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Drei Jahre lang hat Ben Ehrenreich palästinensische Familien im Westjordanland begleitet. Er hat ihre Sorgen geteilt, er hat ihre Wut erlebt, er hat mit ihnen gelacht. Und er gibt ihrer Erfahrung eine Stimme. Seine in ihrer Dringlichkeit und literarischen Kraft überwältigende Reportage erzählt von Menschen, die versuchen, in einer Atmosphäre ständig drohender Gewalt ihren Überlebenswillen zu bewahren: durch Stoizismus, durch aktiven Widerstand, durch geradezu aufsässige Lebensfreude. Gerade weil Ehrenreich auf neutrale Distanz verzichtet und Zeugnis ablegen will, bringt er uns…mehr

Produktbeschreibung
Drei Jahre lang hat Ben Ehrenreich palästinensische Familien im Westjordanland begleitet. Er hat ihre Sorgen geteilt, er hat ihre Wut erlebt, er hat mit ihnen gelacht. Und er gibt ihrer Erfahrung eine Stimme. Seine in ihrer Dringlichkeit und literarischen Kraft überwältigende Reportage erzählt von Menschen, die versuchen, in einer Atmosphäre ständig drohender Gewalt ihren Überlebenswillen zu bewahren: durch Stoizismus, durch aktiven Widerstand, durch geradezu aufsässige Lebensfreude. Gerade weil Ehrenreich auf neutrale Distanz verzichtet und Zeugnis ablegen will, bringt er uns palästinensisches Leben auf eine Weise nahe, wie es im Stimmengewirr des scheinbar ausweglosen Konflikts kaum mehr erfahrbar ist.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.05.2017

Notizen vom Widerstand
Ben Ehrenreichs Reportagen aus dem Westjordanland
Das voluminöse Werk „Der Weg zur Quelle“ beginnt mit einer Übersicht über die Menschen, die der US-Autor Ben Ehrenreich in seinem Buch porträtiert. Fünf Seiten „Dramatis Personae“, damit die Leser wie in einer griechischen Tragödie den Überblick behalten können. Auch der Untertitel „Leben und Tod in Palästina“ klingt nicht nach einem x-beliebigen Sachbuch über die Lage im Nahen Osten.
Und in der Tat, was Ehrenreich unternimmt, ist eine außergewöhnliche Reise ins Herz der palästinensischen Gesellschaft. Was mit Reisereportagen für Harper’s und die New York Times begann, wurde für den Autor, Verfasser zweier Romane, zu einem persönlichen, intimen Unternehmen. Wo andere bemüht sind, Ausgeglichenheit und Abstand zu demonstrieren, um bloß nicht zwischen die Fronten des Nahostkonflikts zu geraten, verleugnet Ehrenreich seine Empathie nicht. Warum auch? Über einen Zeitraum von drei Jahren recherchierte er im Westjordanland. In intensiven Begegnungen entsteht Vertrauen und Verständnis. „Das Bestehen auf Objektivität ist immer gegen jemand gerichtet“, paraphrasiert er Frantz Fanon: Gerade im asymmetrischen Nahostkonflikt bringt das in der Berichterstattung mechanisch eingeübte „einerseits, andererseits“ oft keinen Erkenntnisgewinn.
Anders als die sporadischen journalistischen Besucher erlebt Ehrenreich minutiös die Einschränkungen und Erniedrigungen mit, denen Palästinenser täglich unter israelischer Besatzung ausgesetzt sind. Sie als Opfer darzustellen, liegt ihm fern. Es ist kein Versuch, die „Palästinenser zu erklären“ oder sie „menschlicher zu machen“, sagt Ehrenreich. „Und ganz sicher kein Versuch, für sie zu sprechen. Sie sind bestens in der Lage, sich selbst zu erklären – wenn man ihnen zuhört.“ Ehrenreich hat viel zugehört und viel aufgeschrieben.
Die meiste Zeit verbringt er in Nabi Saleh. Seit 1978 liegt unterhalb der auf einem Hügel gelegenen palästinensischen Gemeinde der Ort Halamish, in dem mittlerweile mehr als 1200 jüdische Siedler leben. Die bewaffneten Siedler, beschützt vom israelischen Militär, haben palästinensisches Ackerland und die Dorfquelle besetzt und von Nabi Saleh abgeschnitten. Dagegen richten sich seit 2009 die wöchentlichen Freitagsdemonstrationen. Längst sind sie zu einem zentralen symbolischen Protest gegen die israelische Besatzung geworden. Seitdem wurden Hunderte Dorfbewohner verletzt, einige getötet. Auch an anderen Orten verbringt Ehrenreich viel Zeit: in der Altstadt von Hebron, die von gewaltbereiten Siedlern terrorisiert wird, oder der entlegenen Beduinengemeinde Umm al-Khair, deren karge Behausungen immer wieder von der israelischen Armee zerstört werden, weil das Land von Siedlern enteignet wurde. Detailgenau berichtet er über die intensiven Begegnungen mit Menschen, die im „Kuriositätenkabinett der Besatzung“ einer oft grotesken Willkür ausgesetzt sind.
„Das Ausmaß und die schreckliche Klarheit der Ungerechtigkeit“ ist sein Antrieb, sagt Ehrenreich. Dabei spricht nicht nur Aufrichtigkeit, sondern große Poesie, Humor und ein unermessliches Erzähltalent aus seinem Buch, das kein Reisebericht, sondern ein Lebensbericht ist. Seine Beschreibungen enden mit dem 40 Tage dauernden israelischen Angriff auf den Gazastreifen. Ein Ende der Gewalt ist nicht in Sicht. Dennoch sieht er seine Reportage über „Widerstand und über Menschen, die Widerstand leisten“ als optimistische Erzählung. Sein Buch gehört zu den bisher unmittelbarsten Annäherungen an den palästinensischen Alltag unter Besatzung.
RENÉ WILDANGEL
René Wildangel ist Historiker und schreibt unter anderem zum Schwerpunkt Naher / Mittlerer Osten.
Ben Ehrenreich:
Der Weg zur Quelle. Leben und Tod in Palästina. Aus dem Amerikanischen von Britt Somann-Jung.
Hanser-Verlag Berlin 2017, 480 Seiten, 25 Euro.
E-Book: 18,99 Euro.
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