest, eine symbolische Auszeichnung eingebracht: seinen schwarzen Aalstrich auf Kruppe und Schultern in der Form des Kreuzes.

So selbstverständlich aber die physiognomischen Qualitäten des christianisierten Esels anmuten, sie bilden nur eine, wenn auch wichtige Traditionslinie in der gemeinsamen westlichen Kultur- und Naturgeschichte von Mensch und Esel. Dass er vieles über sich ergehen lässt, ohne zum Gegenangriff überzugehen, überaus ausdauernd ist, manchmal auch alle Ausdauer seiner menschlichen Antreiber durch schiere Bewegungverweigerung überbietet, das war als Ensemble von Eigenschaften schon in der Antike verfügbar. Hinzu kam noch ein Charakterzug, der bereits deutlich ins Register der ausgestaltenden Imagination überging, nämlich sexuelle Potenz.

Aus diesem Grundbestand ließ sich einiges machen, Literatur und Kunst, Philosophie und Theologie und Populärkultur führen es vor, und immer noch geläufige Alltagswendungen, in denen der Esel zum fast schon wieder freundlichen Vergleich herangezogen wird, natürlich auch ein wenig. Wer diese Terrains nach allen Varianten von Eseln abgrasen würde, käme auf ein stattliches Kompendium.

Ein solches aber hat die Berliner Kulturwissenschaftlerin und Literaturkritikerin Jutta Person glücklicherweise nicht verfasst, sondern einen eleganten schmalen Essay, der mit Grundzügen der Eseltypologie bekanntmacht. Und das nicht etwa trocken resümierend, sondern überaus lebendig und nahe an den gewählten Beispielen: an den Texten und auch den Bildern, von denen eine hübsche Auswahl in das Bändchen aufgenommen wurde in diesen fünften Titel der von Judith Schalansky herausgegebenen Reihe der "Naturkunden", einschließlich einer kleinen Porträtgalerie von Eselarten und insbesondere Zuchtrassen und Hybriden, die als kulturhistorische Besonderheiten hervorstechen. Und ein Ausflug zu Eselherden auf der Schwäbischen Alb fehlt auch nicht, damit nicht nur die typologisch schon verarbeiteten Esel ihren Auftritt haben.

Um den dummen, begriffsstutzigen Esel ist natürlich nicht herumzukommen. Aber wie schon der christianisierte Esel zeigt, dem nebenher seine sexuellen Eskapaden ausgetrieben wurden, ließ sich das ganz verschieden akzentuieren. Ein Auslegungspfad führt zur frommen Einfalt und zu den Heiligen, die als rechte Esel gezeichnet wurden und durch alle theologischen Examen rasselten, doch ebendas Entscheidende lebten. Die vermeintliche Dummheit ließ sich auch philosophisch wenden, dann wurde aus dem dämlichen im Handumdrehen ein nachgerade sokratischer Esel, der um sein Nichtwissen wusste. So wie auch der hypothetische Esel, der zwischen den ebenfalls hypothetischen absolut gleichen Heuhaufen verhungert, kein hoffnungsloser Fall bleiben musste. Aus diesem Zaudern konnte man etwa die skeptische Tugend entwickeln, das notorisch unsichere Urteilen über die Welt durch Austarieren gleich guter, bloß entgegengesetzt ausfallender Begründungen zu unterlaufen. Mit einem Lob des Esels ließ sich also auf prominenten philosophisch-theologischen Debattenfeldern gut operieren.

Literarisch war für das Auskommen des Esels seit der Antike ohnehin gut gesorgt. Jutta Person zupft sich umsichtig einige Eselgeschichten aus dieser Karriere für ihre Porträt heraus. Sie vergisst aber auch nicht, die naturgeschichtliche Tradition über die Tierbücher der frühen Neuzeit bis hinauf zu Brehms Tierleben auf die moralische Physiognomik der Langohren abzuklopfen. Und sie geht nicht am Grafen Buffon vorbei, in dessen großer "Naturgeschichte" es immerhin der Esel war, der diesen wirkmächtigen Autor zu Spekulationen über die Veränderlichkeit der Arten verführte.

Es war dies übrigens auch ein kleiner Sieg über das Pferd, den dauernden Konkurrenten. Die Autorin lässt freilich gar keinen Zweifel aufkommen, wem sie den Vorzug gibt von den beiden: dem sanftmütig-eigensinnigen und vielleicht auf seine Weise sogar recht gewitzten Langohr. Wer das gleich versteht, sollte zu ihrem Buch greifen; und wer noch zweifelt, erst recht.

HELMUT MAYER

Jutta Person: "Esel". Ein Portrait.

Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2013. 147 S., Abb., geb.,18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Esel oder Pferd? Für Helmut Mayer wie auch für die Autorin Jutta Person gar keine Frage. Langohr vor, meint Person und bietet Mayer mit diesem in Judith Schalanskys "Naturkunden" erscheinenden Essay einen lebendig geschriebenen Über- und Einblick in Eselarten und ihre kulturhistorische Besonderheiten. Vor allem aber weiß die Autorin eseltypologisch so einiges zu berichten, über sexuelle Potenz und Langmut etwa, wie Mayer erklärt, dem die Auswahl aus den vielen Eselsgeschichten, ob biblisch oder profan, die Person trifft, gut gefällt, und der auch die naturgeschichtliche Seite der Person'schen Erzählung von früher Neuzeit bis Brehms Tierleben zu schätzen weiß.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Esel: alles über dieses verkannte Wesen, unterhaltsam und klug erzählt - iaaah!« Alexander Cammann, DIE ZEIT