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Leicht und doch mit chaplineskem Ernst erzählt Karasek, wie Männer versuchen, zu lieben und zu flüchten, zu erobern und zu vergessen. Der »publizistische Turbokarpfen im Teich der grauen Hechte« (Gerhard Stadelmaier) berichtet von glücklichen und schmerzlichen Selbstversuchen und von Ausflügen in das unbekannte Land der Frauen.
Die Beziehung zwischen Männern und Frauen - ein Wechselbad zwischen Liebe und Verlieren, Leidenschaft und Erkalten. Das Dilemma: Die Leidenschaft kennt keine Treue und verspricht keine Dauer. Ehe und Familie dagegen basieren auf der versprochenen Treue und der
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Produktbeschreibung
Leicht und doch mit chaplineskem Ernst erzählt Karasek, wie Männer versuchen, zu lieben und zu flüchten, zu erobern und zu vergessen. Der »publizistische Turbokarpfen im Teich der grauen Hechte« (Gerhard Stadelmaier) berichtet von glücklichen und schmerzlichen Selbstversuchen und von Ausflügen in das unbekannte Land der Frauen.

Die Beziehung zwischen Männern und Frauen - ein Wechselbad zwischen Liebe und Verlieren, Leidenschaft und Erkalten. Das Dilemma: Die Leidenschaft kennt keine Treue und verspricht keine Dauer. Ehe und Familie dagegen basieren auf der versprochenen Treue und der garantierten Dauer. Nestflüchter und Nestwärmer, das sind Mann und Frau. Und die Treue ist keine Frage der Moral, sondern der Bequemlichkeit, der Feigheit und des Mangels an Gelegenheiten. Eine Geschichte in Geschichten aus fünfzig Jahren Geschlechterkampf.
Autorenporträt
Karasek, HellmuthHellmuth Karasek, Journalist und Schriftsteller, leitete über zwanzig Jahre lang das Kulturressort des Spiegel, war Mitherausgeber des Berliner Tagesspiegel und schrieb u.a. für Die Welt und Die Welt am Sonntag. Er veröffentlichte u.a. Billy Wilder. Eine Nahaufnahme (1992), Mein Kino (1994), ein Buch über seine Lieblingsfilme, Go West! (1996), eine Biographie der fünfziger Jahre, die Romane Das Magazin (1998) und Betrug (2001), Karambolagen. Begegnungen mit Zeitgenossen (2002), seine Erinnerungen Auf der Flucht (2004), den Bestsellererfolg Süßer Vogel Jugend oder Der Abend wirft längere Schatten (2006), Ihr tausendfaches Weh und Ach. Was Männer von Frauen wollen (2009) sowie die Glossenbände Vom Küssen der Kröten (2008), Im Paradies gibt s keine roten Ampeln (2011), Auf Reisen. Wie ich mir Deutschland erlesen habe (2013) und Frauen sind auch nur Männer (2013). Hellmuth Karasek starb am 29. September 2015 im Alter von 81 Jahren.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.11.2009

Herren der Erschöpfung
Hellmuth Karasek hat seine erotischen Memoiren geschrieben
Das Titelblatt dieses Buchs könnte den Leser zum Fehlkauf verleiten: „Ihr tausendfaches Weh und Ach. Was Männer von Frauen wollen”, dazu eine rote Grundfarbe, die sich von Campari und Mon Chéri herschreibt, und ein schon gesetzteres Paar, das sich umschlungen dem juvenilen Vergnügen einer Autoscooter-Fahrt hingibt. Es sieht nach Ratgeberliteratur aus, die sich durch eine gewisse altertümliche Diskretion empfehlen möchte.
Noch größer aber steht oben drüber der Name des Verfassers: Hellmuth Karasek. Na, scheint das Titelblatt sagen zu wollen, ihr kennt doch alle den Karasek und wisst, was ihr von ihm zu erwarten habt! Wer den Künsten zugewandt und nicht gerade ganz jung ist, dem steht oder besser sitzt er als Figur aus dem „Literarischen Quartett” neben Reich-Ranicki vor Augen, mit Lockenkopf und traurig-vergnügtem Blick, so offenbar unbekümmert um das Subordinierte seiner Rolle, dass ihm daraus ein eigener Charme erwuchs. Dieser Charme, der sich etwas Kindliches und Bubenhaftes bis ins fortgeschrittene Alter bewahrt hat, mag nicht jedermanns Sache sein. Aber es stellt gewiss Karaseks Stärke dar, dass er, was immer man ihm einwenden möchte, schon vorab zugegeben hat.
Das gilt auch für sein jüngstes Buch. Besagten typischen Blick zum Beispiel bezeichnet er selbst darin als „Dackelblick”, vielmehr lässt er eine von ihm verehrte Frau diese Äußerung tun, was ja noch eine Spur heikler ist. Wäre dieses Buch von einem Dritten über einen anderen geschrieben worden, so wäre dieser andere vor Gericht gezogen, um es verbieten zu lassen; Karasek schreibt es über sich selber. Ein anderer wäre wohl auch davor zurückgeschreckt, die eigene amouröse Biografie in einem Verhältnis von halb und halb mit Reminiszenzen aus der Weltliebesliteratur zu bereichern, von Romeo und Julia über Nietzsche, Heine, König Ödipus, Don Juan und den Werther bis zu den Tagebüchern des Samuel Pepys: Die jedesmalige Fallhöhe bei der Rückkehr zu einer deutschen Mannesjugend der späten Vierziger bis frühen Sechziger ist doch beträchtlich. Man weiß auch gar nicht recht, was die literarischen Exkurse mit den erotischen Abenteuern des Autobiografen zu tun haben sollen – bis man die Gemeinsamkeit in dem allesfresserischen Appetit erkennt, der sich gleichermaßen über die Bücher wie über die Frauen hermacht.
Karaseks Buch handelt nicht nur von den Fünfzigern, der Zeit der Hüftgürtel, sturmfreien Buden und steilen Zähne, der Zeit, als der Kuppeleiparagraph noch teilweise und der Abtreibungsparagraph unvermindert in Geltung war – es gehört seinem ganzen Habitus nach dieser Gott sei Dank überwundenen Epoche an. Von den Sechzigern an gestaltete sich die Liebesjagd einfacher; aber diese freieren, glücklicheren Zustände und die späteren seriellen Eroberungen scheinen dem Autor kaum der Rede wert zu sein, er bleibt dem Unterholz der Adenauerjahre treu. Sie färben doch auch sehr den Stil dieser Erinnerungen: „Natürlich vernestelte er sich, als er ihren Büstenhalter zu öffnen suchte, aber dann sah er zwei wunderbare Halbkugeln, die sie für einen kleinen Moment noch mit ihren Händen schützte, sie ihm aber dann für seine überstürzten Zärtlichkeiten willig überließ. Mein Gott, war das schön, die feinen blauen Adern, die sich durch den schwanweißen Marmor zogen, die Nippel, die sich ihm entgegenreckten . . .” Da kann man nur sagen: Mein lieber Schwan! und riecht förmlich die Herrenwitze, die sich hier ansaugen wollen. Die Passage, die ein gutes Stück weitergeht, mag man gar nicht zu Ende zitieren. Es ist eine schwierige Mischung aus altbackener Libertinage und verschämter Dankbarkeit.
Aber was Karasek immer wieder, wenn es besonders schlimm wird, rettet, ist sein Mut zur lächerlichen Selbstpreisgabe. Hier spricht kein Angeber und kein Macho; bei aller phallischen Gier hat der Erzähler doch immer einen Zug ins Ritterliche, wenngleich eines Ritters von der traurigen Gestalt. Er berichtet davon, wie seine Ehe zu Bruch ging, als er, unangemeldet heimkehrend, seine junge Frau in flagranti ertappte, dem ohne Hose ins Freie flüchtenden Liebhaber nachsetzte, ihn stellte und die beiden Sünder konfrontierte. Dann wird er nachdenklich und meint: Eigentlich sei das Ganze seine eigene Schuld, warum sei er auch bloß zur Unzeit heimgekommen; es gehöre sich nicht.
Die Szene ist lustig, drastisch, peinlich und sehr wirksam entfaltet. Und doch vermisst man etwas an ihr. Die Ehefrau, eine zwanzig Jahre alte Venezolanerin, die, mit US-Soaps groß geworden, nun im Stuttgart des Jahres 1960 allein daheim saß und an der Langweiligkeit des westdeutschen Bildungsfernsehens litt, muss damals etwas sehr Besonderes gewesen sein. Es muss etwas gegeben haben, was dieses ungleiche Paar erst zusammen- und dann auseinanderbrachte; man vermisst die Zärtlichkeit und den Schmerz. Dazu wäre es freilich nötig gewesen, dass hier einer „Ich” sagt; Karasek aber spricht immer bloß von „Er”, wendet den Kopf mit einem verdrucksten Schmunzeln beiseite und verspielt, so wenig er diesen „Ihn” schont, die Chance der erlösenden Offenheit.
Wie der Vater, so der Sohn
Das Buch hält ziemlich locker zusammen; es vermittelt sich über die Grundhaltung des Plauderers. So entsteht Raum für Überraschungen, etwa einen wundervollen eingestreuten Essay über das Rauchen, einst und jetzt. Auch der ernste Kern, um den sich die Anekdoten sammeln, kommt als eine solche Überraschung zutage. Dem Vater des Erzählers war postlagernd (postlagernd! in den Fünfzigern war das ein absoluter Verdachtsgrund) der Brief einer Dame zugegangen, den jedoch die Mutter abfing; und ihrem halbwüchsigen Sohn trug sie die mehr als peinliche Pflicht auf, den Empfänger zur Rede zu stellen. „Der Vater hörte sich sein Gestammel an, schwieg lange und sah ihn dann sehr ernsthaft und doch mit einem wunden Blick an: ,Ich kann dir nur eines sagen, wenn du so veranlagt bist wie ich, dann heirate nicht!‘”
An dieser Äußerung macht sich Karasek mit einer geradezu verzweifelten Dialektik zu schaffen. Es muss doch möglich sein, beides irgendwie zu vereinen, „Sinnenglück und Seelenfrieden”, wie er nur ganz zufällig Schiller zu zitieren unterlässt (denn sonst zitiert er alles, was ihm in die Finger fällt). Hätte der Vater wirklich diese Entscheidung getroffen, dann wäre ja zum Beispiel auch der Sohn unterblieben! Hätte er das wollen können? Ein Sohn allerdings, der im selben Schlamassel steckt wie sein Erzeuger, wenngleich mit der Fähigkeit, es zu reflektieren und in größere Zusammenhänge zu rücken. Unter allen literarischen Figuren, die er aufbietet, steht ihm eine wirklich nahe, ein Wiedergänger aus dem Biedermeier, das Karasek mit den Adenauerjahren vergleicht, jemand, den er als tragischen Clown und doch als großen Künstler und Menschen schätzt: Johann Nestroy, der in seinen Stücken wie in seinem Leben die Ehe und den Ehebruch in gleicher Weise ehrte. Erst aneinander erwachsen diese beiden zu ihrer vollen dramatischen Größe und wollen so genossen und ertragen sein.
Indessen sorgt Karasek dafür, dass sein Buch nicht auf diesem Ton endet. Als angemessenen Abspann zieht er den Kalauer heran und spricht von den „Herren der Erschöpfung”, denen er sich zugehörig fühlt, nicht erst, seit er alt ist. Das allerletzte Wort hat ein Witz:
„Fragt der Mann danach die Frau: ,Möchtest du nicht auch manchmal ein Mann sein?‘ Antwortet sie: ,Nein. Und du?‘” BURKHARD MÜLLER
HELLMUTH KARASEK: Ihr tausendfaches Weh und Ach. Was Männer von Frauen wollen. Hoffmann und Campe, Hamburg 2009. 271 Seiten, 22 Euro.
Appetit auf Frauen und Bücher: Hellmuth Karasek Foto: Jens Ressing/dpa
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Schlimmes ist zu befürchten und schlimm wird es schon auch, meint Burkhard Müller als Rezensent dieser "erotischen Memoiren" des Literatur- und Filmkritikers Hellmuth Karasek. Schlimm, ja, aber nur stellenweise. Denn das Buch hat auch Stärken. Die zum nicht geringen Teil in Karaseks Fähigkeit zur ziemlich ehrlichen Selbstbeschreibung beziehungsweise - so Müller - sogar "lächerlichen Selbstpreisgabe" liegen. Was sich etwa darin manifestiere, wie er die Szene beschreibt, als er seine Frau in flagranti im Bett mit einem anderen erwischt. Oder wie er sich selbst einen "Dackelblick" diagnostizieren lässt. Obwohl mehr oder weniger die gesamte Weltliteratur aufgefahren wird, der einzige, zu dem Müller eine tatsächliche Nähe sieht, ist Johann Nestroy. Dennoch immer wieder schade drum, meint der Rezensent. Zu arg nah sei das ganze auch sprachlich an den fünfziger Jahren, auf die sich Karasek konzentriert. Und dass er immer nur "Er" schreibt, zum "Ich" sich nicht durchringen kann - das bedauert der Rezensent am meisten, weil dadurch weite Strecken doch von einem "verdrucksten Schmunzeln" begleitet scheinen.

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