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2 Kundenbewertungen

Ist das menschliche Leben wirklich das Zentrum der Welt?
»Ich liebe dieses Buch. Es liegt eine solche Zärtlichkeit in dieser Geschichte.« Dagens Nyheter
»Literarische Magie!« Aftonbladet
Woher kommt es, das Leben, und was bedeutet es eigentlich? Um diese beiden Fragen kreist der neue Roman von Karl Ove Knausgård - der in einem inneren Zusammenhang zu seinem letzten Buch "Der Morgenstern" steht. Was ist geschehen, bevor dieser unerklärliche, weithin sichtbare Stern am Himmel auftauchte und anscheinend sämtliche physikalische Regeln außer Kraft setzte?
Alles beginnt 1986 im Süden
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Produktbeschreibung
Ist das menschliche Leben wirklich das Zentrum der Welt?

»Ich liebe dieses Buch. Es liegt eine solche Zärtlichkeit in dieser Geschichte.« Dagens Nyheter

»Literarische Magie!« Aftonbladet

Woher kommt es, das Leben, und was bedeutet es eigentlich? Um diese beiden Fragen kreist der neue Roman von Karl Ove Knausgård - der in einem inneren Zusammenhang zu seinem letzten Buch "Der Morgenstern" steht. Was ist geschehen, bevor dieser unerklärliche, weithin sichtbare Stern am Himmel auftauchte und anscheinend sämtliche physikalische Regeln außer Kraft setzte?

Alles beginnt 1986 im Süden Norwegens. Der junge Syvert Løyning kehrt vom Militärdienst zu seiner Mutter und seinem Bruder ins Haus der Familie zurück. Im fernen Tschernobyl ist gerade ein Atomreaktor explodiert, Norwegen selbst wird von einer Regierungskrise erschüttert. Syvert weiß nicht wirklich, wohin mit sich. Was hält die Zukunft für ihn bereit? Eines Nachts träumt er von seinem toten Vater, und ein unheimliches Gefühl beginnt sich in ihm festzusetzen: sein Vater will ihm eine Botschaft übermitteln. Aber welche könnte das sein? Ratlos beginnt er sich die nachgelassenen Sachen von ihm genauer anzuschauen. Und muss schließlich feststellen, dass es ein anderes Leben gab, das sein Vater führte. Eines, das bis in die Sowjetunion führt.

Ein Leben, das mit der russischen Wissenschaftlerin Alevtina zu tun hat, die viele Jahre später an einem Wochenende mit ihrem Sohn nach Samara reist, um den achtzigsten Geburtstag ihres Vaters zu feiern, und da noch nicht weiß, dass sie bald Besuch aus Norwegen bekommen wird. Und mit ihrer alten Freundin Vasilisa, einer Lyrikerin, die ein Buch über einen eigenwilligen und alten Zug der russischen Kultur schreibt: den Glauben an ein ewiges Leben ...

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Autorenporträt
Karl Ove Knausgård wurde 1968 geboren und gilt als wichtigster norwegischer Autor der Gegenwart. Die Romane seines sechsbändigen, autobiographischen Projektes wurden weltweit zur Sensation. Sie sind in 35 Sprachen übersetzt und vielfach preisgekrönt. 2015 erhielt Karl Ove Knausgård den WELT-Literaturpreis, 2017 den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur, 2022 nahm er in Kopenhagen den Hans-Christan-Andersen-Literaturpreis entgegen. Er lebt in London.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.02.2023

Russland im Sommer 2023

Verführungskraft einer Vision: Karl Ove Knausgård setzt seinen "Morgenstern"-Romanzyklus mit dem zweiten Band "Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit" fort. Darin nimmt das apokalyptische Geschehen eine spektakuläre Wendung: moralisch,

aber auch geographisch.

Als Karl Ove Knausgård vor einem Jahr kurz in Deutschland war, um seinen Roman "Der Morgenstern" vorzustellen, war dessen Fortsetzung in Norwegen bereits erschienen - aber noch nirgendwo sonst. Was man also kannte, war allein der Titel dieses zweiten Teils: "Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit", ein Zitat aus einem Essay der russischen Dichterin Marina Zwetajewa. Heute erscheint Knausgårds Roman nun auch bei uns, mit 1050 Seiten noch etwas dicker als der Vorgänger. Aber das wird das Publikum nicht abschrecken, im Gegenteil. Der Sog der ausufernden Prosa dieses Autors ist oft beschrieben worden. Sie entsteht nicht zuletzt aus einer Detailfreude beim Erzählen, die phänomenologische Leidenschaft für den Alltag erkennen lässt - so etwa diesmal in Form einer Szene, in der unter der Dusche nach einem Seifenstück gehascht wird. Braucht man das? Knausgård würde mit seinem Lieblingsschriftsteller Flaubert antworten, der während der Niederschrift von "Madame Bovary" feststellte: "Jetzt bin ich in einer völlig anderen Welt von genauer Beobachtung trivialster Details." Denn der norwegische Autor hat auch Leidenschaft für große Literatur.

Was diese Faszination angeht, war vor allem Knausgårds Vorliebe für die deutsche Geistesgeschichte bekannt. Es ist ja geradezu notorisch geworden, dass Knausgård jenen vor zwölf Jahren abgeschlossenen autofiktionalen Romanzyklus, dem er seinen Weltruhm als Schriftsteller verdankt, im Original mit "Min kamp" betitelt hat: der norwegischen Übersetzung des Titels von Hitlers "Mein Kampf". Die sechs von Paul Berf ins Deutsche gebrachten Einzelbände haben auf diese Bezeichnung verzichtet und kamen stattdessen als "Sterben", "Lieben", "Spielen", "Leben" und "Träumen" daher, ehe mit dem Abschlussband "Kämpfen" die Originalbenennung zumindest anklang. Die Titelübernahme der autobiographischen Programmschrift des Diktators ist Knausgård als frivol vorgehalten worden, aber sie resultierte aus jenem Interesse an Deutschland in all dessen literatur- und realgeschichtlicher Ambivalenz, das sich auch noch in den Büchern nach "Min kamp" gezeigt hat: Texte von Hölderlin, Rilke, Heidegger und Sloterdijk sind in "Der Morgenstern" wichtige Bezugsgrößen fürs Romanpersonal. Aber nun Zwetajewa als Titelinspiration des neuen Buchs? Faszination für Russland? Und das in diesen Tagen?

Knausgård erzählte vor einem Jahr, wie schockierend der russische Überfall auf die Ukraine für ihn gewesen sei. Auch deshalb, weil die zweite Hälfte seines neuen Romans im Moskau des Spätsommers 2023 spielt - genau an jenen Tagen, die auch Handlungszeitpunkt von "Der Morgenstern" sind. Das Moskau des Romans ist ein friedliches, denn Knausgård konnte von dem, was seit dem 4. Februar 2022 passiert ist, nichts ahnen, als er "Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit" schrieb. "Mich hat es in dem, was ich lese, immer zum Herzen gezogen, ich habe die Welt immer durch die Gefühle in dem gesucht, was ich geschrieben habe", hat Knausgård 2019 bei seinen Poetikvorlesungen in Tübingen erklärt, die jetzt parallel zum neuen Roman veröffentlicht worden sind. In "Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit" kommt also Knausgårds Liebe zur russischen Kultur und Literatur zum Ausdruck - im schwärzesten Moment der jüngeren russischen Geschichte.

Was verbindet diesen zweiten Teil mit dem ersten? Zunächst einmal Handlungsort und die jeweils zwischen zahlreichen Ich-Erzählern aufgesplitterte Perspektive: Es geht los in der norwegischen Stadt Bergen, in deren Nähe ein elfjähriger Junge namens Helge (der erste Erzähler des neuen Romans) am Meeresufer einen im Auto ertrunkenen Mann entdeckt. Es ist das Jahr 1977, doch erzählt wird von Helge aus mehr als 35 Jahren Abstand. Dann wechselt die Perspektive, und wir begleiten den neunzehnjährigen Syvert, der nach seiner Militärdienstzeit nach Bergen zurückkehrt, ohne zu wissen, was er nun tun soll. Es ist das Jahr 1986, diesmal auch als Erzählzeit, und mehr als der halbe Roman, 530 Seiten, gelten Syverts Bemühungen, sich im heimischen Alltag zurechtzufinden. Bis wir erfahren, dass er der Sohn des neun Jahre zuvor ertrunkenen Mannes ist, braucht es Zeit. Aber die kann Knausgård sich bei der breiten Anlage seiner Bücher leicht nehmen.

Wir sind somit in der ersten Hälfte von "Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit" noch ganz weit weg vom September 2023 als Handlungszeit in "Der Morgenstern". Und Helge wie Syvert sind neu eingeführte Erzähler - erst mal nur zwei im Gegensatz zu den insgesamt elf des Vorgängers. In der zweiten Romanhälfte kommen noch drei dazu: alles Russen, zwei Frauen und ein Mann. Eine der Frauen verbindet etwas mit Syvert, aber es wäre schade für Leser, wenn sie es zu früh wüssten, denn Knausgård bemüht sich ersichtlich, Spuren fürs Verständnis zu legen, ohne sie zu offensichtlich zu machen. Was indes thematisch schon den Weg ins Russland des Jahres 2023 vorbereitet, ist die Handlungszeit von Syverts Schilderung: Sie ist parallel zur Atomkatastrophe von Tschernobyl angesiedelt. Russland ist unsichtbar die ganze Zeit präsent. Und bald auf andere Weise für Syvert auch sichtbar.

In Tübingen hatte Knausgård 2019 betont, wie wichtig es ihm sei, auch in seine nicht autobiographischen Bücher eigene Erfahrungen einfließen zu lassen, - und zugleich eine daraus resultierende Herausforderung betont: "Wie sieht man voller Erstaunen eine Beschreibung von dem, was man selbst erlebt hat?" Denn wer sein Publikum überraschen will, dem sollte es nach Knausgårds Überzeugung tunlichst auch sich selbst gegenüber beim Schreibprozess gelingen. Die Herausgabe des Bändchens mit seinen beiden Poetikvorlesungen ist gerade jetzt hochinteressant, weil sie zu einem Zeitpunkt gehalten wurden, als Knausgård gerade erst mit der Niederschrift von "Der Morgenstern" begonnen hatte. Und in Kenntnis des Fortsetzungsbandes liest man erstaunt, wie wenig er damals noch selbst darüber wusste, was er erzählen wollte. Kein Wort etwa in Tübingen über Russland. Dafür allerdings viel über die Präsenz des Bösen im "Morgenstern"-Stoff. Im ersten Band war sie mit Satanisten, schwarzen Messen und Apokalyptik offensichtlich; nun jedoch gilt es, bis zuletzt zu warten, ehe beim Überfall auf ein Juweliergeschäft ein teuflischer Giftpfeil in die Handlung dringt, während auch über Moskau der unheilverkündende Morgenstern am Himmel steht.

Doch zum Ende nimmt die Handlung eine Wendung, die das ganze Romanprojekt in ein neues Licht rückt, das Knausgård durch jeweils einen essayistischen Einschub in die beiden Romane vorbereitet hat: die Frage der Unsterblichkeit und damit Hoffnung statt Unheil. War es im ersten Roman der Essay eines mit sich und seinem Glauben hadernden norwegischen Dokumentarfilmers, ist es nun einer aus der Feder einer russischen Literaturwissenschaftlerin, die ausgehend von Nikolai Fjodorow, einem Philosophen des neunzehnten Jahrhunderts, der die Überwindung des Todes zur "großen Aufgabe" der Menschheit erklärt und damit Tolstoi und die Bolschewiken gleichermaßen inspiriert hatte, gegen den christlichen Gedanken der Auferstehung deren technische Machbarkeit setzt. Knausgård schickt sich offenbar an, auf Don DeLillos "Zero K" von 2016 nun den zweiten großen Roman zur Kryonik folgen zu lassen. Aber das muss erst einmal Thema im dritten Teil des auf fünf Bände projektierten "Morgenstern"-Zyklus werden.

Im zweiten ist alles metaphysisch Teuflische des ersten plötzlich zum menschlich Teuflischen geworden - ganz im Sinne von Knausgårds positivem Teufelsbild: In seinen Poetikvorlesungen kennzeichnet er den Roman als "Ort der Ambivalenz" und damit als "Form des Teufels". Das passt zum Schauplatz Russland, und es wird interessant sein zu lesen, wie Knausgård damit im dritten Teil umgehen wird. Der ist seit einigen Monaten auf Norwegisch schon da und heißt "Det tredje riket". Übersetzt: "Das dritte Reich". Kokett? Gewiss. Aber damit sind wir auch wieder mitten in der Ambivalenz der deutschen Geschichte, und es dürfte richtig böse werden. Aber erst mal muss Paul Berf diesen verdächtig schmalen Roman (keine fünfhundert Seiten) übersetzen. ANDREAS PLATTHAUS

Karl Ove Knausgård: "Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit". Roman.

Aus dem Norwegischen von Paul Berf. Luchterhand Literaturverlag, München 2023. 1054 S., geb., 30,- Euro.

Karl Ove Knausgård: "Der Roman ist die Form des Teufels". Tübinger Vorlesung.

Aus dem Norwegischen von Paul Berf. Btb, München 2023. 128 S., br., 15,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Den für Knausgard typischen "Sog der Ödnis" macht Kritikerin Katharina Teutsch auch in seinem neuesten, ausnahmsweise mal nicht autobiografischen, Roman fest. Über tausend Seiten umfasst die Geschichte um den jungen Syvert, der sich im Jahr 1986 auf die Suche nach Leben(sstationen) und Gefühlen seines früh verstorbenen Vaters macht: In der ersten in der norwegischen Provinz angesiedelten Hälfte ist das recht handlungsarm, meint Teutsch, in der zweiten, die in Russland spielt, geht es ihr dann ein wenig zu schnell. Dass zunächst nicht viel passiert, macht sie zwar auch als Stärke des Autors aus, mit den Erwartungen des Publikums zu spielen, aber sie hätte sich gewünscht, dass er die vielen verschiedenen Figuren, die anhand des gleich bleibenden Tons kaum zu unterscheiden sind, mit mehr Liebe zum Individuellen ausgestattet hätte. Auch die vielen ausgelegten Handlungsfäden, etwa zur Kommunikation in der Pflanzenwelt, hätte sie gern weiterverfolgt. Vielleicht beim nächsten Tausendseiter, schließt die Rezensentin.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.02.2023

Auf den Grund der Kaffeetasse
Karl Ove Knausgård ergründet in „Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit“
wieder Millionen kleinster Dinge und findet dabei Weltumfassendes
VON THOMAS STEINFELD
Dieser Roman hat einen sehr langen Atem. Er scheint zunächst aus mehreren Geschichten zu bestehen. Eine spielt Mitte der Achtziger: Ein junger Mann hat seinen Militärdienst abgeschlossen und kehrt in sein Elternhaus in der norwegischen Provinz zurück. Der Vater ist tot, die Mutter arbeitet als Putzfrau und spuckt Blut, der kleine Bruder ist von überlegener intellektueller Strenge. Der junge Mann treibt sich herum, er betrinkt und verliebt sich. Zugleich scheitert in Oslo eine konservative Regierung, und nach der Explosion eines Kernkraftwerks in der Ukraine ziehen radioaktive Wolken über das Land. Schließlich findet er eine befristete Anstellung in einem Bestattungsunternehmen. Dann bricht die Geschichte ab, nach der Hälfte des Buches, und eine neue Erzählung beginnt: Sie trägt sich in Russland zu, vor dem jüngsten Krieg, und handelt von der Kunst ebenso wie vom Seelenleben der Bäume. Und es kommen noch einige andere, kürzere Geschichten hinzu, Fragmente, von denen man ahnt, dass auch sie in einen größeren Zusammenhang gehören. Aber was verbindet eine Portion Spiegeleier mit Speck mit einem Riff von Metallica? Wie gehören ein Fußballspiel in der untersten norwegischen Liga und die asketischen Lehren des alten Tolstoi zusammen?
Als „Kollektivroman“ bezeichnet der norwegische Schriftsteller Karl Ove Knausgård die Pentalogie, die für die deutschsprachige Leserschaft vor einem Jahr mit der Veröffentlichung des Buches „Der Morgenstern“ begann und jetzt mit der Publikation von „Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit“ fortgesetzt wird. Ein Kollektiv ist in diesen Werken nicht nur das Personal, das sich in mehrere Gruppen teilt, die zunächst unabhängig voneinander zu agieren scheinen, an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten, jeweils angeführt von einer Zentralfigur. Das Wort „Kollektiv“ bezeichnet vielmehr auch die Entfaltung von Lebenswelten, in denen nichts zu alltäglich und zu gering zu sein scheint, um nicht doch eine Bedeutung zu besitzen: Der Abwasch und die Mopedkette, die zufällige Begegnung an der Tankstelle und die Schminke mit dem falschen Braunton, allem und jedem gebührt die gleiche Aufmerksamkeit.
In diesem Sinn war auch der autobiografische Zyklus mit dem Titel „Min kamp“ („Mein Kampf“, der Titel wurde für die deutsche Ausgabe nicht benutzt) ein Kollektivroman, das Werk, mit dem Knausgård weltberühmt wurde. Doch hätte man nicht erwartet, dass sich die radikale Wahrhaftigkeit, mit der die „Selberlebensbeschreibung“ (Jean Paul) zu einem literarischen Ereignis wurde, auf erfundene Geschichten übertragen lässt. Aber es gelingt: „Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit“ ist, wie der Vorgänger, ein philosophischer Roman von geradezu unheimlicher Lebendigkeit.
In barocken Schlössern gibt es, ebenso wie in barocken Romanen, lange Fluchten von Räumen, die jeweils anders eingerichtet sind und verschiedene Aufgaben haben, aber alle miteinander durch eine Perspektive verbunden sind, die sich im Idealfall in der Unendlichkeit verliert. „Enfilade“ nennt man ein solches Arrangement, zu dem oft auch Nebenräume gehören, manche ohne weiteren Ausgang, manche zu neuen Fluchten gefügt. Knausgårds Roman gleicht einer solchen Flucht: Im ersten Raum versinkt ein Auto im Meer, im zweiten Raum sucht der junge Mann nach einem festen Punkt in einem haltlosen Dasein, in einem dritten Raum wird ein Raubüberfall auf einen Lastwagenfahrer verübt, im vierten Raum hält die Biologin eine Vorlesung über den Ursprung des Lebens.
Und je weiter die Lektüre voranschreitet, desto mehr verbinden sich die Perspektiven zu einer langen Blicklinie, und dieser Eindruck entsteht nicht nur deshalb, weil die einzelnen Figuren miteinander verbunden werden, sondern auch, weil am Ende eine Unendlichkeit aufscheint: „Der Gedanke ist, dass die Ewigkeit begonnen hat“, lautet das Fazit, auf das der Roman zuläuft. „Die Zukunft ist verschwunden, und die Ewigkeit hat begonnen. Was du Politik genannt hast, ist folglich zu dem geworden, was du Religion genannt hast, in dem Sinn, dass sie das Unveränderliche verwaltet. Und auf die Unsterblichkeit wartet.“
Um das Leben und den Tod geht es also in diesem Buch, oder genauer: um den Versuch, der Unendlichkeit habhaft zu werden, indem man sich tief in die Endlichkeit versenkt. Auch dieser Gedanke entspricht dem Barock. Dessen künstlerisches Prinzip bestehe darin, hatte vor vielen Jahren der Literaturhistoriker Richard Alewyn erklärt, Welten zu entwerfen, die sinnlich, aber nicht wirklich seien. Unwahrscheinlich ist, dass sich Karl Ove Knausgård je mit solchen Theorien beschäftigte. Aber er wendet sie an, auf schlagend sinnfällige Weise, gleich zu Beginn zum Beispiel, wenn er einen Mann namens Helge erzählen lässt, was ihm beim Wiederhören einiger alter Lieder von Status Quo widerfuhr: „Mit ihnen tauchte ein Schwarm von Erinnerungen auf, dicht an dicht, an Aromen, Gerüchen, Bildern, Ereignissen, Stimmungen, Atmosphären – you name it.“ Ähnliches geschieht, wenn sich Alevtina, die Biologin, im Spiegel betrachtet und in ihrem noch jungen Gesicht die Greisin erkennt, die sie einst sein wird: Sie werde „hervorsickern“, „Stück für Stück, Zelle für Zelle“, bis sie ganz hervorgetreten sei mit „dem runzeligen, knöchernen Gesicht, dem schütteren Haar, den zitternden Händen, wässrigen Augen und einem Gehirn, das von Tag zu Tag immer ineffektiver wurde“.
An Sätzen wie diesen, an der Verwendung des Wortes „ineffektiv“ in Verbindung mit dem „Gehirn“ zum Beispiel, ist zu merken, dass Knausgård kein großer Stilist ist. Oder besser gesagt: dass er auf die Originalität seines Schreibens nicht viel Wert legt. Das kann nicht anders sein: Denn wer so genau hinschaut, um dem Gewöhnlichen ein Wahres zu entreißen, kann nicht nach dem Seltenen und Erwählten fahnden. Nicht die Geheimnisse interessieren ihn, falls es solche denn überhaupt gäbe, sondern die Zwischenzustände des Gewöhnlichen, das Changieren, die kleinen Abstände zwischen Plan und Zufall, Demut und Trotz, Gut und Böse. Es ist wie bei den Raumfluchten: Sie führen von Durchblick zu Durchblick, und am Ende weiß keiner mehr, weder die Leser noch der Erzähler, vielleicht auch der Autor nicht, ob sich hinter all diesen Durchblicken etwas Festes verbirgt. Oder gar eine Erleuchtung. Aber es wäre ein Trost, vielleicht sogar eine Hoffnung, wenn es so etwas gäbe.
In der Darbietung einer minutiös erfassten, aber ganz und gar alltäglichen Sinnlichkeit, die gleichsam von allein ins Übersinnliche kippt, liegt das literarische Vermögen Knausgårds, und das gilt umso mehr (und ist umso schwieriger), als die einzelnen Figuren allegorische Züge tragen: Selbstverständlich ist der haltlose junge Mann, der ein prekäres Auskommen als Bestatter findet, das Gegenüber der weltabgewandten Biologin, die den Ursprung des Lebens in Pilzgeflechten unter Bäumen sucht, selbstverständlich korrespondiert die Rohheit ihres Sohnes mit der überscharfen Intelligenz des jüngeren Bruders. Vervielfachung war ein Prinzip des Barocks, die Vermehrung der Einzelglieder an einem Gesamtkörper. Aus dieser Vervielfältigung geht eine große Dichte auch kleiner und kleinster Gegenstände hervor, aber auch ein mächtiges Drängen nach einem Aufschwung der Seele, der die Welt in ihrer Nichtigkeit umgreift und erhöht – in einen anderen, erhobenen Zustand, in ein Leben ohne Tod, was auch immer.
Knausgård ist kein Missionar. Wahrscheinlich ist er nicht einmal fromm, auch wenn er die Idee der „vanitas“, der Eitelkeit alles Irdischen, durchbuchstabieren kann bis auf den trüben Grund einer Kaffeetasse. Er ist aber auch kein Nihilist, wie es jemand wäre, der dem Konzept der „vanitas“ den Bezug auf das Überirdische nimmt. Vielmehr gibt er sich der Wahrnehmung hin, mit einer Aufmerksamkeit, die den für moderne Gesellschaften so grundsätzlichen Unterschied zwischen wirklichen und unwirklichen Gegenständen verschwimmen lässt: So ist es bei Träumen, im Rausch, und von beidem gibt es reichlich in diesem Buch. So ist es aber auch mit dem Zusammenhalt der Clique, mit der sich der junge Mann in der geistigen Ödnis seiner norwegischen Kleinstadt herumtreibt, und so ist es bei den radioaktiven Teilchen, die der Wind über das vertraute Land weht: Man sieht sie nicht, aber sie sind nicht nur da, sondern auch wirksam.
Später im Buch – die Geografie des Erzählens hat sich längst von Norwegen nach Russland verlagert – lässt Knausgård den Moskauer Bibliothekar Nikolai Fjodorow (1829 bis 1903) auftreten, einen obskur gewordenen Philosophen, der an die Unsterblichkeit, die glückliche Wiederkehr der Toten und den technischen Fortschritt glaubte. Knausgård lässt ihn reden, aber die Dinge bleiben in der Schwebe: Was dieses wirklich unwirkliche Leben sein soll, Steigerung der Biografie oder bloßes Dasein, darüber erfährt man nichts.
Der Titel des Romans „Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit“ ist eine verkürzte Passage aus einem Essay mit dem Titel „Der Dichter und die Zeit“, den die russische Dichterin Marina Zwetajewa 1932 im Pariser Exil schrieb. Dem Zitat geht im originalen Text der Satz voran: „Wie man den Wolf auch füttert, er schaut immer zum Wald.“ Was bedeutet: Das Bedürfnis nach Metaphysik ist den Menschen nicht auszutreiben. Im Buch selbst wird dieser Gedanke ausgesponnen, mit einem kurzen Exkurs über Rainer Maria Rilke und dessen Erzählung „Wie der Verrat nach Russland kam“, in der die Behauptung aufgestellt wird, Russland grenze an das Land, das Gott sei. Ob Knausgård diesen Einfall ernst nimmt, weiß man nicht. Am Ende jedenfalls, nach einem Augenblick bitterer Wahrhaftigkeit, kehrt der Held aus dem – tatsächlichen, angeblichen, vermeintlichen? – Vaterland der säkularen Mystik nach Norwegen zurück. Man schreibt das Jahr 2023, einen Krieg hat es nicht gegeben (der Roman wurde vor dem Überfall auf die Ukraine geschrieben), und am Horizont geht ein überheller Stern auf: Von einem Licht, das „ich nicht auf Erden satt kann schauen“, spricht der Barockdichter Andreas Gryphius, den Nachthimmel betrachtend, und endlich verbindet sich der zweite Roman mit dem ersten Buch des Zyklus.
Es geht um Leben und Tod,
um den Versuch, der
Unendlichkeit habhaft zu werden
Das Bedürfnis nach
höherem Sinn ist dem Menschen
einfach nicht auszutreiben
Der norwegische Autor Karl Ove Knausgård schreibt gerade an einer Pentalogie, „Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit“ ist der zweite Teil.
Foto: Beatrice Lundborg, imago
Karl Ove Knausgård: Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit. Roman. Aus dem Norwegischen von Paul Berf. Luchterhand Verlag, München 2023. 1057 Seiten, 30 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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»Spannender als jeder Krimi.« Stefan Kister / Stuttgarter Zeitung