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"Erster Gedanke am Morgen: werde ich heute schreiben können (...) werde ich in die Feuerlilien Verfassung geraten, schreiben zu können. " Die Magischen Blätter dokumentieren das Schreibleben von Friederike Mayröcker, ihr ungeheuer produktives und vielseitiges "Zetteldasein". Seit 1984 versammeln sie die verstreut publizierten, kürzeren Prosatexte der Dichterin; Band VI präsentiert die in den Jahren 1999 bis 2005, zwischen dem Tod Ernst Jandls, der Auszeichnung mit dem Georg- Büchner-Preis und der Publikation des jüngsten großen Prosawerks entstandenen Texte.

Produktbeschreibung
"Erster Gedanke am Morgen: werde ich heute schreiben können (...) werde ich in die Feuerlilien Verfassung geraten, schreiben zu können. " Die Magischen Blätter dokumentieren das Schreibleben von Friederike Mayröcker, ihr ungeheuer produktives und vielseitiges "Zetteldasein". Seit 1984 versammeln sie die verstreut publizierten, kürzeren Prosatexte der Dichterin; Band VI präsentiert die in den Jahren 1999 bis 2005, zwischen dem Tod Ernst Jandls, der Auszeichnung mit dem Georg- Büchner-Preis und der Publikation des jüngsten großen Prosawerks entstandenen Texte.
Autorenporträt
Friederike Mayröcker wurde am 20. Dezember 1924 in Wien geboren und starb am 4. Juni 2021 ebendort. Sie besuchte zunächst die Private Volksschule, ging dann auf die Hauptschule und besuchte schließlich die kaufmännische Wirtschaftsschule. Die Sommermonate verbrachte sie bis zu ihrem 11. Lebensjahr stets in Deinzendorf, welche einen nachhaltigen Eindruck bei ihr hinterließen. Nach der Matura legte sie die Staatsprüfung auf Englisch ab und arbeitete zwischen 1946 bis 1969 als Englischlehrerin an verschiedenen Wiener Hauptschulen. Bereits 1939 begann sie mit ersten literarischen Arbeiten, sieben Jahre später folgten kleinere Veröffentlichungen von Gedichten. Im Jahre 1954 lernte sie Ernst Jandl kennen, mit dem sie zunächst eine enge Freundschaft verbindet, später wird sie zu seiner Lebensgefährtin. Nach ersten Gedichtveröffentlichungen in der Wiener Avantgarde-Zeitschrift "Plan" erfolgte 1956 ihre erste Buchveröffentlichung. Seitdem folgten Lyrik und Prosa, Erzählungen und Hörspiele, Kinderbücher und Bühnentexte.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.12.2007

Lieber Lord Chandos
Friederike Mayröcker schreibt über das Schreiben und Lesen
Bücher können bekanntlich auf verschiedene Arten gelesen werden. Friederike Mayröcker beschreibt ihr ungewöhnliches Vorgehen mit folgenden Worten: „ich lese alles ich lese nichts, die Bücher zappeln mir in der Hand, wollen verschlungen werden von der 1. zur letzten Seite, ich aber schlage sie auf, exzerpiere 5 oder 9 Zeilen, lege sie beiseite.” Was sagt uns das? Geht es hier um den bloßen Bruch mit der Konvention? Um den Widerstand gegen die literarische Linearität, gegen den Imperativ einer chronologischen Lektüre? In diesen Zeilen drückt sich ein starker Hunger nach Literatur, nach Gedrucktem aus, der scheinbar nicht gestillt werden kann durch die vollständige und intensive Lektüre nur eines einzigen Buches. Mayröcker wirkt unruhig und sprunghaft. Gleichzeitig deuten sich in dieser Nervosität die gravitativen Kräfte an, die bei ihr wirken und dafür sorgen, dass die verschiedensten Textpartikel aus einer Vielzahl von Büchern angezogen und in den eigenen Textfluss integriert werden können. Dabei arbeitet die Autorin auch interdisziplinär. Nicht nur die Literatur ist es, die sie inspiriert, auch aus der Musik und der bildenden Kunst gewinnt sie Anregungen für ihre Schreibarbeit.
In den „Magischen Blättern VI” kann man nun nachlesen, von welchen Autoren, Komponisten oder bildenden Künstlern sich Friederike Mayröcker angesprochen, ja angestachelt fühlt. Der Band beginnt mit einer Sammlung von 13 Texten zu Arbeiten des Künstlers Andreas Grunert. Bilder werden hier poetisch kommentiert, Visuelles wird in Sprache umgesetzt. Es kommt zu einem eindringlichen Dialog zwischen Wort und Bild. Doch spricht Mayröcker in den vorwiegend kürzeren Prosatexten dieses Bandes natürlich auch über Kollegen des eigenen Faches, über Bodo Hell zum Beispiel, Thomas Kling, Ernst Jandl (natürlich) oder Daniel Kehlmann.
Aus der Vogelperspektive
Bei den „Magischen Blättern VI” handelt es sich um eine Sammlung von zum größten Teil verstreut publizierten Arbeiten, die für die verschiedensten Anlässe verfasst worden sind. Die Dankesrede zur Verleihung des Büchner-Preises findet sich ebenso wie eine Laudatio auf Daniel Kehlmann. Porträts von Otto Breicha oder Friedrich Achleitner stehen neben Hörspielen wie „Das Couvert der Vögel” oder „Gertrude Stein hat die Luft gemalt”. Der Band vereinigt eine Fülle von Textsorten; es hat den Anschein, als ändere sich mit dem thematischen Gegenstand auch die Gattung des Textes, als erfinde Mayröcker neue Gattungen. Dabei ist die Tendenz zur Verkürzung offensichtlich. Die Texte wirken wie Splitter, wie spontanes Gedankengut, vorläufig und doch präzise formuliert.
Was an poetologischen Ideen in den „Magischen Blättern” durchschimmert, ist nicht in diskursiver Schrift formuliert. Auch über Literatur spricht Friederike Mayröcker mit den Mitteln der Poesie. Das Begriffliche vermeidet sie zugunsten einer Bildlichkeit, die oft dem Bereich der Tier- und Pflanzenwelt entnommen ist. Die Vogelmetaphorik lässt sich so in Bezug setzen zur Schreibweise der Autorin; der hohe, elaborierte Ton dieser Dichtung findet eine adäquate Entsprechung in dem Bild des sich in der Luft befindenden Vogels. Auch der Ausdruck „Levitation” gehört noch in diesen Bereich.
Die in den „Magischen Blättern” versammelten Materialien sind also den umfangreicheren Texten Mayröckers wie „Die Abschiede” oder „Reise durch die Nacht” – um nur ganz willkürlich zwei zu nennen – von ihrem literarischen Impuls her ebenbürtig. So verbinden sich autobiografische Erfahrungen mit Lektürenotizen, Gedanken an den Tod („hier, da, im 21. Jahrhundert endet mein Leben”) werden gekoppelt mit Plänen für die Zukunft. Bei Friederike Mayröcker steht immer ein „Ich” im Zentrum des Geschehens; mal wirkt es authentisch, mal erscheint es fingiert. In ihrem „Brief an Lord Chandos” heißt es gleich zu Beginn: „mit großer Anteilnahme habe ich Ihre Klagen aufgenommen und möchte zu Ihrer Tröstung bekennen, daß es mir vor einiger Zeit ähnlich ergangen ist: ich hatte in dieser meiner Krise aller Welt vorgemacht, ich sei an der Arbeit, mußte mir jedoch eingestehen, daß ich in Wahrheit völlig ausgebrannt war”. Mayröcker beschreibt nun in ein paar Zeilen, wie sie aus dieser Krise wieder heraus fand, wie ihr eines Morgens ihre Sprache wieder zur Verfügung stand. Von „Wortgewimmel” und „Wortgestöber” spricht sie, die plötzlich auftauchten und die sie notieren wollte: „ich sprang aus dem Bett, lief zur Maschine und schrieb alles auf”.THOMAS COMBRINK
FRIEDERIKE MAYRÖCKER: Magische Blätter VI. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 295 Seiten, 11 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Thomas Combrink hat in dem Band "Magische Blätter VI" von Friederike Mayröcker geblättert, der bereits verstreut publizierte Texte über Schreib- und Leseerfahrungen der Autorin, über für ihr eigenes Werk wichtige Komponisten, Künstler und Autoren, Reden zu unterschiedlichen Anlässen oder Hörspiele zusammenstellt. Beeindruckt stellt der Rezensent fest, dass die Autorin in ihren überwiegend kurzen Texten ständig "neue Gattungen" erfindet. Mayröckers Poetik scheint ihm in den einzelnen Beiträgen nicht explizit festgehalten, sondern durchzuscheinen. Dabei schreibe die Autorin auch über Kunst oder Literatur mit poetischen Mitteln und bemühe eine weit reichende Metaphorik, so Combrink fasziniert, der in dieser Textsammlung den gleichen literarischen Antrieb am Werk sieht, wie in Mayröckers rein literarischen Arbeiten.

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