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Der Auschwitz-Prozess im Weltdokumentenerbe der UNESCO.Im Herbst 2017 wurden die Unterlagen des Auschwitz-Prozesses in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen, darunter auch Tonbandaufnahmen. Sie ermöglichen außergewöhnliche Einblicke in das Prozessgeschehen und lenken die Aufmerksamkeit auf die Verfolgten, die als Zeugen vor Gericht aussagten. Wie haben sie das Erlebte in den Prozess eingebracht? Wie wurden ihre Aussagen durch die Übersetzer und das Gericht interpretiert? Welche Rolle spielten die Verteidiger? Wie kam es überhaupt zur Aufzeichnung im Gerichtssaal und welche Umstände…mehr

Produktbeschreibung
Der Auschwitz-Prozess im Weltdokumentenerbe der UNESCO.Im Herbst 2017 wurden die Unterlagen des Auschwitz-Prozesses in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen, darunter auch Tonbandaufnahmen. Sie ermöglichen außergewöhnliche Einblicke in das Prozessgeschehen und lenken die Aufmerksamkeit auf die Verfolgten, die als Zeugen vor Gericht aussagten. Wie haben sie das Erlebte in den Prozess eingebracht? Wie wurden ihre Aussagen durch die Übersetzer und das Gericht interpretiert? Welche Rolle spielten die Verteidiger? Wie kam es überhaupt zur Aufzeichnung im Gerichtssaal und welche Umstände führten zur Archivierung der Bänder?Aus dem Inhalt:- Katharina Stengel: »Heute sind wir Zeugen«. Die Aussagen von Erich und Dov Kulka - Perspektiven der Verfolgten- Peter Davies: »Neutrale« Instanz - Quelle der Wissensproduktion - Interpretatoren. Einige Bemerkungen zur Rolle der Dolmetscher im Gericht- Eva-Lotte Kalz: »Es empfiehlt sich, insoweit das Tonband abzuhören.« Strafverteidiger als vergangenheitspolitische Akteure- Johannes Beermann-Schön: Archiv und Zufall. Entstehung und Überlieferung der Tonbandmitschnitte von Zeugenaussagen
Autorenporträt
Katharina Rauschenberger, seit 2008 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fritz Bauer Institut. Sie ist Mitherausgeberin von Einsicht. Bulletin des Fritz Bauer Instituts.

Sybille Steinbacher, Direktorin des Fritz Bauer Instituts und und Professorin für Geschichte und Wirkung des Holocaust am Historischen Seminar der Goethe-Universität Frankfurt a. M. Veröffentlichungen u. a.: Ein Verbrechen ohne Namen. Anmerkungen zum neuen Streit über den Holocaust (2022, mit Saul Friedländer, Norbert Frei und Dan Diner), Wie der Sex nach Deutschland kam. Der Kampf um Sittlichkeit und Anstand in der frühen Bundesrepublik (2011); Auschwitz. Geschichte und Nachgeschichte (2004); »Musterstadt« Auschwitz. Germanisierungspolitik und Judenmord in Ostoberschlesien (2000).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.06.2020

Stimmen
der Überlebenden
Was die Tondokumente des
Auschwitz-Prozesses verraten
Der „Strafsache gegen Mulka u. a.“ wird in der deutschen Justizgeschichte zu Recht ein besonderer Platz zugewiesen. Dieser erste Auschwitz-Prozess in Frankfurt in den Jahren 1963 bis 1965 gegen 20 Angeklagte des Wachpersonals und andere SS-Funktionsträger war nicht nur einer der größten Strafprozesse der Bundesrepublik, sondern vor allem brachte er vielen Deutschen erst die ganze Tragweite des industriellen Massenmordens während der NS-Zeit ins Bewusstsein. Und es gibt noch eine andere Besonderheit, die es erlaubt, sich auch und gerade heute mit diesem Verfahren auseinanderzusetzen. Der allergrößte Teil der Hauptverhandlung und das Urteil sind als Tondokumente überliefert – und seit einigen Jahren unter www.auschwitz-prozess.de abrufbar.
Ein kleiner Aufsatzband des Fritz-Bauer-Instituts, das auch für die für Veröffentlichung der Mitschnitte verantwortlich zeichnet, gibt nun für die interessierte Öffentlichkeit einige spannende Hinweise, wie die insgesamt 424 Stunden lange Aufzeichnung für die weitere historische Forschung und auch für die Bildungsarbeit genutzt werden kann. Zuerst erstaunt vor allem, wie es zu der – im deutschen Strafprozessrecht sehr unüblichen – Aufzeichnung überhaupt kam. Johannes Beermann-Schön erklärt, wie eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs kurz vor dem Frankfurter Prozess die Tonbandaufnahme als eine Art Gedächtnisstütze für das Schwurgericht ermöglichte und der Vorsitzende Richter Hans Hofmeyer davon Gebrauch machte. Die Aussagen von 324 Zeugen konnten so erfasst werden. Doch für die Nachwelt waren diese Aufnahmen eigentlich nicht gedacht – es bestand keine Aufbewahrungspflicht. Nur einige Zufälle, die Intervention des KZ-Überlebenden Hermann Langbein und ein Erlass des hessischen Justizministers Lauritz Lauritzen (SPD) retteten die Bänder vor der eigentlich zu vollziehenden Löschung.
Anhand mehrerer Beispiele erläutert Katharina Stengel, vor welchen Problemen die Überlebenden von Auschwitz standen, die in Frankfurt aussagen sollten. Nicht nur, dass viele erstmals ins Land der Täter reisen mussten; vor Gericht wurde ihnen immer wieder ihre vermeintliche Befangenheit als „Opferzeugen“ vorgehalten – zu emotional, zu stark von Hass- und Rachegefühl getrieben, so lauteten die Vorwürfe nicht nur der Verteidiger.
Welche Sonderrolle in diesem Verfahren die Dolmetscher einnahmen, diskutiert Peter Davies. Viele Zeugen wählten bewusst die deutsche Sprache, um ihre Leiden zu schildern, auch wenn sie diese Sprache oft nur unzulänglich beherrschten. Hier waren die Übersetzer gefragt, doch auch sie waren alles andere als eine „neutrale Vermittlungsinstanz“, wie Davies schreibt. Wie auch in späteren NS-Prozessen prallten verschiedene Zielvorstellungen aufeinander: die Opfer suchten nach Gerechtigkeit, die Justiz bestand auf ihrer heiligen Neutralität.
ROBERT PROBST
Sybille Steinbacher,
Katharina Rauschenberger (Hg.): Der Auschwitz-
Prozess auf Tonband.
Akteure, Zwischentöne, Überlieferung.
Wallstein-Verlag,
Göttingen 2020.
116 Seiten, 14,90 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension

Luttger Fittkau scheint der von Sybille Steinbacher und Katharina Rauschenberger herausgegebene Band mit Analysen der Tonbandaufnahmen von Zeugenaussagen im Auschwitz-Prozess Erkenntnisse über das Ideal des Opferzeugen, über davon abweichende tatsächliche Zeugenschaft in den Prozessen oder auch die Rolle der Dolmetscher bereitzuhalten. Die Texte der Historikerin Katharina Stengel oder des Sprachwissenschaftlers Peter Davies thematisieren laut Fittkau die Turbulenzen im Gerichtssaal um die Legitimität von Wissensquellen oder den durch das Zusammenspiel von Zeugen, Dolmetschern und Richtern entstandenen ethischen Begriff von Zeugenschaft.

© Perlentaucher Medien GmbH
»spannende Hinweise, wie die insgesamt 424 Stunden lange Aufzeichnung für die weitere historische Forschung und auch für die Bildungsarbeit genutzt werden kann« (Robert Probst, Süddeutsche Zeitung, 02.06.2020)